1.1 – BSG, Urteil vom 01.06.2010, – B 4 AS 89/09 R-
Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind als Einkommen im SGB II zu berücksichtigen.
Sie sind keine zweckbestimmten Einnahmen, denn für die Annahme einer Zweckbestimmung bei Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage muss eine Vereinbarung getroffen worden sein , aus der objektiv erkennbar folgt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer (nur) für einen ganz bestimmten Zweck verwendet werden soll (vgl BSG -B 14 AS 64/08 R -Urteil vom 28.10.2009 zu Abfindungen).
juris.bundessozialgericht.de
1.2 – BSG, Urteil vom 01.06.2010, – B 4 AS 67/09 R
Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III ist als Einkommen bei der Berechnung von Regelleistung und Leistungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Selbständige sind dem Grunde nach angemessen iS des § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II.Die Beiträge sind vom Einkommen vor dessen Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II abzusetzen.
1.3 – BSG, Urteil vom 01.062010, – B 4 AS 63/09 R
Ein Selbständiger Hilfebedürftiger hat Anspruch auf Kostenübernahme für die Reparatur seines KFZ.
Ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Reparatur des PKW kann aus § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung hergeleitet werden. Nach dem Urteil des BSG vom 23.11.2006 – B 11b AS 3/05 R (= SozR 4-4200 § 16 Nr 1) kommen als weitere Leistungen im Sinne der Vorschrift auch Leistungen zur Fortsetzung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Betracht. Allerdings können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 3 Abs 1 Satz 1 SGB II nur erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind.
1.4 – BSG, Urteil vom 01.06.2010, – B 4 AS 60/09 R –
Keine Begrenzung der Unterkunftskosten bei Umzug in anderes Bundesland
Denn § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums iS der Rechtsprechung des BSG (s BSG Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R) hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung. Bereits in der Gesetzesbegründung zu § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese sind jedoch ausschließlich im Vergleichsraum zu ermitteln. Eine Beschränkung der Wirkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf den Vergleichsraum entspricht auch der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 3 des Abs 1. Die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird im Vergleichsraum im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsprüfung, also im kommunalen Bereich ermittelt. Die Verpflichtung zur Kostensenkung bei nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II besteht nur innerhalb des Vergleichsraums. Einen Grund § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus diesem systematischen Zusammenhang herauszulösen ist nicht ersichtlich. Auch nach ihrem Sinn und Zweck entfaltet die Vorschrift nur für Umzüge im Vergleichsraum Wirkung. Die dargelegte Reduktion des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist zudem auch verfassungsrechtlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG iVm der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten.
1.5 – BSG, Urteil vom 01.06.2010, – B 4 AS 78/09 R
Die Absenkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung setzt voraus, dass die Hilfebedürftigen zur Kostensenkung verpflichtet sind. Eine derartige Obliegenheit zur Kostensenkung trtt nicht ein, wenn der entsprechende Hinweis des Grundsicherungsträgers in dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid keine Angaben der zu dem vom Grundsicherungsträger als angemessen angesehenen Mietpreis enthält.
Eine nachträgliche Überprüfung der bereits bestandskräftigen Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung ist nach § 44 SGB X möglich, denn neben der Bezugnahme des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II auf die hier nicht einschlägige arbeitsförderungsrechtliche Sonderregelung des § 330 Abs 1 SGB III existieren im SGB II keine Besonderheiten, die eine nur eingeschränkte Anwendbarkeit des SGB X bei der Rücknahme des hier vorliegenden Verwaltungsakts mit Dauerwirkung rechtfertigen könnten.
Anders als Sozialhilfeleistungen werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur auf Antrag erbracht. Die Bewilligung für einen Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten verdeutlicht, dass nicht nur hinsichtlich der pauschalierten Regelleistung, sondern auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung eine Bedarfsdeckung nicht nur wegen eines gegenwärtigen, sondern auch wegen eines prognostischen zukünftigen Hilfebedarfs im Wege der Bewilligung einer Dauerleistung stattfindet.
Anmerkung: Unzutreffende Angaben des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit des Wohnraums können einen Anspruch auf Übernahme zu hoher KdU auf Grund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II begründen, wenn diese Angaben zur Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen führen (vgl hierzu eingehend Urteil des Senats vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – RdNr 27 , BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R ).
1.6 – BSG , Urteil vom 18.02.2010 , – B 14 AS 53/08 R –
Die Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei Weigerung, einen Ein-Euro-Job auszuführen ist nur zulässig bei vorheriger Belehrung über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung.
Die Belehrung über die Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglicher Maßnahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsicherungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt.
Entsprechend dem formalen Ordnungscharakter der Rechtsfolgenbelehrung kommt es nicht auf das Kennen oder Kennen müssen der Rechtsfolgen beim Leistungsberechtigten an, sondern nur auf das formell ordnungsgemäße Handeln der Behörde (BSGE 53, 13, 16 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 88 f).
Grundsätzlich kommt auch eine mündliche Belehrung in Betracht. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn die mündliche Belehrung in engem zeitlichen Zusammenhang vor dem sanktionsbewehrten Verhalten erfolgt ist (vgl BSGE 102, 201, 210 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 35).
Anmerkung : BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 30/09 R –
Eine pauschale Rechtsfolgenbelehrung bei Nichtannahme einer Arbeitsgelegenheit rechtfertigt nicht die Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Rechtsprechungsticker von Tacheles 15/2010).
BSG B 4 AS 20/09 R , Urteil vom 17.12.2009
Wurde keine Eingliederungsvereinbarung getroffen, ist die Absenkung von Leistungen nach dem SGB II wegen nicht angetretener Maßnahme rechtswidrig (Rechtsprechungsticker von Tacheles 15/2010).
2. Entscheidungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – LSG Schleswig- Holstein L 3 AS 64/10 B PKH , Beschluss vom 25.05.2010
Hilfebedürftiger hat keinen Rechtsanspruch auf Korrektur seiner ursprünglichen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X, wenn das Kindergeld tatsächlich zugeflossen ist , aber zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückzahlungsverpflichtung des Kindergeldes durch ein finanzgerichtliches Verfahren ergeht .
www.sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung : Sozialgericht Detmold, Urteil vom 31. März 2009, S 8 AS 61/08, Berufung anhängig beim LSG NRW – L 19 B 120/09 B – .
Ein nachträglicher Wegfall und eine Rückerstattung von auf Grundsicherung angerechnetem Kindergeld begründet einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen , denn bereits im Zeitpunkt der Auszahlung des Kindergeldes war es mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet und stand dem Leistungsempfänger unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zur Deckung seines Lebensunterhalts nicht mehr zur Verfügung (Rechtsprechungsticker von Tacheles 23/2009 ).
2.2 – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. April 2010, L 2 AS 16/10 B ER, rechtskräftig
Wer Leistungen nach dem SGB II bezieht und weiter privat krankenversichert bleibt, hat Anspruch auf einen Zuschuss. Dieser ist auf den Betrag beschränkt, den die ARGE an eine gesetzliche Krankenkasse zu zahlen hätte. Soweit der Zuschuss für die Versicherungsprämie nicht ausreicht, muss der Leistungsbezieher den Restbeitrag selbst bezahlen.
www.sozialgerichtsbarkeit.de
2.3 – Sächsisches LSG L 7 AS 25/07 , Urteil vom 17.05.2010 , Revision zum BSG zugelassen
Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit in kommunalen Gremien und Sitzungsgeld bei Hartz IV-Empfängern sind anrechenbares Einkommen.
Zwar können Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder als sog. zweckgebundene Einnahmen gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II grundsätzlich anrechnungsfrei sein, soweit sie einem anderen Zweck als der Sicherung des Lebensunterhalts dienen. Da diese Gelder sowohl als Ersatz von notwendigen Aufwendungen und Auslagen im Rahmen der kommunalen Tätigkeit als auch als Verdienstausfall gewährt werden, dienen sie teilweise demselben Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II.
Unberücksichtigt und somit kein anrechenbares Einkommen kann nur der steuerfreie Anteil der Entschädigungen und Sitzungsgelder bleiben.
Werden tatsächliche Aufwendungen für die ehrenamtliche Betätigung geltend gemacht , können diese als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II abgesetzt werden.
www.justiz.sachsen.de
Anmerkung : Sozialgericht Würzburg – S 16 AS 450/09 – vom 29.03.2010, Urteil
Die Entschädigung für die Tätigkeit als Stadträtin ist nicht vollständig berücksichtigungsfrei im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, da es sich nicht vollständig um zweckbestimmte Einnahmen handelt und sie zudem das Einkommen so günstig beeinflussen, das eine vollständige Nichtanrechnung nicht gerechtfertigt wäre.
Die Entschädigungsleistungen für Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse werden in der Kommentarliteratur zum SGB II grundsätzlich als zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II angesehen (vergl. Eicher/Spellbrink, SGB II, Rn. 39/§ 11; Oesterreicher, SGB II, Rn. 125/§ 11; LPK-SGB II, 3. A, Rn. 66/§ 11). Nach der Kommentierung in Mergler/Zink (Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe Teil I: SGB II, Rn. 89/§ 11) soll dies allerdings nur gelten für nicht steuerpflichtige Aufwandsentschädigungen. Weiter wird die Einschränkung gemacht, dass diese nur dann zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II sein sollen, soweit sie für den tatsächlichen Aufwand bei öffentlichen Ämtern gewährt werden(Rechtsprechungsticker von Tacheles 17/2010).
3. Landessozialgericht Baden-Württemberg L 7 AS 5263/08 , Urteil vom 20.05.2010 , Revision zugelassen
Anmerkung : Ein Ausschluss des Anspruchs auf Sozialgeld nach § 7 Abs. 4 SGB II kommt nach der Systematik des Gesetzes nicht in Betracht ( SG Koblenz, Beschluss vom 2. November 2009 – S 16 AS 1190/09 – und SG Karlsruhe, Urteil vom 27. Juli 2009 – S 16 AS 1115/08 – ) , denn während der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 SGB II an die fehlende Erwerbsfähigkeit von Personen anknüpft, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind, setzt der Anspruch auf Sozialgeld gemäß § 28 SGB II – im Unterschied zum Anspruch auf Arbeitslosengeld II, vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II – gerade keine Erwerbsfähigkeit voraus. § 28 SGB II enthält vielmehr für nicht erwerbsfähige Angehörige erwerbsfähiger Hilfebedürftiger eine Sonderregelung, die an das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen anknüpft.
Sozialgericht Karlsruhe S 16 AS 1115/08 , Urteil vom 27.07.2009 rechtskräftig
Bei Unterbringung des Kindes in einer Schule für Sehbehinderte, die im Rahmen des SGB XII gefördert wird, liegt bei Aufenthalten von mindestens einem vollen Kalendertag im Haushalt der Eltern eine temporäre Bedarfsgemeinschaft vor, so dass ein Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II für das Kind besteht (Rechtsprechungsticker von Tacheles 37/2009).
4. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 32 AS 688/09 , Urteil vom 26.03.2010 , Revision zugelassen
www.sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung: Einzelpersonen ist die gleiche Fläche zuzubilligen wie zwei Personen, da sich das Alleine- oder Zusammenleben im Laufe der Zeit ändern kann und die Unsicherheit beim Erwerb von Wohneigentum, das beispielsweise von zwei Personen erworben wurde und veräußert werden müsste, wenn eine Person auszieht, nicht tragbar wäre. Die Grenzwerte stellen aber nur den Regelfall dar und müssen stets daraufhin untersucht werden, ob im Einzelfall eine abweichende Beurteilung angezeigt ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R, Rz. 22 ).
4.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 25 B 1070/08 AS PKH , Beschluss vom 25.05.2010 rechtskräftig
Auch wenn Partner noch nicht länger als ein Jahr zusammenleben, kann vom Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c i.V.m. Abs. 3a Nr. 1 SGB II auszugehen sein.
Aus der Vorschrift des § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen vermutet wird, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, nichts anderes. Denn aus dieser Regelung ergibt sich lediglich eine Beweislastumkehr zu Lasten des Hilfebedürftigen für den Fall des mehr als einjährigen Zusammenlebens. Hingegen lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II ein mehr als einjähriges Zusammenleben der Partner tatbestandlich voraussetzt; vielmehr sieht das Gesetz eine Partnerschaft auf Probe ohne die Folge der Anrechnung des Einkommens des Partners auf den Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 1 SGB II nicht vor.
5. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 19 AS 323/10 B , Beschluss vom 28.05.2010 rechtskräftig
Eine Rechtsbehelfsbelehrung, welche nicht der gesetzlichen Form entspricht , führte nicht zur Rechtswidrigkeit eines Bescheides, weil die Rechtsbehelfsbelehrung kein notwendiger Bestandteil des Verwaltungsaktes ist (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 36 Rn 15) .
5.1 – LSG NRW L 9 B 183/08 AS ER , Beschluss vom 27.11.2008
In einem auf die Gewährung von Leistungen für die Unterkunft gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann ein Anordnungsgrund nur dann angenommen werden, wenn dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung konkret die Wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare Notlage – etwa die Sperre der Strom- oder Heizungsversorgung – droht (vgl. u. a. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 21.05.2008, Az. L 9 B 77/08 AS ER und L 9 B 79/08 AS ER; 10.03.2008, Az. L 9 B 40/08 AS ER; 08.10.2007, Az.: L 9 B 150/07 AS ER und 12.06.2007, Az.: L 9 B 25/07 SO ER).
6. SG Bremen S 23 AS 987/10 ER , Beschluss vom 31.05.2010
Wenn Kinder – die nicht dauernd mit den Hilfebedürftigen zusammenleben – mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Haushalt eines hilfebedürftigen Elternteiles übernachten, erhöht sich der Raumbedarf für die Wohnung und damit die Mietobergrenze.
Denn ein Umzug kann notwendig im Sinne von § 22 Abs. 3 SGB II sein, wenn er dazu dient, dass ein nicht mit seiner zweijährigen Tochter zusammenlebender Vater den Kontakt zu dieser intensivieren kann.
www.sozialgericht-bremen.de (pdf)
Anmerkung : Sozialgericht Fulda S 10 AS 53/09 , Urteil vom 27.01.2010
Bei temporärer Bedarfsgemeinschaft kann beim Leistungsträger erhöhter Wohnraumbedarf geltend gemacht werden. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine temporäre Bedarfsgemeinschaft auch im Bereich der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen ist, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden (das Problem wurde vom BSG in seinem Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R lediglich angedeutet) und wird in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung auch nicht einheitlich beurteilt (Rechtsprechungsticker von Tacheles 07/2010).
Ein Umzug ist im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II erforderlich, wenn er durch einen vernünftigen Grund gerechtfertigt ist. Dies ist bei einem Antragsteller, der zur besseren Wahrnehmung des Umgangsrechts oder zur Aufrechterhaltung des Kontaktes mit seinem zweieinhalbjährigen Kind in eine andere Wohnortgemeinde umzieht, regelmäßig der Fall. Er kann daher die Übernahme der neuen – angemessenen – Unterkunftskosten vom nach dem Umzug zuständigen Leistungsträger beanspruchen, auch wenn diese höher als diejenigen am früheren Wohnort sind (Hessisches Landessozialgericht L 7 AS 53/09 B ER , Beschluss vom 19.03.2009 ; Rechtsprechungsticker von Tacheles 25/2009).
7. SG Duisburg S 41 (36) AS 10/09 , Urteil vom 12.05.2010
Antrag auf Eingliederungszuschuss kann auch nach Arbeitsaufnahme gestellt werden.
Die Anwendbarkeit von § 37 SGB II auf Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II hat zur Folge, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II jederzeit, also abweichend von § 324 Abs. 1 S. 1 SGB III auch nach der Aufnahme der Beschäftigung gestellt werden kann.
www.sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung : Sächsisches Landessozialgericht , Urteil vom 8.10.2009, Az. L 3 AS 288/08
Keine Gewährung von Trennungskostenbeihilfe, wenn Antrag erst nach Arbeitsaufnahme gestellt wird.
8. Sozialgericht Kassel S 6 AS 143/08 , Urteil vom 30.03.2010
Ist die Angemessenheit der Heizkosten nur für einen Teil des Jahres zu beurteilen, muss der Grenzwert der noch angemessenen Heizkosten durch die nach der Heizkostenverordnung zugelassene Gradtagszahlenmethode weiter konkretisiert werden.
In Fällen, in denen die Angemessenheit der Heizkosten nur für einen Teil des Jahres zu beurteilen sind, muss der nach der Formel des BSG bestimmte Grenzwert der angemessenen Heizkosten weiter konkretisiert werden. Hierfür bietet sich die nach § 9b Heizkostenverordnung zugelassene Gradtagszahlenmethode (dazu: Gramlich, Mietrecht, 10. A. 2007, S.215 f.; Interessenverband Mieterschutz e.V. – Mieterverein: Gradtagszahlentabelle, www.ivmieterschutz.de, 25.03.2010) an. Die Gradtagszahlenmethode wurde dadurch entwickelt, dass über zwanzig Jahren lang an verschiedenen Orten in Deutschland zu verschiedenen Uhrzeiten die Außentemperatur gemessen und die mittlere Tagestemperatur berechnet wurde. Unter der Annahme, dass bei Tagen mit einer mittleren Tagestemperatur ab + 15 Grad Celsius kein Heizbedarf mehr besteht, wurde der Heizbedarf in den einzelnen Monaten des Jahres berechnet.
9. Entscheidungen zur Sozialhilfe (SGB XII)
9.1 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 SO 18/09 , Urteil vom 19.04.2010 , Revision zugelassen
Die Heiz- und Betriebskostennachforderung ist als Leistung nach § 29 SGB XII zu übernehmen(vgl zur entsprechenden Rechtslage SGB II BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R bei Rn. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R), auch wenn sie von der Hilfebedürftigen bereits bezahlt wurde und verspätet beantragt wurde.
Das Gesetz sieht für die Geltendmachung des Nachforderungsbedarfs keine Ausschlussfrist vor. Eine solche ist i insbesondere nicht in § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII enthalten.
Eine von der Betreuerin der Hilfebedürftigen unterzeichnete Erklärung , wonach nicht entsprechend zeitiger Vorlage der Abrechnung grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe bestehe , schließt den geltend gemachten Anspruch nicht aus.
10. Anmerkung zu: BSG 14. Senat, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 33/08 R –
Fundstelle: jurisPR-SozR 11/2010 Anm. 1
Unterkunft und Heizung: Angemessenheitsgrenze für ein selbst genutztes Hausgrundstück
Zitat : Auswirkungen für die Praxis
Bereits die Rechtsprechung zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten dürfte für die Leistungsträger in personeller und wissenschaftlicher Hinsicht kaum erfolgversprechend umzusetzen sein. Umso mehr dürfte dies der Diskussion um ein Handeln des Verordnungsgebers (§ 27 Nr. 1 SGB II) oder der aktuell aufkeimenden Diskussion zur Einführung von Mietpauschalen Vorschub leisten.
Die Rechtsprechung zur Angemessenheit der Heizkosten macht es den Leistungsträgern nicht einfacher.