Wurde keine Eingliederungsvereinbarung getroffen, ist die Absenkung von Leistungen nach dem SGB II wegen nicht angetretener Maßnahme rechtswidrig.
Die Eigenheimzulage kann den tatsächlichen Wohnbedarf senken
Das BSG hat bei Haus- oder Wohnungseigentümern grundsätzlich entschieden, dass die Schuldzinsen und Nebenkosten nur in Höhe der Miete einer vergleichbaren angemessenen Mietwohnung zu übernehmen sind (bereits BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3; BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, jeweils RdNr 34 ff; Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 – B 14/11b AS 67/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 13; vgl auch 4. Senat des BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 38/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 14).
Das BSG hat bereits entschieden, dass die Eigenheimzulage nicht als Einkommen zu Lasten der Grundsicherungsempfänger zu berücksichtigen ist, wenn sie nachweislich ihrem Zweck entsprechend verwendet wird (grundlegend Urteil des 4. Senats vom 30. September 2008 – BSGE 101, 281 = SozR 4-4200 § 11 Nr 14; bestätigt in dem Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 38/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 17).
Andererseits hat der 4. Senat des BSG aber auch zu erkennen gegeben (Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 38/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 17 RdNr 20), dass die Eigenheimzulage, soweit sie direkt auf die Schuldzinsen verrechnet wird, den Wohnbedarf senken kann.
Führt die Eigenheimzulage tatsächlich zu einer monatlichen Reduzierung der real anfallenden Schuldzinsen, so können nach der Logik des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auch nur die tatsächlich anfallenden Schuldzinsen als KdU geltend gemacht werden (zur lediglich ausnahmsweise in besonderen Härtefällen möglichen Übernahme auch von Tilgungsleistungen als KdU vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27 ff).
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1.2 – BSG B 4 AS 30/09 R, Urteil vom 17.12.2009
Eine pauschale Rechtsfolgenbelehrung bei Nichtannahme einer Arbeitsgelegenheit rechtfertigt nicht die Absenkung von Hartz IV- Leistungen.
§ 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II setzt in allen dort geregelten Alternativen voraus, dass der Hilfebedürftige die von ihm geforderte Handlung "trotz Belehrung über die Rechtsfolgen" unterlassen hat. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot einer Arbeitsgelegenheit erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung, die angebotene Arbeitsgelegenheit anzutreten, für ihn ergeben, wenn für die Weigerung kein wichtiger Grund vorliegt (vgl schon BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R, BSGBE 102, 201, 211 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, RdNr 36; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 44; Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 64 ff; Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II, Stand Dezember 2007, § 31 RdNr 84 ff; Sonnhoff in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 31 RdNr 139 ff; Dauber in Mergler/Zink, SGB II, Stand Oktober 2008, § 31 RdNr 16; vgl ferner zum Arbeitsförderungsrecht BSG, Urteil vom 16.9.1999 – B 7 AL 32/98 R = BSGE 84, 270, 276 mwN; BSG, Urteil vom 1.6.2006 – B 7a AL 26/05 R = juris RdNr 14). Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des § 31 Abs 1 SGB II (Absenkung der für ihn maßgebenden Regelleistung um 30 % und Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II) zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen (vgl BSG, Urteil vom 10.12.1981 – 7 RAr 24/81 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 87; BSG, Urteil vom 13.5.1987 – 7 RAr 90/85, BSGE 61, 289, 293 = SozR 4100 § 119 Nr 31). Nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen.
Die Warn- und Steuerungsfunktion geht verloren, wenn der Grundsicherungsträger die Rechtsfolgenbelehrung derart standardisiert, dass sie – wie vorliegend – lediglich verschiedene Arten von Maßnahmen aufzählt und die Arbeitsgelegenheit iS von § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst d SGB II als eine von mehreren möglichen Varianten benennt. Hinreichend belehrt wird der Adressat nämlich nur, wenn nur die konkrete Maßnahme, an deren Nichtteilnahme nachteilige Folgen geknüpft werden, ausdrücklich benannt wird und der Adressat sich damit direkt angesprochen fühlt. Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn mehrere Varianten zur Auswahl gestellt werden und dem Hilfebedürftigen die Auswahl überlassen wird, ob eine der genannten Alternativen für ihn einschlägig ist.
An das Erfordernis der hinreichenden Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung sind auch nicht im Einzelfall etwa dann geringere Anforderungen zu stellen, wenn sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige über die möglichen Rechtsfolgen einer Ablehnung der konkret angebotenen Arbeitsgelegenheit im Klaren sein musste. Denn es kommt insoweit nicht auf das Kennen oder Kennen müssen der Rechtsfolgen durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, sondern auf das Handeln dessen an, der die Arbeitsgelegenheit unterbreitet. Als formale und zwingende Bedingung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst d SGB II muss eine Konkretisierung der Belehrung daher unabhängig von der Person des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erfolgen (vgl BSG, Urteil vom 10.12.1981 – 7 RAr 24/81, BSGE 53, 13, 16 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 88 f).
Das Sächsische LSG hat entschieden, dass Geldgeschenke an Bezieher von Arbeitslosengeld II ("Hartz-IV") nur bis zur Höhe von 50 € jährlich anrechnungsfrei bleiben.
Unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung in der bis Ende 2007 gültigen Fassung dürften Leistungsempfänger insgesamt nur 50 € pro Jahr (nicht je Anlass, wie das SG Leipzig angenommen hat) anrechnungsfrei erhalten. Darüber hinausgehende Beträge sind nach Ansicht des Landessozialgerichts hingegen voll (also ohne Abzug eines Freibetrages von 50 €) als Einkommen zu berücksichtigen.
3. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 AS 324/10 B 29.03.2010 rechtskräftig, Beschluss
Das Rechtsschutzsystem des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sieht anders als bei Untätigkeit der Verwaltung, gegen die unter den Voraussetzungen des § 88 SGG Untätigkeitsklage erhoben werden kann, gegen die Untätigkeit eines Gerichts – sofern eine solche zu konstatieren sein sollte – keine Rechtsbehelfe vor (vgl. bereits den Beschlüsse des erkennenden Senats vom 30.06.2006 – L 20 B 69/06 AS m.w.N. sowie vom 12.09.2008 – L 20 B 97/08 AS ER).
3.1 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AS 235/10 B ER 23.03.2010 rechtskräftig, Beschluss
3.2 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 1 AS 36/09 23.02.2010, Urteil Revision zugelassen
Der Erstattungspflicht nach § 36 a SGB II unterliegen neben den Kosten für Unterkunft und Heizung die Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Der Begriff der erforderlichen Eingliederung sei weit zu fassen. Die allgemeine Betreuung im Frauenhaus gehöre zu den Maßnahmen einer beruflichen Eingliederung. Ziel eines Aufenthaltes im Frauenhaus ist neben der Schutzgewährung auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Die Befähigung zu einem selbstbestimmten und unabhängigen Leben, welche durch die individuelle Betreuung der Betroffenen im Frauenhaus erreicht werden solle, ist Voraussetzung für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
4. Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3163/09 –
Volle Anrechnung des Kindergelds auf Hartz IV-Leistungen verfassungsgemäß.
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5. Sozialgericht Lüneburg S 45 AS 4/10 ER 14.01.2010, Beschluss
Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II hat ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt, der unter anderem Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Mit der Wahl der entsprechenden Begrifflichkeiten macht die Vorschrift deutlich, dass damit die Aufhebungsvorschriften der §§ 45 bis 49 SGB X gemeint sind, die über § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende anwendbar sind (Conradis in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 39 RdNr. 5).
Ein Entzug von Leistungen wegen fehlender Mitwirkung gem. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist damit von dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht erfasst. Die Vorschrift des § 39 Nr. 1 SGB II kann auch nicht erweiternd ausgelegt werden. Dies folgt zum einen nach den allgemeinen Regeln daraus, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, zum anderen daraus, dass die Vorschrift eine Beschränkung des Rechtsschutzes darstellt (LSG Hamburg, Beschluss vom 29.05.2006, Az.: L 5 B 77/06 ER AS; G. Wagner in: jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 39 RdNr. 14; Conradis in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 39 RdNrn. 4, 11).
5.1 – Sozialgericht Lüneburg S 45 AS 34/10 ER 16.02.2010, Beschluss