Sozialgericht Hildesheim – Beschluss vom 26.01.2011 – Az.: S 21 U 84/10

Beschluss
 
In dem Rechtsstreit
 
xxx
Kläger,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

 
gegen
 
Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft Bezirksverwaltung
Wiesbaden,
Wiesbadener Straße 70, 65197 Wiesbaden,
Beklagter,

hat das Sozialgericht Hildesheim – 21. Kammer –
am 26.Januar 2011 beschlossen:

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nur noch die Frage der Kostentragung im Streit.

Das Gericht hat gemäß § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren — wie hier — anders als durch Urteil beendet wird.

Diese Kostengrundentscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes insbesondere auf die Erfolgsaussichten abzustellen ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193, Rn. 13 m.w.N.). Weitere Kriterien für die Kostenentscheidung sind vor allem das erreichte Prozessergebnis, die Umstände, die zur Erhebung der Klage führten, sowie die Umstände, die zur Erledigung des Rechtsstreits geführt haben (vgl. Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Auflage, Rn. 610, 613 m.w.N.).

Der Kläger hatte am 16.08.2010 eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 16.09.2010 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragt, der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Die Beklagte lehnt eine Kostentragung ab und meint, es habe keine Untätigkeit vorgelegen.

Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Das Gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt, § 88 Abs. 1 u. 2 SGG.

Die Ausübung des dem Gericht eingeräumten Ermessens führt zu dem Ergebnis, dass die Beklagte notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen hat.

Der Kläger hatte am 07.05.2010 (Eingang bei der Beklagten am 11.05.2010) Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.04.2010 erhoben. Ein zureichender Grund dafür, dass die Beklagte über diesen Widerspruch nicht innerhalb von drei Monaten entschied, liegt nicht vor. Zwar hat die Beklagte unmittelbar nach Erhebung des Widerspruchs weitere Ermittlungen eingeleitet, indem sie sich an xxx der BG- Unfallklinik wandte und dort eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme einholte. Diese Stellungnahme lag der Beklagten jedoch bereits am 09.07.2010 vor. Hiernach wurden seitens der Beklagten ausweislich des Verwaltungsvorgangs keine weiteren Ermittlungen unternommen. Vielmehr begann die weitere Bearbeitung der Sache erst nach Erhebung der Untätigkeitsklage durch den Kläger am 16.08.2010. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass in medizinisch schwierigen Fällen und der Einholung medizinischer Stellungnahmen die Einhaltung der Fristen des § 88 SGG schwierig sein mag und ggfs. gerade in dem Erfordernis weiterer Ermittlung ein „zureichender Grund“ der Nichtentscheidung im Sinne des § 88 SGG vorliegen kann. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Vielmehr bestand für die Beklagte nach dem 09.07.2010 offenbar kein weiterer Ermittlungsbedarf; über den Widerspruch hätte mithin entschieden werden können. Die Beklagte teilte dem Kläger auch nicht mit, dass über seinen Widerspruch aufgrund der Urlaubszeit zunächst noch nicht entschieden werden konnte. Auch dies hätte ggfs. ein zureichender Grund im Sinne des § 88 SGG sein und eine kurze Zeit der Nichtentscheidung über den Widerspruch rechtfertigen können. Eine solche Mitteilung unterblieb jedoch.

Nach alledem hält es das Gericht aus den vorgenannten Gründen für angemessen, der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen (vgl. Leitherer a.a.O., § 193, Rn. 14).

Die Beschwerde gegen den Beschluss über die Kostengrundentscheidung ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG ausgeschlossen.