1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 16.02.2012 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
1.1 – BSG, Urteil vom 16.02.2012,- B 4 AS 14/11 R –
Kein Anspruch auf Übernahme der monatlichen Tilgungsleistungen für das selbst bewohnte Wohneigentum, wenn der Erwerb der Immobilie innerhalb des Leistungsbezugs eingetreten ist.
Tilgungsleistungen können im Rahmen der KdU nur in Ausnahmefällen übernommen werden, denn Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen.
Vor diesem Hintergrund besteht das Spannungsverhältnis zwischen Schutz des Wohnungseigentums einerseits und den Zielen der Existenzsicherung andererseits nur dann, wenn der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs eingetreten ist.
Der Annahme eines Ausnahmefalls steht es deshalb in Fortführung der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG (Urteil vom 7.7.2011 – B 14 AS 79/10 R) bereits entgegen, dass der Aspekt der Vermögensbildung hier eindeutig im Vordergrund stand, weil die Kläger die Immobilie zu einem Zeitpunkt erworben hatten, in dem bereits Hilfebedürftigkeit bestand und sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Arbeitslosenhilfe angewiesen waren.
Es kommt vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidend darauf an, ob hinsichtlich des Schutzes des Grundbedürfnisses Wohnen auf einen konkret-individuellen Maßstab abzustellen ist oder ob eine abstrakte Gefährdung genügt.
Gleichwohl hat der Senat darauf hingewiesen, dass bereits nach der bisherigen Rechtsprechung allein die Feststellung einer konkreten und unvermeidbaren Bedarfslage eine ausnahmsweise Tilgungsverpflichtung der Jobcenter eröffnen kann.
Anmerkung von Willi 2: BSG, Urteil vom 07.07.2011, – B 14 AS 79/10 R-
Monatliche Tilgungsraten zur Zahlung eines zinslos gestundeten Kaufpreises für ein – während des Bezugs von steuerfinanzierten Sozialleistungen ohne Eigenkapital erworbenes – selbst genutztes Einfamilienhaus sind nicht als Unterkunftskosten gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu berücksichtigen.
sozialrechtsexperte.blogspot.com
1.2 – BSG, Urteil vom 16.02.2012,- B 4 AS 89/11 R –
Ist das Einkommen eines minderjährigen Kindes das einzige Einkommen der Bedarfsgemeinschaft und ist das Kind auf die Hilfe der Bedarfsgemeinschaft angewiesen, scheidet der Abzug der Versicherungspauschale für „Familienversicherungen“ hiervon nach ständiger Rechtsprechung des BSG aus.
Mit seinem Einkommen sollen in erster Linie seine Existenzsicherung gesichert und keine Versicherungen der Familie finanziert werden. Daher kann nichts anderes gelten, wenn zwar die tatsächliche Beitragszahlung nachgewiesen wird, diese jedoch für private Familienversicherungen erfolgt, im vorliegenden Fall also für die Haftpflicht-, Hausrat- und Familienauslandskrankenversicherung.
Die über die anteiligen Beiträge zu den Familienversicherungen hinaus geltend gemachten Beiträge zu privaten Versicherungen waren bereits dem Grunde nach nicht angemessen.
Hinsichtlich der privaten Kinderunfallversicherung wurde festgestellt, dass Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze sie nicht üblicherweise zur Vorsorge abschließen und auch die individuellen Lebensverhältnisse im konkreten Fall den Abschluss einer derartigen Versicherung nicht bedingen.
Bei der fondsgebundenen Kinderrentenversicherung handelt es sich letztlich um eine kapitalbildende Sparanlage, die ebenso wenig wie andere Sparanlagen das Einkommen vor der Berücksichtigung bei der Berechnung der Leistungen zu mindern vermag.
Hinsichtlich der Zusatzkrankenversicherung gilt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und seine medizinische Versorgung im Krankheitsfall damit sichergestellt war.
Anmerkung von Willi 2:Landesszialgericht Sachsen-Anhalt , Beschluss vom 23.06.2011, – L 5 AS 129/11 B ER –
Hilfebedürftiges minderjähriges Kind kann von seinem Kindergeld gem. § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II – Krankenzusatzversicherung und (erweiterte) Unfallversicherung im Rahmen der Privatschutz-Police – nicht absetzen.
sozialrechtsexperte.blogspot.com
2. Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.08.2011 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – BSG, Urteil vom 23.08.2011, – B 14 AS 91/10 R –
Bundessozialgericht kritisiert Berechnung angemessener Unterkunftskosten bei Hartz IV- Leistungen- Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke- Besserstellung von Eigentümern gegenüber Mietern
Denn Jobcenter dürfen nicht einfach die von Hartz-IV-Beziehern gezahlten durchschnittlichen Mieten als Grundlage für angemessene Unterkunftskosten heranziehen, denn dies entspricht nicht den Vorgaben des BSG zur Ermittlung eines schlüssigen Konzepts.
Das Jobcenter hat sich zwar im Hinblick auf die von ihm angestellten Ermittlungsschritte um ein hohes Maß an Transparenz bemüht.
Die zugrunde gelegten Daten werden jedoch den Anforderungen der Rechtsprechung vor allem insoweit nicht gerecht, als sie ausschließlich von Leistungsbeziehern stammen und der Beklagte aus dem Gesamtergebnis einen durchschnittlichen Betrag ermittelt und zugrunde gelegt hat.
Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 26). § 7 Abs 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB XII) juris BSHG§76DV) findet insoweit entsprechende Anwendung (vgl Urteile des Senats vom 15.4.2008 – B 14/7b AS 34/06 R – BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 und vom 19.9.2008 – B 14 AS 54/07 R -), als er Anhaltspunkte dafür liefert, welche Kosten im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen sind (vgl dazu auch BSG Urteil vom 24.2.2011 – B 14 AS 61/10 R -.
Zu den danach berücksichtigungsfähigen Kosten zählen insbesondere auch Darlehenszinsen, grundsätzlich jedoch keine Tilgungsleistungen (vgl dazu insgesamt und zu den Ausnahmen hinsichtlich der Berücksichtigung von Tilgungsleistungen Urteil des Senats vom 7.7.2011 – B 14 AS 79/10 R -.
Bei der Ermittlung des grundsätzlich anerkennungsfähigen Betrags ist zu berücksichtigen, dass die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist und die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten an den Kosten zu messen ist, die für Mietwohnungen angemessen sind (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 – B 14/7b AS 34/06 R – BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).
Die Angemessenheit eines Hausgrundstücks im Sinne der Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II indiziert nicht die Angemessenheit der Unterkunftskosten für dieses Haus nach § 22 Abs 1 SGB II. Geschützt wird von beiden Vorschriften nur „die Wohnung“ im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ als räumlichem Lebensmittelpunkt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 – B 14 AS 32/07 R -), nicht dagegen die Immobilie als Vermögensgegenstand.
Die Hilfebedürftigen(Kläger)ziehen aus der Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II zu Unrecht den Schluss, hierbei handele es sich um die „gesetzgeberische Grundentscheidung einer Besserstellung von Eigentümern gegenüber Mietern“, die Anlass gebe, auch die Angemessenheitsgrenze unterschiedlich zu bestimmen.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung deutlich gemacht, dass § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II gerade keine Aussage zu den Kosten der Unterkunft trifft, sondern nur verhindern soll, dass ein selbst genutztes angemessenes Hausgrundstück oder eine solche Eigentumswohnung veräußert werden muss, bevor Grundsicherungsleistungen gewährt werden. Im Rahmen der Hilfegewährung nach dem SGB II sind dann aber nach den Grundsätzen des Art 3 Abs 1 GG alle Leistungsbezieher einheitlichen Kriterien zu unterwerfen, also auch Eigentümer und Mieter hinsichtlich der Leistungen, die dem Erhalt des Wohnraums dienen, gleich zu behandeln.
Die vom Beklagten entwickelten „Richtlinien zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten“ entsprechen trotz des Bemühens, den Anforderungen gerecht zu werden, die die Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten gestellt hat, in einem wesentlichen Punkt nicht den Vorgaben des BSG (vgl zB Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 (Wilhelmshaven); Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 27 (Essen)).
Der Beklagte geht nämlich von einer unzureichenden Datengrundlage aus bzw zieht aus den herangezogenen Daten nicht die sachlich gebotenen Schlüsse.
Zwar hat der Beklagte eine Datenbasis von 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Wohnungsbestands für die Ermittlung der angemessenen Mietwerte herangezogen (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R -), der ausgewählte Wohnungsbestand von 9788 Wohnungen setzt sich allerdings nur aus Wohnungen von Leistungsempfängern nach dem SGB II (zu 78 %), bzw SGB XII (zu 10 %) und Empfängern von Wohngeld (zu 12 %) zusammen.
Damit können nur in der Rubrik der Wohngeldempfänger Wohnungen enthalten sein, die auch teurer sind als eine nach SGB II oder SGB XII angemessene Wohnung. Werden aber nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird.
Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, kann ein Leistungsträger auf alle Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand abstellen, also neben Wohnungen einfachen Standards auch auf solche mittleren und gehobenen Standards und dann aus den so gewonnenen Mietpreisen einen angemessenen Wert ermitteln (BSGE 104, 192, 197 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 21).
Der Leistungsträger kann auch – wie vorliegend – bei der Datenerhebung nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde legen, muss als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments wählen. Das vom Beklagten gewählte Verfahren, die errechneten Durchschnittswerte um einen Sicherheitsaufschlag X zu erhöhen, stellt dagegen kein planmäßiges Vorgehen dar. Weder ist die Erhöhung für alle Wohnungsgrößen gleichmäßig erfolgt, noch ist überhaupt erkennbar und ggf mathematisch nachvollziehbar, wie sich die jeweilige Erhöhung errechnet.
Bei der Neujustierung der Angemessenheitsgrenze wird auch zu berücksichtigen sein, dass für die Datenerhebung nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht kommen, sondern auch von bereits vermieteten (BSG Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).
Im Rahmen der Leistung für die Unterkunft ist sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird, so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist (dazu näher und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).
Anmerkung von Willi 2:Hartz-IV-Klagewelle in Berlin geht weiter – Hauptgrund – Rechtswidrige Gewährung der Kosten und Unterkunft anhand einer Tabelle
sozialrechtsexperte.blogspot.com
3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.12.2011, – L 20 AS 47/08 –
Reparatur- und Wartungskosten für das zur Erlangung des Erwerbseinkommens eingesetzte Kraftfahrzeug können nicht nach (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II) abgesetzt werden.
Denn Reparatur- und Wartungskosten eines Kfz können bereits grundsätzlich nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II berücksichtigt werden.
§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II wird durch die Bestimmungen des § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Allg II-V) konkretisiert.
Danach sind für die Kraftfahrzeugnutzung bei Erwerbstätigkeit „für die Beträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 5“ lediglich zusätzlich zur „Werbungskostenpauschale“ nach § 3 Nr. 3 lit.a) aa) AlgII-V „für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,06 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung“ abzusetzen. Damit sind sämtliche mit der regulären Nutzung des Kfz zur Erlangung des Erwerbseinkommens verbundenen Kosten regelmäßig abgedeckt (vgl. zur Entfernungspauschale § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Dazu gehören auch regelmäßig anfallende Reparatur- und TÜV-Kosten. Nur solche Kosten könnten daneben berücksichtigt werden, die ihrer Natur nach außergewöhnlich und nicht vorhersehbar sind, die auf für den Erwerbstätigen „unabwendbaren Ereignissen“ beruhen und sich deshalb ihrer Natur nach einer Pauschalierung entziehen (vgl. BFH, Urteil vom 14. Juli 1978, VI R 158/76, BFHE 125, 553; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30. September 2009, 2 K 386/07, DStRE 2010, 147).
Solche Kosten werden hier gerade nicht geltend gemacht.
3.2 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.02.2012,- L 7 AS 21/12 B ER –
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist dann unrichtig, wenn sie Fehler enthält, die von einer sachgerechten Einlegung des gegebenen Rechtsbehelfs abhalten können -eheähnliche Gemeinschaft- Hausbesuch- Folgenabwägung
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist jedenfalls dann unrichtig, wenn sie Fehler enthält, die von einer sachgerechten Einlegung des gegebenen Rechtsbehelfs abhalten können (BSG, Beschluss vom 18.10.2007, B 3 P 24/07 B, Rn. 6). Eine Rechtsbehelfsbelehrung hat „Wegweiserfunktion“. Sie muss die notwendigen Hinweise für die ersten Schritte des Betroffenen enthalten, sie darf aber nicht durch weitere Informationen inhaltlich überfrachtet werden und statt Klarheit zu schaffen, wegen ihres Umfangs und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiften (BSG, a.a.O. Rn. 7).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der konkrete Betroffene vom richtigen Rechtsbehelf abgehalten werden kann, es genügt vielmehr die abstrakte Möglichkeit eines Irrtums (BSG, Beschluss vom 02.03.1995, 7 BAr 196/94, Rn. 8).
a) Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zum einen unrichtig, weil sie darauf verweist, dass die Klage „auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden kann, soweit eine Bevollmächtigung dazu gegeben ist“. Die gesetzliche Vermutung aus der Bedarfsgemeinschaft nach § 38 SGB II gibt aber keine Vollmacht zur Klageerhebung (Urteil des BSG vom 02.07.2009, B 14 AS 54/08 R). Insofern ist die Verknüpfung der Bedarfsgemeinschaft mit der Klagebevollmächtigung zumindest irreführend.
b) Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zum zweiten unrichtig, weil sie die Vorgaben des § 92 Abs. 1 SGG zum Klageinhalt und des § 93 SGG zu den weiteren Abschriften der Schriftsätze anführt (so ausdrücklich für § 92 SGG Wolff-Dellen in Breitkreuz / Fichte, SGG, 1. Auflage 2008, § 66 Rn. 22).
Unter Anwendung der o.g. Maßstäbe ist zunächst festzustellen, dass der Hinweis auf die Mindestinhalte der Klage nach § 92 Abs. 1 SGG und die Mehrausfertigungen der Schriftsätze nach § 93 SGG nicht erforderlich war, um die „Wegweiserfunktion“ zu erfüllen. Zum anderen waren diese Hinweise geeignet, von einer Einlegung des Rechtsbehelfs abzuhalten, weil sie den Eindruck erwecken, es handle sich um Zulässigkeitsvoraussetzungen und damit zu beachtende Hürden für eine Klage.
Es ist für eine frist- und formwirksame Klage aber nicht erforderlich, die Klageinhalte nach § 92 Abs. 1 SGG zu gewährleisten und die Mehrausfertigungen zu übermitteln.
Aus § 92 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt sich, dass selbst beim Fehlen der eigentlich unverzichtbaren Klagebestandteile nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG (Bezeichnung von Kläger, Beklagten und Gegenstand des Klagebegehren) keine unzulässige Klage vorliegt, sondern das Gericht nur eine Frist zur Ergänzung der Klage mit ausschließender Wirkung setzen kann.
Dann kann im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung nicht – wie geschehen – nur darauf hingewiesen werden, dass die Klage gemäß § 92 des Sozialgerichtsgesetzes den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen muss. Die Nichterfüllung der in § 92 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGG genannten „Soll-Anforderungen“ (bestimmter Antrag, Unterschrift mit Ort- und Datumsangabe, Angabe von Tatsachen und Beweismitteln, Übermittlung von Bescheid und Widerspruchsbescheid) ist – vorbehaltlich einer Präklusion nach § 106a SGG – größtenteils folgenlos.
Andererseits kann die gesamte Regelung des § 92 SGG schwerlich in eine Rechtsbehelfsbelehrung aufgenommen werden, ohne zugleich wegen des dann entstehenden Umfangs und der Kompliziertheit Verwirrung zu stiften.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (insb. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) ist eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen, wenn bei den Betroffenen ohne die Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz eine schwere Verletzung ihrer Rechte auch nur möglich ist.
Dies folgt aus dem Schutzauftrag für die Menschenwürde (Art 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG) und der Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG). Kriterien der Interessensabwägung sind insbesondere die drohende Verletzung von (Grund-) Rechten, ausnahmsweise entgegenstehende überwiegende besonders gewichtige Gründe und die hypothetischen Folgen bei einer Versagung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz.
Anmerkung von Willi 2.Bayerisches Landessozialgericht , Beschluss vom 06.02.2012,- L 7 AS 21/12 B ER –
Bayerisches LSG bestätigt aktuell: Hilfebedürftige nach dem SGB II müssen Hausbesuche von Mitarbeitern des Jobcenters – nicht – dulden.
sozialrechtsexperte.blogspot.com
3.3 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 24.01.2012,- L 9 AS 698/11 B ER –
1. Ein Rechtsstreit um Zusicherung von Umzugskosten ist noch nicht erledigt bzw. das Rechtsschutzbedürfnis noch nicht entfallen (s. BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 5/10 R –), wenn der Hilfebedürftige zwar in der neuen Wohnung bereits übernachtet, jedoch keinerlei Möbelstücke sich dort befinden und deshalb der Umzug noch nicht vollzogen ist.
2. Im Falle eines nicht vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzugs greift die Auffangnorm des § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II ein, die dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen einräumt, das sowohl das „ob“ der Übernahme als auch die Höhe der Umzugskosten umfasst. Diese müssen ferner angemessen sein.
3. Grundsätzlich können sich angemessene Umzugskosten nur auf das persönliche Hab und Gut beziehen, die der Antragsteller im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums benötigt. Hierzu gehört neben erforderlichen Möbelstücken auch ein angemessener Umfang persönlicher Literatur, nicht aber wenn dieser 978 Kartons mit Fachliteratur für einen vom Hilfebedürftigen angestrebten Beruf umfasst.
4. Für einen eventuellen Anspruch aus den §§ 16 ff. SGB II im Hinblick auf Leistungen zur Eingliederung ist das Jobcenter des neuen Wohnsitzes zuständig.
Anmerkung von Willi 2: BSG, Urteil vom 06.10.2011, – B 14 AS 152/10 R –
Umzugskosten gemäß § 22 Abs. 3 SGB II a. F. umfassen nicht den Selbstbehalt der Vollkaskoversicherung eines angemieteten Umzugsfahrzeugs, denn die Schadensverursachung ist bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr entstanden.
sozialrechtsexperte.blogspot.com
4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
4.1 – Sozialgericht Landshut, Urteil vom 07.02.2012, – S 10 AS 294/11 –
Im Kreis Landshut lebende SGB II- Leistungsempfänger haben höheren Anspruch für die Kosten der Unterkunft und Heizung!
Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann.
Denn das mit Wirkung ab Mitte 2009 neu erstellte und halbjährlich fortgeschriebene Konzept zur Ermittlung der Unterkunftskosten im Landkreis Landshut hält – trotz richtiger Ansätze – letztendlich nicht den hohen Anforderungen des BSG statt.
Bei dem Begriff „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nach der bisherigen Rechtsprechung aller für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt und der unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in mehreren Prüfschritten zu konkretisieren ist (vgl. z.B. Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19; Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 41/08 R , jeweils m.w.N.).
Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach dieser Rechtsprechung, der die Kammer folgt, in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt (vgl. z.B. BSG vom 19.10.2010 – B 14 AS 15/09 R [juris]). Angemessen sind „Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist“, es sich um eine „Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt“ handelt (vgl. z.B. BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231-242 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist nach dem BSG (z.B. Urteil vom 19.10.2010, a.a.O.) auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben. In Bayern sind die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 10.12.2004 Nr. IIC4-4702-003/04 ergangen. Diese bestimmen unter Nr. 6.7.1 folgende Wohnungsgrößen als angemessen:
– für einen Alleinstehenden bis zu 50 qm Wohnfläche
– für zwei Haushaltsangehörige bis zu 65 qm Wohnfläche
– für drei Haushaltsangehörige bis zu 75 qm Wohnfläche
– für vier Haushaltsangehörige bis zu 90 qm Wohnfläche
und für jeden weiteren Haushaltsangehörigen jeweils 15 qm Wohnfläche zusätzlich.
Für einen Einpersonenhaushalt sind demnach im Freistaat Bayern bis zu 50 qm angemessen.
Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
– Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den
gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
– es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B.
welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto-
und Nettomiete , Differenzierung nach Wohnungsgröße,
– Angaben über den Beobachtungszeitraum,
– Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel
– Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
– Validität der Datenerhebung,
– Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung
und
– Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze)“.
Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, a.a.O. [Rz 25]).
In seiner Entscheidung vom 22.09.2009 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen sei, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet werde (Rz 22). Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen (Urteil vom 19.02.2009, a.a.O). In einem Urteil vom 18.06.2009 (B 14/7b AS 44/06 R) heißt es, das vom Grundsicherungsträger gewählte Konzept müsse eine hinreichende Gewähr dafür bieten, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das könne u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe. Bereits diesem Maßstab entspricht das vom Beklagten angewandte Konzept nicht, zumindest ist dies für das Gericht – wie vom BSG gefordert – nicht überprüfbar. Zwar heißt es im Vorwort des Konzepts (vgl. nur „Ermittlung der Unterkunftskosten zum Stand vom 30.06.2010“) wörtlich:
„Um einen umfassenden Überblick über die Verhältnisse des grundsicherungsrelevanten örtlichen Mietwohnungsmarktes zu erhalten, wurden Daten von 12 % – 13 % aus aktuell abgeschlossenen Mietverträgen aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis Landshut (SGB II) und aus dem Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (3. und 4. Kapitel SGB XII), Wohngeldobergrenzen aus §§ 11 WoGG, Mietangebote, gefördert über den sozialen Wohnungsbau, und über die regionale Presse veröffentlichte Wohnungsangebote (Landshuter Zeitung, Landshuter aktuell, Wochenblatt) herangezogen.“
Für das Gericht ist aus dem Konzept nicht ersichtlich, dass die dem Konzept zugrunde gelegten Wohnungen 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes ausmachen. Hierzu enthält das Konzept keinerlei Berechnung. Ebenso fehlen die Vergleichsparameter um eine Berechnung durchführen zu können. Bei den im Konzept angeführten 12 % – 13 % ist bereits unklar, ob sich diese auf den in Betracht zu ziehenden gesamten Mietwohnungsbestand beziehen, oder ausschließlich auf Wohnungen des einfachen Segments. Jedenfalls ist auch diesbezüglich für die Kammer nicht nachvollziehbar wie die 12 % – 13 % berechnet wurden.
Das BSG geht zudem davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard), als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen können. Werden überwiegend nur Wohnungen des einfachen Segments im Rahmen des Konzepts berücksichtigt, ist es zwingend erforderlich, dieses einfache Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu ermöglichen.
Bei der Beurteilung des „Konzepts“ fällt auf, dass in diesem nahezu keine Ausführungen zum Begriff des spezifischen Wohnungsmarktsegments enthalten sind. Die Beklagte hätte diesen Begriff definieren und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Werden in den Wohnungslisten überwiegend Wohnungen von SGB II – und SGB XII (Sozialhilfe)-Leistungsbezieher geführt, ist davon auszugehen, dass darin keine Wohnungen enthalten sein dürfen, die die angemessenen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese Wohnungen nicht mehr einfach und damit angemessenen Wohnungsstandards entsprechen.
Das Gericht kann in diesen Fällen jedoch nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. Es ist in dem vorgelegten „Konzept“ nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte mit den Wohnungsstandards der konkreten Wohnungen auseinandergesetzt hat, die sie hier verarbeitet hat. Vielmehr wird im Vorwort des „Konzepts“ ausgeführt, dass Angaben über die Bauart, den Wärme-Isolierwert und die Raumausstattung der Wohnungen nicht ermittelt werden konnten. Die Beklagte hat wohl vielmehr aus dem Umstand, dass es sich überwiegend um Wohnungen von Leistungsempfängern handelt, bereits den Schluss gezogen, dass diese Wohnungen dem SGB II-relevanten Standard entsprechen.
Dies wird jedoch den Vorgaben der Rechtsprechung nicht gerecht, wonach auch gewährleistet sein muss, dass der Wohnungsstandard des einfachen Wohnungssegments nicht unterschritten wird. In welchen Fällen ein Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an dieser Stelle dahinstehen. Die Beklagte hat sich mit diesen Gesichtspunkten nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt, „Mietpreis“ bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in Spellbrink (Hrsg), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 88).
Auch dieses Vorgehen entspricht nicht der Rechtsprechung des BSG. Zur Bestimmung des relevanten Wohnungsmarktsegments gehört nach Stimmen in der Literatur danach die Feststellung des Wohnungsstandard, das Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung, die Wohnungsgröße und die Ausstattung der Wohnung (vgl. hierzu auch Butzer/Keller, NZS 2009, 65, 70).
Im vorliegenden Fall greift zu Lasten des Klägers auch keine konkrete, einzelfallbezogen „gedeckelte“ Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II regelt die Fälle, in denen sich die tatsächlichen Unterkunftskosten durch einen nicht erforderlichen Umzug erhöhen; Leistungen sind dann weiterhin nur in Höhe der bis zum Umzug zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen zu erbringen. Sie soll einer Kostensteigerung durch Ausschöpfung der jeweiligen örtlichen Angemessenheitsgrenzen entgegenwirken (BT-Dr. 16/1410, 23).
Die Deckelung erfasst jedoch nur den Umzug von einer Wohnung, für die ein im Rahmen der am Wohnungsmarkt anzutreffenden Spannbreite des grundsicherungsrechtlich Angemessenen liegender Mietpreis zu zahlen war, in eine teurere, aber nach diesem Maßstab ebenfalls angemessene Wohnung; eine Begrenzung auf die bisherigen Unterkunftskosten kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn vor dem Umzug Wohnraum überhaupt zu sozial- und markttypischen Bedingungen bewohnt worden ist.
Wohnt der Hilfebedürftige – wie der Kläger – vor seinem Umzug kostenlos bei seinen Eltern, ist der Anwendungsbereich des § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II nicht eröffnet (vgl. auch LSG BE-BB 07.08.2008 – L 5 B 940/08 AS ER).
Ferner erfasst die Deckelung nur Fälle eines (objektiv) nicht erforderlichen Umzugs; Die Erforderlichkeit des Umzugs ist gegeben, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsempfänger leiten lassen würde (LSG SN 4.3.2011 – L 7 AS 753/10 B ER; LSG BE-BB 10.11.2009 – L 29 AS 1196/09 B ER).
Hierbei ist insbesondere auch Art. 11 GG zu beachten. Bei an Art. 11 GG orientierter, verfassungskonformer Auslegung ergibt sich, dass ein Umzug zur Ermöglichung einer besseren Heilbehandlung bzw. fachärztlichen Erreichbarkeit durchaus die notwendige Erforderlichkeit begründen kann (vgl. hierzu auch SG Schwerin, Beschluss v. 01.05.2005 – S 10 ER 29/05 AS).
Anmerkung von Willi 2: BSG, Urteil vom 13.04.2011, – B 14 AS 32/09 R –
Hartz IV – Das Alter des Leistungsbeziehers und seine lange Wohndauer sind – auch in Kombination – keine Gründe, die gegen einen Umzug sprechen.
sozialrechtsexperte.blogspot.com
5. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch
Eine Abhandlung von Judit, Neumann, Kassel, die Autorin ist Richterin am SG Halle, z.Zt. wissenschaftliche Mitarbeiterin am BSG
Sozialrecht aktuell, Zeitschrift für Sozialberatung, – Nomos- Heft 1 2012
www.sozialrecht-aktuell.nomos.de (pdf)
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de