Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen – Az.: L 11 AS 369/11

L 11 AS 369/11
S 54 AS 2194/08 (Sozialgericht Hildesheim)

Beschluss

In dem Rechtsstreit
xxx,
Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

xxx,
Beklagter und Berufungsbeklagter,

hat der 11. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 9. Juni 2011 in Celle durch die Richter xxx – und xxx sowie die xxx beschlossen:

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe auch für das Berufungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Adam beigeordnet.

Ratenzahlung wird nicht angeordnet.

Gründe:
Die im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) stehende Klägerin, die die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Beschaffung einer Waschmaschine als Zuschuss begehrt, hat in Anwendung von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH), weil ihrem Begehren hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne dieser Vorschriften zukommen.

Hinreichend in diesem Sinne sind die Erfolgsaussichten einer Klage nicht erst dann, wenn bei der notwendigerweise prognostischen Beurteilung der Möglichkeiten eines Klageerfolgs ein späteres Obsiegen bereits wahrscheinlicher erscheint als ein Unterliegen. Vielmehr genügt es für die Bewilligung von PKH, wenn die Klage auf der Grundlage eines vorläufig vertretbaren, diskussionswürdigen Rechtsstandpunkts schlüssig begründbar ist und in tatsächlicher Hinsicht die gute Möglichkeit der Beweisführung besteht (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 73 a Rdnr. 7a). Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten insoweit eine nicht zu strenge Prüfung geboten; denn Artikel 3 Abs 1, 20 Abs 3 und 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) gebieten eine weitgehende Gleichstellung von bemittelten und unbemittelten Personen hinsichtlich ihrer jeweiligen Möglichkeiten, effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. April 1988, 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 104). Dabei würde insbesondere die Rechtsweggarantie des Artikel 19 Abs 4 GG gegenüber hoheitlichem Handeln von Sozialleistungsträgern verfehlt, wenn die erst als Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens zu erwartende Klärung rechtlich und tatsächlich entscheidungserheblicher Zweifel im Sinne einer allzu vergröbernden Entscheidungsprognose in das PKH-Bewilligungsverfahren vorverlagert würde. PKH darf deshalb unter dem Gesichtspunkt der nicht hinreichenden Erfolgsaussicht nur verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache, wenn schon nicht auszuschließen, so doch wenigstens gänzlich fernliegend ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. April 2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936 ff zur PKH-Bewilligung bei offenen Rechtsfragen).

Dies berücksichtigend hat die Klägerin unter Berücksichtigung der sowohl von ihr als auch vom erstinstanzlichen Gericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Erstausstattung im Sinne von § 23 Abs 3 Nr 1 SGB II (alte Fassung; jetzt vergleiche § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II) und des vom Sozialgericht ermittelten Sachverhalts (Umzug von einer innerstädtischen Wohnung in der Nähe eines Waschsalons in eine ländlich gelegene Wohnung, in deren Nähe sich kein Wachsalon befindet) möglicherweise in Anwendung von § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren (SGB X) einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 1 November 2007 soweit dieser die beantragte Beihilfe nur als Darlehen bewilligte sowie auf Aufhebung des Bescheids vom 8. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides –vom 17. November 2008.

Der Beschluss ist für die Beteiligten in Anwendung von § 177 SGG nicht anfechtbar.