1. Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16.05.2012 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
1.1 – BSG, Urteil vom 16.05.2012,-B 4 AS 159/11 R –
Keine Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 S 4 SGB 2 a.F.(jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) bei zweckwidriger Verwendung der Leistungen für Unterkunft und Heizung.
§ 22 Abs. 3 SGB II findet keine Anwendung auf – fiktive – Guthaben.
Anmerkung:
Lesenswert dazu: Kann mir das wer erklären
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 10.07.2012,- L 3 AS 307/12 B ER – und – L 3 AS 308/12 B –
Auch für Leistungszeiträume ab dem 01.01.2011 kann ein Rechtsmittel auf die Überprüfung von Leistungen zu Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II beschränkt werden.
2.2 – Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2012,-L 3 AS 87/10 –
Das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz, das Strafgefangene für die erste Zeit nach der Haft ansparen, ist Einkommen, dass auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II anzurechnen ist, wenn es nach der diese Leistungen betreffenden Antragstellung ausgezahlt wird, ansonsten ist es Vermögen.
1.Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 1 StVollzG ist je nach dem Zeitpunkt des Zuflusses vor oder nach der Antragstellung als Vermögen oder als Einkommen zu berücksichtigen (Anschluss an BSG, Urteil vom 06.10.2011 B 14 AS 94/10 R).
2. Das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG fließt dem Strafgefangenen im Zeitpunkt der Auszahlung zu. Zuvor hat der Strafgefangene lediglich einen Zahlungsanspruch gegen das die Haftanstalt tragende Land, das Überbrückungsgeld ist nicht als ein zwangsweise aus den Einkünften des Gefangenen angelegtes Sparguthaben anzusehen.
3. Stellt das Überbrückungsgeld Einkommen dar, ist es als einmalige Einnahme auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen. Die besondere Zweckbindung des Überbrückungsgeldes, in den ersten 4 Wochen nach der Haftentlassung den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten zu sichern, führt nicht dazu, dass keine Verteilung erfolgt.
Anmerkung:
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.01.2012, – L 2 AS 192/09 –
Nach Antragstellung auf ALG II zugeflossenes Überbrückungsgeld für aus der Strafhaft Entlassene ist anrechenbares Einkommen.
2.3 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.07.2012,- L 15 AS 168/12 B ER –
Bezieher von Ausbildungsgeld sind vom Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II betroffen.
Auszubildende, die eine nach § 60 Abs. 1 SGB III (in der bis zum 31.03.2012 gültigen Fassung) dem Grunde nach förderfähige Ausbildung absolvieren, haben gemäß § 7 Abs. 5 SGB II auch dann keinen über die Leistungen nach § 27 SGB II hinausgehenden Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn die Ausbildung von der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 97ff SGB III a. F. gefördert und Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III a. F. gewährt wird.
Anmerkung:
Anderer Auffassung – Der Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 SGB II erfasst nicht Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen. Daran hat sich nach der Rechtslage ab 01.04.2011 nichts geändert
(vgl. z. B. Hessisches LSG, Urteil vom 24. November 2010 – L 6 AS 168/08 – Rdnr. 33; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. Juni 2011 – L 3 AS 61/11 B ER, L 3 AS 86/11 B PKH – Rdnr. 26; LSG Niedersachsen-Bremen, 7. Senat, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – L 7 AS 1235/11 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Januar 2012 – L 26 AS 2360/11 B ER – Rdnr. 12; jeweils mit weiteren Nachweisen).
2.4 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.01.2012,- L 7 AS 242/10 B –
1. Stehen die in einer Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten des Leistungsberechtigten in keinem angemessenen Verhältnis zu den Gegenleistungen der Behörde, bleibt eine Pflichtverletzung sanktionslos.
2. Ein unentgeltliches Praktikum ist keine angebotene Arbeit im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II.
2.5 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.07.2012,- L 13 AS 124/12 B ER –
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid haben nach § 86 a Abs. 1 S. 1 SGG aufschiebende Wirkung, weil keiner der in § 86 a Abs. 2 SGG genannten Ausnahmefälle gegeben ist.
1. Werden wegen mangelnder Mitwirkung des Hilfesuchenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II durch einen belastenden Verwaltungsakt versagt, so hat sich der vorläufige Rechtsschutz des Leistungsberechtigten gleichwohl ausnahmsweise an § 86b Abs. 2 SGG zu orientieren (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 8. März 2010 – L 13 AS 34/10 B ER – in: NZS 2011,115).
2. Ein Versagungsbescheid im Zwischenverfahren auf der Grundlage von § 66 SGB I ist nicht von Gesetzes wegen sofort vollziehbar im Sinne von § 39 Abs. 1 SGB II.
3. Wird ein derartiger Versagungsbescheid bestandskräftig, fehlt es an einem regelungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 1 2. Alternative SGG.
4. Anderenfalls ist im Rahmen des Anordnungsgrundes – also der Notwendigkeit für eine eilige Regelung durch das Gericht – zu prüfen, ob das Mitwirkungsverlangen des Leistungsträgers gegenüber dem Hilfesuchenden rechtmäßig und zumutbar erscheint, denn die Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse darf nur mit guten Gründen vom Verwaltungs- in ein Gerichtsverfahren verlagert werden.
Anmerkung:
Anderer Auffassung: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss vom 21.12.2011, – L 5 AS 182/11 B ER –
Gemäß § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Zu diesen Verwaltungsakten gehören auch Entscheidungen über die Versagung oder Entziehung von bereits bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I.
2.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.08.2012,- L 19 AS 879/12 B –
Von Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit ist nach § § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II ein Betrag von 100,00 EUR zur pauschalen Abgeltung der Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 SGB II als Grundfreibetrag bei Erwerbstätigkeit abzuziehen (vgl. LSG NRW Beschluss vom 08.09.2011 – L 19 AS 1304/11 B – m.w.N.).
2.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2012,- L 19 AS 734/12 B –
Gewährung von PKH für Regelsatzklage.
sozialgerichtsbarkeit.de
2.8 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.06.2012,- L 19 AS 1397/11 –
Anspruch auf Regelleistung für Alleinstehende in Höhe von 364,00 EU, weil es sich bei der Klägerin und der Zeugin nicht um Partner i.S.v. § 7 Abs. 3 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehandelt hat.
Denn zwischen ihnen hat keine auf Dauer angelegte, auf eine Ausschließlichkeit abzielende, d. h. eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art nicht zulassende Beziehung bestanden (vgl. zum Erfordernis der Ausschließlichkeit der Beziehung in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II: BSG Urteil vom 13.11.2008 – B 14 AS 2/08 R, Rn 30).
2.9 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.08.2012,- L 19 AS 1239/12 B –
Gewährung von PKH, denn beweisbelastet für den Zugang und damit die Bekanntgabe der Meldeaufforderung ist das Jobcenter, § 37 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 SGB X.
2.10 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.07.2012, – L 7 AS 275/12 B ER –
Besuchsreisen zum im Ausland lebenden Ehegatten begründen kein Mehrbedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 SGB 2.
Anmerkung:
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.06.2012,- L 3 AS 210/12 B ER –
1. Bei der Frage, ob die zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind im Ausland aufzuwendenden Kosten außergewöhnlich hoch sind, ist jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf einen Durchschnittsverdiener abzustellen.
2. Die Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem getrennt lebenden Kind sind nicht vom Träger der Grundsicherung zu übernehmen, wenn sie in dieser Höhe von einem Durchschnittsverdiener nicht aufgebracht werden könnten.
www.mjv.rlp.de
2.11 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.08.2012,- L 5 AS 454/12 B –
Keine Übernahme der Nebenkostennachzahlung durch das Jobcenter, denn eine Nebenkostenabrechnung ist nur dann geeignet, einen Nachzahlungsanspruch des Vermieters gegen den Mieter zu begründen, wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht.
Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen sind nur dann tatsächliche Aufwendungen, wenn der Anspruch wirksam entstanden ist. Ordnungsgemäß ist eine Abrechnung nur dann, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält.
2.12 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18.07.2012,- L 3 AS 148/12 B ER –
Kindergeld ist anrechenbares Einkommen, lediglich im Rahmen von § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II und § 1 Abs. 1 Nr. 8 ALG II-V ist zu klären, ob es als Einkommen beim Kindergeldempfänger oder beim Kind zu berücksichtigen ist.
Von einer Weiterleitung des Kindergeldes kann nur gesprochen werden, wenn diese zeitnah innerhalb eines Monats nach Auszahlung oder Überweisung des Kindergeldes erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 – B 8/9b SO 23/06 R –).
3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – Sozialgericht Mainz, Urteil vom 08.06.2012,- S 17 AS 1452/09 –
Angemessenheitsregelungen der Unterkunftskosten im SGB 2 und SGB XII sind verfassungswidrig.
Der Angemessenheitsbegriff zu den Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 Absatz 1 S 1 SGB II und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum schlüssigen Konzept sind nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetzes vereinbar, wie es im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (NZS 2010, 270) näher bestimmt worden ist.
Für eine Bestimmung des unterkunftsbezogenen Existenzminimums durch am einfachen Wohnstandard orientierte Mietobergrenzen fehlt es an einer den prozeduralen Anforderungen des BVerfG genügenden und hinreichend bestimmten parlamentsgesetzlichen Grundlage.
Die Kammer konkretisiert den Angemessenheitsbegriff deshalb nach Maßgabe des Grundsatzes der verfassungskonformen Auslegung in der Weise, dass unangemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II lediglich Kosten der Unterkunft sind, die deutlich über den üblichen Unterkunftskosten für der Größe und Struktur nach vergleichbare Haushalte im geografischen Vergleichsraum liegen.
Anmerkung von Rechtsanwältin Stella Schicke, Plagemann Rechtsanwälte, Frankfurt am Main
aus Beck-Fachdienst Sozialversicherungsrecht 14/2012 vom 03.08.2012
Praxishinweis
Die Entscheidung ist eine Folge des Urteils des BVerfG vom 09.02.2010 (BeckRS 2010, 47937). Regelbedarfe allein begründen nicht das menschenwürdige Existenzminimum, sondern sind neben der Unterkunft und der medizinischen Versorgung als weiteres Beispiel nur ein Bestandteil dessen.
Die bisherigen Ausführungen des BSG zu den Kosten der Unterkunft haben gezeigt, dass der Begriff der Angemessenheit grundsätzlich schwer zu fassen ist. Aufgrund des heterogenen Wohnungsmarktes besteht grundsätzlich nicht die gesetzgeberische Möglichkeit, entsprechend der Regelbedarfe auch hier pauschalierte Sätze festzulegen. Die Rechtspraxis wird nun allerdings vor die neue Herausforderung gestellt zu bestimmen, wann die Kosten einer Wohnung missbräuchlich sind. Nicht ohne Grund liegen daher die Voraussetzungen für eine Berufungszulassung vor.
3.2 – Sozialgericht Mainz, Urteil vom 12.07.2012,- S 16 AS 325/10 –
HARTZ IV Familie kann Verluste aus Vermietung nicht geltend machen- Kein Ausgleich bei Verlustgeschäften.
Anmerkung:
Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.11.2011, – L 3 AS 190/08 –
Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten war im Grundsicherungsrecht nach dem SGB II auch in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 nicht möglich (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 10. Januar 2006 – L 3 B 233/05 AS-ER – Rdnr. 31; a. A. noch Sächs. LSG, Beschluss vom 15. September 2005 – L 3 B 44/05 AS-ER – Rdnr. 37; für einen Ausschluss des Verlustausgleiches im SGB II benfalls: Hess. LSG, Beschluss vom 24. April 2007 – L 9 AS 284/06 ER – Rdnr. 31; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. März 2008 – L 28 AS 1276/07 – Rdnr. 27; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2008 – L 20 B 228/07 ER – Rdnr. 11; Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II (2. Aufl., 2008), § 11 Rdnr. 55; Geiger, in: Münder [Hrsg.], SGB II [4. Aufl., 2011], § 11b Rdnr 25; Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2011], § 11 Rdnr. 44).
3.3 – Aktuelle Rechtsprechung des Sozialgerichts Stuttgart zum SGB II
1. SG Stuttgart, Beschluss vom 18.7.2012, Az.: S 19 AS 3136/12 ER
Ein wichtiger Grund für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs kann aus berufsbedingten Gründen nur vorliegen, wenn der Antragsteller mit konkreter Gewinnerzielungsabsicht tätig war. Der selbständig tätige Hilfeempfänger ist grundsätzlich verpflichtet, die Führung seiner Geschäfte so auszurichten, dass die von ihm ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit ausreichende Erträge sowohl für seinen Geschäftsbetrieb als auch für seinen Lebensunterhalt einbringt
2. SG Stuttgart, Beschluss vom 29.6.2012, Az.: S 12 AS 3435/12 ER
In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht regelmäßig keine Eilbedürftigkeit, Leistungen für die Zeit vor der Antragstellung bei Gericht zu erhalten.
3. SG Stuttgart, Beschluss vom 22.6.2012, Az.: S 18 AS 2968/12 ER
1.Sowohl der Heizspiegel 2009 der Landeshauptstadt Stuttgart als auch der bundesweite Heizspiegel 2012 erweisen sich für die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für die Beheizung einer Wohnung mit Gaseinzelöfen und Stromradiatoren als ungeeignet
2. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind die tatsächlichen Heizkosten bei unwirtschaftlichem Heizverhalten zu übernehmen, wenn kein Datenmaterial für die Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten vorhanden ist.
4. SG Stuttgart, Urteil vom 5.6.2012, Az.: S 7 AS 2485/09
Wird eine Wohnung vor Beginn des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II mit offensichtlich bestehenden (also nicht verdeckten oder später auftretenden) Mängeln angemietet und zehn Jahre lang bewohnt, so liegt kein notwendiger Umzug vor und es ist gerechtfertigt, nur die bis zum Umzug zu tragenden angemessenen Aufwendungen weiter zu zahlen.
5. SG Stuttgart, Beschluss vom 8.3.2012, Az.: S 15 AS 925/12 ER
Bei einem Pflichtteilsverzichtsvertrag handelt es sich weder um einen „Vertrag zu Lasten Dritter“, noch ist die Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichts damit zu begründen, dass der Hilfebedürftige seine Hilfebedürftigkeit durch den Verzicht mit Schädigungsabsicht zu Lasten des Leistungsträgers aufrecht erhält. Der Pflichtteilsverzicht ist regelmäßig kein geeignetes Mittel, um zu Lasten des Leistungsträgers zu handeln
6. SG Stuttgart, Beschluss vom 20.2.2012, Az.: S 25 AS 796/12 ER
Eine Übernahme von Schulden zur Abwendung einer drohenden Wohnungslosigkeit durch das Jobcenter setzt voraus, dass die begehrte Schuldenübernahme zur Sicherung der bisherigen Unterkunft überhaupt geeignet ist. Mietschulden aus einem separaten Garagenmietvertrag sowie Prozess- und Anwaltskosten des Vermieters stellen jedenfalls keine übernahmefähigen Mietschulden dar.
7. SG Stuttgart, Urteil vom 12.12.2011, Az.: S 18 AS 8899/08
1. Die Festsetzung einer Angemessenheitsgrenze für Heizkosten kann nicht unter Zugrundelegung von Durchschnittswerten erfolgen.
2. Das Computerprogramm „Heikos“ ist für die Ermittlung eines Grenzwertes für angemessene Heizkosten ungeeignet.
3. Heizkosten sind bis zur Grenze des sich unter Anwendung des bundesweiten Heizspiegels (bei Fehlen eines regionalen Heizspiegels) ergebenden Wertes für „extrem hohen“ bzw. „zu hohen“ Heizenergieverbrauch zu übernehmen.
8.SG Stuttgart, Urteil vom 22.9.2011, Az.: S 3 AS 1942/09
Eine Laktoseintoleranz rechtfertigt in der Regel keinen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung.
9. SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 20.7.2011, Az.: S 14 AS 6758/10
Rückzahlungen aus der Heizkostenabrechnung mindern die vom Jobcenter im Folgemonat zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung auch dann, wenn das Guthaben auf Abschlagszahlungen aus der Zeit vor Beginn des Leistungsbezuges beruht.
www.sg-stuttgart.de
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de