Denn die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II erfordert anders als die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II keinen Einstehenswillen seitens der Eltern.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Eltern für ihre Kinder einstehen, wenn diese mit ihnen im Haushalt leben, unverheiratet sind, unter 25 Jahre alt sind und ihren Lebensunterhalt selbst sicherstellten können (vgl. BT-Drs., 16/688, S. 14). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Sohn gegen seine Eltern einen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch gehabt hätte.
Im Bereich existenzsichernder Leistungen darf der Gesetzgeber bei der Frage, ob der Einsatz staatlicher Mittel gerechtfertigt ist, von den Regelungen des Unterhaltsrechts abweichen und typisierend unterstellen, dass in einem Haushalt zusammenlebende Familienangehörige sich unterstützen (Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 51/09 R).
Bei zugeflossenem Erbe aus einer Lebensversicherung nach Antragstellung auf ALG II handelt es sich um Einkommen (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 46/09 R, Rn. 15 m.w. N.).
Maßgeblich ist die Realisierung der Forderung gegen die Versicherung. Das Schicksal der dem Zufluss zu Grunde liegenden Forderung ist dann für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ohne Belang (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 62/08 R, Rn. 24).
Es ist gerechtfertigt im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II die Beerdigungskosten einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Schulden sind nicht zu berücksichtigen, denn die Bedürftigkeitsprüfung im SGB II erfordert keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat (BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 28/09 R, Rn. 22).
Pauschalzahlungen sind im Hinblick auf den typischerweise anfallenden Erhaltungsbedarf gesetzlich nicht vorgesehen (BSG Urteil vom 3. März 2009, B 4 AS 38/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 17).
Berücksichtigungsfähig sind tatsächliche Aufwendungen für eine notwendige Instandsetzung oder Instandhaltung, soweit diese nicht zu einer Verbesserung des Standards des selbstgenutzten Eigenheims führen und sie angemessen sind.
Dies setzt voraus, dass sie für die Sicherung und den Erhalt der Unterkunft notwendig sind und deren Bewohnbarkeit aufrecht erhalten sollen (BSG Urteil vom 18. Februar 2010,- B 4 AS 28/09 R – , Rn. 20).
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Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, denn in einer falschen Rechtsmittelbelehrung liegt regelmäßig keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 158 Nr. 1).
Der Kläger hat keine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, eine Umdeutung der unzulässigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig (so BSG, Urteil vom 20.5.2003, Az.: B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Nach § 1105 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind. Bei der Reallast ist somit das Grundstück mit dem dinglichen Stammrecht auf Entrichtung wiederkehrender Leistungen aus dem Grundstück und mit dem dinglichen Recht auf Entrichtung jeder Einzelleistung belastet (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, Vor § 1105 Rdnr. 1).
Nach § 37 SGB II werden Leistungen auf Antrag erbracht, die Erbringung von Leistungen vor der Antragstellung ist ausgeschlossen, § 37 Abs. 2 SGB II.
§ 28 SGB X findet auch im SGB II Anwendung ((vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 28 Rdnr. 6). wurde eine Sozialleistung wie Krankengeld oder ALG I nicht versagt oder deren Erstattung begehrt, sind die Voraussetzungen des § 28 SGB X sind nicht gegeben.
Hat ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrages auf eine Sozialleistung abgesehen, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist, und wird diese Leistung versagt oder ist sie zu erstatten, wirkt nach § 28 Satz 1 SGB X der nunmehr nachgeholte Antrag bis zu einem Jahr zurück .
Zu einer solchen Rückwirkung kommt es gemäß § 28 Satz 2 SGB X auch dann, wenn der rechtzeitige Antrag auf eine andere Leistung aus Unkenntnis über deren Anspruchsvoraussetzungen unterlassen wurde und die zweite Leistung gegenüber der ersten Leistung, wenn diese erbracht worden wäre, nachrangig gewesen wäre.
Eine nicht abdingbare, mit dem Mietvertrag gekoppelte Pauschale für Grundserviceleistungen im Bereich des ambulant betreuten Wohnens gehört zu den Kosten der Unterkunft im Sinne vom § 22 Abs. 1 SGB II.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich keine Einschränkung auf bestimmte rechtliche Gestaltungen, erfasst werden sowohl die typischen Formen Miete als auch Eigentum. Abgedeckt werden soll das Grundbedürfnis Unterkunft bzw. Wohnen, wobei dieser Bedarf nach § 22 Abs. 1 SGB II durch die Übernahme der entsprechenden Kosten gedeckt wird. Entsprechend hat sich die Frage, was zu den Kosten der Unterkunft gehört, auch an den Verhältnissen und Angeboten des jeweiligen Marktes zu orientieren. Entsprechend sind alle Aufwendungen umfasst, die dem Hilfebedürftigen zwangsläufig erwachsen, um die Unterkunft zu erlangen oder zu erhalten; entscheidend ist allein die Unmöglichkeit, die Unterkunft ohne diese Aufwendungen zu erhalten (vgl. SG Stuttgart, Urteil vom 27. September 2006 – S 15 SO 6319/05 -).
Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Ob zwischen den Partnern (noch) sexuelle Beziehungen bestehen, ist dabei ohne Bedeutung.
Ist ein Empfänger von Arbeitslosengeld II in einem Wohnheim untergebracht, das für Unterkunft und Heizung einschließlich aller Nebenkosten wie Energie und Warmwasser einen bestimmten Tagessatz als Miete fordert, und übernimmt der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Kosten der Unterkunft und Heizung durch Zahlung der fälligen Tagessätze unmittelbar an das Wohnheim, so darf der Grundsicherungsträger die dem Leistungsempfänger gewährte Regelleistung nicht um eine Energiepauschale (für Kosten der Haushaltsenergie und Warmwasser) kürzen .
Keine Kürzung der Regelleistung in Höhe von 30,- Euro monatlich , wenn der Hilfebedürftige in einem Wohnheim wohnt .
Die Position der Haushaltsenergie umfasst unter anderem Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung und Warmwasserbereitung(BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 , – B 14/11 b AS 15/07 R). Weil diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten sind, können sie dem HB an dieser Stelle nicht, jedenfalls nicht ohne seine ausdrückliche Einwilligung, abgezogen werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 9/08 R )
Sind sie Bestandteil pauschal berechneter Kosten der Unterkunft, so müssen sie dort in Abzug gebracht werden.
Heizkostennachforderung für eine nicht mehr vom Hilfebedürftigen bewohnte Wohnung ist als gegenwärtiger Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen.
Denn bezieht sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handele es sich jedenfalls um vom Leistungsträger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (BSG Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R).
Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Heizkosten-vorauszahlungen übernommen hat, sind Heizkostennachforderungen auch dann in vollem Umfang zu übernehmen, wenn die Leistungen für Unterkunft und Heizung später auf einen angemessenen Betrag abgesenkt worden sind.
Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf einen angemessenen Betrag abgesenkt hat, sind Heizkostennachforderungen zu übernehmen, wenn sich die Heizkosten nicht als unangemessen hoch erweisen. Die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten ist getrennt von der Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Unterkunftskosten vorzunehmen. Hierbei ist in Berlin nicht der Berliner Heizkostenspiegel, sondern der bundesweite Heizkostenspiegel anzuwenden. In Berlin gilt für einen Zwei-personenhaushalt eine Wohnfläche von sechzig Quadratmetern als angemessen.
Die Betriebskostennachzahlung für die frühere Wohnung eines Hartz IV-Empfängers ist zu übernehmen.
Die Frage, ob Betriebskostennachzahlungen auch dann zu übernehmen sind, wenn das Mietverhältnis, aus welchem sie herrühren, im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebskostennachzahlung nicht mehr besteht, der Leistungsberechtigte aber im Zeitpunkt der Fälligkeit bedürftig ist, hat über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
Betriebskostennachzahlungen sind auch dann als laufender Bedarf nach § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmen , wenn das Mietverhältnis, aus welchem sie herrühren, im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebskostennachzahlung nicht mehr besteht, der Leistungsberechtigte aber im Zeitpunkt der Fälligkeit bedürftig ist, § 22 Abs. 5 SGB II und § 37 Abs. 1 und 2 SGB II stehen dem nicht entgegen .
Fax-Sendebericht mit OK- Vermerk hat Beweiskraft für Zugang des Widerspruchs des Hilfebedürftigen bei der Arge.
Die Oberlandesgerichte Karlsruhe und Celle hatten 2008 Sachverständige zu der Frage gehört, welcher Aussagewert einem Fax-Sendebericht zukommt.
Auch das BSG geht nunmehr davon aus, dass der Sendebericht das Zustandekommen einer Leitungsverbindung nachweisen kann (Urteil vom 20.10.09, B 5 R 84/09 B). Im konkreten Fall war auch die erste Seite des gesendeten Faxes auf dem Sendebericht abgebildet (faksimiliert), sodass mit dem Sendebericht zugleich der Inhalt des übermittelten Widerspruchs bewiesen werden konnte.
Quelle : RA Jan Haeussler, http://www.jan-haeussler.de/Downloads/SG_DUI_10_12_03.pdf
++ Anmerkung: Vgl. dazu LSG NRW Beschluss vom 26.03.2007 , – L 20 B 324/06 AS –
Für die Beurteilung der Übermittlung per Telefax ist auf die am Empfangsort erstellt körperliche Urkunde abzustellen. Ein Telefax ist deshalb erst zugegangen, wenn es beim Empfänger ausgedruckt wird. Ein Absendenachweis erbringt daher keinen Beweis für den Zugang. Das Faxabsendeprotokoll beweist lediglich, dass die Verbindung zustande gekommen ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten für den Zugang allgemein nicht und werden speziell durch den OK-Vermerk im Sendebericht nicht begründet. Das glaubhaft gemachte oder bewiesene Absenden des Widerspruchsschreibens kehrt auch die materielle Beweislast für den Zugang des Widerspruchs, die der Widerspruchsführer trägt, nicht um.
Der Gesetzgeber hat dem Leistungsträger nach dem SGB II nicht zugestanden, eine amtsärztliche Untersuchung zum Regelungsgegenstand einer durch Verwaltungsakt festgesetzten Eingliederungsvereinbarung zu machen.
Denn der Gesetzgeber hat im Lichte des sensiblen Schutzes von Gesundheitsdaten als Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine ausgewogene Regelung getroffen, nach der der Leistungsbegehrende nicht gegen seinen Willen so gestellt werden kann, als habe er einer amtsärztlichen Untersuchung zugestimmt .
Dies folgt schon aus der Systematik des Gesetzes. In § 31 Abs. 2 SGB II ist geregelt:
Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichem Untersuchungstermin nicht zu erscheinen , nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das ALG II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um Zehn von Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung abgesenkt.
Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das Fernbleiben von einer angeordneten Untersuchung als Zuwiderhandlung gegenüber einer entsprechenden Eingliederungsvereinbarung angesehen werden könne, hätte er § 31 Abs. 2 SGB II nicht erlassen.
Bestehen Zweifel an der Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen, kann das Fernbleiben von einer angeordneten Untersuchung eine Versagenentscheidung nach den §§ 60, 62 und 66 SGB I rechtfertigen .
Quelle: Tacheles – Leser
++ Anmerkung: Vgl. dazu Sozialgericht Bremen Beschluss vom 01.10.2010 , – S 18 AS 1928/10 ER -, veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 43/2010 .
Die Verletzung einer in § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III ausdrücklich normierten Mitwirkungspflicht (hier Pflicht zur ärztlichen Untersuchung) erlaubt die Anwendung der in § 31 Abs. 2 SGB II vorgesehenen Sanktionen. Die Regelungen des § 31 SGB II stellen spezielle Regelungen dar. Dort werden gestaffelte Sanktionierungen geregelt. Die vollständige Entziehung der Regelleistung über einen Rückgriff auf die Bestimmungen der §§ 62, 66 SGB I kommt daneben nicht in Betracht. Das SGB II enthält insoweit ein geschlossenes Regelungsgefüge.
Für einen Einpersonenhaushalt ist in Bremen eine Bruttokaltmiete von bis zu 385,00 Euro angemessen.
Dies ergibt sich daraus, dass zur Fest-stellung der angemessenen Miete im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II seit dem 1. Januar 2009 auf die Werte der neu gefassten Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) abzustellen ist, da eine konkreten Angemessenheitsprüfung anhand eines örtlichen, marktüblichen Mietzinsniveaus nicht vorgenommen werden kann, da es an geeigneten Mietspiegeln bzw. Mietdaten-banken fehlt. In einem solchen Fall ist es letztlich zulässig, auf die Miethöchstgrenzen aus der – zum 01.01.2009 aktualisierten – Tabelle zu 8 Wohngeldgesetz (WoGG) abzustellen.
Sozialgericht Bremen Beschluss vom 12.11.2010, – S 21 AS 2191/10 ER – ; SG Bremen, Beschluss vom 22.01.2009, Az. 21 AS 01/09 ER; Beschluss vom 10.02.2009, Az. S 26 AS 186/09 ER; BSG Urteil vom 18.02.2010, Az. B 14 AS 73/08 R; in Bezug auf die bis zum 31.12.2008 geltende Wohngeldtabelle jeweils vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R -; OVG Bremen, Beschluss vom 09.07.07 – S1 B 183/07 und S1 S 184/07 -; Be-schluss vom 18.04.2007 – S1 B 94/07 -; Beschluss vom 22.02.2008 – S2 B 423/07, S 2 B 424/07 und S2 B 66/08 -; Rückgriff auf die Tabelle zu § 8 WoGG jedenfalls im Eilverfahren zulässig: Beschluss vom 28.04.2008 – S2 B 145/08 und S2 S 146/08 – m.w.N.; VG Bremen, Beschluss vom 18.06.2007 – S8 V 1072/07 -; Beschluss vom 31.03.2008 – S1 V 260/08 -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 11.07.2008 – L 11 AS 38/07 -; SG Hannover, Urteil vom 10.12.2008 – S 54 AS 743/08 -).
Die neuen Hartz-IV-Regeln
Regelsatzerhöhungen, Zuständigkeit der ARGEn, Härtefallregelungen, Bildungsangebote für Kinder, Unterkunftskosten, Sanktionen: Wie bei kaum einer anderen Reform werden die Neuregelungen im Grundsicherungsrecht kritisch zu kommentieren sowie an den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts zu messen sein.
Unsere Einführungswerke, Textsammlungen, Kommentare und Handbücher begleiten diesen Prozess. Alle Bände berücksichtigen die Neuregelungen, die zum 1.1.2011 in Kraft treten werden. Das Gesamtprogramm ist unser Beitrag zur Auseinandersetzung mit den Reformzielen und ihren Auswirkungen auf die Praxis.
Nomos Das Existenzsicherungsrecht – Die neuen Hartz-IV-Regeln
Kann eine frühere Kostensenkungsaufforderung bei erneutem Leistungsbezug nach längerer Berufstätigkeit eine Leistungskürzung rechtfertigen ?
Frühere Kostensenkungsaufforderung kann bei erneutem Leistungsbezug nach längerer Berufstätigkeit keine Leistungskürzung rechtfertigen
War ein Hilfeempfänger länger als ein Jahr nicht im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und konnte während dieser Zeit aus dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen seine grundsicherungsrechtlich unangemessenen Kosten der Unterkunft tragen, so kann ihm – nach einem erneuten Antrag auf Leistungsgewährung – nicht sofort eine in der Vergangenheit gelegene Aufforderung zur Absenkung der Unterkunftskosten entgegengehalten werden. Ihm ist vielmehr in Anwendung von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ein Übergangszeitraum zur Absenkung seiner Kosten der Unterkunft zu gewähren. In diesem Zeitraum sind seine tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Anwendung von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Bedarf bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen.
Einer solchen Warnfunktion kann dieser vorherige Hinweis indessen nicht genügen, wenn – wie hier – ein ganz beträchtlicher Zeitraum – länger als ein Jahr bei unbefristetem Arbeitsverhältnis – zwischen dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug und dem erneuten Eintritt in den Leistungsbezug liegt. Wenn Leistungsbezieher – wie hier – bis unmittelbar vor Eintritt in den Leistungsbezug gearbeitet haben und von den Erträgen aus ihrer Arbeit auch die -wie hier- unangemessen hohen KdU bestreiten konnten, so ist ihnen daher ein erneuter Zeitraum einzuräumen, um ihre unangemessenen KdU abzusenken. In der Zeit, in der sie nicht im Leistungsbezug standen, waren sie nämlich nicht (mehr) veranlasst, ihre KdU zu senken. Für den dann anschließenden Zeitraum ist dann in Anwendung der Grundregel in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erneut der tatsächliche Bedarf an KdU in Ansatz zu bringen (zustimmend Lauterbach in Gagel, Kommentar zum SGB III und zum SGB II, § 22 SGB II Rn 57; Frank in Hohm (Hrsg.), GK SGB II, § 22 Rn 51 und Beschluss LSG Niedersachsen-Bremen vom 18. Mai 2009 – L 9 AS 529/09 B ER – mit Anmerkung Padé, jurisPR-SozR 25/2009, veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 04/2010 ).