Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 35/2013

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 23.08.2013 zur Sozialhilfe (SGB XII)

1.1 – BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 7/12 R –

Sozialhilfeträger muss gegenüber den Erben bei der Geltendmachung der Erbenhaftung Ermessen ausüben.

Zwar ist der Sozialhilfeträger berechtigt, bei einer Erbengemeinschaft, von jedem Miterben als Gesamtschuldner im Wege der Erbenhaftung den gesamten Forderungsbetrag geltend zu machen; insoweit ist die Erbenhaftung auch nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Erblasser bereits zum Zeitpunkt der Sozialhilfegewährung Inhaber des Vermögens war, das bei Eintritt des Erbfalls vorhanden war.

Jedoch hat der Sozialhilfeträger regelmäßig Ermessen auszuüben, welchen Gesamtschuldner und in welcher Höhe er von diesem Kostenersatz verlangt. Dies hat die Behörde verkannt.

Quelle: Terminbericht des BSG Nr. 42/13 vom 26.08.2013. Der Terminbericht befindet sich hier: juris.bundessozialgericht.de

1.2 – BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 24/11 R

Bei der Erstattung der Kosten für einen behindertengerechten Umbau eines Pkw als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII darf der Sozialhilfeträger nicht auf § 8 Eingliederungshilfe-Verordnung verweisen, weil der nur für die Beschaffung eines Kfz, nicht aber für dessen Umbau, anwendbar ist.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass den Bedürfnissen nicht behinderter Menschen individuell Rechnung zu tragen ist (§ 9 SGB XII).

Es hätte deshalb geprüft werden müssen, ob die Behinderte unter Berücksichtigung all ihrer gesellschaftlichen Aktivitäten auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel hätte verwiesen werden dürfen.

Dabei ist der nicht behinderte Mensch der Maßstab für die Entscheidung, und nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB XII umfasst die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft auch ein gesellschaftliches Engagement.

Ggf ist danach die Prüfung erforderlich, ob die Antragstellerin überhaupt unter Berücksichtigung ihres Einkommens und Vermögens bedürftig war. Dies gilt in besonderer Weise im Hinblick auf die ihr für die Anschaffung und den Umbau des Pkw bewilligten Zuwendungen von Stiftungen überwiegend als Zuschuss.

Quelle: Terminbericht des BSG Nr. 42/13 vom 26.08.2013. Der Terminbericht befindet sich hier: juris.bundessozialgericht.de

2.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen, Urteil vom 29.05.2013 – L 13 AS 268/11

Beschlüsse zum Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II eingestellt

Das Bestehen eines partnerschaftlichen Zusammenlebens in einer Beziehung zeichnet sich dadurch aus, dass es auf Ausschließlichkeit und auf eine gewisse Dauer angelegt ist, und daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art und Intensität zulässt (vgl. BSG vom 23. August 2012 – B 4 AS 34/12 R), sowie dass die rechtlich zulässige Möglichkeit einer Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft besteht.

Hingegen trifft es nicht zu, dass unter dem Rechtsbegriff „Partner“ zwei Personen bereits dann zu erfassen sind, wenn sie grundsätzlich heiraten könnten oder eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eingehen könnten, denn hierbei handelt es sich lediglich um ein Element einer möglichen Partnerschaft, deren Kern indes durch das Zusammenleben im Sinne eines „Zusammenseins“ bzw. „Sich-zueinander-Bekennens“ von gewisser Dauer und Intensität, unter Einschluss der genannten Ausschließlichkeit, geprägt ist. Auf die positive Feststellung dieser für die Annahme einer Partnerschaft unverzichtbaren Elemente kann nicht unter bloßem Hinweis auf die rechtlich bestehende Möglichkeit einer Eheschließung verzichtet werden.

Eine Partnerschaft zeichnet sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nämlich dadurch aus, dass sich ihre Mitglieder zueinander in dem Sinne bekennen, der jeweils andere sei „die Partnerin bzw. der Partner“ oder „die Freundin oder der Freund“, man sei „zusammen“ oder lebe in einer Beziehung oder dergleichen mehr.

Wesensimmanent ist das all diesen Bezeichnungen zugrunde liegende Bekenntnis zueinander, wobei es freilich nicht entscheidend ist, was die Beteiligten Dritten oder gar Behörden gegenüber auf Nachfrage angeben, sondern wie ihr Verhältnis zueinander, im Sinne eines objektiven Tatbestandsmerkmals, tatsächlich ausgestaltet ist.

„Das Risiko der Nichterweislichkeit des Vorliegens dieser tatsächlichen Voraussetzung des Bestehens einer Partnerschaft geht nach der allgemeinen Grundregel zu Lasten des Leistungsträgers nach dem SGB II, da dieser aus dem Umstand des Vorliegens einer Partnerschaft für sich günstige Rechtsfolgen herleiten möchte. “

Quelle: Sozietät Beier & Beier Rechtsanwaltskanzlei, 28239 Bremen. Der internetauftritt der Kanzlei und das Urteil befinden sich hier: www.kanzleibeier.de

2.2 – LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2013 – L 14 AS 3133/12 B ER

Leitsätze von Dr. Manfred Hammel, Caritasverband für Stuttgart e. V.

Eine Schwangerschaft allein berührt die Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB II nicht. Bei einem regulären Verlauf der Schwangerschaft liegt kein regelwidriger Körperzustand und damit nicht einmal eine Arbeitsunfähigkeit vor.

Die den Angehörigen der EU-Mitgliedsstaaten durch Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zuerkannte Niederlassungsfreiheit schließt die Ausübung von Prostitution als selbstständige Tätigkeit, für die es keiner amtlichen Erlaubnis bedarf, ein. Es bedarf hier auch keine Einbindung in eine „feste Einrichtung“, um sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen zu können, denn im Bundesgebiet sich rechtmäßig aufhaltende Personen sind in Bezug auf diese Rahmenbedingungen frei.

2.3 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01.08.2013 – L 6 AS 378/13

Die Rechtsfrage, ob die Anrechnung von zugeflossenem Elterngeld auf die Leistungen nach dem SGB II gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier ab 1. Januar 2011 maßgeblichen Fassung verfassungsgemäß ist, erscheint im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als geklärt im Sinne einer Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung.

Die Frage, ob die Ungleichbehandlung solcher Leistungsberechtigter nach dem SGB II, die vor der Geburt des Kindes erwerbstätig waren und bei denen das Elterngeld bis zu 300 EUR nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, und solcher Leistungsberechtigter nach dem SGB II, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren und bei denen das Elterngeld vollständig auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, erscheint nach der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht nicht mehr klärungsbedürftig.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Gleicher Auffassung – SG Lüneburg, Urteil vom 16.04.2013 – S 31 AS 132/11 und Thüringer LSG, Beschluss vom 09.04.2013 – L 4 AS 1601/12 B.

2.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.08.2013 – L 19 AS 766/13 B ER rechtskräftig

Auf EU-Bürger (hier bulgarische Staatsangehörige) ohne Aufenthaltsgrund findet der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nach seinem Wortlaut keine Anwendung – Verneinung des Anordnungsgrundes im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismus zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes wegen Mietrückständen verfassungsrechtlich unbedenklich

1. Der Senat hat seine bisherige Rechtsprechung, nach der bei EU-Bürgern ohne Aufenthaltsgrund i.S.d. FreizügG/EU ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II nicht vorliegen kann (so noch Beschluss des Senats vom 18.04.2013 – L 19 AS 362/13 B ER), im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R, Rn, wonach bei einem EU-Bürger bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 6 FreizügG/EU über den Verlust des Rechts zur Einreise und auf Aufenthalt ein zukunftsoffener Aufenthalt i.S.v. § 30 SGB I unabhängig vom Vorliegen eines Aufenthaltsgrundes i.S.d. FreizügG/EU gegeben ist, bereits ausdrücklich aufgegeben (Beschluss vom 19.07.2013 – L 19 AS 942/13 B ER).

2. Ein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung des Jobcenters zur Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht, weil die Unterkunft der Antragstellerinnen aktuell nicht gefährdet ist, eine solche Gefährdung ist in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen.

Nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage bleiben gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB noch zwei Monate Zeit, den Verlust der Wohnung abzuwenden, denn die auf Mietrückstände gestützte Kündigung wird unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (hierzu Beschlüsse des Senats vom 19.07.2013 – L 19 AS 942/13 B ER – und 29.02.2012 – L 19 AS 2254/11 B ER – m.w.N; siehe auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30.07.2007 – 1 BvR 535/07, wonach die Verneinung des Anordnungsgrundes im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismus zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes wegen Mietrückständen verfassungsrechtlich unbedenklich ist; abweichend LSG Bayern Beschluss vom 19.03.2013 – L 16 AS 61/13 B ER).

3. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ist als Regelung, die von existenzsichernden Leistungen ausschließt, eng auszulegen. Es muss positiv festgestellt werden, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik zusteht (BSG Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54712 R). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

4. Auf EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund findet der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nach seinem Wortlaut keine Anwendung. Dieser stellt allein auf das Recht zur Arbeitsuche ab (in diesem Sinne auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 25.03.2013 – L 31 AS 362/13 B ER). Auch kann die Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass EU-Bürger ohne Aufenthaltsgrund im Hinblick auf den Leistungsausschluss „erst recht“ mit EU-Bürgern, die sich zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik aufhalten, gleichgestellt werden müssen. Gegen eine solche erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung spricht schon der Ausnahmecharakter des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, weshalb auch das BSG – wie ausgeführt – die positive Feststellung eines Rechts allein zur Arbeitsuche fordert.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Ebenso Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.07.2013 – L 19 AS 942/13 B ER

2.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.08.2013 – L 19 AS 1399/13 B ER/ L 19 AS 1400/13 B – rechtskräftig

Bei selbst genutztem Wohnungseigentum zählen Schuldzinsen zu den berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VO zu § 82 SGB XII, zu dessen Anwendbarkeit bei der Bestimmung der Unterkunftskosten bei selbst genutztem Wohneigentum BSG Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 51/10 R), grundsätzlich aber keine Tilgungsleistungen.

1. Denn die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen, unabhängig davon welcher Zweck mit der Vermögensbildung verfolgt wird.

2. Bei dem Miteigentumsanteil der Leistungsbezieherin handelt es sich zwar aufgrund der Größe des Hauses um ein geschütztes Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II, jedoch bezwecken die Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht den Schutz bzw. die Sicherung eines solchen Vermögens. Vielmehr ist ein Eigentümer ebenso wenig wie ein Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (BSG Urteil vom 07.07.2011 – B 14 AS 79/10 R).

3. Tilgungsleistungen sind nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 7.11.2006 – B 7b AS 2/05 R -, 18.02.2010 – B 14 AS 74/08 R, 07.07.2011 – B 14 AS 79/10 R, und 22.08.2012 – B 14 AS 1/12 R) nur bei Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalls zu übernehmen, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist.

4. Auch die von der Leistungsbezieherin geltend gemachte Abrede mit ihrem geschiedenen Ehemann hinsichtlich der Finanzierung der Immobilie, wonach sie sämtliche Finanzierungskosten gegen die alleinige Nutzung der Immobilie ohne Zahlung einer Nutzungsentschädigung an den Ehemann übernimmt, begründet keinen Anspruch auf Übernahme der im Betrag von 500,00 EUR enthaltenen Tilgungsleistungen als berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten (vgl. BSG Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 1/12 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.08.2013 – L 7 AS 1402/13 B rechtskräftig

Klage gegen die wegen eines Meldeversäumnisses verhängte Sanktion hat Aussicht auf Erfolg.

Denn erschien der Leistungsempfänger mehrfach nicht zu Meldeterminen und legte stets Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, war es zulässig und auch notwendig, mit der Einladung ausführlich darauf hinzuweisen, dass nunmehr „Terminunfähigkeit“ bescheinigt werden müsse, um als wichtiger Grund anerkannt zu werden.

Der Jobcenter hat zugleich damit auch eine Zusage für die Übernahme der Kosten der „Terminunfähigkeitsbescheinigung“ verbunden.

Jedoch fehlt zum einen in dem der Einladung beigefügten Hinweisblatt des Jobcenters die Information, dass einerseits der Nachweis nicht nur durch ein Attest des behandelnden Arztes, sondern auch durch Zeugenbeweis möglich ist.

Zum anderen obliegt dem Sozialgericht die Verpflichtung, Berichte des/der behandelnden Arztes/Ärzte und ggf. ein ärztliches Gutachten einzuholen, um im Rahmen einer ex-post-Betrachtung zu ermitteln, ob der Kläger gesundheitsbedingt nicht in der Lage war, zu dem Meldetermin zu erscheinen (LSG NRW, Beschluss vom 03.04.2013 – L 7 AS 108/13).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Gleicher Auffassung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.04.2013 – L 7 AS 108/13 B

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – SG Braunschweig, Beschl. v. 10.05.2013 – S 17 AS 189/13 ER

Leitsätze von Dr. Manfred Hammel, Caritasverband für Stuttgart e. V.

Bei der Meldung bei einer Eingliederungsmaßnahme gemäß den §§ 16 ff. SGB II handelt es sich um keinen entsprechend § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 2 SGB III zulässigen Zweck.

Die Nichtteilnahme an einer solchen Maßnahme kann einzig nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II sanktioniert werden.

Ein gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassener Eingliederungsverwaltungsakt hat inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein (§ 33 Abs. 1 SGB X), d. h. ein Jobcenter muss hier insbesondere den Ort der Maßnahme und die Uhrzeit des Beginns dem einzelnen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gegenüber jeweils genau angeben.

3.2 – Sozialgericht Dresden, Urteil vom 06.08.2013 – S 38 AS 1793/13 – Die Berufung wird zugelassen

Die Anpassung der Wohnkosten muss auch in den Fällen des § 22 Abs. 1 S.2 SGB II a.F.(Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt) erfolgen.

Aus dem Wortlaut der Norm in ihrer alten Fassung kann nicht eine starre Deckelung folgen, die eine Anpassung an auch beim Verbleib in der alten Wohnung erfolgte Veränderungen ausschließt. Der Begriff „Höhe“ bezeichnet ein dynamisches Leistungsniveau, nicht einen statischen Zahlbetrag.

Der vor dem Umzug anerkannte angemessene Betrag ist entsprechend der zeit- und realitätsgerechten Fortschreibung der Angemessenheitsgrenze zu dynamisieren. Maßgeblich ist dabei, wie sich die Unterkunftskostenbelastung bei Verbleib in der bisherigen Unterkunft entwickelt hätte, so dass mit zunehmender Entfernung zum Umzug die Ausgangsgröße oder erwartbaren Mieterhöhungen und Betriebskostensteigerungen anzupassen sind.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 05.06.2013 – L 9 SO 46/13 B ER

Leitsätze von Dr. Manfred Hammel, Caritasverband für Stuttgart e. V.

Keine Finanzierung einer Rollstuhlverladehilfe als eine Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII), sofern es einer behinderten Antragstellerin (jedenfalls für eine Übergangszeit) zuzumuten und gewichtsmäßig möglich ist, ihren Rollstuhl in Einzelteilen in ihren Pkw zu heben bzw. Vertrauenspersonen zu bitten, ihren Rollstuhl in ihr Kraftfahrzeug zu verbringen.

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – SG Oldenburg, Urt. v. 12.04.2013 – S 21 SO 15/08

Leitsätze von Dr. Manfred Hammel, Caritasverband für Stuttgart e. V.

Zum Vorrang der ambulanten gegenüber der vollstationär geleisteten Pflege aus persönlichen Gründen entsprechend § 13 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB XII bei einer schwerstbehinderten, pflegebedürftigen Person.

Der vom Sozialhilfeträger vorgetragene Einwand des Entstehens unverhältnismäßiger Mehrkosten im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII kann nur dann greifen, wenn für den behinderten Hilfesuchenden tatsächlich ein geeigneter Platz in einer Einrichtung konkret zur Verfügung steht. Die Beweislast dafür, dass einem Hilfefall in anderer Weise als vom Hilfesuchenden gewünscht in ausreichender Form entsprochen werden kann, trägt der Sozialhilfeträger.

6.   Entscheidungen zum Asylrecht

6.1 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.08.2013 – L 8 AY 3/13 B ER rechtskräftig

Die Regelungen in § 1a AsylbLG sind nicht verfassungswidrig (vgl. z.B. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Dezember 2012 – L 12 AS 2232/12 B).

1. Die grundsätzliche Verpflichtung des Leistungsträgers, auch bei den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1a AsylbLG ungekürzte Leistungen zu erbringen, ist nicht allein im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung zu erreichen (a.A. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Februar 2013 – L 15 AY 2/13 B ER ; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. März 2013 – L 3 AY 2/13 B ER).

2. Bei der Regelung in § 1a AsylbLG stehen gerade keine (allgemeinen) migrationspolitischen Erwägungen im Vordergrund, die alle Leistungsberechtigten gleichermaßen betreffen (wie hier z.B. Deibel, Sozialrechtaktuell 3/2013, 103 (110) und im Ergebnis Hohm, Kommentar zum AsylbLG, § 1a RdNr. 15). Vielmehr geht es bei der Regelung in § 1a AsylbLG um Sanktionen im Einzelfall (wie hier im Ergebnis auch LSG Thüringen, Beschluss vom 17. Januar 2013 – L 8 AY 1801/12 B ER ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. März 2013 – L 8 AY 59/12 B ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Ebenso – aktuell z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.07.2013 – L 23 AY 10/13 B ER

7.   Agentur für Arbeit zahlt nicht aus – Zehntausende Eltern warten monatelang auf ihr Auslandskindergeld

Bei der Zahlung des sogenannten Auslandskindergelds gibt es Probleme. Bundesweit warten Zehntausende Familien drei Monate oder länger auf die Zahlungen. Schuld soll eine Neuorganisation der Familienkasse sein.

Quelle: www.wiwo.de

8.   LSG Nordrhein-Westfalen: Krankengeld auch bei Krankschreibung am letzten Arbeitstag

Arbeitnehmer, die am letzten Tag ihres Arbeitsverhältnisses von einem Arzt krankgeschrieben werden, erhalten ab dem Folgetag Krankengeld, auch wenn mit dem Arbeitsverhältnis die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld endet (Urteil vom 14.7.2011 – L 16 KR 73/10).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das LSG NRW die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Die Revision ist auch eingelegt worden (Aktenzeichen des Bundessozialgerichts B 1 KR 19/11 R), das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen, hier zur Pressemitteilung des LSG NRW: www.justiz.nrw.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de