Rechtsprechungsticker von Tacheles 10/2010

1.   BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 4 AS 50/09 R

Die angemessene Größe für die Wohnung eines Hilfebedürftigen liegt in Schleswig-Holstein bei 50 Quadratmetern, jedoch kann die Überschreitung der Wohnungsgröße mit einem nach unten abweichenden Standard ausgeglichen werden, so dass der Mietzins trotzdem angemessen sein kann. Um das zu ermitteln, ist es erforderlich, die Referenzmiete oder die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum zu bestimmen.

Die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten zu prüfen (BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; stRspr): Es ist die Größe der Wohnung des Hilfebedürftigen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist. Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (WofG, BGBl I 2376). Angemessen ist eine Wohnung ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Nach der Rechtsprechung des BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2), also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet.

Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, also ein ausfüllungsbedürftiger Wertungsmaßstab. Ihm wohnt der Gedanke der Begrenzung inne (vgl Voelzke/Knickrehm/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DSGT Praktikerleitfaden, S 25), hier der der Bestimmung einer Mietobergrenze. Diese Mietobergrenze ist unter Berücksichtigung der Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems festzulegen (S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 22 RdNr 7). Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen (s auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/09, § 22 RdNr 2; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c). Sein Lebensmittelpunkt soll geschützt werden. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Da die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen sind, kann die Mietobergrenze weder der Höhe nach pauschal noch überregional definiert werden. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG vielmehr auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R; BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R).

Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des 4. Senats nur dann vor, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R). An derartigen systematischen Ermittlungen und Bewertungen des generalisierbaren grundsicherungsrechtlichen Bedarfs fehlt es hier. Die Beklagte hat vielmehr, wie sie selbst ausgeführt hat, auf den Tabellenwert der zweiten Spalte von rechts in der Mietstufe III – Einpersonenhaushalte – zurückgegriffen. Nur soweit es an lokalen Erkenntnismöglichkeiten mangelt, dürfen jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des BSG die Tabellenwerte zu § 8 WoGG zu Grunde gelegt werden. 7b. und 14. Senat des BSG haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der mit der Gewährung von Wohngeld verfolgte Zweck ein anderer als derjenige der Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II ist. Bei der Gewährung von Wohngeld wird von der Wohnung ausgegangen, wie sie der Wohngeldberechtigte angemietet hat, ohne dass im Einzelfall nachgeprüft wird, inwieweit die Wohnung als solche im Sinne eines notwendigen Bedarfs angemessen ist (s nur BSG Urteile vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R).

Der Auffassung der Beklagten, es könne auch ohne Ausfall der örtlichen Erkenntnismöglichkeiten "analog" auf die Werte der Tabelle zu § 8 WoGG zurückgegriffen werden, folgt der Senat nicht. Ferner kann das schlüssige Konzept auch nicht gleichsam durch eine "Gegenprobe" ersetzt werden, ob es möglich ist, innerhalb eines Vergleichsraums Wohnungen bis zur Höhe der Tabellenwerte anzumieten. Es ist vielmehr grundsätzlich ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum erforderlich.

Der erkennende Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R):

– Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),

– es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

– Angaben über den Beobachtungszeitraum,

– Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

– Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

– Validität der Datenerhebung,

– Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

– Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Ein Konzept ist nur schlüssig, wenn es nach den oben benannten Kriterien erstellt worden ist. Die Sozialgerichte überprüfen insoweit, ob der Grundsicherungsträger zutreffende Wertungen vorgenommen hat, also das von ihm gewählte Konzept schlüssig ist und somit die Wertungen rechtfertigt. Prüfungsansatz des Gerichts sind mithin die Ergebnisse des Grundsicherungsträgers unter Beachtung der oben aufgezeigten Mindeststandards, die gewährleisten, dass dem Zweck der Leistungsgewährung entsprechend dem Hilfebedürftigen im konkreten Umfeld bezahlbarer und dem ihm zustehenden Standard entsprechender Wohnraum finanziert wird. Erweist sich im Rahmen dieser Prüfung das Konzept als mangelbehaftet, ist es wiederum Aufgabe des Grundsicherungsträgers hier nachzubessern.

Die umfassende Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellen (BSG Urteil vom 2.7.2009 – B 14 AS 33/08 R).

Allerdings kann die Übernahme der tatsächlichen Kosten nicht unbegrenzt erfolgen. Es gibt eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben". Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind. Die Heranziehung der Tabellenwerte ersetzt mithin die für den Vergleichsraum und den konkreten Zeitraum festzustellende Referenzmiete nicht. Sie dient lediglich dazu, die zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen zu begrenzen. Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 WoGG bzw nunmehr § 12 WoGG. Da insoweit eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist – anders als im vorliegenden Fall geschehen – auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen. Ferner wird ein "Sicherheitszuschlag" zum jeweiligen Tabellenwert im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraumes als erforderlich angesehen. Denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete war. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem 7b. Senat an (BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3).

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1.1 – BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az B 4 AS 27/09 R

Die angemessene Größe für die Wohnung eines 2- Personen- Haushaltes liegt im Raum Essen bei 60 Quadratmetern, weder gesundheitliche Gründe noch die jahrzehntelange und familiäre Bindung an den Stadtteil Essen-Kettwig führen im konkreten Fall zur Unzumutbarkeit des Verlassens des sozialen Umfeldes, also eines Umzugs innerhalb des gesamten Vergleichsraums als Kostensenkungsmaßnahme.

Die angemessene Größe der Wohnung eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II in Nordrhein-Westfalen hat das LSG nach Ziff 5.7.1.b) der VV-WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8.3.2002, 396, 400) zutreffend mit 60 qm bestimmt. Soweit das LSG darauf hinweist, dass in dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 26.01.2006 (IV A 2 – 2010 – 02/06 – Anlage 1 WFB: Städtebauliche und technische Fördervoraussetzungen, unter Ziff. 1.4.1) für "barrierefrei" zu errichtende Neubauwohnungen eine Wohnungsgröße von 62 qm für Zwei-Zimmer-Wohnungen angegeben wird, ändert dieses hieran nichts. Unabhängig davon, ob es sich insoweit, wie das LSG ausführt, lediglich um eine Bestimmung handelt, die bei der Neuschaffung von Mietwohnraum zu beachten ist, ist diese Vorschrift bereits deswegen außer Betracht zu lassen, weil sie die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer verknüpft. Dieses ist jedoch nicht der für Leistungen nach dem SGB II zu Grunde zu legende Maßstab für die Wohnungsgröße (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R). Entscheidend kommt es insoweit vielmehr auf die Anzahl der Personen an, die die Wohnung bewohnen. Nur danach richtet sich die angemessene Wohnungsgröße. Der Runderlass aus dem Jahre 2006 trifft insoweit keine Regelung, sodass weiterhin die Regelungen aus dem Jahre 2002 anzuwenden sind.

Anders als die Kläger meinen, bestimmt das soziale Umfeld die abstrakte Angemessenheitsgrenze nur insoweit, als der Vergleichsraum durch den Wohnort des Hilfebedürftigen festgelegt wird. Der Schutz des sozialen Umfeldes unterfällt hingegen nicht der Feststellung der abstrakten Angemessenheit des Mietpreises. Die Voraussetzungen für den Schutz des sozialen Umfeldes sind vielmehr erst im Rahmen der konkreten Angemessenheit (s auch Entscheidung des BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 R), also bei der Frage der Zumutbarkeit oder der Möglichkeit des Ergreifens von Kostensenkungsmaßnahmen, etwa durch einen Umzug iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, zu prüfen.

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 19.2.2009 (B 4 AS 30/08 R) beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegen stehen können. Die dortigen Beispielsfälle sind um den der Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen – auch solchen, die nicht zur Pflegebedürftigkeit führen – zu ergänzen. So kann es auf Grund einer Erkrankung erforderlich sein, die bisherige Wohnung beizubehalten, weil sie etwa mit Hilfsmitteln ausgestattet ist, die auf die spezielle gesundheitliche Situation des betreffenden Hilfebedürftigen zugeschnitten sind. Andere gesundheitliche Einschränkungen, etwa der Geh- und Bewegungsfähigkeit, verbunden mit einem zu deren Ausgleich aufgebauten "Hilfssystem" im Umfeld können ebenfalls dazu führen, dass die Umzugsalternative nur im eng begrenzten sozialen Umfeld zu suchen ist, so dass es für die Rechtmäßigkeit der Senkung der Leistung darauf ankäme, ob ein Umzug im sozialen Umfeld möglich ist, weil dort hinreichend anmietbarer Wohnraum zum Preis der Referenzmiete vorhanden ist

Ebenso wenig kann die Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen mit einer langen Erwerbskarriere begründet werden. Unerheblich ist insoweit, dass die Kläger schon vor dem SGB II-Leistungsbezug Sozialleistungen zur Lebensunterhaltssicherung in Anspruch nehmen mussten. Entscheidend ist vielmehr, dass das System des SGB II im Rahmen der Geldleistungen den Übergang von dem Anspruch auf Alg zum Alg II, also nach längerer sozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit, lediglich durch die Gewährung eines befristeten Zuschusses nach § 24 SGB II und bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder einer anderen Sozialleistung während des Leistungsbezugs durch die Freibeträge nach § 11 Abs 2 SGB II honoriert. Bei den Leistungen für Unterkunft findet diese Nähe zum Erwerbsleben oder zu Sozialversicherungsleistungen keinen Niederschlag, es sei denn, die Fortsetzung oder Aufnahme einer während des Alg II-Bezugs ausgeübten bzw ihn beendenden Erwerbstätigkeit wäre bei einem Umzug gefährdet oder der Grund für die Unzumutbarkeit könnte in dem Bezug der anderen Sozialleistung gefunden werden (nur geringfügige Aufstockung durch Alg II, Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung pp). Hierfür sind im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte vorhanden.

Andererseits zeigen die vorhergehenden Ausführungen, dass die Ausübung langjähriger Erwerbstätigkeit durchaus zu einer differenzierten Behandlung im SGB II führt. SGB II-Geldleistungen nach Erwerbstätigkeit können höher sein als solche ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben. Auch beeinflusst die den SGB II-Geldleistungsbezug begleitende Erwerbstätigkeit die Einkommenssituation des Hilfebedürftigen oder kann Einfluss auf die Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen haben, sodass bereits aus diesem Grund keine Benachteiligung von vormals oder noch Erwerbstätigen gegenüber solchen hilfebedürftigen Personen, die nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, iS des Art 3 Abs 1 GG gegeben ist.

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1.2 – BSG, Urteil vom 28.10. 2009, Az B 14 AS 64/08 R

Teilzahlungen auf einen Abfindungsanspruch sowie Steuererstattungen können die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II entfallen lassen, eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen und wird nicht in dem Monat des Zuflusses folgenden Monat zu Vermögen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Durch die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen erfolgt kein Eingriff in von Art 14 GG geschützte Eigentumspositionen.

Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl Urteile des Senats vom 30. Juli 2008 – insbesondere B 14 AS 26/07 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18: Einkommensteuererstattung; Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R: Abfindung; Urteile vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 4/08 R und B 14 AS 13/08 R: Übergangsgeld). Auszugehen ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss, soweit nicht rechtlich ein anderer Zufluss als maßgebend bestimmt ist (normativer Zufluss).

Vom Anknüpfungspunkt des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen ist auch bei Teilzahlungen auf einen Abfindungsanspruch sowie bei der Steuererstattung auszugehen. Es handelt sich in beiden Fällen nicht um bereits erlangte Einkünfte, mit denen Vermögen angespart wurde (vgl BSG, Urteile vom 30. September 2008 – B 4 AS 57/07 R, vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – und vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 49/08 R). Bei der Abfindung lässt es gerade ihr Entschädigungscharakter für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten nicht zu, sie zeitlich dem Arbeitsverhältnis und damit der Vergangenheit zuzuordnen (vgl BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R; Voelzke in Küttner, Personalbuch 2009, 16. Aufl, Abfindung RdNr 52). Im Falle der Einkommensteuererstattung ist von der Regelung des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen auch nicht deswegen abzuweichen, weil es sich um einen Geldzufluss handelt, dessen zu Grunde liegende Forderung zu einem früheren Zeitpunkt fällig geworden wäre, wenn der Erstattungsberechtigte eine andere steuerliche Disposition getroffen hätte (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 49/08 R). Grundsätzlich ist im Fall der Erfüllung einer Forderung bei wertender Betrachtung allein auf die letztlich in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung (vgl Urteile des Senats vom 30. Juli 2008 – insbesondere B 14 AS 26/07 R, zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteile vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 4/08 R und B 14 AS 13/08 R: Übergangsgeld). Ebenso wie der 4. Senat des BSG (Urteil vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 49/08 R) sieht der Senat hier auch keine Fallkonstellation, in der eine fällige und liquide Forderung bewusst nicht geltend gemacht, sondern angespart wurde. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist vielmehr davon auszugehen, dass der Erstattungsgläubiger die zu hoch entrichtete Steuer nicht freiwillig (und zinslos) "angespart", sondern schlicht nicht früher erhalten hat (vgl BVerwGE 108, 296, 301). Gerade die fehlende Verzinsung des nicht ausbezahlten Einkommens zeigt, dass es sich bei der Steuererstattung nicht um "Vermögensaufbau" handelt. Zudem verdeutlichen die steuerrechtlichen Dispositionsmöglichkeiten, etwa durch die Eintragung eines Freibetrages, dass die Steuererstattung kein Rückfluss von Vermögen ist (BSG aaO).

Die Abfindungsteilzahlungen erfüllen ebenso wenig wie die Steuererstattung den von seinem Wortlaut her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 11 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II (BSG, Urteile vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – und vom 13. Mai 2009 – B 4 AS 49/08 R). Sie sind weder eine Grundrente nach dem BVG noch eine Leistung nach dem BEntschG. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 11 Abs 1 SGB II nicht an das Recht der Arbeitslosenhilfe, sondern an das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) (§ 76) anknüpfen wollen (vgl BT-Drucks 15/1514 S 65 zu § 77, der § 82 SGB XII entspricht; BT-Drucks 15/1516 S 53).

Abfindungen sind auch nicht nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II von der Berücksichtigung als Einkommen des Hilfebedürftigen ausgenommen (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R). Gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen (Buchst a) oder Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (Buchst b) einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Weiter sind gemäß § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II nicht als Einkommen Entschädigungen zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geleistet werden.

Sinn des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II ist es, einerseits zu verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, und andererseits Doppelleistungen für einen identischen Zweck zu vermeiden (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 62/06 R – RdNr 24). Die Zweckbestimmung kann sich aus einer öffentlich-rechtlichen Norm (vgl BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 16/06 R – BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16), aber auch aus einer privatrechtlichen Grundlage ergeben (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – RdNr 20). Letzteres folgt aus dem weiten Wortlaut des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, der sich insofern von der ähnlichen Vorschrift im Sozialhilferecht unterscheidet, die gemäß § 83 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) einen in öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausdrücklich genannten Zweck fordert (vgl BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 – B 14/7b AS 16/06 R – BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16).

Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist dann zweckbestimmt iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Der erkennende Senat versteht dies in Übereinstimmung mit dem 4. Senat des BSG als eine Vereinbarung, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll (privatrechtlicher Verwendungszweck) und verneint dies für den Fall der Abfindungszahlungen (vgl Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R).

Die systematische Stellung der zweckbestimmten Einnahmen neben den ebenfalls nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst b SGB II) und Entschädigungen nach § 253 Abs 2 BGB (§ 11 Abs 3 Nr 2 SGB II) – also dem so genannten Schmerzensgeld – schließen es aus, Abfindungszahlungen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes zu den "zweckbestimmten Einnahmen" in diesem Sinne zu rechnen (BSG aaO). Abfindungszahlungen stellen eine immaterielle und materielle Ausgleichszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes dar (vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 18 S 100). Sie sollen den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen (BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 8 RdNr 15). Damit weisen sie zwar eine gewisse immaterielle Komponente auf, jedoch kompensieren sie auch den Wegfall des Erwerbseinkommens, haben insoweit also materiellen Charakter. Die Zahlung ist nur insoweit zweckbestimmt, als der Abfindungsanspruch des früheren Arbeitnehmers erfüllt werden soll, ein weitergehender Verwendungszweck besteht nicht. Der Arbeitgeber zahlt die Abfindung, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren hat. Eine Zweckbestimmung im Hinblick auf die Verwendung der Abfindung durch den Arbeitnehmer ist damit nicht verbunden (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – RdNr 22).

Der 4. Senat des BSG hat im Urteil vom 3. März 2009 schließlich zutreffend deutlich gemacht, dass auch die Entstehungsgeschichte des § 11 SGB II dagegen spricht, Abfindungszahlungen unter § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst b SGB II zu fassen und sie insoweit zu privilegieren (BSG aaO, RdNr 23).

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Durch die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen erfolgt kein Eingriff in von Art 14 GG geschützte Eigentumspositionen. Eine Beeinträchtigung scheidet schon deshalb aus, weil sowohl die Abfindung als auch die Steuererstattung dem Kläger ungemindert zugeflossen sind. Dass diese tatsächlich zugeflossenen Mittel im Rahmen seiner Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt werden, führt nicht zu einer "Entwertung" eigentumsrechtlicher Positionen. Der Gesetzgeber bewegte sich auch im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, als er keine § 138 Abs 3 Nr 6 Arbeitsförderungsgesetz und § 194 Abs 3 Nr 7 Sozialgesetzbuch Drittes Buch entsprechende Vorschrift in das SGB II aufgenommen hat (vgl BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – RdNr 24).

Auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG durch die Berücksichtigung der Steuererstattung ist nicht erkennbar. Dass der Kläger die Einnahme anders, insbesondere zur Befriedigung von Bedürfnissen oberhalb des soziokulturellen Existenzminimums, hätte verwenden können, wenn sie ihm zu einem Zeitpunkt zugeflossen wäre, in dem er keine bedürftigkeitsabhängigen Leistungen in Anspruch genommen hat, begründet keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Der – im Nachhinein gesehen – zu Unrecht einbehaltene Betrag stand dem Kläger bei seiner Rückzahlung ebenso zur Verfügung, wie er es getan hätte, wenn die höheren Steuern nicht eingezogen worden wären. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung Leistungen nach dem SGB II beanspruchte, die bei allen Hilfebedürftigen eine Bedürftigkeitsprüfung unter Einbeziehung des nach § 11 SGB II zu berücksichtigenden Einkommens voraussetzen (vgl Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 – B 14/7b AS 12/07 R – RdNr 26).

3. Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen und wird im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht in dem Monat des Zuflusses folgenden Monat zu Vermögen. Der erkennende Senat geht mit dem 4. Senat des BSG davon aus, dass die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" nicht mit dem Monat des Zuflusses endet, sondern sich über den so genannten "Verteilzeitraum" erstreckt (BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 21). Der Verteilzeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme (Ausnahme § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V idF vom 22. August 2005) und erfasst zunächst den gesamten Bewilligungszeitraum (BSG aaO). Während dieses Zeitraums bleibt die als Einkommen zu qualifizierende Einnahme Einkommen und damit zur Deckung des Hilfebedarfs grundsätzlich bis zu ihrem Verbrauch aufzuteilen. Nach welchen Regeln dieses im Einzelnen zu erfolgen hat, richtet sich nach § 2 Abs 3 Alg II-V in der für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt – bzw bei einer Ablehnung der Leistungsgewährung für den der erneuten Antragstellung folgenden Zeitraum – geltenden Fassung.

Die Abfindungszahlungen und die Steuererstattung sind als einmalige Einnahmen nach § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V 2004 (BGBl I 2622) von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen und zur Deckung des Hilfebedarfs grundsätzlich bis zu ihrem Verbrauch aufzuteilen. Nach § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 sollen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug der Frei- und Absetzbeträge bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt. Zu dem kalendertäglichen Bedarf in Höhe von (952,28: 30 =) 31,74 Euro kamen hier die Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung hinzu, die nach den Feststellungen des LSG kalendertäglich 4,39 Euro betrugen. Dem Bedarf von 36,13 Euro täglich stand im April 2005 eine zu berücksichtigende Gesamteinnahme von 1.462,29 Euro (1.500 Euro abzüglich 30 Euro Versicherungspauschale sowie 7,71 Euro Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 3 Nr 1 Alg II-V 2004) gegenüber. Daher hat die Abfindungsteilzahlung am 15. April 2005 den Leistungsanspruch des Klägers für 40 Tage entfallen lassen (1.462,29: 36,13 = 40,47). Im Mai 2005 erzielte der Kläger ein Einkommen in Höhe von 2.700,95 Euro (Abfindung in Höhe von 1.250 Euro + 1.488,66 Euro Steuererstattung, davon abzuziehen wiederum 37,71 Euro Versicherungsbeiträge). Damit entfiel der Anspruch des Klägers für weitere 74 Tage, mithin für den gesamten streitigen Zeitraum.

Es kann dahinstehen, ob und in welchen Fällen aus der Formulierung in § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 "sollen" zu schließen ist, dass in besonderen Härtefällen von dem regelhaft vorgesehenen Anrechnungsmodus abgewichen werden kann (zum Charakter von Soll-Vorschriften vgl BSG, Urteil vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 17/05 R – SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 43), denn eine besondere Härte ist nicht ersichtlich. Es ist kein Gesichtspunkt erkennbar, weshalb gerade die Berücksichtigung von Abfindungsteilzahlungen abweichend von der Grundregel, dass Leistungen mit Beginn des Monats des Zuflusses für einen einheitlichen Zeitraum zur Bedarfsdeckung heranzuziehen sind, eine besondere Härte darstellen sollte (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R). Auch die Steuerstattung gibt keinen Anlass für eine vom Regelfall abweichende Beurteilung.

Es bestand auch im Hinblick auf die nach dem streitigen Zeitraum eingetretene Entwicklung der Gesetzeslage keine Veranlassung, von der hier gemäß § 2 Alg II-V 2004 vorgesehenen Berücksichtigung einmaliger Einnahmen nach Tagen abzuweichen. Zwar ist § 2 Abs 3 durch die Erste Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22. August 2005 (BGBl I 2499) insoweit geändert worden, als nunmehr das Monatsprinzip gilt. Danach sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Nach der nicht amtlichen Begründung der Änderung der Verordnung sollte mit der Neufassung vor allem eine Minimierung des Verwaltungsaufwandes, insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der freiwilligen Weiterversicherung bei vollständigem Wegfall der Leistungen nach dem SGB II erreicht werden. War in der Fassung des § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 noch vorgesehen, dass der tägliche Berücksichtigungsbetrag unter Absetzung der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu ermitteln war, so soll offenbar durch § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V idF vom 22. August 2005 eine längere Erstreckung des Berücksichtigungszeitraumes erreicht werden, sodass bei einem dann niedrigeren monatlichen Berücksichtigungsbetrag die Versicherungspflicht durch den Weiterbezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten bleibt. Das Ziel, Versicherungsschutz durch die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung auch dann zu gewährleisten, wenn zu berücksichtigende einmalige Einnahmen zu einem Wegfall des Leistungsanspruchs führen, wird mithin durch beide Regelungen erreicht. Die Minimierung des Verwaltungsaufwandes, der mit der An- und Abmeldung zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Grundsicherungsträger verbunden ist, rechtfertigt ein "Vorziehen" der Neuregelung jedoch nicht (vgl BSG, Urteile vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 24 und – B 4 AS 57/07 R – RdNr 29 f; Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 47/08 R – RdNr 28).

Die Vorschrift des § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 ist auch ermächtigungskonform. Durch § 13 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954) wurde das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Die Norm des § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die in § 2 Abs 3 Alg II-V 2004 vorgesehene Berücksichtigung einmaliger Einnahmen vom Monat des Zuflusses an entspricht der vom SGB II vorgegebenen monatsweisen Betrachtung von Bedarf und Einkommen. Die Regelung des § 2 Abs 3 Satz 2 Alg II-V 2004 knüpft an die kalendertägliche Berechnung der Leistung nach § 41 Abs 1 Satz 1 SGB II an.

§ 13 Nr 1 SGB II genügt den Anforderungen an Verordnungsermächtigungen nach Art 80 Abs 1 GG (vgl auch Urteil des Senats vom 28. Oktober 2009 – B 14 AS 55/08 R). Hiernach können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Diesen Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm wird § 13 SGB II gerecht. Zwar macht die Vorschrift selbst keine näheren Vorgaben, woran der Verordnungsgeber die Berechnung und Berücksichtigung von Einkommen ausrichten soll. Es ist jedoch ausreichend, dass sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte (BVerfGE 80, 1, 21). Derartige Grundsätze ergeben sich hier mit hinreichender Deutlichkeit aus der Systematik des SGB II und der Anknüpfung des Gesetzes an die Rechtslage unter Geltung des BSHG (vgl hierzu BSG SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14-15; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 13 RdNr 7 mwN).

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2.   Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 B 1474/08 AS PKH, Beschluss vom 25.02.2010, rechtskräftig

Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II sind Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, bereits mindernd bei der Feststellung des Bedarfs und demnach nicht nach § 11 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen, welches dem Bedarf gegenüberzustellen ist. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II enthält insoweit eine abschließende Sonderregelung der leistungsrechtlichen Wirkungen der erfassten Rückzahlungen und Guthaben, die den Vorschriften der §§ 11, 12 SGB II vorgeht (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 Rn. 49; BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 58/06 – ; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Oktober 2007 – L 28 B 1050/07 AS NZB –,).

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3.   Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 9 SO 5/09, Urteil vom 09.12.2009

Leistungsbezieher nach dem SGB II hat Anspruch auf die Beschaffung eines Fernsehers im Rahmen der Leistungen zur Erstausstattung für die Wohnung. Es besteht jedoch kein Anspruch darauf, dass die Anschaffung eines Fernsehgerätes als Geldleistung zu gewähren ist.

Die Leistungen zur Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten umfassen alle auf die Wohnung bezogenen Erstausstattungsbedarfe. Dazu gehören alle Einrichtungsgeräte und Gegenstände, die für eine Haushaltsführung notwendig sind, so insbesondere Möbel, Lampen, Gardinen, Herd, Kochtöpfe, Staubsauger, Bügeleisen, Kühlschrank und Waschmaschine. Zudem soll die Ausstattung mit wohnungsbezogenen Gebrauchsgütern und mit Hausrat erfasst sein. Damit umschließt der Begriff der Erstausstattung die Bedarfe an allen Wohnungsgegenständen, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich sind (so zu der identischen Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch – SGB II -: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2007 – L 2 B 261/06 AS ER -; Rdn. 25, m. w. N.). Ein Fernsehgerät ist ein wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand, der für ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen erforderlich ist. Das war bereits unter Geltung der Vorschrift des § 21 Abs. 1a Nr. 6 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), auf die der Gesetzgeber Bezug genommen hat (BT-Drucks. 15/1514, S. 60), in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Dezember 1997 – 5 C 7/95 -, BVerwGE 106, 99-105). Auch unter Geltung des SGB XII ist ein Fernsehgerät zu den für eine an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten Haushaltsführung erforderlichen Ausstattungsgegenständen schon deswegen zu zählen, weil Fernsehen zum täglichen Leben gehört (so Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Dezember 1997 – 5 C 7/95 – a.a.O.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Oktober 2009 – L 18 AS 2221/07 -,Rdn. 19). Fernseher gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 26 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland haben zuhause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 % der Gesamtbevölkerung Deutschlands entspricht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R – unter Hinweis auf Informationen des Statistischen Bundesamtes). Demnach sind Fernsehgeräte in Haushalten auch unterer Einkommensgruppen als den maßgeblichen Vergleichshaushalten üblicherweise vorhanden. Damit umfasst ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten unterer Einkommensgruppen orientiertes Wohnen das Vorhandensein eines Fernsehers. Insofern ist er auch für eine geordnete menschenwürdige Haushaltsführung erforderlich. Darunter ist nicht nur die Ausstattung mit dem absolut Notwendigsten zu verstehen, sondern auch mit denjenigen Gegenständen, die in Haushalten unterer Einkommensgruppen üblicherweise vorhanden sind und insofern den maßgeblichen soziokulturellen Standard darstellen, der auch von Leistungsbeziehern nach dem SGB II und dem SGB XII beansprucht werden kann (Sozialgericht Frankfurt, Urteil vom 28. Mai 2009 – S 17 AS 388/06 -, Rdn. 26).

Ein Fernsehgerät ist von der Erstausstattung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII nicht deswegen ausgenommen, weil er der Aufnahme der Beziehungen zur Umwelt und einer Teilnahme am kulturellen Leben dient. Gemäß § 27 Abs. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Nach § 28 Abs. 1 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme der zusätzlichen Leistungen für die Schule nach § 28a sowie von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 29 und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 nach Regelsätzen erbracht, die gemäß § 28 Abs. 3 SGB XII so bemessen sein sollen, dass der Bedarf nach Abs. 1 dadurch gedeckt werden kann. Mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbslosigkeit (SGB XII) wurde das im früheren sozialen Hilferecht nach dem BSHG vorgesehene System verschiedener einmaliger Beihilfen (u.a. für Bekleidung, Hausrat und sonstige besondere Anlässe) aufgegeben. An seine Stelle sind durch das SGB II und SGB XII deutlich erhöhte Regelsätze getreten. Relevante Sonderbedarfe beschränken sich im Wesentlichen auf Erstausstattungsansprüche (Wohnung, Bekleidung, Geburt und Klassenfahrten). Hiermit wird besonderen Bedarfslagen, die nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe vom Regelsatz erfasst sind, Rechnung getragen (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2007 – L 2 B 261/06 AS ER -). Die Aufstockung des Regelsatzes gegenüber dem früheren BSHG dient somit dafür, im Rahmen der Erstausstattung erlangte Gegenstände oder bereits vorhandene Gegenstände zu erhalten, gegebenenfalls zu reparieren bzw. Ersatz zu beschaffen oder Gegenstände, die zum menschenwürdigen Leben nicht unbedingt notwendig sind und deswegen im Rahmen der Erstausstattung nicht zur Verfügung gestellt werden müssen, anzuschaffen. Dabei schließt die Zuordnung eines Bedarfs zum Hausrat oder zu einem Gegenstand zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens nicht aus, dass diese im Rahmen der Erstausstattung gewährt werden. Zur Erstausstattung gehören Möbel, Gardinen, Kochtöpfe usw., und somit z. B. auch Hausrat. Der Umstand, dass § 27 Abs. 1 SGB XII Hausrat als zum notwendigen Lebensunterhalt zählt, heißt also nicht, dass Hausrat nicht auch im Rahmen der Erstausstattung gewährt werden könnte. Der dahingehenden Argumentation des Beklagten, der meint, weil ein Fernsehgerät zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehöre, um Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben zu gewährleisten, folge, dass ein Fernsehgerät nur von der Regelleistung abgedeckt sei, aber nicht im Rahmen der Erstausstattung gewährt werden könne, kann somit nicht gefolgt werden. Der Ansatz des Beklagten widerspräche auch § 28 Abs. 1 SGB XII, der davon ausgeht, dass der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts einerseits durch den Regelsatz erbracht wird, andererseits durch die in den §§ 28a, 29 und 30 bis 34 SGB XII genannten Leistungen für Sonderbedarfe. Somit verweist diese Vorschrift gerade darauf, dass der notwendige Lebensunterhalt, also das zum würdigen Leben Notwendige, einerseits durch die Sonderbedarfe, andererseits durch Regelsätze erbracht wird. Für die Erstausstattung bedeutet dies, dass dazu alle diejenigen Geräte und Anschaffungen gehören, die zum menschenwürdigen Leben unbedingt notwendig sind, und dass der Regelsatz dazu dient, darüber hinausgehende Anschaffungen vorzunehmen sowie die vorhandenen Gegenstände zu erhalten bzw. zu ersetzen. Ein Fernsehgerät einfacher Güte gehört zum menschenwürdigen Leben dazu und ist daher im Rahmen der Erstausstattung zu gewähren.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass ihm für die Anschaffung eines Fernsehgerätes 70,00 EUR als Geldleistung gewährt werden. Das Sozialgericht hat zwar durch eigene Recherchen herausgefunden, dass 70,00 EUR für ein neues Fernsehgerät einfachster Art ausreichen. Nach § 10 Abs. 1 SGB XII werden Leistungen als Dienstleistung, Geldleistung oder Sachleistung erbracht. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift hat die Geldleistung Vorrang vor der Sachleistung, soweit nicht dieses Buch etwas anderes bestimmt oder die Sachleistung das Ziel der Sozialhilfe erheblich besser oder wirtschaftlicher erreichen kann oder die Leistungsberechtigten es wünschen. Daher räumen die §§ 31 Abs. 3, 10 Abs. 1, Abs. 3 SGB XII dem Leistungsträger ein Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die in § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII bezeichneten Leistungen als Sachleistungen – auch in Form gebrauchter Fernsehgeräte (Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht, Beschluss vom 8. August 2007 – L 9 B 426/07 NZB -, Rd. 9) – oder Geldleistungen erbringen kann, wobei auch Pauschalbeträge gewährt werden können. Der Kläger hat somit keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Leistung, sondern auf pflichtgemäße Ausübung des dem Beklagten hier eingeräumten Auswahlermessens (siehe auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Oktober 2009 – L 18 AS 221/07, Rdn. 13).

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4.   Sozialgericht Karlsruhe S 16 AS 2693/09, Gerichtsbescheid vom 25.02.2010

Vereinbaren Ehegatten anlässlich ihrer Ehescheidung in einer Scheidungsvereinbarung, dass der Anspruch eines Ehegatten auf Versorgungsausgleich in Geld abgegolten wird, handelt es sich bei der hierauf erfolgenden Zahlung um eine zweckbestimmte Einnahme, die im Rahmen des SGB II nicht anzurechnen ist.

Bei den im Rahmen des Versorgungsausgleichs zum Ausgleich gebrachten Versorgungsanwartschaften handelt es sich zwar um vermögenswerte Positionen, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden sind. Dies führt indes nicht zu einer Einordnung der Ausgleichsforderung als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Denn der Ausgleichsanspruch wird erst mit der Ehescheidung fällig (vgl. § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31.08.2009 gültigen Fassung). Die Klägerin hat die Einmalzahlung mithin erst während des laufenden Bewilligungszeitraums wertmäßig hinzu erhalten (vgl. zur Abgrenzung Bundessozialgericht, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R, Rdnr. 18 m.w.N.).

Es handelte sich jedoch um eine zweckbestimmte Einnahme, die gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II und § 1 Abs. 1 Nr. 2 ALG II-Verordnung nicht als Einkommen zu berücksichtigen und auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen war. Danach sind Zuwendungen Dritter, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Zweckbestimmung in diesem Sinne liegt vor, wenn einer Leistung eine bestimmte, vom Gesetzgeber erkennbar gebilligte Zweckrichtung zu eigen ist, die nicht in der Bestreitung des Lebensunterhalts besteht, so dass sie verfehlt würde, wenn der Empfänger die Leistung über den Weg der Einkommensanrechnung hierzu verwenden müsste und dadurch gehindert wäre, sie ihrer eigentlichen Bestimmung zufließen zu lassen (vgl. Hengelhaupt, in: HAUCK/NOFTZ, SGB II, 28. Ergl. 2009, § 11 Rdnr. 213 m.w.N.). So liegt es hier.

Die Einmalzahlung dient ausweislich ihres in der gerichtlich protokollierten Scheidungsvereinbarung eindeutig definierten Zwecks der Abgeltung des An-spruchs der Klägerin auf Versorgungsausgleich. Dieser Zweckbestimmung nach erhielt die Klägerin die Ausgleichszahlung, um ihr anstelle der Übertragung von Anwartschaftsrechten eine eigenständige private Altersvorsorge zu ermöglichen. Die Einmalzahlung diente somit nicht dem laufenden Lebensunterhalt, sondern dem Aufbau einer privaten Alterssicherung. Mit ihr sollte als Ausgleich für die während der Ehezeit mehr erworbenen Anwartschaftsrechte ein Beitrag des geschiedenen Ehegatten zur Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin im Alter geleistet werden. Diese klare Zweckbestimmung ist nicht identisch mit derjenigen von Leistungen nach dem SGB II, die der Sicherung des gegenwärtigen Lebens-unterhalts dienen. Der Einwand der Beklagten, auch laufende Rentenzahlungen seien als Einnahmen gemäß § 11 SGB II anzurechnen, vermag daher nicht zu verfangen. Denn laufende Rentenzahlungen sind mit Zuwendungen zur Ermöglichung des Aufbaus einer Alterssicherung nicht vergleichbar. Die im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II differierende Zweckbestimmung wird auch durch die Privilegierung privater Altersvorsorgemodelle mit Verwertungsausschluss im Rahmen der Vermögensanrechnung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II bestätigt. Zweck dieser Regelung ist es, erwerbsfähige Hilfebedürftige davor zu schützen, dass sie für die Altersvorsorge bestimmtes Vermögen zum Bestreiten des gegenwärtigen Lebensbedarfs einsetzen müssen (vgl. Mecke, in: EI-CHER/SPELLBRINK, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 12 Rdnr. 47 m.w.N.). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber Altersvorsorge als schutzwürdige Zweckbestimmung grundsätzlich anerkennt. Dementsprechend ist auch die Qualifizierung vergleichbarer Zu-wendungen beispielsweise bei vermögenswirksamen Arbeitgeberleistungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung als zweckbestimmte Einnahme an-erkannt (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2008 – L 3 AS 118/07, Rdnrn. 31 ff. m.w.N.).

Gegen die Qualifizierung der Einmalzahlung als zweckbestimmte Einnahme spricht auch nicht der Einwand der Beklagten, dass Aufwendungen zur Altersvorsorge nur unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 a) und 4 SGB II vom Einkommen abgesetzt werden können. Denn vorliegend geht es nicht um die Absetzung von Altersvorsorgeaufwendungen von berücksichtigungsfähigen Einkünften, sondern um die Berücksichtigung von Einkünften als Einkommen im Rahmen des SGB II. Diese kann bei zweckbestimmten Einnahmen nicht erfolgen. Im Übrigen wären die zum Aufbau der im Rahmen der Scheidungsvereinbarung zum Ausgleich gebrachten Versorgungsanwartschaften gezahlten gesetzlichen Rentenbeiträge des ehemaligen Ehemanns der Klägerin gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II vom Einkommen abzusetzen.

Unerheblich ist schließlich, dass die Klägerin die Einmalzahlung nicht der Zweckbestimmung entsprechend zur Altersvorsorge verwendet hat. Dies zeigt schon der Wortlaut des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II, der eine Zweckbestimmung und nicht auch eine zweckbestimmte Verwendung der Einnahme voraussetzt. Erforderlich ist demgemäß weder ein Kontrollrecht noch die Ermöglichung einer Einflussnahme des Zuwendenden auf die zweckentsprechende Verwendung. Ausreichend ist vielmehr, dass die Zuwendung aus einem bestimmten Anlass gewährt wird und im Allgemeinen mit einer Verwendung für den gedachten Zweck gerechnet werden kann, auch wenn der Empfänger hierauf nicht zwingend festgelegt ist (vgl. Hengelhaupt, in: HAUCK/NOFTZ, SGB II, 28. Ergl. 2009, § 11 Rdnr. 215 m.w.N.). Das war hier der Fall, da die Zahlung anstelle einer Übertragung von Rentenanwartschaften erfolgt ist und bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung den damit verbundenen gesetzlichen Zweck erfüllen sollte.

Wäre die Klägerin demgegenüber gezwungen gewesen, den zugewandten Betrag für laufenden Lebensunterhalt zu verbrauchen, wäre ihr eine Verwendung zur Altersvorsorge von vorneherein unmöglich gewesen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass Empfänger von Leistungen nach dem SGB II Scheidungsver-einbarungen des vorliegenden Inhalts als Alternative zum gesetzlichen Versor-gungsausgleich nicht ohne wirtschaftliche Nachteile schließen könnten. Eben solche Ergebnisse werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II verhindert.

Die somit als zweckbestimmte, nicht dem laufenden Lebensunterhalt Einnahme der Klägerin zu qualifizierende Einmalzahlung ihres ehemaligen Ehemanns beeinflusst angesichts ihrer Höhe und des mit der Zuwendung verfolgten Zwecks der Altersvorsorge die Lage der Klägerin auch nicht so günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt gewesen wären.

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5.   Sozialgericht Duisburg S 31 AS 159/08, Urteil vom 03.12.2009

Rückforderungsbescheide müssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die spiegelbildliche Rückabwicklung muss dergestalt erfolgen, dass aus dem Bescheid – und sei es nur unter Zuhilfenahme von entsprechenden Anlagen (vgl. hierzu Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 33 Rdnr. 3, 4) – genau hervorgeht, in welcher Höhe für jeden Monat die Leistungen gegenüber jedem betroffenen Hilfebedürftigen aufgehoben bzw. zurückgenommen werden.

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6.   Sozialgericht Berlin S 128 AS 5210/09, Urteil vom 25.02.20010
1. Lebt ein Hilfebedürftiger nach dem SGB 2 mit einem Rentenbezieher zusammen (hier Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer), ist auf seinen Bedarf das Einkommen aus der Rente anzurechnen.

2. Das Renteneinkommen ist um den fiktiven Eigenbedarf des Rentners – hier den Regelsatz nach § 20 Abs 3 SGB 2, den auf ihn entfallenden Anteil für Unterkunft und Heizung und Versicherungsaufwendungen – zu bereinigen.

3. Unmaßgeblich für die Bestimmung des fiktiven Bedarfs des Rentners ist der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt. Dies widerspricht nicht dem Grundgesetz.

4. Im Grundsatz ist § 45 SGB 10 eine Vorschrift, die die Ausübung von Ermessen erfordert. Dies gilt sowohl für Aufhebungen für die Vergangenheit als auch für die Zukunft. Nur unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB 10 gilt wegen § 330 Abs 2 SGB 3, dass Ermessen nicht auszuüben ist.

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7.   Sozialgericht Speyer S 6 AS 239/08, rechtskräftiges Urteil vom 11.01.2010

Leistungsträger nach dem SGB II muß beim Umzug eines Hilfebedürftigen die Telefon-Ummeldekosten als Umzugskosten übernehmen, dies gilt umso mehr, wenn die Behörde vorher die Umzugskosten zugesichert hat. Des Weiteren sind als Umzugskosten zu übernehmen die Anmietung eines Umzugwagens, die Beschaffung von Umzugskartons und Helferkosten Kosten, die im Rahmen des Umzugs notwendigerweise anfallen und unmittelbar oder mittelbar zum Umzug gehören.

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8.   Wie sind personenübergreifende Sanktionsfolgen auf der Grundlage der geltenden Fassung von § 31 SGB II zu verhindern?

 
von: Udo Geiger (RISG Berlin)

http://www.info-also.nomos.de (pdf)

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de