Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 51/2010

1.  Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 15.12.2010 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – BSG Urteil vom 15.12.2010 , – B 14 AS 61/09 R-

Die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden nach § 44 Abs 1 SGB 10, mit denen Pauschalen für die Warmwasserbereitung in rechtswidriger Höhe von den Heizkosten des § 22 SGB 2 abgesetzt wurden, ist nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 2 iVm § 330 Abs 1 SGB 3 auch für die Zeit vor der Entscheidung des BSG vom 27.2.2008 – B 14/11b AS 15/07 R- nicht ausgeschlossen.

§ 330 Abs 1 SGB III greift nicht, weil es im Hinblick auf den Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung bis zum Entstehen der ständigen Rechtsprechung des BSG an einer einheitlichen Verwaltungspraxis der kommunalen Leistungsträger gefehlt hat (vgl auch BSG, Urteil vom 1.6.2010 – B 4 AS 78/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr 36).

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++ Anmerkung: Vgl. dazu BSG Urteil vom 01.06.2010,- B 4 AS 78/09 R -, veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 23/2010.

Der Anwendbarkeit des § 44 SGB 10 zur rückwirkenden Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen und Nachzahlung von Unterkunftskosten für die Vergangenheit stehen keine über die gesetzlich normierten Einschränkungen hinausgehenden Besonderheiten des SGB 2 entgegen.

++ Anmerkung: Der Verein Tacheles rät allen Betroffenen noch in diesem Jahr einen Überprüfungsantrag für den Zeitraum von 2006 – 2010 im Sinne des § 44 SGB X zu stellen, wenn die Behörde rechtswidrig zu hohe Warmwasserkosten abgezogen hat.

Denn es entspricht der ständigen Rechtsprechung der für das SGB II zuständigen Senate des BSG, dass, sofern eine konkrete Erfassung der Kosten für die Warmwasserbereitung technisch nicht möglich ist, zur Verhinderung einer Doppelleistung (nur) der in der Regelleistung enthaltene Betrag für die Zubereitung von Warmwasser von den Heizkosten abzuziehen ist(zuletzt BSG Urteil vom 15.12.2010, – – B 14 AS 61/09 R -).

Ein vollständiger Abzug der zu leistenden Vorauszahlungen für die Warmwasserversorgung von den geltend gemachten Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann nur dann vorgenommen werden, wenn in einem Haushalt technische Vorrichtungen vorhanden sind, die eine isolierte Erfassung der Kosten für Warmwasserbereitung ermöglichen. Denn nur in diesem Fall ist es dem Grundsicherungsempfänger möglich, seinen Warmwasserverbrauch zu steuern (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R -; Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R -).

Denn ab Wirksamkeit des Regelbedarfermittlungsgesetzes gilt folgendes: Verkürzung der Anwendung hinsichtlich zu Unrecht nicht gezahlter Leistungen des § 44 SGB X auf ein Jahr.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind im Eckregelsatz 1,8029 % enthalten und können deshalb nicht prozentual von den Heizkosten abgezogen werden. Daraus ergeben sich für die Jahre:

Januar 2005 bis 30. Juni 2007 (345 Euro für alleinstehende Erwachsene = 100%)

Regelleistung 100% Anteil der Warmwasserzubereitung in Höhe von 6,22 Euro
Regelleistung 90% Anteil der Warmwasserzubereitung in Höhe von 5,60 Euro
Regelleistung 80% Anteil der Warmwasserzubereitung in Höhe von 4,98 Euro
Regelleistung 60% Anteil der Warmwasserzubereitung in Höhe von 3,73 Euro

Für die den absoluten Anteil der Haushaltsenergie ergeben sich daraus folgende dynamisierte Werte (bezogen auf 100% der Regelleistung, gerundet):

01.07.2007 – 30.06.2008 | 20,74 EUR x 347 EUR: 345 EUR = 20,86 EUR,
01.07.2008 – 30.06.2009 | 20,86 EUR x 351 EUR: 347 EUR = 21,10 EUR,
01.07.2009 – auf weiteres | 21,10 EUR x 359 EUR: 351 EUR = 21,58 EUR.

Unter Berücksichtigung des vom BSG zugrunde gelegten Anteils von 30% errechnen sich für diese Zeiträume folgende, von der Regelleistung abgedeckte Warmwasserbereitungskosten:

01.07.2007 – 30.06.2008 | 20,86 EUR x 30% = 6,26 EUR,
01.07.2008 – 30.06.2009 | 21,10 EUR x 30% = 6,33 EUR,
01.07.2009 – auf weiteres | 21,58 EUR x 30% = 6,47 EUR.

Hieraus ergeben sich für die weiteren Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft folgende Warmwasserbereitungspauschalen:

01.07.2007 – 30.06.2008 | (90%) 5,63 EUR (80%) 5,01 EUR (60%) 3,76 EUR
01.07.2008 – 30.06.2009 | (90%) 5,70 EUR (80%) 5,06 EUR (60%) 3,80 EUR
01.07.2009 – auf weiteres | (90%) 5,82 EUR (80%) 5,18 EUR (70%) 4,53 EUR (60%) 3,88 EUR

Der Musterüberprüfungsantrag ist hier zu finden: www.harald-thome.de(pdf)

1.2 – BSG Urteil vom 15.12.2010 , – B 14 AS 44/09 R –

Erwerbsfähige schwerbehinderte Leistungsbezieher der Grundsicherung nach dem SGB II, bei denen das Merkzeichen G vorliegt, haben keinen Anspruch auf den Mehrbedarf für Behinderung nach § 21 Abs. 4 SGB II, wenn sie lediglich Eingliederungshilfe für ambulantes betreutes Wohnen erhalten.

Der Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige wegen der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt, wie bereits entschieden, die Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme voraus, an der es hier fehlt. Der erwerbsfähige HB kann einen Anspruch auf Mehrbedarf auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs 1 Nr 4 SGB II herleiten.

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++ Anmerkung: Vgl. dazu BSG Urteil vom 22.03.2010 , – B 4 AS 59/09 R – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 19/2010.

Erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige erhalten den Mehrbedarf wegen Teilnahme an einer Maßnahme zur Erlangung eines Platzes im Arbeitsleben nur bei Geeignetheit der Maßnahme.

Der Anspruch setzt die Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme voraus, die grundsätzlich geeignet ist, einen Mehrbedarf beim Betroffenen auszulösen (so ausdrücklich bereits BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1, jeweils RdNr 22). Diese einschränkende Auslegung folgt aus dem Wortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck des Mehrbedarfs.

1.3 – BSG Entscheidung vom 15.12.2010 , – B 14 AS 41/09 R-

Es wurde ein Vergleich geschlossen, der den Rechtsstreit vorbehaltlich einer Widerrufsmöglichkeit beendet.

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Erlös aus dem Hausverkauf ist Vermögen und kein Einkommen

Wenn Hilfebedürftige nach dem SGB II ihr Eigenheim verkaufen, darf der Erlös nicht einfach als Einkommen auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden.

War das selbstgenutzte Wohneigentum vom Jobcenter bis zum Verkauf als Schonvermögen eingestuft werden, darf es bei den Hartz-IV-Berechnungen nicht berücksichtigt werden, denn der Hilfebedürftige ist durch den Verkauf nicht reicher geworden als vorher.

Das Bundessozialgericht hält es für möglich, dass nicht erst das tatsächlich erhaltene Geld, sondern schon die bestehende Forderung gegen den Käufer als Vermögen gelten kann, welches zum Lebensunterhalt eingesetzt werden muss.

Ein Grundsatzurteil hat damit das BSG nicht gefällt.

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++ Anmerkung: Vgl. dazu BSG Urteil vom 30.08.2010 , – B 4 AS 70/09 R – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 46/2010.

Die dinglich gesicherte Forderung des Antragstellers aus dem notariellen Überlassungsvertrag ist Vermögen im Sinne des § 12 SGB II und nicht Einkommen (§ 11 SGB II).

Nach § 11 Abs 1 SGB II sind nur Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; dagegen ist die Berücksichtigung als Vermögen nach den Regelungen des § 12 SGB II auch dann möglich, wenn weitere Verwertungshandlungen "zwischengeschaltet" sind. Vermögensgegenstände können daher neben beweglichen Sachen und Immobilien auch (künftig fällig werdende) Forderungen und Rechte sein. Insofern haben die für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen im SGB II in grundsätzlicher Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe ua ausgeführt, dass – unabhängig von dem rechtlichen Schicksal einer Forderung – für deren Berücksichtigung als Einkommen ausschließlich auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses abzustellen ist (BSG Urteil vom 30.9.2008 – B 4 AS 29/07 R – BSGE 101, 291 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18; BSG Urteil vom 30.7.2008 – B 14 AS 26/07 R – SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 24; vgl auch BVerwG Urteil vom 18.2.1999 – 5 C 16/98 – NJW 1999, 3210 ff; so auch Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 23 f, Stand April 2010).

Auch nicht bereite Mittel sind – jedoch -, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen.

2.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 15.12.2010 , – L 7 AS 1842/10 B ER – und – L 7 AS 1843/10 B –

Eine Änderung des Verpflichtungsantrags in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewilligung der Teilnahme an der Umschulung festzustellen, ist im einstweiligen Rechtschutzverfahren unzulässig (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – LSG NRW -, Beschluss vom 05.11.2010, Az.: L 19 AS 1684/10 B m.w.N.).

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++ Anmerkung: Vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 05.11.2010 , – L 19 AS 1683/10 B ER – und – L 19 AS 1684/10 B – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 48/2010.

Bei der Übernahme von Kosten für eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne vom § 77 SGB III als Leistung zur Eingliederung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II handelt es sich um eine Kann-Leistung und damit um eine Ermessensleistung (LSG NRW, Beschlüsse vom 28.09.2009 – L 19 B 266/09 AS ER m.w.N. und vom 18.03.2010 – L 19 AS 308/10 B ER).

Es kann auch dahinstehen, inwieweit bei einer vom Gesetz angeordneten Ermessensentscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen überhaupt zuerkannt werden können, sofern eine Ermessensreduzierung auf Null nicht eingetreten ist. Voraussetzung für eine solche Verpflichtung ist zumindest, dass bei der nachzuholenden Ermessensentscheidung diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Antragstellers ausgeht oder ohne die begehrte Regelungsanordnung Rechtschutz nicht mehr erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss vom 28.05.2010 – L 19 AS 651/10 B ER – mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).

2.2 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 01.12.2010 , – L 19 AS 1862/10 B ER – und – L 19 AS 1863/10 B –

Ob ein Sanktionsbescheid deshalb rechtswidrig ist, weil die Arge nicht zugleich eine ausreichende Entscheidung über die Bewilligung ergänzender Sachleistungen (§ 31 Abs. 3 S. 6 SGB II) getroffen hat, ist in der Rechtsprechung umstritten.

Denn ob und in welchem Umfang diese Entscheidung mit der Sanktionsentscheidung verknüpft werden muss, ist in der Rechtsprechung bisher nicht hinreichend geklärt (bejahend SG Berlin Beschl. v. 30.07.2010 – S 185 AS 19695/10 ER -; LSG NRW Beschl. v. 09.09.2009 – L 7 B 211/09 AS ER -; LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 16.12.2008 – L 10 B 2154/08 AS ER -; ablehnend LSG NRW Beschl. v. 13.08.2010 – L 6 AS 999/10 B ER – und Beschl. v. 10.12.2009 – L 9 B 51/09 AS ER -; LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 03.08.2009 – L 8 B 260/09 -; vgl. auch LSG NRW Urt. v. 09.12.2009 – L 12 AS 18/09).

Dass die infolgedessen eintretende Minderung um 100 v.H. wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitgrundsatz mit Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG) nicht in Einklang steht, ist insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeiten der Beschränkung der Absenkung auf 60 v.H., die nach dem Willen des Gesetzgebers dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen soll (BT-Drucks 16/1696 S. 25; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rn 108), sowie der Übernahme von Mietschulden durch den Leistungsträger gemäß § 22 Abs. 5 SGB II (vgl. dazu Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 31 Rn 95) ebenfalls nicht offensichtlich.

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2.3 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 29.11.2010 , – L 7 AS 1961/10 B –

Beschwerde der Hilfebedürftigen ist abzulehnen, wenn sie vorträgt, der Leistungsträger habe sie mutwillig eingeladen, weil sie Bezieher einer Arbeitsmarktrente sei.

Die vom Leistungsträger nach dem SGB II in der Einladung nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III (zur Qualifizierung als Verwaltungsakt vgl. Berlit LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 31 Rn. 78; Rixen in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 31 Rn. 26) genannte Zielsetzung, das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation der HB zu besprechen, wird nicht durch die Gewährung einer Zeitrente wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in Frage gestellt.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Anwendungsbereich der (richterlich entwickelten) Arbeitsmarktrente beschränkt sich auf die Rentenversicherung und ist auf das SGB II nicht übertragbar. Denn diese Normen sind darauf ausgerichtet, Erwerbsfähige in den Arbeitsmarkt zu integrieren und zusätzliche Erwerbspotentiale zu erschließen.

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2.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 01.12.2010 , – L 7 AS 1257/10 B –

Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn die die Rechtsfrage, ob das Halten eines Haustieres (hier eines Hundes) im Einzelfall ein rechtserhebliches Zugangshindernis darstellen kann, welches die Übernahme von höheren Unterkunftskosten rechtfertigt, ist noch nicht abschließend geklärt.

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2.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 01.12.2010 , – L 7 AS 789/10 B ER – und – L 7 AS 790/10 B –

Ein von Anfang an rechtswidriger Bescheid kann nach § 48 SGB X zurückgenommen werden, wenn eine weitere Änderung eintritt (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48, Rn. 25).

Im Gegensatz zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X, der die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit davon abhängig macht, dass kein schützenswertes Vertrauen vorliegt, kann ein Verwaltungsakt nach § 48 SGB X für die Zukunft ohne Prüfung des Vertrauensschutzes aufgehoben werden.

Wurde der Hilfebedürftige nicht gemäß § 24 SGB X hinsichtlich der beabsichtigen Aufhebung angehört, ist dieser Formfehler gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X durch das Widerspruchsverfahren geheilt (vgl. Schütze in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage, § 48, Rn. 14).

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2.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 06.12.2010 , – L 7 AS 1492/10 B –
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II) kann auch nach der Gesetzesänderung aufgrund des am 01.08.2006 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 nicht mehr gelten, wenn ein Häftling Freigänger ist oder jedenfalls wesentliche Teile seiner Freizeit außerhalb der Vollzugsanstalt verbringt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2008, Az.: L 12 AS 2544/07, Rdn. 20, 26 und 27; LSG Sachsen, Beschluss vom 07.01.2009, L 3 B 349/08 AS ER, Rdn. 33-38).

Aus den Gesetzesmaterialien gehe hervor, dass die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit von wenigstens 15 Stunden Dauer wöchentlich deswegen wieder zur Leistungsberechtigung nach dem SGB II führen soll, weil diese die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen hinreichend belege. Erst recht müsse dies gelten, wenn zwar tatsächlich keine Beschäftigung ausgeübt werde, dem Antragsteller aber mit dem Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt Vollzugslockerungen gewährt wurden, bei denen sogar von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen wurde. Im Übrigen sei es widersinnig, dem Erwerbsfähigen und gleichzeitig Erwerbstätigen nach § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II eine Grundsicherung zu gewähren, obwohl er Sachleistungen der JVA und zusätzlich ein Arbeitseinkommen erzielt, hingegen dem Erwerbsfähigen und Arbeitssuchenden dies nach derselben Vorschrift zu verweigern.

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++ Anmerkung: Vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 25.05.2010, – L 19 AS 504/10 B ER – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 22/2010.

Nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II erhält keine Leistungen nach dem SGB II, wer sich wie länger als sechs Monate in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befindet.

Bezüglich der in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittenen Frage, ob derjenige, der sich in einer solchen Anstalt befindet, nur dann Leistungen erhalten kann, wenn er, wie dies § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II vorsieht, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich (tatsächlich) erwerbstätig ist (in diesem Sinne LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 02.01.2007 – L 14 B 948/06 AS ER; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn 71; a.A., wonach die Möglichkeiten einer solchen Tätigkeit ausreichend sein soll, LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 25.01.2008 – L 12 AS 2544/07 -; Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rn 65), hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits darauf verwiesen, dass die Bestimmungen des § 7 Abs. 4 SGB II funktional im Sinne der bloßen Möglichkeit der Teilnahme am allgemeinen Arbeitsmarkt auszulegen sei. Entsprechendes habe der Gesetzgeber durch Einführung der Bestimmung des § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II, der sich nur auf den Normalvollzug beziehe, klargestellt (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2007 – B 14/7 b AS 60/06 R – Rn 16; a.A. SG Leipzig, Urt. v. 27.10.2008 – S 17 AS 3040/07 – Rn 15).

++ Anmerkung: Vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 25.02.2010 , – L 34 AS 883/09 – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 12/2010.

Nach § 7 Abs. 4 SGB II nF erhält keine Leistungen, wer länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, wobei dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt ist (§ 7 Abs. 4 S. 2 SGB II). In § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II ist eine Ausnahme vom grundsätzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II vorgesehen, wenn derjenige, der in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, tatsächlich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Damit ist die Unterbringung in einer stationären Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II noch deutlicher als gesetzliche Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ausgestaltet worden als in der ursprünglichen Gesetzesfassung. Diese Fiktion kann nur mit der Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbsarbeit zu regulären Arbeitsmarktbedingungen widerlegt werden (BSG Urteil vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 16/07 R unter Bezugnahme auf Münder/Geiger, SGb 2007, 1, 4). Der Zugang zu den Leistungen des SGB II wird somit nur noch den Personen eröffnet, die tatsächlich mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig sind. Für eine Ausnahme vom Leistungsausschluss reicht es hingegen nicht (mehr) aus, wenn der Hilfebedürftige seine feste Absicht bekundet, mindestens 15 Wochenstunden tätig werden zu wollen (so Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 7 Rdnr. 102; Valgolio in: Hauck/Noftz SGB II, Stand: August 2008, § 7 Rdnr. 71 a).

++ Anmerkung: Vgl. dazu Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 07.01.2009, – L 3 B 349/08 AS-ER – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker 07/KW 2009.

Ist ein Häftling Freigänger und verbringt er wesentliche Teile seiner Zeit außerhalb der Vollzugsanstalt, greift der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II nicht.

Die Erbringung von Leistungen war nicht auf Grund des § 7 Abs. 4 SGB II ausgeschlossen gewesen. Danach erhält keine Leistungen, wer länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt (Abs. 4 Satz 2). Nach den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/1410 S. 20; BT-Drucks. 16/1696 S. 25) ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dieser Änderung eine Klarstellung vorgenommen hat, die auch zur Auslegung der Vorschrift vor dem Wirksamwerden der Änderung herangezogen werden kann (sog. authentische Interpretation).

Auch von der Neufassung wird aber nicht der vorliegende teilstationäre Aufenthalt erfasst, welcher die Besonderheit hat, dass eine Integration in den Arbeitsmarkt erfolgen soll und dem Antragsteller eine Teilverantwortung für das Erreichen dieses Zieles übertragen wird. In wesentlichen Zeitabschnitten findet hierbei faktisch keine Freiheitsentziehung mehr statt.

Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II kann daher auch nach der Gesetzesänderung nicht gelten, wenn ein Häftling Freigänger ist oder jedenfalls wesentliche Teile seiner Zeit außerhalb der Vollzugsanstalt verbringt (Peters in: Estelmann, SGB II, Stand 10/06, § 07 Rdnrn. 68 ff. unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.02.2006 – L 14 B 1307/05 AS ER; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.01.2008 – L 12 AS 2544/07 – Rn. 20 ).

Aus diesen Gesetzesmaterialien geht hervor, dass die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit von wenigstens 15 Stunden Dauer wöchentlich deswegen wieder zur Leistungsberechtigung nach dem SGB II führen soll, weil diese die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen hinreichend belegt. Erst recht muss dies in einem Fall, wie dem des Antragstellers, gelten, der außerhalb der Justizvollzugsanstalt an einer vollzeitigen beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat, diese Maßnahme jedoch jederzeit hätte beenden können, um ein freies Beschäftigungsverhältnis von über 15 Wochenstunden aufzunehmen. Um ein solches Beschäftigungsverhältnis hatte sich der Antragsteller auch intensiv bemüht. Lediglich weil er kein diesbezügliches Angebot erhalten hat, nahm er die aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds geförderte Bildungsmaßnahme auf. Diese Bildungsmaßnahme erfolgte mit dem Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt. Hierzu wurden Vollzugslockerungen gewährt, bei denen sogar von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen wurde.

2.7 – Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 25.02.2010 , – L 7 AS 117/09 – , Bundessozialgericht B 4 AS 98/10 B vom 27.08.2010.

Kein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 2 SGB II für Anwaltskosten, denn Anwaltskosten sind kein von der Regelleistung umfasster Bedarf.

Der Anspruch auf einen Zuschuss zu Prozesskosten im Falle der Hilfebedürftigkeit ist in den Verfahrensordnungen abschließend in der Weise geregelt, dass unter den dort bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts besteht. Diese Bestimmungen gehen den Regelungen über die Grundsicherung nach dem SGB II und SGB XII vor. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Verfahrensordnungen hinsichtlich der Prüfung der Hilfebedürftigkeit z. B. in § 115 ZPO spezielle Regelungen enthalten, durch die die Frage der Hilfebedürftigkeit bzw. der Fähigkeit, die Kosten der Prozessführung bestreiten zu können, gegenüber den Vorschriften des SGB II und des SGB XII unterschiedlich geregelt sind.

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++ Anmerkung: Vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 03.12.2009,- L 29 AS 1752/09 B ER – , veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles 03/2010.

Kein Darlehen für Prozesskosten

Diese von der Antragstellerin zu tragenden Rechtsanwaltskosten des Vermieters stellen keine Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 SGB II dar und können daher auch nicht über diese Regelung als Darlehen übernommen werden.

Für die hierfür einzig in Betracht kommende Regelung des § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II sind die Anspruchsvoraussetzungen ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

Es kann dahinstehen, ob derartige Prozesskosten von der Regelleistung umfasst sind. Jedenfalls stellen sie keinen nach den Umständen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar. Denn eine Unabweisbarkeit im Sinne dieser Regelung setzt insbesondere voraus, dass die Begleichung dieser Forderungen keinen Aufschub duldet (vgl. Lang in Eichler/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 23 Rn. 27).

2.8 – Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 13.10.2010 , – L 11 AS 729/10 B ER –

 
Kosten einer Firmungsfeier stellen keinen atypischen Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II dar

Die Kosten für neue Schuhe und die Reinigung der Kleidung sind im Regelsatz enthalten; es handelt sich nicht um einen besonderen Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB II.

Bei der Bewirtung und Beherbergung der Gäste handelt es sich zum einen nicht um Kosten, die die Antragsteller zu tragen haben, denn die Ausrichtung der Feier ist nicht auf Aufgabe der Firmlinge, sondern allenfalls ihrer Eltern, sodass ggf. ihre Mutter den Anspruch hätte geltend machen müssen. Es handelt sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf iS des § 23 Abs 1 SGB II – § 21 Abs 6 SGB II kommt nicht in Betracht, da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handelt.

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2.9 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.11.2010 , – L 18 AS 1826/08 –

Bei einer nach Antragstellung auf ALG II zugeflossenen Erbschaft handelt es sich im Monat des Zuflusses um Einkommen im SGB II.

Vor Zufluss der Erbschaft kann der Erst – Antrag auf ALG II vom HB nur zurück genommen werden, wenn die Bestandskraft des Antrages auf ALG II noch nicht eingetreten war (vgl. Striebinger, in Gagel, SGB II, Stand Juni 2009, § 37 Rn. 57 mwN).

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3.  Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
3.1 – Sozialgericht Neuruppin Urteile vom 17.09.2010 , – S 18 AS 1063/09 WA – und – S 18 AS 1064/09 WA -, Revision zugelassen

Stromkostenerstattung ist kein zu berücksichtigendes Einkommen im SGB II.

Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Nach Sinn und Zweck der Norm kann jedoch eine Stromkostenerstattung infolge einer periodischen Stromkostenabrechnung, deren Vorauszahlungen zuvor vom Hilfebedürftigen aus Mitteln der Grundsicherung geleistet wurden, ebenfalls nicht als Einkommen qualifiziert werden (so auch die Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 11, Rz 11.61).

Diese Sichtweise ergibt sich aus dem System der ausnahmslosen Pauschalierung der Leistungen nach dem SGB II (siehe dazu Spellbrink, in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 20 Rz. 4). Diese sind Ausfluss des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (siehe dazu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil v. 09.02.2010 – 1 BvL 1/09) und decken gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 2. Hs. SGB II den gesamten existenznotwendigen Bedarf ab, insbesondere Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene, Gesundheit sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II ausgeschlossen (siehe BSG, Urteil v. 18.06.2008 – B 14 AS 22/07 R). Ein maßgeblicher Bestandteil dieser Leistungen ist die Regelleistung nach § 20 SGB II. Diese wird Hilfebedürftigen in ihrer Gesamtheit zur Verfügung gestellt und dient zur selbstverantwortlichen Lebensgestaltung (BT-Drucksachen 15/1514, S. 50, 52; 15/1516, S. 46). Hilfebedürftige sollen daher selbst entscheiden können, für welche der Grundbedarfe sie die Regelleistung in welcher Höhe einsetzen. Dies führt dazu, dass Hilfebedürftige bei bestimmten Bedarfspositionen Einsparungen vornehmen können, um so mehr Mittel für andere Bedarfspositionen zur Verfügung zu haben. Auch können auf diese Weise Ansparungen vorgenommen werden, um größere Bedarfe zu befriedigen. Die Pauschalierung bedingt, dass die von Hilfebedürftigen vorgenommen Einsparungen nicht als weggefallener Bedarf angesehen und daher zur "Leistungskürzung" genutzt werden dürfen. Zugleich dürfen Einsparungen auch nicht als quasi fiktives Einkommen angesehen werden, welches Hilfebedürftigen zur Deckung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung steht.

Das vom Gesetzgeber gewählte System der strengen Pauschalierung muss dabei ausnahmslos gelten. Dies hat zur Folge, dass Einsparungen nicht nur dann berücksichtigungsfrei bleiben, wenn sie dadurch zustande kommen, dass Hilfebedürftige ihre Regelleistung nur teilweise verbrauchen und sich die übrig gebliebenen Mittel für andere Bedarfe bzw. für einen späteren Zeitpunkt "aufheben". Gleiches muss auch für Einsparungen gelten, die der Hilfebedürftige mittelbar tätigt, d. h. über den Umweg eines Dritten (hier: Stromversorger). Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine eigenverantwortliche Verwendung der Regelleistung ohne den Dritten nicht möglich ist, da dieser seine Ware nur mittels pauschalierter Vorauszahlungen und einer später folgenden Endabrechnung (mit entsprechenden Rückzahlungen/Nachforderungen) anbietet.

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3.2 – Sozialgericht Neuruppin Gerichtsbescheid vom 30.11.2010 , – S 26 AS 1166/10 –

Gemäß § 26 Abs. 4 SGB II kann der Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldbezieher übernommen werden, für die der Wechsel der Krankenkasse nach § 175 SGB V eine besondere Härte darstellt.

Eine besondere Härte im Sinne des § 26 Abs. 4 SGB II kann schon nach dem Wortlaut der Norm nur vorliegen, wenn die Härte, die den Empfänger von Arbeitslosengeld II durch den Kassenwechsel trifft, von dem abweicht, was jeden trifft, der sich mit der Erhebung eines Zusatzbeitrags konfrontiert sieht. Eine Härte kann nämlich nur eine besondere sein, wenn sie eben nicht die allgemeine Härte des Zusatzbeitrags bedeutet.

Das Gesetz geht in § 242 Abs. 1 S. 3 SGB V davon aus, dass jedem Versicherten – unabhängig von seinem Einkommen und damit auch wenn er Empfänger von Leistungen nach dem SGB II ist – ein Zusatzbeitrag von acht Euro monatlich zugemutet werden kann. Hält ein Versicherter die Zahlung des Zusatzbeitrags für sich selbst für unzumutbar, hat er die Möglichkeit, seine Mitgliedschaft in der betreffenden Krankenkasse nach § 175 Abs. 4 S. 5 SGB V zu kündigen und zu einer anderen Krankenkasse zu wechseln, die keinen Zusatzbeitrag erhebt.

Das bedeutet, dass der Gesetzgeber im Grundsatz davon ausgeht, dass jedem Versicherten zunächst ein Kassenwechsel zumutbar ist. Die allgemeine Härte, die ein Zusatzbeitrag mit sich bringt, kann deshalb nicht ausreichen, um eine Übernahme durch den Leistungsträger nach dem SGB II zu rechtfertigen.

Der Zusatzbeitrag in Höhe von 8 Euro kann auch nicht nach § 21 Abs. 6 SGB II übernommen werden, denn mit der Vorschrift des § 26 Abs. 4 S. 1 SGB II existiert bereits eine einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage, die d als Ausformung der vom Bundesverfassungsgericht geschaffenen verfassungsrechtlichen Anspruchsgrundlage zu verstehen ist und die diese verdrängt (vgl. hierzu auch Bundessozialgericht, Urteile vom 19. August 2010, – B 14 AS 47/09 R sowie B 14 AS 13/10 R-).

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4.  Info also 2010 Heft 6

Verfassungsmäßigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes von Georg Classen/Ibrahim Kanalan:

www.info-also.nomos.de

5.  Fragen und Antworten zur Grundsicherung nach dem SGB II

Können Beiträge für eine Rechtschutzversicherung vom Einkommen abgesetzt werden?

Keine Absetzung von Beiträgen für eine Rechtsschutzversicherung, denn bei einem Bedarf nach Rechtsschutz und bestehender Hilfebedürftigkeit können Ansprüche auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe geltend gemacht werden ((vgl. hierzu z.B. BSG, Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 13/08 R, Rn 22).

 

Der Verein Tacheles wünscht allen Lesern Frohe Weihnachten.

 

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de