Sozialgericht Hildesheim – Urteil vom 22.04.2013 – Az.: S 37 AS 1801/12

URTEIL

In dem Rechtsstreit
1. xxx,
2. xxx,
3. xxx,
Kläger,
Proz.-Bev.:zu 1-3: Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

Landkreis xxx,
Beklagter,

hat das Sozialgericht Hildesheim – 37. Kammer – auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2013 durch den Vorsitzenden, Richter xxx sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx, für Recht erkannt:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. November 2012 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern auf die Kosten für Unterkunft und Heizung weitere 36,75 € monatlich zu gewähren.

3. Der Beklagte hat den Klägern die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere über die Frage, ob bei Anwendung der Wohngeldtabelle ein 10%tiger Sicherheitszuschlag zu gewähren ist.

Die Kläger stehen gemeinsam mit der Ehefrau des Klägers zu 1., Frau xxx, im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine 120 qm große Wohnung in der xxx in Bilshausen, in die sie im April 2006 eingezogen waren. Die Miete beläuft sich auf monatlich 500,00 EUR zzgl. Nebenkosten i.H.v. 70,00 EUR. Beheizt wird die Wohnung über einen Holzofen. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt über Strom.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 informierte der Beklagte den Kläger zu 1. darüber, dass der mit Bescheid vom 19. Mai 2011 übernommene KdU-Betrag in Höhe von 420,75 € unter Zugrundelegung eines Mietbetrages von 561,00 € nur noch übergangsweise übernommen werden könne, längstens für sechs Monate. Im Falle der Kläger sei bei einem 4-Personen-Haushalt im Bereich Bislhausen ein Betrag in Höhe von 490,00 € bzw. unter Zugrundelegung von drei Personen ein anteiliger Betrag in Höhe von 367,50 € und eine Wohnfläche von 85 qm als angemessen anzusehen.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern und Frau xxx für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1408,40 €. Er berücksichtigte hierbei einen angemessenen Mietbetrag von 490,00 €, von dem 367,50 € als anteiligen Bedarf der Kläger zu 1. bis 3. anerkannte.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 17. Oktober 2012 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass bei einer Orientierung, wie von dem Beklagten vorgenommen, an § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% zu gewähren sei, so dass den Klägern ein höherer Anspruch zustehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 habe der Kreistag beschlossen, dass für Leistungsberechtigte nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2011 die seit dem 1. Januar 2009 geltende Wohngeldtabelle zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze für die KdU anzuerkennen sei. Unter Zugrundelegung der Wohngeldtabelle ergebe sich ein Wert in Höhe von 490,00 € für vier Personen, anteilig 367,50 € für drei Personen.

Am 12. November 2012 haben die Kläger vor dem Sozialgericht Hildesheim Klage erhoben, mit der sie die Gewährung höherer KdU unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10% zu den Werten von § 12 WoGG weiterverfolgen.

Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 15. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. November 2012 zu verurteilen, den Klägern weitere 36,75 € monatlich auf die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf ein Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 4. November 2011 zum Az.: S 21 AS 2011/09, aus dem sich ergebe, dass das Bundessozialgericht über die Gewährung eines Sicherheitszuschlages auch im Falle von § 12 WoGG noch nicht entschieden habe. Der Beklagte gehe davon aus, dass in Bezug auf den Wohnort der Kläger seit Inkrafttreten der neuen Werte aus § 12 WoGG auf dem Wohnungsmarkt durchaus Wohnraum innerhalb der in den streitgegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenzen für KdU für einen 4-Personen-Haushalt im Bereich der Gemeinde Bilshausen von monatlich 490,00 € vorhanden gewesen sei. Dies ergebe sich aus einer Auswertung des Beklagten von Inseraten aus den Zeitungen „Göttinger Tageblatt“, „Hann.Mündener Allgemeine“ und „Blick“ (wegen der weiteren Einzelheiten diesbezüglich wird Bezug genommen auf Bl. 42 der Prozessakte). Auch ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R -, dass das BSG einem maßvollen Zuschlag bei den Tabellenwerten zu § 12 WoGG nicht zuneige, da es in dem Urteil wörtlich heiße „diese werden dann wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 WoGG bzw. nunmehr § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt.“ Aus der Formulierung im Urteil des BSG sei zu schlussfolgern, dass lediglich zu den Tabellenwerten zu § 8 WoGG ein Zuschlag zu gewähren sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses sowie des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Prozessakte, die vorlagen, und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 15. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. November 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1, 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)); die Kläger haben gem. §§ 7, 19, 20, 22 SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum einen weitergehenden Anspruch für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 36,75 EUR.

Der Bedarfsgemeinschaft stehen insgesamt für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013 Unterkunftskosten in Höhe von 539,00 EUR anstatt der vom Beklagten bewilligten 490,00 EUR zu. Hieraus ergibt sich für die Kläger ein Anspruch auf weitere 36,75 EUR monatlich.

Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft ergibt sich zunächst nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach solche den Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Betrag übersteigende Aufwendungen für die Unterkunft zu übernehmen sind, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, ihre Aufwendungen zu senken, längstens aber für sechs Monate. Die Kläger hatten spätestens aufgrund des Bescheides vom 02.12.2011 davon Kenntnis, dass der Beklagte die Kosten der Unterkunft der Kläger nicht als angemessen erachtet. Zwar hatte er in diesem Bescheid lediglich einen Betrag in Höhe von 367,50 EUR als angemessene Unterkunftskosten anerkannt, während er in dem hier angegriffenen Bescheid einen Betrag in Höhe von 490,00 EUR als angemessen erachtet hat. Diese Abweichung zugunsten der Kläger führt aber nicht dazu, dass der Beklagte zunächst eine neue Kostensenkungsanforderung bezüglich des zugunsten der Kläger abweichenden Betrages hätte an diese richten müssen.

Anspruchsgrundlage für die Leistungen der Kläger ist aber § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Die Angemessenheit der Unterkunftskosten (Kaltmiete und kalte Nebenkosten) ist nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R -) in mehreren Schritten zu prüfen:

Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die vom Hilfebedürftigen beziehungsweise von der Bedarfsgemeinschaft gemietete Wohnung aufweist. Bei der Wohnungsgröße ist jeweils auf die landesrechtlichen Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung abzustellen. Grundlage für die Bestimmung der Wohnungsgröße ist § 10 des Gesetzes über die Wohnraumförderung vom 13. September 2001 (WoFG, BGBl. 2376). Danach können Länder in geförderten Mietwohnungen die Anerkennung von bestimmten Grenzen für Wohnungsgrößen nach Grundsätzen der Angemessenheit regeln. Hierbei erlassen die einzelnen Bundesländer Richtlinien. In Niedersachsen findet sich die Richtlinie zur Durchführung der sozialen Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderbestimmungen – WFB -) vom 01.09.2011, gütig ab dem 01.01.2012. Gem. Ziffer B Nr. 7 a) dieser Bestimmungen gilt bei Mietwohnungen für vier Haushaltsmitglieder eine Wohnfläche von 85 qm als angemessen. Die von den Klägern bewohnte Wohnung ist mit einer Fläche von 120,00 qm zu groß. Es kommt daher darauf an, ob die Miete nach abstrakten Überprüfungskriterien angemessen ist.

In einem zweiten Schritt ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Angemessen sind nämlich die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildenden Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe der in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend, weil ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, im Regelfall von ihm nicht verlangt werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R -).

Der Grundsicherungsträger hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ein schlüssiges Konzept zu erstellen, welches nach dem Urteil des genannten Gerichtes vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – folgende Kriterien aufzuweisen hat:

• die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
• es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße,
• Angaben über den Beobachtungszeitraum,
• Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
• Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
• Validität der Datenerhebung,
• Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
• Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Ein solches schlüssiges Konzept existiert für den Raum Bilshausen/Duderstadt/Göttingen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Insbesondere genügen die Auswertungen des Beklagten aus den Inseraten in den Zeitungen „Göttinger Tageblatt“, „Hann. Mündener Allgemeine“ und „Blick” weder unter dem Gesichtspunkt der Repräsentativität der eingezogenen Daten noch der Validität der Datenerhebung den o.g. Anforderungen.

Ein in diesem Fall heranziehbarer Mietspiegel bzw. eine Mietdatenbank i. S. von §§ 558c u. 558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) liegt für Bilshausen ebenfalls nicht vor.

In Gemeinden, in welchen kein Mietspiegel vorhanden ist, ist es zulässig, auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle abzustellen, wenn dem Gericht für den örtlichen Wohnungsmarkt keine weiteren Erkenntnisquellen oder Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R; Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. April 2007 – L 7 AS 494/05). So verhält es sich hier. Insbesondere bieten die von dem Beklagten gesammelten Zeitungsinserate keine hinreichende, weitere Erkenntnisquelle in dem vorgenannten Sinn. Mit Entscheidung vom 22.03.2012 hat das Bundessozialgericht anerkannt, dass auf die Werte der Rechten Spalte des bis zum 31.12.2012 geltenden § 8 WoGG ein Sicherheitszuschlag von 10 Prozent zu gewähren ist. Insoweit hat es ausgeführt:

„Der Sinn und Zweck des WoGG liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen (vgl Stadler/Gutekunst/ Dietrich/Fröba, WoGG, Loseblatt, 65. Lfg Mai 2011, § 12 RdNr 13). Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum (vgl § 1 WoGG aF). Die Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete, den Haushaltsmitgliedern und dem Einkommen. Übersteigt die tatsächliche Miete den in § 8 WoGG festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Die iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist.

Bei der Bestimmung des Zuschlages ist daher zu beachten, dass es sich nicht um eine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt, die dem LSG unter Beachtung der Verhältnisse des regionalen Wohnungsmarktes obliegt, handelt. Vielmehr ist er unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien festzulegen. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil gerade erst der Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet zur Anwendung von § 8 WoGG führt. Bereits durch die jeweiligen im WoGG verankerten Mietenstufen fließen regionale Unterschiede in die Bestimmung der zu übernehmenden Kolli ein. In Anbetracht dessen erachtet der Senat für die Tabellenwerte des § 8 WoGG (rechte Spalte) einen Zuschlag in Höhe von 10 % als angemessen, aber auch ausreichend (vgl BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; ebenfalls 10 % bejahend: LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 24.4.2007 – L 7 AS 494/05; Urteil vom 11.3.2008 – L 7 AS 332/07; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 26.5.2010 – L 12 <20> SO 37/07; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 26.8.2010 – L 5 AS 4/08; Hessisches LSG Urteil vom 20.12.2010 – L 9 AS 239/08; LSG Sachsen Anhalt Urteil vom 3.3.2011 – L 5 AS 181/07; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 30.9.2011 – L 3 AS 17/09; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.12.2011 – L 25 AS 1711/07).“

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist die Kammer der Überzeugung, dass aufgrund des weiterhin unveränderten abweichenden Zwecks des nunmehr einschlägigen § 12 WoGG auch auf diesen ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 Prozent angemessen und erforderlich ist. Soweit gegen einen Sicherheitszuschlag vereinzelt eingewendet wird, dass durch § 12 WoGG nunmehr die „argumentativ herbeigezogene Gefahr“, dass durch die Werte in § 8 WoGG a.F. nicht die elementaren Bedürfnisse auf Sicherung des Wohnraumes gesichert sein könnten, gebannt sein dürfte, weil § 12 WoGG den Werten der rechten Spalte von § 8 WoGG a.F. plus 10 Prozent entspreche (SG Bremen, Urt. v. 04.11.2011 – S 21 AS 1011/09 zit. nach juris, Rn.19), vermag die erkennende Kammer dem nicht zu folgen. Denn die Argumentation des Sozialgerichts Bremen suggeriert, dass (ausreichende) Erkenntnisse über den aktuellen Mietwohnungsmarkt vorhanden seien, was aber gerade nicht der Fall ist. Insoweit lässt sich schlichtweg nicht beurteilen, ob auch die in § 12 WoGG genannten Werte ausreichend sind. Dies gilt umso mehr, als die in § 8 WoGG a.F. Beträge seit Inkraftreten der Norm im Jahr 2005 unverändert geblieben sind. Auch bei § 12 WoGG ist festzustellen, dass er nicht bezweckt,  die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen  (BSG, Urt. v. 22.03.2012 – B 4 AS 16/11 R zit. nach juris). Soweit das Sozialgericht Bremen dagegen einwendet, dass eine unterschiedliche Behandlung von Wohngeldempfängern und SGB II-Empfängern  „nicht hinnehmbar“ erscheine und zudem durch die Anerkennung eines Sicherheitszuschlages die Gefahr bestehe, dass sich „die Vermieter [..] sich an das geltende Niveau der Leistungsträger anpassen“, sind dies politische Erwägungen (SG Bremen, Urt. v. 04.11.2011 – S 21 AS 1011/09 zit. nach juris, Rn. 20, 24). Zudem trifft die letztgenannte These auch nur dann zu, wenn die in § 12 WoGG genannten Beträge tatsächlich hinreichend die aktuellen Mieten widerspiegeln, was – wie bereits angeführt – in Ermangelung von näheren validen und repräsentativen Erkenntnissen nicht hinreichend sicher beurteilt werden kann.

Insoweit hält die Kammer auch einen 10-prozentigen Sicherheitsaufschlag auf die Werte des § 12 WoGG für angebracht (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 07.07.2011 – L 9 AS 411/11 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 21.11.2011 – L 11 AS 1063/11 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 12.08.2011 – L 15 AS 173/11 B ER – mit Bezug auf den Beschluss des 7.  Senats des LSG Niedersachsen-Bremen vom 13.07.2011 (L 7 AS 1258/09 B ER); SG Hildesheim, Beschl. 18.05.2012 – S 15 AS 1355/11 PkH -; SG Hildesheim, Urt. v. 27.08.2012 – S 37 AS 1354/11 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.05.2011 – L 7 AS 165/11 B -; SG Fulda, Urt. v. 27.01.2010 – S 10 AS 53/09 -; SG Karlsruhe, Urt. v. 29.03.2010 – S 16 AS 1798/09 -; SG Dresden, Urt. v. 21.12.2010 – S 29 AS 6486/10 -; SG für das Land Saarland, Urt. v. 12.01.2011 – S 12 AS 480/09 -; SG Detmold, Urt. v. 04.04.2011 – S 10 AS 54/08 -; SG Landshut, Urt. v. 07.02.2012 – S 10 AS 294/11 -).

Bilshausen gehört nach den Zuordnungsmerkmalen der Tabelle zu § 12 WoGG zu den Gemeinden mit Mieten der Stufe 1 (Kreis Göttingen). Für einen 4-Personen-Haushalt ist ein Höchstbetrag einschließlich Nebenkosten ohne Heizung von 490,00 € monatlich vorgesehen. Bei Erhöhung des Wertes um 10% ergibt sich ein Wert von 539,00 €. Die Kläger haben daher einen Anspruch auf Übernahme der anteilig tatsächlich von ihnen zu tragenden Unterkunftskosten in Höhe von weiteren 36,75 EUR monatlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.