Landgericht Braunschweig – Az.: 5 T 220/11

Landgericht Braunschweig
Geschäfts.-Nr.:
5 T 220/11
5 T 221/11
3 M 300/10 Amtsgericht Bad Gandersheim
 

Beschluss
In der Beschwerdesache

xxx
Beschwerdeführer
Prozessbevollmächtigte: xxx

gegen

xxx
Beschwerdegegner
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanw. Sven Adam, Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

1. xxx,
2. xxx,
3. xxx,
4. xxx,
5. xxx,
6. xxx,
Beteiligte

 
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig am 07.04.2011 durch den Richter xxx beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Gandersheim vom 07.12.2010, Az. 3 M 300/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich des Erinnerungsverfahrens, hat in Abänderung des Beschlusses vom 31.01.2011 der Gläubiger zu tragen.

3. Dem Schuldner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

4. Gegenstandswert: 11.491,11 Euro

Gründe:
I.
Wegen des der sofortigen Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die zutreffende Darstellung des Amtsgerichts Bad Gandersheim im Beschluss vom 29.03.2011 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufhebenden Beschluss vom 07.12.2010 nicht abgeholfen. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sei fälschlicherweise erlassen worden, da die Gläubigerbezeichnung im Titel von der im Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss abweiche. Eine Berichtigung des Beschlusses gemäß § 319 ZPO komme nicht Betracht.

Das Amtsgericht hat auch der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung vom 31.01.2011 nicht abgeholfen. Die Kostenentscheidung bezüglich des Erinnerungsverfahrens könne erst nach rechtskräftiger Entscheidung des Beschwerdegerichts bestimmt werden.

II.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 07.12.2010 ist gemäß § 793 ZPO statthaft, sowie gemäß § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Es ist zwar fraglich, ob das Amtsgericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit der Begründung aufheben durfte, der Antrag auf Pfändung- und Überweisung sei gegenüber den Drittschuldnern zurück genommen worden. Der Antrag zum Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss kann nämlich nur bis zum Erlass des Pfändungsbeschlusses zurückgenommen werden (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn. 460). Eine Rücknahme nach diesem Zeitpunkt mit der Folge der Aufhebung des Beschlusses sieht das Gesetz nicht vor.

Die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hätte deshalb lediglich auf Antrag des Schuldners im Anschluss an einen Verzicht des Gläubigers auf die Rechte aus dem Beschluss erfolgen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 07.03.2002, IX ZR 293/00, zit. nach Juris) kann in einem solchen Fall im Interesse der Rechtsklarheit eine Aufhebung des Beschlusses beantragt werden. Es ist aber fraglich, ob die Erklärung des Gläubigers, die Pfändungen bei den jeweiligen Drittschuldnern seien zurückgenommen worden, als endgültiger Verzicht im Sinne des § 843 ZPO ausgelegt werden kann. Hiergegen spricht, dass der Gläubiger beabsichtigte, nach Berichtigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 319 ZPO die Vollstreckung aus dem angegriffenen Beschluss fortzusetzen.

Zudem lässt sich dem Schriftsatz des Schuldnervertreters vom 02.12.2010 auch kein Antrag auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach der – vermeintlich – eingetretenen Erledigung entnehmen.

Die Beschwerde erweist sich jedoch aus anderen Gründen als erfolglos. Durch die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist dieser unwiederbringlich erloschen. Eine rückwirkende Wiederherstellung des Beschlusses durch das Beschwerdegericht ist ausgeschlossen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17.09.1986, 2 W 213/86, zit. nach Juris). Der Beschwerdeführer hat somit lediglich die Möglichkeit, im Beschwerdeverfahren den Erlass eines neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit Wirkung ex nunc zu erwirken. Ein solcher Neuerlass des aufgehobenen Beschlusses kommt jedoch nicht in Betracht.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde – worauf das Amtsgericht bereits zutreffend im Nichtabhilfebeschluss vom 29.03.2011 hingewiesen hat – fälschlicherweise erlassen. Der Titel der Stadt Göttingen, der die Grundlage der Vollstreckung bildet, weist xxx als Gläubiger aus. Da somit – worauf das Amtsgericht ebenfalls bereits zutreffend hingewiesen hat – die Gläubigerbezeichnung im Titel von der im Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss abweicht, liegen die Voraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO nicht vor.

Dieser Mangel hätte auch nicht im Wege der Berichtigung gemäß § 319 ZPO beseitigt werden können. Zutreffend hat das Amtsgericht auch insoweit ausgeführt, dass die Berichtigung der Bezeichnung einer Partei voraussetzt, dass die Änderung die Identität der Parteien gewährleistet. Jede Änderung der Person des Gläubigers oder Schuldners ist als Berichtigung nach § 319 ZPO unzulässig (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn. 523). Die beantragte Änderung, anstelle von xxx xxx als Gläubiger auszuweisen, stellt unzweifelhaft eine solche Personenänderung dar.

Es ist hingegen unerheblich, dass die Unterhaltszahlungen ausweislich des Titels zu Händen des gemäß § 1629 Abs. 2 BGB berechtigten gesetzlichen Vertreters erfolgen sollten. Die materiell-rechtliche Anspruchsinhaberschaft ist für das vollstreckungsrechtliche Formerfordernis, dass Titelgläubiger und Vollstreckender identisch sein müssen, nicht relevant.

Die Kosten des Verfahrens trägt gemäß §§ 91, 97 ZPO der Gläubiger. Der Kostenbeschluss des Amtsgerichts vom 31.01.2011 ist insoweit abzuändern.