1.1 – BSG, Urteil vom 14.04.2011, – B 8 SO 18/09 R –
Für eine normative Aufteilung (nach Kopfteilen) besteht jedenfalls dann keine Berechtigung, wenn – wie vorliegend – weder eine Einsatzgemeinschaft noch eine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Bewohnern bzw eine Haushaltsgemeinschaft mit weiteren Hilfebedürftigen besteht.
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2. Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Arbeitsförderung nach dem (SGB III)
2.1 – BSG Urteil vom 12.05.2011, – B 11 AL 25/10 R –
Die Bewilligung von Reisekosten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die jeweiligen Vorstellungsgespräche die Begründung eines Beamtenverhältnisses zum Ziel hatten.
Denn jedenfalls für den Personenkreis der Ausbildungsuchenden (vgl § 15 SGB III), umfasst die Vermittlung in ein Ausbildungsverhältnis (vgl § 35 Abs 1 Satz 2 SGB II) auch öffentlich-rechtlich ausgestaltete Ausbildungsverhältnisse.
++ Anmerkung: Vgl. dazu auch meinen Beitrag im Blog von RA L. Zimmermann
Dem Wortlaut des § 45 SGB III ist zunächst nur zu entnehmen, dass Kosten im Zusammenhang mit Fahrten ua zu Vorstellungsgesprächen als Leistungen zur UBV übernommen werden können. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich jedenfalls nicht ausdrücklich, ein "Vorstellungsgespräch" iS der Vorschrift sei nur ein auf die Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses abzielendes Gespräch. Ein derart eingeschränktes Verständnis des Begriffs Vorstellungsgespräch ergibt sich auch nicht daraus, dass § 45 SGB III insbesondere Leistungen zur Unterstützung der "Vermittlung" betrifft.
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3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss vom 06.06.2011, – L 3 AS 1052/11 B –
Eine Klage, mit der die verspätete Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – im Hinblick auf die Höhe des Regelsatzes gerügt wird, ist jedenfalls dann mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, wenn der Grundsicherungsträger ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bis zur Verkündung des Gesetzes eine höhere Leistungsgewährung nicht möglich sei.
3.2 – Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 10.06.2011, – L 12 AS 1077/11 – Revision zugelassen
Neuer Hartz-IV Regelsatz für alleinstehende Personen ist nicht verfassungswidrig
Die aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) notwendig gewordene Neuregelung der existenzsichernden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Regelbedarf) ist für alleinstehende Personen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Revision wird zugelassen betreffend die Höhe des Regelbedarfs ab 1. Januar 2011- § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II n.F -.
3.3 – Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 14.07.2011, – L 7 AS 107/11 B ER –
1. Der Leistungsausschluss für Ausländer nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II gilt für Unionsbürger aufgrund des Gebots der Inländergleichbehandlung aus Art. 4 VO (EG) 883/2004 zumindest dann nicht, wenn sie Leistungen nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 erhalten oder erhalten haben.
2. Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU einer freizügigkeitsberechtigten Person sind nicht die nichtehelichen Partner.
3. Erwerbsfähig nach § 8 Abs. 2 SGB II ist ein Unionsneubürger aus Rumänien oder Bulgarien bereits dann, wenn er allein aus Gründen der Nachrangigkeit einer Arbeitserlaubnis bedarf (sogenannter nachrangiger Arbeitsmarktzugang). Das ist anzunehmen, wenn die Arbeitserlaubnis nach § 284 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 39 ABs. 2 bis 4 AufenthG erteilt werden kann. Das gilt auch für die Rechtslage vor dem 1. April 2011.
3.4 – Landessozialgericht Hamburg Beschluss vom 29.06.2011, – L 5 AS 197/11 B ER –
§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II setzt voraus, dass Partner länger als ein Jahr (in einem Haushalt) zusammenleben.
Weder genügt es daher für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft, dass Personen länger als ein Jahr zusammen wohnen. Noch genügt es, wenn Personen nicht partnerschaftlich zusammenleben. Erforderlich neben dem Zeitablauf ist für das Eingreifen der Vermutung, dass ein partnerschaftliches Zusammenleben in einem Haushalt feststeht (Valgolio in Hauck/ Noftz, SGB II, § 7 Rn. 56a). Zusammenleben setzt – anders als bloßes Zusammenwohnen -, eine gemeinsame Haushaltsführung voraus, also ein gemeinsames Wirtschaften "aus einem Topf".
Das "Zusammenleben" muss geeignet sein, den Schluss auf das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zu begründen und erfordert, dass zum schlichten gemeinsamen Wohnen in einer Wohnung weitere Gesichtspunkte hinzukommen (vgl. LSG Berlin- Brandenburg vom 4. 4. 2011, Az.: L 10 AS 517/11 B ER, L 10 AS 524/11 B PKH; Sächsisches LSG, Urteil vom 7. 1. 2011, Az.: L 7 AS 115/09; ständige Rechtsprechung des 9. Senats des LSG Niedersachsen- Bremen seit seinem Beschluss vom 3. August 2006, Az.: L 9 AS 349/06 ER, a. A.: LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss vom 2.3.2007, Az.: L 13 AS 24/06; LSG Sachsen- Anhalt, Urteil vom 25.11.2010, Az.: L 2 AS 187/07). Gelingt dem Gegner der Nachweis der Voraussetzungen von § 7 Abs. 3a SGB II, so wird der für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erforderliche wechselseitige Einstandswille vermutet.
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 Nrn. 1 und 3c SGB II die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten – dies betrifft die am 20. Mai 1969 geborene Antragstellerin – und als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person – hier der am XX.XXXXX 1972 geborene Herr S. E. –, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Mit der zum 1. August 2006 neu gefassten Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II umschreibt der Gesetzgeber nach wie vor die so genannte eheähnliche Lebensgemeinschaft. Dass der Gesetzgeber an dem damit verbundenen Begriffsinhalt auch mit der Neufassung festhalten wollte, ergibt sich schon aus dem Anlass der Umformulierung der Vorschrift. Diese sollte lediglich dazu dienen, in die Definition auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund war es nicht erforderlich, von dem tradierten Begriff der Einstandsgemeinschaft – wie er vom Bundesverfassungsgericht, Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht entwickelt worden ist – abzuweichen (vgl. Beschluss des Senats vom 4. 3. 2010, Az.: L 5 B 471/09 ER AS).
Was Inhalt dieses Begriffes ist und was bei der Prüfung des Vorliegens einer solchen Einstandsgemeinschaft zu beachten ist, hat das Sozialgericht umfassend und zutreffend dargestellt. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass sich die Partner im Sinne eines wechselseitigen Einstandswillens so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, Az.: 1 BvL 8/87; BSG, Urteil vom 17.10.2007, Az.: B 11a/7a AL 52/06 R, SozR 4-4300 § 144 Nr. 16; BSG, Urteil vom 13.11.2008, Az.: B 14 AS 2/08 R, BSGE 102, 76; Beschluss des Senats vom 28.5.2010, Az.: L 5 AS 132/10 B ER). Nach Überzeugung des Senats ist ein solcher wechselseitiger Einstandswille im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und Herrn S. E. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
3.5 – Landessozialgericht Hamburg Beschluss vom 06.07.201, – L 5 AS 191/11 B ER –
Eine als Teilhabe am Arbeitsleben von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation schließt den Anspruch auf SGB II-Leistungen nicht aus.
Bei Maßnahmen im Rahmen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben handelt es sich nicht um eine Förderung im Rahmen von Berufsausbildungsbeihilfe oder nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Zwar ist die Ausbildung zum Bürokaufmann grundsätzlich auch nach § 60 Abs. 1 SGB III förderungsfähig. Liegen jedoch – wie hier -, weil es sich um einen behinderten Menschen handelt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und insbesondere die Bewilligung besonderer Leistungen nach §§ 102 ff. SGB III vor, so verdrängen diese spezielleren Regelungen die allgemeinen.
Das Ausbildungsgeld ist ein aliud zur Berufsausbildungsbeihilfe; trotz der normativen Verbindung über § 104 Abs. 2 SGB III handelt es sich um unterschiedliche Förderungskategorien. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen. Die Regelung in § 27 Abs. 3 SGB II (bzw. § 22 Abs. 7 SGB II a.F.), die einen Unterkunftskostenzuschuss auch für Bezieher von Ausbildungsgeld vorsieht und der damit erkennbar die Vorstellung eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II zugrunde liegt, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Denn das dürfte auf dem gesetzgeberischen Irrtum beruhen, dass § 7 Abs. 5 SGB II sich auch auf Bezieher von Ausbildungsgeld erstrecke (so BT-Drs. 16/1410 S. 24); das aber war auch zur Zeit der Schaffung dieser Regelung in § 22 Abs. 7 SGB II a.F. nicht der Fall (wie hier: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.2.2008 – L 5 B 10/08 AS ER; SG Berlin, Urt. v. 5.12.2008 – S 37 AS 23403/08; LSG Sachsen, Beschl. v. 6.9.2010 – L 7 B 633/08 AS ER; auch Brühl/Schoch, in: LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 114; a.A. Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 104).
Mit der Neuregelung des SGB II durch Gesetz von 24. März 2011 (BGBl. I S. 453 ff.) und der Verlagerung der Zuschussregelung von § 22 Abs. 7 SGB II a.F. in den neu gefassten § 27 Abs. 3 SGB II hat der Gesetzgeber hier nichts geändert und sich auch mit dem Umfang der Ausschlussregelung in § 7 Abs. 5 SGB II nicht auseinandergesetzt (BT-Drs. 17/3403 S. 169 ff.).
3.6 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 01.07.2011, – L 14 AS 618/11 B ER
Für eine volle Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung ist die Glaubhaftmachung für einen entsprechenden höheren Bedarf erforderlich.
BSG, Urteil v. 18.1.2011 – B 4 AS 108/10 R
3.7 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 30.06.2011, – L 25 AS 535/11 B ER
Hat der Vermieter noch keine Räumungsklage erhoben und auch keinen Räumungstitel erwirkt, hat aber das Mietverhältnis wegen seinerzeit bestehender Mietrückstände von damals schon mehr als zwei Monatsmieten fristlos gekündigt, und von weiteren rechtlichen Schritten zuletzt nur im Hinblick auf das laufende vorläufige Rechtsschutzverfahren abgesehen, ist vor diesem Hintergrund hier eine gerichtliche Intervention bereits jetzt geboten, zumal durch sie unnötige Mehrkosten vermieden werden können, die durch jeden weiteren rechtlichen Schritt des Vermieters anfallen würden (vgl. zum Vorstehenden auch Beschluss des Senats vom 28. Dezember 2010 – L 25 AS 2343/10 B ER).
Nach § 22 Abs. 8 Satz 1, 2 und 4 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
Dass Wohnungslosigkeit im Sinne des § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II droht, ergibt sich bereits aus den obigen Darlegungen zum Anordnungsgrund.
Liegt drohende Wohnungslosigkeit aber vor, sollen gemäß § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II die Schulden übernommen werden. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Satzes 2 gegeben sind, bedeutet zugleich, dass dem Antragsgegner für die Ausübung seines Ermessens regelmäßig kein Spielraum verbleibt (vgl. zu § 22 Abs. 5 SGB II in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R –).
Führt eine Schuldenlage zu drohender Wohnungslosigkeit im dargestellten Sinne, ist die Übernahme der Schulden im Regelfall gerechtfertigt und notwendig. Es ist regelmäßig keine andere Entscheidung als die Übernahme der Schulden denkbar, um den Anspruch des Hilfebedürftigen auf eine angemessene Unterkunft zu sichern. Lediglich in atypischen Ausnahmefällen kann die Übernahme der Schulden abgelehnt werden, wobei auch ein etwaiges wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, in den Fällen des Satzes 2 regelmäßig zurücktritt.
4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
4.1 – Sozialgericht Landshut Beschluss vom 18.02.2011, – S 7 AS 1007/10 ER –
Zur Auslegung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II aufgrund der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 39/09 R-.
Bei einer normalen Bedarfsgemeinschaft kann davon ausgegangen werden, dass die bewilligten Leistungen tatsächlich auch den bedürftigen Personen im Ergebnis zufließen.
Entfällt aber ein Anteil des Gesamtbedarfs auf ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das diesen Anspruch nicht realisieren kann, ist die Deckung des nach dem SGB II bestehenden Gesamtbedarfs nicht mehr gewährleistet. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei gemischten Bedarfsgemeinschaften in dieser Konstellation in Kauf nehmen wollte, dass durch die anteilige Verteilung des Gesamtbedarfs eine Lücke in der Bedarfsdeckung verbleibt.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, in diesen Fällen entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur für die leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anwendung findet. Nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen ist auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu verteilen. Ansonsten würden Hilfebedürftige, die mit einer Person zusammenleben, die vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist, schlechter stehen als Hilfebedürftige, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit anderen Hilfebedürftigen leben.
Das BSG hatte mit Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 39/09 R ausgeführt, dass das Verhältnis des Bedarfs des einzelnen Bedarfsgemeinschaftsmitglieds zum Gesamtbedarf im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB II zu ermitteln sei, um danach den entsprechenden Anteil des Einzelnen am zu berücksichtigenden Einkommen dem jeweiligen Bedarf aus Regelleistung und Unterkunftsaufwendungen gegenüberzustellen.
Angesichts dieser knappen Ausführungen ist es schlichtweg nicht vorstellbar, dass das BSG seine allerdings bei einem Altersrentner in einer Bedarfsgemeinschaft gegenüber einer BaföG-Bezieherin im vorliegenden Fall entwickelte Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II völlig aufgeben wollte. Schließlich sind beide Fallkonstellationen ähnlich, beide d. h. sowohl der Altersrenter als auch die BaföG-Bezieherin sind gemäß § 7 Abs. 4 und Abs. 5 vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Es liegt also eine vergleichbare Problematik vor. In beiden Fällen gebietet es Art. 3 Abs. 1 GG entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur für die leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzuwenden. Hätte es das BSG beabsichtigt seine Entscheidung vom 15.4.2008 abzuändern oder sie bei BaföG-Beziehern nicht anzuwenden, dann ist davon auszugehen, dass dies nicht in einem Satz geschehen wäre. Dies umso mehr als das Grundrecht der Ast. aus Art. 3 Abs. 1 GG tangiert wird.
Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass das BSG mit seiner Entscheidung vom 22.03.2010 die Entscheidung vom 15.04.2008 nicht abändern wollte. Aber selbst wenn das BSG, bzw. der 4. Senat, nunmehr eine andere Auffassung als der 14. Senat vertreten sollte, folgt das Gericht weiterhin der Rechtsprechung des 14. Senats in der Entscheidung vom 15.04.2008
4.2 – Sozialgericht Chemnitz Beschluss vom 29.04.2011, – S 40 AS 1487/11 ER-
Hartz IV: Zuschuss zur PKV nur bis Höhe halber Basistarif
Jobcenter müssen die Beiträge privat krankenversicherter Hartz IV-Bezieher höchstens bis zur Hälfte des am 1.1.2009 in der Privaten Krankenversicherung eingeführten Basistarifs bezuschussen. Dies entschied das Sozialgericht Chemnitz in einem Eilverfahren.
Die aus Plauen stammende Antragstellerin begehrte die Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Krankenversicherung (PKV) in voller Höhe von monatlich 483,48 EUR. Das Jobcenter Vogtland gewährte der Antragstellerin zunächst nur einen monatlichen Zuschuss von 131,35 EUR. Nachdem das Jobcenter im Laufe des Verfahrens einen Zuschuss in Höhe des halben Basistarifs anerkannte, lehnte das Sozialgericht den Eilantrag schließlich ab. Zur Begründung verwies es auf die Möglichkeit der Antragstellerin, in den Basistarif zu wechseln (Höchstbeitrag 2011: 575,44 EUR). Für die Dauer der Hilfebedürftigkeit kann dann nach § 12 Abs. 1c Satz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes – VAG – eine Beitragsminderung auf die Hälfte des Basistarifs verlangt werden (287,72 EUR). Die Antragstellerin kann somit für die Dauer des Hartz IV-Bezugs selbst die Begrenzung ihrer Beiträge auf den hälftigen Basistarif erreichen. Ein Schutzbedürfnis für die Bezuschussung höherer Beiträge besteht daher nicht, so das Sozialgericht.
Bis zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts am 18.1.2011 – B 4 AS 108/10 R – bestand eine unklare Rechtslage für privat krankenversicherte Hartz IV-Empfänger. Im Zuge der Reformen der gesetzlichen Krankenversicherungen zum 1.1.2009 war nämlich eine Deckungslücke entstanden. Betroffen hiervon waren zum Beispiel arbeitslose Selbstständige, die sich im Rahmen ihrer früheren Tätigkeit privat krankenversichert hatten. Diese erhielten durch die Jobcenter nur einen Zuschuss in Höhe des Betrages, den die Jobcenter für gesetzlich krankenversicherte Leistungsbezieher an die Krankenkassen abzuführen hatten. Der Zuschuss lag jedoch meist deutlich unter den tatsächlichen Beiträgen. In dem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall ging es um eine monatliche Beitragsbelastung von 207,39 EUR und einen vom Jobcenter geleisteten Zuschuss von 129,54 EUR. Das BSG entschied, dass die Beiträge zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe zu übernehmen seien. Das Gesetz enthalte eine Regelungslücke, die im Wege einer Rechtsanalogie zu schließen sei.
Da der monatliche Beitrag unter der Hälfte des damaligen Basistarifs der Privaten Krankenversicherungen in Höhe von 284,81 EUR lag, ließ das BSG aber offen, ob der Zuschussbetrag der Jobcenter generell auf die Hälfte des Basistarifs zu begrenzen ist. Zu dieser offenen Frage hat sich das Sozialgericht Chemnitz nunmehr erstmals, wie ausgeführt, geäußert. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Martin Israng
Richter am Sozialgericht – Pressesprecher
++ Anmerkung: Vgl. dazu auch meinen Beitrag im Blog von RA L. Zimmermann
sozialrechtsexperte.blogspot.com
4.3 – Sozialgericht Freiburg Beschluss vom 30.06.2011, – S 21 AS 577/11 –
1. Die Erhebung einer sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage nach § 88 SGG kann wegen Verwirkung des Klagerechts rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein, auch wenn der geltend gemachte Anspruch in der Sache besteht.
2. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind auf die Verwirkung des Klagerechts die für die verwaltungsgerichtliche Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden.
3. Es reicht auch im Rahmen der sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage nach § 88 SGG ein bloßer erheblicher Zeitablauf [hier: Klageerhebung 2 Jahre und 11 Monate nach der letzten Korrespondenz] nicht für die Verwirkung des Klagerechts aus. Es müssen vielmehr im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die die späte Klageerhebung als widersprüchliches Verhalten des Klägers erscheinen lassen, und die Behörde musste im Vertrauen auf den Nichtgebrauch des Klagerechts entsprechende Dispositionen treffen, die es als unzumutbar erscheinen lassen, das als abgeschlossen betrachtete Verwaltungsverfahren wieder aufzunehmen und zum Abschluss zu bringen.
4. Es kann im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG aber zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass er durch eine Klageerhebung nach jahrelangem "Schweigen" ohne Vorwarnung der Behörde ein unnötiges, vermeidbares Klageverfahren verursacht hat, etwa wenn die Untätigkeit der Behörde auf einem Irrtum ihrerseits beruhte und sie das Verfahren bereits für abgeschlossen hielt.
4.4 – Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 09.06.2011, – S 18 AS 894/11-
Zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für einen Ein Personen- Haushalt in Bremen – Zusicherungserfordernis für die Anmietung eines Wohnraums bei Auszug der Mutter aus der gemeinsamen Wohnung.
1. Für einen Einpersonenhaushalt ist derzeit eine Bruttokaltmiete (Grundmiete und Betriebskostenvorauszahlung) in Höhe von 393,80 Euro als angemessen zu erachten, zuzüglich der Heizkosten.
Für die Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft greift die Kammer jedenfalls im Eilverfahren auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz zurück. Der Tabellenwert ist nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, der sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung anschließt, um einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% zu erhöhen. Hierzu hat das LSG in der genannten Entscheidung ausgeführt:
„Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass für die Stadt Bremen ein den Anforderungen des BSG genügendes sog. schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht vorliegt (vgl. hierzu ausführlich die die Beteiligten betreffenden Entscheidungen des OVG Bremen vom 18.02.2009 – S2 A 317/06 -, beim BSG anhängig unter dem Az. B 14 AS 132/10 R, und des SG Bremen vom 22.01.2009 —B 21 AS 1/09 R). Hiervon gehen insbesondere auch die aktuellen Verwaltungsanweisungen des Antragsgegners aus, indem sie auf die Tabellenwerte nach dem WoGG zurückgreifen. Nach ständiger Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG (vgl. zuletzt Urteile vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 R – und vom 19.10.2010 -B 14 AS 15/09 R -) sind indes im Falle des Fehlens lokaler Erkenntnismöglichkeiten grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen zu übernehmen. Die Heranziehung der Tabellenwerte nach dem WoGG dient dabei lediglich dazu, die zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen nach "oben" zu begrenzen, um zu verhindern, dass per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler finanziert werden. Die Heranziehung der Tabellenwerte ersetzt mithin nicht die für den Vergleichsraum und den konkreten Zeitraum festzustellende Referenzmiete. Dabei ist der jeweilige Tabellenwert, mithin auch der aktuelle Wert nach § 12 WoGG, im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraums um einen Sicherheitszuschlag zu erhöhen. Denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete ist (vgl. BSG-Urteil vom 17.12.2009 – 8 4 AS 50/09 R RdNr. 27). Dabei ist das BSG in der soeben genannten Entscheidung (RdNr. 22) ausdrücklich Überlegungen entgegengetreten, die vorliegend der Antragsgegner und auch das SG angestellt haben und die darauf abzielen, anstelle eines schlüssigen Konzepts eine "Gegenprobe" anzustellen, ob es möglich ist, innerhalb eines Vergleichsraums Wohnungen bis zur Höhe der Tabel¬lenwerte anzumieten. Es ist vielmehr nach der Rspr. des BSG grundsätzlich ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum erforderlich. Hieran fehlt es hier. Für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem Ermittlungen zur maßgeblichen Referenzmiete nicht durchgeführt werden können, bedeutet dies, dass vorerst die Bruttokaltmiete bis zur Höhe des Tabellenwerts nach § 12 WoGG, dieser erhöht um einen Sicherheitszuschlag von 10%, zu übernehmen sind (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, 11. Senat, Beschluss vom 13.09.2010 — L 11 AS 1015/10 B ER). Die Höchstgrenze beläuft sich danach auf 393,80 EUR (Höchstgrenze nach § 12 WoGG bei einem Haushaltsmitglied in der maßgeblichen Mietenstufe IV = 358,00 EUR x 110 %)."
2. Es gibt keine Pflicht der Eltern bei einem Umzug einen unter 25-jährigen Erwachsenen mitzunehmen. Die Eltern können nach der Rechtsprechung ohne weiteres das Zusammenleben mit dem Jungerwachsenen beenden. Auch gibt es keine Pflicht der unter 25-jährigen bei Beendigung des bisherigen Wohnverhältnisses mit den Eltern mitzuziehen. Das Nichtumziehenwollen stellt keinen Umzug dar.
3. Der Annahme eines Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung steht nicht entgegen, wenn vom Vermieter mit dem HB noch kein schriftlicher Mietvertrag geschlossen wurde. Zum einen bedarf der Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum (entgegen der Kündigung) keiner Schriftform, so dass einiges dafür spricht, dass zwischen der Vermieterin und dem Antragsteller ein Mietvertrag bereits durch konkludentes Verhalten geschlossen wurde. Im Übrigen wäre der Antragsteller aufgrund der faktischen Nutzung der Wohnung jedenfalls über bereicherungsrechtliche Vorschriften oder aber § 546 a Bürgerliches Gesetzbuch zu einer Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete oder der Miete, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist, verpflichtet.
++ Anmerkung: Vgl. dazu auch meinen Beitrag im Blog von RA L. Zimmermann
LSG Schleswig- Holstein Beschluss vom 19.03.2007, – L 11 B 13/07 AS ER –
Für den seltenen Fall des Auszugs der Eltern aus dem gemeinsamen Haushalt habe der Gesetzgeber keine Regelung getroffen. Ein Missbrauch könne zu einem anderen Ergebnis führen, sei hier jedoch nicht ersichtlich.
§ 22 Abs. 2a SGB-II ist als Sonderregelung eng auszulegen: Keine Anwendbarkeit, wenn Elternteil aus der gemeinsamen Wohnung auszieht.
weiter hier im Blog : sozialrechtsexperte.blogspot.com
5. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
5.1 – Sozialgericht Augsburg Urteil vom 07.07.2011, – S 15 SO 164/10 –
Keine Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Österreich.
Die Auslandssozialhilfe greift – wie bereits der Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sowie der abschließende Charakter der Regelung zeigen – nicht schon bei einer nur allgemeinen sozialhilferechtlichen Notlage ein; vielmehr bedarf es einer sich hiervon deutlich abhebenden, außergewöhnlichen Notlage. Eine solche Notlage ist gegeben, wenn ohne die Hilfeleistung an den im Ausland lebenden Deutschen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existenzieller Rechtsgüter droht, mithin Leben, Gesundheit oder sonstige elementare Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 Grundgesetz – GG -) unmittelbar gefährdet sind.
Darüber hinaus muss die außergewöhnliche Notlage – in weiterer Abgrenzung zum Begriff der "besonderen Notlage" in dem bis 31.12.2003 geltenden § 119 BSHG – im Einzelfall unabweisbar, d.h. durch kein anderes Mittel als durch die begehrte Hilfeleistung zu beheben sein. Als Mittel zur Behebung der Notlage kommt vor allem die Rückkehr nach Deutschland in Betracht, welche bei Eintritt der Bedürftigkeit vom Hilfesuchenden grundsätzlich erwartet wird (vgl. BT-Drucks. 15/1761 S. 6 zu § 24 Abs. 1; Berlit in LPK-SGB XII, a.a.O., RdNr. 8). Nur ausnahmsweise kann im Einzelfall von diesem Grundsatz abgewichen werden, wenn kumulativ zu der Leistungsvoraussetzung der "unabweisbaren außergewöhnlichen Notlage" eine Rückkehr nach Deutschland aus einem der in § 24 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 SGB XII abschließend genannten Hinderungsgründe nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Letztere Ausnahmegründe hat der Hilfesuchende in Abweichung von dem im Sozialhilferecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X) nachzuweisen (LSG Baden-Württemberg vom 25.02.2010 – L 7 SO 5106/07; Sächsisches LSG vom 29.11.2010 – L 7 SO 80/10 B ER mit zahlreichen weiteren Fundstellen).
Der Gesetzgeber konnte in Ansehung des Territorialitätsprinzips davon ausgehen, dass es grundsätzlich Aufgabe des Aufenthaltsstaates ist, im Falle von Hilfebedürftigkeit für entsprechende Fürsorgeleistungen Sorge zu tragen (vgl. hierzu auch § 24 Abs. 2 SGB XII). Soweit er sich dennoch, unter Durchbrechung des vorgenannten völkerrechtlich anerkannten Prinzips, für die Leistungserbringung an im Ausland in Not geratene deutsche Staatsangehörige entschieden hat, durfte er einen solchen Sozialhilfeexport mithin auf unabweisbare, d.h. verfassungsrechtlich gebotene, Hilfeleistungen in außergewöhnlichen Notlagen beschränken, in denen jegliche anderweitige Unterstützungsmöglichkeiten versagen. Der Gesetzgeber durfte die Gewährung von Auslandssozialhilfe im Interesse des Gemeinwohls an der zweckgerichteten Verwendung der für staatliche Fürsorgeleistungen zur Verfügung stehenden Mittel daher an strenge Voraussetzungen knüpfen; die für den Hilfesuchenden grundsätzlich bestehende Rückkehrpflicht rechtfertigt sich auch daraus, dass regelmäßig nur im Inland die Überprüfbarkeit einer konkreten, aktuellen Hilfebedürftigkeit zur Folge habenden Notlage hinreichend gewährleistet ist.
5.2 – Sozialgericht Aachen Beschluss vom 15.07.2011, – S 20 SO 97/11 ER –
Um einer Anordnung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu genügen, ist eine Begründung erforderlich, aus der hervorgeht, warum in diesem besonderen Einzelfall ausnahmsweise von der grundsätzlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers zu Gunsten der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen den betreffenden Bescheid abgewichen wird (LSG NRW, Beschluss vom 27.09.2010 – L 6 AS 777/10 B ER; Beschluss vom 11.01.2006 – L 1 B 18/05 AS ER – m.w.N.).
Bei der Prüfung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wird die Begründung der Vollziehbarkeitsanordnung daraufhin untersucht, ob sie eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darstellung des besonderen öffentlichen Interesses bzw. Drittinteresses an der sofortigen Vollziehung beinhaltet und Gründe nennt, die in der Sache geeignet sind, die Anordnung zu tragen (LSG NRW, Beschluss vom 27.09.2010 – L 6 AS 777/10 B ER). An einer diesen Vorgaben genügenden Begründung fehlt es in allen angefochtenen Bescheiden. Wenn es aber bereits an einer ausreichenden Begründung der Vollzugsanordnung fehlt, bedarf es keiner (summarischen) Prüfung der Rechtsmäßigkeit des Bescheides mehr (LSG NRW a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2008 – L 10 B 2195/07 AS ER).
Quelle Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de