Dubiose Auskunft des Nds. Verfassungsschutzes – Journalistin Andrea Röpke reicht verwaltungsgerichtliche Klage ein

Der im vergangenen Jahr bekannt gewordene Skandal um die Beobachtung von Journalisten durch den niedersächsischen Verfassungsschutz (VS) setzt sich fort und beschäftigt nun auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Die renommierte Fachjournalistin und Buchautorin Andrea Röpke war vom VS mindestens sechs Jahre rechtswidrig beobachtet worden. Die  vor zwei Jahren nach einem von Röpkes Anwalt gestellten Auskunftsantrag heimlich gelöschte Akte wurde jetzt vom VS „soweit dies noch möglich war“ rekonstruiert und in einem dubiosen Dossier ihrem Anwalt übermittelt. Die dadurch eingeräumten Beobachtungen zeigen, dass engagierter und kritischer Journalismus offenbar ausreicht, um in den Fokus des VS und damit unter Generalverdacht zu geraten. So betrifft die festgestellte „Teilnahme“ von Frau Röpke an Veranstaltungen und Versammlungen im Themenfeld „extreme Rechte“ ausschließlich ihre berufliche Funktion als Journalistin und Referentin.

Auch schreckt die Behörde vor offenbar bewusst gewählten Ungenauigkeiten und Diskreditierungen nicht zurück. So soll die 48-jährige beispielsweise bei einer Veranstaltung in Bremen im März 2005 einen Film, „der tätliche Angriffe von unbekannten Personen auf dem stattfindenden Parteitag der NPD in Schleswig-Holstein zeigte“, mit den Worten kommentiert haben, „gegen den Faschismus in jeglicher Form zu kämpfen“. Angeblich hätte die Äußerung der Fachexpertin zu staatsanwaltlichen Ermittlungen geführt, heißt es in dem Dossier weiter. Belege bleibt die Behörde schuldig. Eine Anklage gab es stattdessen nie. Und tatsächlich ging es um eine öffentliche Präventionsveranstaltung in der Bremer Bürgerschaft. Die gezeigten Filmaufnahmen entstammen einem Beitrag des ARD-Magazins „Panorama“ und zeigen einen brutalen Angriff von Neonazis auf vermeintliche Gegner. Röpke, die als Sachverständige im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages aufgetreten ist und für ihre demokratische Courage geehrt wurde, betont, niemals zu mehr als zivilgesellschaftlichem Engagement aufgerufen zu haben. Folgerichtig kann der Verfassungsschutz auch mit keinem einzigen Argument eine Verfassungsfeindlichkeit der Autorin aufzeigen.

Die vorgenommenen Einträge wirken stattdessen absurd. So wurde auch die Teilnahme an Demonstrationen, beispielsweise in Bad Nenndorf in ihrer Akte vermerkt. Röpke berichtet allerdings jedes Jahr über die Neonazi-“Trauermärsche” in der niedersächsischen Kurstadt und befindet sich zu diesem Zweck beruflich dort.

Woher solche Informationen stammen, bleibt bisher unklar. Unabhängig vom Standpunkt der Pressefreiheit ist indes ohnehin gerichtlich geklärt, dass die Teilnahme  an Versammlungen keinen Anlass für Beobachtungen durch den Verfassungsschutz bietet. „Vielleicht sollten wir uns nicht nur mit der gigantischen Sammelwut der US-Geheimdienste beschäftigen“, so Röpke, „sondern auch die fragwürdige Alltagsspionage deutscher Inlandsgeheimdienste hinterfragen.

Unklar bleibt weiterhin, was die Behörde noch alles über die Journalistin meint zu wissen. Denn ähnlich wie bei dem Fachjournalisten Kai Budler aus Göttingen hat der VS einen Teil der Akte von Röpke nunmehr gesperrt und verweigert eine weitere Auskunft. „Es ist schon beachtlich, dass der Verfassungsschutz trotz des jahrelangen Fehlverhaltens mir gegenüber sogar jetzt noch die vollständige Aufklärung dieser Abgründe verweigert“, so Röpke weiter, die noch immer auf vollständige Transparenz beharrt.

Aus diesem Grund hat Röpkes Anwalt Sven Adam nun auch den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten eingeschaltet. Zeitgleich ist heute vor dem Verwaltungsgericht Stade die Klage auf vollständige Einsicht in die Akte Röpkes erhoben worden. „Wenn die Behörde sich weigert, vollständig Auskunft zu erteilen, bleibt uns nur, sie gerichtlich zu zwingen. Wir sind daher gerade wegen der Brisanz auch gewillt, die Angelegenheit notfalls in einem so genannten in-camera-Verfahren bis zum Bundesverwaltungsgericht zu tragen. “ so Adam abschließend zum weiteren Fortgang des Verfahrens.