Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 50/2013

1.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER

Arbeitsuchende Unionsbürger haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II

Leitsätze:
Der Leistungsausschluss für Arbeitsuchende Unionsbürger ist europarechtskonform.

Auch bei solchen Rechtsfragen, die im Sinne des Berufungs- und Revisionszulassungsrechts (§§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) noch klärungsbedürftig erscheinen, dürfen Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht lediglich auf eine Folgenabwägung, sondern auch auf eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. In Fällen, in denen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen können, müssen die Gerichte allerdings, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren wollen, die Sach und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 23 ff.; Beschluss vom 25. Februar 2009, 1 BvR 120/09, Rn. 11). Diese Anforderung bezieht sich indessen auf die Gestaltung des jeweiligen Eilverfahrens durch das zur Entscheidung berufene Gericht, dem die Beurteilung obliegt, ob es selbst sich im Rahmen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu einer abschließenden Aufklärung des Sachverhalts oder der Beantwortung aller aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Rechtsfragen in der Lage sieht oder nicht.

Hilfebedürftige, die von dem Freizügigkeitsrecht für Arbeitsuchende Unionsbürger (und ihre Familienangehörigen) Gebrauch machen und bei denen ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen als dem Zweck der Arbeitsuche nicht besteht, unterfallen dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, ohne dass es darauf ankommt, ob die materiellen Voraussetzungen für dieses Freizügigkeitsrecht bei ihnen noch vorliegen (entgegen LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2013, L 19 AS 129/13).

Bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handelt es sich um Sozialhilfeleistungen i. S. des Art. 24 UBRL. Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. Senatsbeschluss vom 26.02.2010, L 15 AS 30/10 B ER). Sie wird hinsichtlich der vom Bundesgesetzgeber verfolgten Zielsetzung seit der Neufassung des SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453 ff.) zusätzlich durch die Einfügung von § 1 Abs. 1 SGB II gestützt, nach der die Grundsicherung für Arbeitsuchende es den Leistungsberechtigten ermöglichen soll, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Mit der Hervorhebung dieses Leistungsgrundsatzes, mit der der Gesetzgeber auf das Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09 u.a.) reagiert und die Sicherung des grundrechtlich durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG verbürgten soziokulturellen Existenzminimums (vgl. BT Drucks. 17/3404, S. 90 f.) an die erste Stelle der das SGB II prägenden Leistungsgrundsätze gerückt hat, ist eine teilweise Abkehr von dem programmatischen Konzept des aktivierenden Sozialstaates vollzogen worden Nunmehr ist klargestellt, dass ungeachtet des Bestehens von Erwerbsfähigkeit als wesentlicher Anspruchsvoraussetzung für Leistungen nach dem SGB II die Existenzsicherung Hilfebedürftiger stets der jederzeitigen Deckung des gesamten existenznotwendigen Bedarfs jedes Grundrechtsträgers dient und diese um ihrer selbst willen als selbständiges und unbedingtes Ziel verfolgt.

Der Ausschluss von den Leistungen verstößt auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO 883/2004. Das Arbeitslosengeld II fällt bereits nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der VO 883/2004. Selbst wenn man aber das Arbeitslosengeld II als besondere beitragsunabhängige Leistung i.S. d. Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004 bewerten würde, führt dies nicht zu einem Gleichbehandlungsanspruch auf Leistungen nach dem SGB II aufgrund des Diskriminierungsverbotes des Art. 4 VO 883/2004. Vielmehr sind Art. 7 und 24 UBRL zu berücksichtigen, denn diese gehen der VO 883/2004 als speziellere Regelungen vor.

Ein Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII kommt für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II unterliegen, nicht in Betracht, so dass die Beiladung des Sozialhilfeträgers entbehrlich ist.

Im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG ist arbeitsuchenden Unionsbürgern allerdings ein Anspruch auf Mindestsicherung nach dem SGB XII einzuräumen. Dieser richtet sich auf die nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbar gebotenen Leistungen. Insoweit besteht bei arbeitsuchenden Unionsbürgern, die ohne ausreichende Existenzmittel in die Bundesrepublik eingereist sind und auf dem Arbeitsmarkt bislang weder als Arbeitnehmer noch als Selbstständige Fuß gefasst haben, eine atypische Bedarfslage, die den Einsatz öffentlicher Mittel i. S. d. § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) rechtfertigt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Anderer Auffassung LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2013 – L 19 AS 129/13

1.2 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.06.2013 – L 5 AS 309/09 rechtskräftig

Der Miteigentumsanteil der Leistungsbezieherin an dem Haus war bis zur Überweisung des Geldes kein einzusetzendes „Vermögen“ – Eigentumsübertragung vor der ersten Antragstellung

Leitsätze:
Das vor der ersten Antragstellung auf ALG 2 vorhandene Vermögen in Form eines Miteigentumsanteils an dem Haus hat sich mit der Auszahlung nicht in Einkommen umgewandelt. Es handelte sich um eine bloße Umschichtung (vgl. zum SGB III: BSG, Urteil vom 17. März 2005, B 7a/7 AL 10/04 R zum Erbschaftsverkauf; BSG, Urteil vom 5. Juni 2003, B 11 AL 55/02 R zum Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung).

Auch mit Beginn des neuen Bewilligungsabschnitts hat sich die rechtliche Bewertung des Geldbetrags nicht von Vermögen in Einkommen umgewandelt. Die nunmehrige Verwertbarkeit des Vermögens führt zu einer Anrechnung nach den Maßgaben des § 12 SGB II ab diesem Zeitpunkt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.3 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.11.2013 – L 5 AS 336/13 B ER

Leitsätze:
Jobcenter muss Leistungsbezieher höhere Kosten der Unterkunft bewilligen, denn es bestehen Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit des Konzepts, das der Unterkunftsrichtlinie zugrunde liegt.

Es ist zunächst Angelegenheit des Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind. Dabei müssen folgende Mindestanforderungen erfüllt sein:

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen, es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.4 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2013 – L 2 AS 889/13 B ER

Leitsätze:
Rumänischer Staatsbürger hat Anspruch auf ALG II im Rahmen der Folgenabwägung.

Zur Deckung dieses menschenwürdigen Existenzminimums kann der Antragsteller nicht auf Leistungen nach § 23 SGB XII oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zurückgreifen. Denn nach § 23 Abs. 3 Satz 1 XII haben Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Ebenso – Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 01.11.2013 – L 2 AS 841/13 B ER

1.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2013 – L 19 AS 1777/13 B ER rechtskräftig

Leitsätze:
Kosten für die Inanspruchnahme des „fahrbaren Mittagstisch“ stellen keinen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II dar.

Keinen Anspruch auf einen Sonderbedarf für die Erstausstattung mit Bekleidung nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II hatte der Antragsteller bei Gewichtsschwankungen infolge seiner Adipositas, wenn eine Konkretisierung, wann und in welchem Umfang diese Gewichtsschwankungen aufgetreten sind, nicht erfolgte.

Der Antragsteller bezieht ein Pflegegeld i.H.v. 440,- EUR nach der Pflegestufe II. Mithin erhält der Antragsteller Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, die u. a. seinen Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, auch des Kochens, abdecken. Falls der pflegebedingte Hilfebedarf durch die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht gedeckt ist, kann der Antragsteller gfl. Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII in Anspruch nehmen. Leistungsberechtigte nach dem SGB II sind von diesen Leistungen nicht ausgeschlossen (BT-Drs 17/1465 S 8; § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.11.2013 – L 19 AS 1186/13 B – rechtskräftig

Zur Höhe der Erstattung der Bewerbungskosten – Weisungen zur Förderung aus dem Vermittlungsbudget

Leitsätze:
Nach §§ 16 Abs. 1 S. 2 SGB II, 45 SGB III kann der Leistungsträger nach dem SGB II Leistungen aus dem Vermittlungsbudget bei Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erbringen, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Dies umfasst auch Bewerbungskosten. Dem Leistungsträger steht ein Entschließungs- und Auswahlermessen zu.

Nach § 39 SGB I haben die Leistungsträger bei der Entscheidung über Sozialleistungen, deren Gewährung in ihrem Ermessen steht, – vorliegend Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 16 SGB II – ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die Leistungen nach § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II dienen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in Arbeit. Die Leistungen müssen von den Leistungsträgern nach §§ 14 S. 3, 3 Abs. 1 S. 4 SGB II unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erbracht werden, die anspruchsbegrenzende Parameter im Außenverhältnis zu dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten darstellen. Diesen Grundsätzen wird die Begrenzung der Höhe der zu erstattenden Bewerbungskosten auf 300,00 EUR jährlich gerecht. Der Betrag ist nicht zu gering, um eine Eingliederung zielgerichtet zu fördern.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.10.2013 – L 7 AS 820/13 B – rechtskräftig

Zur Anrechnung einer Abfindung, welche zur Schuldentilgung verwendet wurde

Leitsätze:
Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn es bedarf weiterer Ermittlungen, ob und bis zum welchem Zeitpunkt der Hilfebedürftigen der Abfindungsbetrag zur Verfügung gestanden hat.

Für die Anrechnung einer einmaligen Einnahme kann es nicht dahingestellt bleiben, ob diese Einnahme in den strittigen Monaten (noch) als bereites Mittel zur Sicherung des Existenzminimums der HB zur Verfügung stand (vgl. BSG, Urteil vom 17.10.2013, B 14 AS 38/12). Einkommen darf nicht „fiktiv“ berücksichtigt werden, sondern muss tatsächlich geeignet sein, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen (BSG, Urteil vom 29.11.2012, B 14 AS 33/12 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.8 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.11.2013 – L 3 AS 1270/12 B PKH

Zur Anrechnung von Elterngeld – Regelsatzklage für Kinder und Jugendliche fehlt das Rechtsschutzbedürfnis

Leitsätze:
Die Berücksichtigung von Elterngeld als Einkommen ab dem 01.01.2011 gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Für eine Klage, in der – wie vorliegend – die Regelbedarfsregelungen für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres entscheidungserheblich sind, besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht im prozesskostenhilferechtlichen Sinn (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – L 3 AS 391/13 B PKH). Gleichwohl fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese Klageverfahren, weil die Antragsteller darauf verwiesen werden können, den Ausgang eines bereits anhängigen, sogenannten unechten Musterverfahrens abzuwarten (hier das Verfahren vor dem BVerfG mit dem Az 1 BvL 10/12).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.9 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11.09.2013 – L 7 AS 1574/12 NZB

Für die Fälle der dezentralen Warmwasserversorgung ergeben sich rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II.

Leitsätze:
Berufung zugelassen, denn ob ein abweichender (Mehr-)Bedarf für die Warmwasserbereitung nach § 21 Abs. 7 Satz 1 letzter Halbsatz SGB II besteht, wenn in Einzelfall konkret ermittelt werden kann, welcher Energieanteil auf die Warmwasserversorgung entfällt und ob dieser in Höhe der angefallenen Kosten zu übernehmen ist, oder ob auch in diesen Fällen ein begründeter Ausnahmefall vom Leistungsberechtigten geltend zu machen ist, bedarf einer grundsätzlichen Klärung, ebenso wie die Frage, ob eine abstrakte Grenze für unangemessene Kosten der Warmwasserbereitung bestehen könnte und wo diese ggf. zu ziehen wäre.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – SG Stuttgart, Beschluss vom 27.09.2013 – S 24 AS 4816/13 ER

Leitsätze:
Die Annahme des Hilfebedürftigen, vor Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt hätte es zunächst weiterer Verhandlungen bedurft, ist insoweit rechtsfehlerhaft. Denn dem Grundsicherungsträger steht die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsaktes zur Ersetzung einer EGV schon dann zu, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheint. Dies folgt aus Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck von § 15 Abs. I Satz I SGB II (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 22.09.2009 -B 4 AS 13/09 R).

Der Eingliederungsverwaltungsakt ist rechtswidrig, weil er keine ausreichend konkreten Bestimmungen nach § I5 Abs. l Satz 2 Nr. 1 SGB II enthält. Zentrale Bestandteile einer Eingliederungsvereinbarung sind gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr.1 und Nr. 2 SGB II Bestimmungen darüber, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind.

Diese Anforderungen gelten nach § 15 Abs. I Satz 6 auch für den Eingliederungsverwaltungsakt. Erfordern die Bemühungen des Leistungsberechtigten zusätzliche finanzielle Aufwendungen (etwa für Bewerbungsunterlagen oder Fahrtkosten), ist in der Eingliederungsvereinbarung auch deren Finanzierung (Zusage von Leistungen nach §§ 45 ff. SGB III) zu regeln. Kostenträchtige Eingliederungsbemühungen, deren Aufwendungen der Leistungsberechtigte zumutbar nicht mehr aus den Regelleistungen bestreiten kann, sind ohne Finanzierungsregelung unzumutbar. Unzumutbar sind insbesondere auch anderweitig nicht gedeckte Fahrtkosten, bei deren Übernahme die Direktive des § 39 SGB I ermessensleitend zu berücksichtigen ist.

Bei einem Eingliederungsverwaltungsakt handelt es sich – nicht um einen teilbaren Verwaltungsakt.

Quelle: s7.directupload.net (pdf)

Anmerkung:
Vgl. dazu – Bayrisches LSG, Beschluss vom 05.06.2013, L 11 AS 272/13 B ER, Rn. 13

Keine offensichtliche Rechtswidrigkeit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes, wenn die Übernahme von Bewerbungskosten nicht konkret betragsmäßig geregelt wird.

Anmerkung:
Anderer Auffassung – SG Stuttgart, Beschluss v. 06.11.2012 – S 23 AS 5701 /12 ER und Beschluss vom 24. Januar 2013 – S 4 AS 6914/12

Das Gericht geht entgegen der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 04.04.2012 (L 15 AS 77 /12 B ER) davon aus, dass es sich auch bei einem Eingliederungsverwaltungsakt um einen grundsätzlich teilbaren Verwaltungsakt handelt.

2.2 – Sozialgericht Hannover, Beschluss vom 26.09.2013 – S 45 AS 2773/13 ER

Leitsätze:
Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt, denn im Bescheid ist nicht hinreichend bestimmt geregelt worden, wer die Kosten der dem Antragsteller auferlegten Maßnahme zu tragen hat.

Die Formulierung, das Jobcenter verpflichte sich zur Übernahme der angemessenen Kosten, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist, enthält gleich 2 Einschränkungen.

1. Schon durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit von Kosten bleibt völlig offen, ob und in welchem Umfang überhaupt Kosten für die Teilnahme des Antragstellers an der Maßnahme übernommen werden würden (vgl. zur Übernahme angemessener Bewerbungskosten LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.04.2012 – L 15 AS 77/12 B ER).

2. Entsprechendes gilt für die Koppelung der Zusage an die Notwendigkeit der Kosten für die berufliche Eingliederung. Eine konkrete Bestimmung für die Leistungspflicht des Jobcenters liegt damit im Hinblick auf die Kosten der Maßnahme nicht vor. Diese Frage ist aber für den Inhalt und die Rechtmäßigkeit des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts von grundlegender Bedeutung. Wenn ohne eindeutige Kostenübernahmeerklärung zugleich der Antragsteller zur Teilnahme verpflichtet wird, so besteht für ihn das Risiko, einen Teil der Kosten oder gar die gesamten Kosten der von ihm in Anspruch genommenen Leistung des Maßnahmenträgers selbst tragen zu müssen, wenn das Jobcenter zu einem späteren Zeitpunkt zu der Auffassung gelangt, die Kosten seien nicht angemessen oder nicht für die berufliche Eingliederung notwendig gewesen. Letzteres ließe sich schon dann annehmen, wenn der Antragsteller nach Abschluss der Maßnahme weiterhin arbeitslos wäre.

Quelle: s14.directupload.net

2.3 – Sozialgericht Konstanz, Urteil vom 16.4.2013 – S 11 AS 2587/12, Die Berufung wird zugelassen.

Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme als Einkommen -bereits erfolgte Leistungsbewilligung für den Zufluss- und den Folgemonat – Notwendigkeit der Aufhebung der Leistungsbewilligung

Leitsätze von Juris:
§ 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I, 453), wonach einmalige Einnahmen im Folgemonat berücksichtigt werden, sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, findet keine Anwendung, wenn bei der Feststellung der Leistung durch das Jobcenter der Monat des Zuflusses bereits vergangen und auch schon Leistungen für den Folgemonat gewährt worden sind.

Quelle: lrbw.juris.de

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

3.1 – Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 20.11.2013 – S 17 SO 42/11

Leitsätze:
Der Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme von Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII ist grundsätzlich nicht vererblich und geht mit dem Tod des Hilfebedürftigen unter.

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe darlehensweise vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen hat, und dieser vorleistende Dritte den Hilfebedürftigen später beerbt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 14.06.2013 – L 4 SO 35/12 – zur Vererblichkeit von Mietschulden.

4.   Entscheidungen zum Arbeitsförderungsrecht

4.1 – Sozialgericht Landshut, Beschluss vom 12.11.2013 – S 13 AL 198/13 ER

Leitsätze:
Die Voraussetzungen für die Anwendung der sog. Nahtlosigkeitsregel können nur dann auf Tatbestandsebene – vor einer Entscheidung durch den Rentenversicherungsträger – verneint werden, wenn zweifelsfrei eine nur vorübergehende, also nicht mehr als 6-monatige Verminderung der Leistungsfähigkeit vorliegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14.03.2008 – L 8 AL 1601/07; LSG Berlin-Potsdam, Urt. v. 24.8.2006 – L 4 AL 57/04). Anderenfalls würde der Schutzzweck der Nahtlosigkeitsregelung leer laufen. Denn die Vorschrift soll ja gerade dazu dienen, in Zweifelsfällen sicherzustellen, dass keine Lücke im Versicherungsschutz eintritt.

Zweifelsfrei bescheinigt das Gutachten jedoch gerade nicht, dass nur eine vorübergehende Leistungsminderung von unter 15 Stunden wöchentlich vorliegt. Im Gegenteil lässt sich dem Gutachten vielmehr entnehmen, dass auch für den Zeitraum nach Ablauf von 6 Monaten unter Umständen weiterhin von der festgestellten Leistungsminderung auszugehen ist. Der Rentenversicherungsträger hat bisher noch nicht über den Antrag des Antragstellers auf Erwerbsminderungsrente entschieden. Vor diesem Hintergrund sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Nahtlosigkeitsregel erfüllt und der Antragsteller hat Anspruch auf die Gewährung von Alg I nach Maßgabe des § 145 SGB III.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.   KOS: A-Info Nr. 163 – Oktober 2013 (04.12.2013)

In der Ausgabe informieren wir über die im Jahr 2014 geltenden Hartz-IV-Leistungssätze und schlüsseln auf, aus welchen Ausgabepositionen sich der Regelsatz zusammensetzt. Weitere Themen sind u.a. der ALG-I-Anspruch nach einer Transfermaßnahme sowie die Möglichkeiten und Folgen eines hinausgezögerten ALG-I-Leistungsbeginns.

A-Info 162 mit Einlegeblatt : www.erwerbslos.de (pdf)

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de