Im Oktober 2012 hatte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eine vielfach kritisierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012 aufgehoben (Az.: 5 K 1026111.KO) und damit die rechtswidrige Methode des sog. “racial profiling” bundesweit bekannt gemacht. Damals war es um eine bundespolizeiliche Kontrolle von Menschen einzig anhand der Hautfarbe gegangen. Nun hat sich das VG Koblenz mit einer neuen Entscheidung zum “racial profiling” geäußert. In einem Urteil vom 21.08.2013 ( Az.: 5 K 832/12.KO) hat das Gericht die Klage einer Frau abgewiesen, die damit erreichen wollte, dass ein gegen sie ausgesprochener Platzverweis als rechtswidrig festgestellt werden sollte. Gegen das Urteil wurde am 19.09.2013 Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt.
Die 28-jährige hatte zusammen mit einer Begleiterin am 05.05.2012 im Kasseler Hauptbahnhof zwei Bundespolizisten beobachtet, wie sie zielgerichtet Personen offensichtlich einzig wegen ihrer Hautfarbe nach den Personalien befragten. Da beide Frauen diese Vorgehensweise als rassistisch empfanden, beobachteten sie die Kontrolle aus nächster Nähe. Die Bundespolizisten reagierten mit einem Platzverweis und führten die Klägerin im sog. Polizeigriff hinaus.
In einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz widersprachen sich die Aussagen der Beamten sowie die der beiden Frauen und des Betroffenen der Kontrolle, der von beiden Parteien als Zeuge benannt worden war. Das Gericht wertete sämtliche Aussagen der Bundespolizisten als besonders glaubhaft, während es die wesentlichen Aussagen der Klägerin und des weiteren Zeugen als unglaubwürdig darstellte.
“Ich habe selten eine derart einseitige Beweiswürdigung lesen müssen” kommentiert Rechtsanwalt Sven Adam, der die Klägerin juristisch vertritt, die Ausführungen des VG Koblenz. Trotz verfahrenswichtiger Aussagen der vernommenen Personen hat das Gericht in der Verhandlung zudem etliche Anträge auf Protokollergänzung zurückgewiesen. “Offensichtlich war es das Ziel, die Hautfarbe als einzigen Grund der Kontrolle von Menschen nicht thematisieren zu müssen und auch deshalb die Klägerin und den Zeugen als unglaubhaft darzustellen“ so Adam weiter.
Bereits vor der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht seine Haltung in einem Prozesskostenhilfebeschluss vom 08.01.2013 deutlich gemacht. Denn darin hat es die Praxis des “racial profiling” ungeachtet der Rechtsprechung des EGMR und des OVG Rheinland-Pfalz erneut zu legitimieren versucht und wollte damit offenbar auch eine Beweisaufnahme verhindern. Diese hielt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz aber für erforderlich und hob den Beschluss des VG Koblenz mit Beschluss vom 08.03.2013 abermals auf.
Nun wird das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz auf die Berufung in einer weiteren Beweisaufnahme die Aussagen der Polizeibeamten und Zeugen neu würdigen müssen. “Wir hoffen, dass unsere Frage beantwortet wird, ob wir eine offensichtlich rechtswidrige Personalienfeststellung in unmittelbarer Nähe beobachten durften. Außerdem will ich ungern weiterhin als angebliche Lügnerin dastehen, wie das Verwaltungsgericht offenbar meint.” so die Klägerin abschließend.
Für Rückfragen steht Rechtsanwalt Sven Adam zur Verfügung.