Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 06/2014

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 22.08.2013 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R

Vorabentscheidungsverfahren zum Gleichbehandlungsgebot für EU-Bürger

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 – mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 – auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art 70 Abs 1, 2 VO (EG) 883/2004?

2. Falls 1) bejaht wird: Sind – gegebenenfalls in welchem Umfang – Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt?

3. Steht Art 45 Abs 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?

II. Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

2.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.02.2014 – L 15 AS 437/13 B ER

Leitsätze (Juris)
Soweit das Bundessozialgericht (BSG) für die Verteilung einmaliger Einnahmen nach früherem Recht (§ 2 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld Verordnung – Alg II V – in der bis zum 31. März 2011 gültigen Fassung) bereits mehrfach entschieden hat, dass die Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme in einem Verteilzeitraum nicht mehr in Betracht komme, wenn diese nicht mehr als bereites Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu Verfügung stehe (Urteile vom 29. November 2012 – B 14 AS 33/12 R – ; vom 10. September 2003 – B 4 AS 89/12 R – und vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 76/12 R -), ist diese Rechtsprechung auf die aktuelle Rechtslage nicht übertragbar, da die Verteilung einer einmaligen Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten und die monatliche Berücksichtigung mit einem Teilbetrag nunmehr im SGB II (§ 11 Abs. 3 S. 3) gesetzlich geregelt ist. Hierbei handelt es sich um geltendes Recht, welches solange anzuwenden ist, wie es nicht vom Gesetzgeber korrigiert oder vom Bundesverfassungsgericht – etwa im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG – für nichtig erklärt wird.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

2.2 – Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 14.03.2013 – L 9 AS 1302/10 – rechtskräftig

Leitsätze: (Autor)
Straßenausbaubeiträge sind vom Leistungsträger grundsätzlich zu übernehmen, soweit sie angemessen sind.

Bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst ge-nutzten Eigenheimen geht es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 61/10 R) nur darum, diejenigen Kosten zu bestimmen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen. Insoweit ist festzustellen, dass die Straßenausbaubeiträge nach § 7 Abs. 11 Thüringer Kommunalabgabengesetz (KAG) als öffentliche Last auf dem Grundstück liegen. Sie sind mithin so ausgestaltet, dass sie für den Eigentümer unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Be-darfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ergreifen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010, B 14 AS 7/09 R). Danach liegt ein unabweisbarer Bedarf im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II solange nicht vor, wie der Antragsteller seine Erfolglosigkeit eine Stundungsvereinbarung herbeizuführen nicht nachgewiesen hat.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.3 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 09.01.2014 – L 11 AS 762/13 NZB

Leitsatz (Juris)
Pauschale Vergütung von Bewerbungskosten ist zulässig.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16.01.2014 – L 9 AS 846/13 B ER – rechtskräftig

Kosten für schriftliche Bewerbungen – Eingliederungsverwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt – Probearbeiten – Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen eines Ersetzungsbescheides

Leitsätze (Autor)
Aufschiebende Wirkung der Klage gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.

Denn der Eingliederungsverwaltungsakt ist nicht eindeutig und damit nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 SGB X. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 30. Juli 2013 Az. L 9 AS 490/13 B ER die Regelung eines Eingliederungsverwaltungsaktes, wonach die Kosten für schriftliche Bewerbungen zuvor zu beantragen sind, als nicht hinreichend bestimmt angesehen. Es ist unklar, zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Übernahme von Bewerbungskosten spätestens gestellt werden muss. Außerdem wird dem Antragsteller die Übernahme von Bewerbungskosten entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 44 SGB III nur für Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Aussicht gestellt. Für Bemühungen um andere Beschäftigungsverhältnisse enthält der Eingliederungsverwaltungsakt dagegen keine Regelung.

Bedenken unterliegt bereits die Verpflichtung des Antragstellers, sich innerhalb von drei Tagen auf alle Stellenangebote des Jobcenters oder der Arbeitsagentur zu bewerben. Diese Regelung lässt nicht erkennen, in welchem Umfang von dem Antragsteller Bewerbungsbemühungen verlangt werden. Sie enthält nicht einmal eine Obergrenze der erwarteten Bemühungen.

Die in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem sie ersetzenden Verwaltungsakt festgelegten Pflichten müssen hinreichend bestimmt sein. Es muss dem Leistungsberechtigten – nach seinem Empfängerhorizont – klar erkennbar und nachvollziehbar sein, was von ihm gefordert wird.

Diesen Anforderungen genügt die genannte Regelung ebenso wenig wie die weitere Regelung, wonach der Antragsteller Arbeitgebern eine kostenlose Probearbeit mit dem Ziel der Festeinstellung anbietet bzw. eine Praktikumsstelle (betriebliche Trainingsmaßnahme) annimmt mit dem Ziel des Erhalts und Erlangung beruflicher Kenntnisse und einer späteren Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis. Insoweit ist schon fraglich, ob von dem Antragsteller das Anbieten einer kostenlosen Probearbeit oder die Aufnahme einer Praktikumsstelle verlangt werden kann. Ungeachtet dieser Frage lässt aber auch diese Bestimmung in keiner Weise erkennen, welches konkrete Handeln und in welchem Umfang von dem Antragsteller gefordert wird. Es fehlt daher schon an der hinreichenden Bestimmtheit der dem Antragsteller auferlegten Pflichten.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG grundsätzlich ganz anzuordnen, wenn sich einzelne Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsakts nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II als rechtswidrig erweisen. Eine Eingliederungsvereinbarung bzw. ein sie ersetzender Verwaltungsakt stellt sich als das Instrument einer auf den Einzelfall angepassten Eingliederungsstrategie mit einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen dar, so dass die für die Teilbarkeit eines derartigen Verwaltungsakts erforderliche Annahme, dass dieser von der Behörde auch ohne die als rechtswidrig erkannten Regelungen erlassen worden wäre, grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. April 2012 – L 15 AS 77/12 B ER – ; a. M. LSG Hamburg, Beschluss vom 10. April 2013 – L 4 AS 93/13 B ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.5 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2014 – L 2 AS 250/13 B – rechtskräftig

Leitsätze (Juris)
Die Höhe der Verfahrensgebühr ist bei einer Untätigkeitsklage im Regelfall in Höhe der halben Mittelgebühr angemessen vergütet.

Eine (fiktive) Terminsgebühr nach der RVG-VV Nr. 3106 entsteht im Falle einer Untätigkeitsklage nur dann, wenn der Leistungsträger den begehrten Bescheid erlässt, der Rechtsstreit daraufhin für erledigt erklärt wird und zuvor bei Klageerhebung die Frist des § 88 SGG abgelaufen und kein zureichender Grund für eine verspätete Entscheidung des Leistungsträgers vorhanden war.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.6 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23.01.2014 – L 7 AS 1826/13 B ER

Vorläufige Erteilung einer Zusicherung zum Umzug im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

Leitsätze (Autor)
Bestehen Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf die Angemessenheitsobergrenze nach dem Tabellenwert des § 12 WoGG – rechte Spalte – abgestellt werden (Sächs. LSG, Beschluss vom 05.04.2012 – L 7 AS 425/11 B ER). Diesem Betrag ist ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R).

Ein Umzug ist erforderlich, wenn er der Reduzierung der Kosten der Unterkunft dient.

Die Eilbedürftigkeit des Antrags auf Sicherung zur Übernahme der Wohnkosten sei jedenfalls deshalb gegeben, weil das derzeit noch offene Wohnungsangebot bei Abwarten des Abschlusses des Hauptsachverfahrens für die Antragstellerin nicht mehr verfügbar wäre (Sächs. LSG, Beschluss vom 05.04.2012 – L 7 AS 425/11 B ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.7 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2013 – L 18 AS 1272/13

Leistungsausschluss – Studium an einer nicht staatlich anerkannten Hochschule – duales Studium

Leitsätze (Autor)
Für den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist es ohne Bedeutung, ob der in Ausbildung befindliche Hilfebedürftige tatsächlich anderweitig Ausbildungsförderung erhält.

Ein Schüler oder Student, der einer Ausbildung nachgeht, die – beim Besuch bestimmter, ggf als gleichwertig anerkannter Ausbildungsstätten – “dem Grunde nach” forderungsfähig ist, kann den in § 7 Abs. 5 SGB II bestimmten Ausschluss von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II nicht dadurch umgehen (oder ihm entgehen), dass er – aus welchen Gründen auch immer – eine andere Ausbildungsstätte wählt, für deren Besuch Ausbildungsförderung nach dem BAföG nicht geleistet wird (vgl ebenso der vorliegend im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangene Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 1. Juni 2012 – L 19 AS 1027/12 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Mai 2008 – L 14 B 571/08 AS ER).

Der Student hat seine konkrete Ausbildung in Ansehung des Umstandes begonnen, dass eine BAföG-Förderung nicht in Betracht kommt und auch seine Eigenmittel augenscheinlich von vornherein nicht ausreichten, um seinen Lebensunterhalt während des dreijährigen Studiums zu finanzieren. Somit liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 27 Abs. 4 SGB 2 nach Maßgabe der Rspr des BSG nicht vor (vgl. etwa BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R -).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.8 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.01.2014 – L 7 AS 2169/12 – Die Revision wird zugelassen.

Leitsätze (Autor)
Der Berücksichtigung des zugeflossenen Betrages i.H.v. 8.000,- EUR aus der Erbschaft steht nicht die Überziehung des Kontos mit rund 2.985,- EUR entgegen, denn maßgeblich für die Anrechnung eines Betrages als Einkommen ist nur, in welcher Höhe der Betroffene einen wertmäßigen Zufluss hatte, und ob das Geld sodann auch als bereites Mittel zur Verfügung stand (BSG Urteil vom 25.01.2012, Az. B 14 AS 101/11 R).

Ein in diesem Sinne bereites Mittel liegt dann vor, wenn die Einnahme geeignet ist den konkreten Bedarf im aktuellen Monat zu decken (BSG Urteil vom 12.06.2013, Az. B 14 AS 73/12 R). Es ist demnach zu überprüfen, ob die auf diesen Zeitraum bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächliche Einnahmensituation im Bedarfszeitraum zutreffend widerspiegelt. Bei unwirtschaftlichen Verhalten ist gegebenenfalls ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II möglich.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung des Gerichts:
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen, da der Zufluss von Einnahmen auf ein im Soll befindliches Konto in einer Vielzahl von Fällen problematisch ist, und die Frage der Zumutbarkeit der (erneuten) Inanspruchnahme eines Dispositionskredites im Zuflusszeitpunkt bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.

2.9 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.02.2014 – L 2 AS 2280/13 B – rechtskräftig

Leitsätze (Autor)
Sieht das Gesetz die Darlehensgewährung für eine Mietkaution als Regelfall vor, muss die vom Hilfebedürftigen (HB) beanspruchte Gewährung eines nicht rückzahlbaren Zuschusses auf atypische Sonderfälle beschränkt bleiben. Ein derartiger Sonderfall ist hier nicht ersichtlich.

Der HB ist in seiner Erwerbsfähigkeit nicht aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt und gehört auch aufgrund seines Alters nicht zu einem schwer vermittelbaren Personenkreis. Zukunftsnahe Erwerbschancen sind deshalb nicht auszuschließen. Insoweit unterscheidet sich das vorliegende Verfahren bereits erheblich von dem vom SG Berlin im Verfahren S 37 AS 24431/11 ER zu beurteilenden Sachverhalt, denn dort waren zukunftsnahe Erwerbschancen vom Gericht im Einzelfall für eine Klägerin, die bislang Unterstützung durch Jugendhilfe erfahren hatte, ausdrücklich verneint worden. Weitere Darlehensverpflichtungen des HB, die zu einer erhöhten Aufrechnung führen könnten, bestehen zudem nicht. Auch die Höhe des durch die als Bedarf zu deckende Mietkaution sich ergebenden Darlehens rechtfertigt nicht die Annahme eines atypischen Falles.

Begründete Zweifel an der Verfassungskonformität der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen, die eine mehr als ganz entfernte Erfolgschance bedingen könnten, bestehen nicht (siehe auch LSG NRW, Beschluss vom 15. März 2013, L 2 AS 1829 / 12 B; SG Berlin, Urteil vom 20. März 2013, S 142 AS 21275/12; SG Köln Urteil vom 28. September 2012, S 33 AS 1310/12 und zuletzt LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.10.2013 – L 31 AS 1048/13; anderer Meinung LSG NRW, Beschluss vom 29.01.2014 – L 7 AS 448/13 B.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.10 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.01.2014 – L 19 AS 2013/13 NZB – rechtskräftig

Leitsätze (Autor)
Der Gesetzgeber ist grundsätzlich berechtigt, einen Bedarf zur soziokulturellen Existenzsicherung – vorliegend die Kosten einer dezentralen Warmwasserbereitung, die nicht vom Regelbedarf i.S.v. § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II erfasst sind, durch Pauschalen abzugelten.

Da der Gesetzgeber an eine übliche Schätzungspraxis bei der Bemessung der Pauschalen für die Kosten einer Warmwasserbereitung angeknüpft hat, ist diese gesetzgeberische Einschätzung vertretbar. Soweit in der Literatur gegen die Einschätzung des Gesetzgebers Bedenken erhoben werden (Eckhardt, info also 2012 S. 200 ff) ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber zu einem ein Wertungsspielraum zusteht und zum anderen durch die Öffnungsklausel des § 21 Abs. 7 S. 2 Hs. 2 SGB II eine abweichende Bemessung des Mehrbedarfs bei einem abweichenden Bedarf, der konkretisiert werden muss, ermöglicht wird.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.11 – Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 26.09.2013 – L 4 AS 348/12 – Die Revision wird zugelassen.

Leitsätze (Jura Forum))
Jobcenter: Keine Übernahme der Selbstbeteiligung privat krankenversicherter Hartz IV-Empfänger.

Privat krankenversicherte Hartz-IV-Bezieher können vom Jobcenter keine Übernahme der Versicherungs-Selbstbeteiligung einfordern. Dies gilt selbst dann, wenn der jährliche Versicherungstarif samt Selbstbeteiligung günstiger ist, als die Hälfte des Versicherungs-Basistarifs ohne Selbstbeteiligung.

Quelle: www.juraforum.de

Anmerkung: Zum Volltext hier: dejure.org

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 06.02.04.2014 – S 13 AS 235/13 – Die Berufung wird zugelassen.

Arbeitslosengeld II – Angemessenheit der Unterkunftskosten – Einpersonenhaushalt nach Ausscheiden des minderjährigen Kindes aus der Bedarfsgemeinschaft durch Bedarfsdeckung mit eigenem Einkommen – Bildungs- und Teilhabeleistungen – Prüfung der Hilfebedürftigkeit anhand § 5 a ALG II-V

Leitsätze (Juris)
Eine Personenmehrheit ist bei der Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten nach den Maßstäben des SGB II nur dann relevant, wenn sie eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II bilden.

§ 5 a ALG II-V führt ohne das Bestehen eines tatsächlichen Bedarfs an Bildungs- und Teilhabeleistungen nicht zu einer Bedarfserhöhung bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – Sozialgericht Kassel, Urteil vom 28.08.2013 – S 7 AS 439/13

Leitsätze (Autor)
Keine Sanktion ohne Aufhebungsbescheid. Bewilligungsbescheid muss nach § 48 SGB X geändert werden.

Eine Aufhebungsentscheidung ist auch bei Absenkungsbescheiden weiterhin zwingend erforderlich, um die Wirkung der durch Verwaltungsakt mit Dauerwirkung geschaffenen und wirksamen Leistungsbewilligung zu beenden.

§ 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II führt nicht “von Gesetzes wegen” zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II, sondern stellt weiterhin nur eine Regelung zur zeitlichen Bestimmung des Beginns des Absenkungszeitraumes dar.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Gleicher Auffassung SG Altenburg, Beschluss vom 20.12.2013 – S 42 AS 4241/13 ER, Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER, SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER, LSG NSB, Beschluss vom 17.06.2013 – L 7 AS 332/13 B ER und ausführlich zu dieser umstrittenen Rechtsfrage Bayrisches LSG, Beschluss vom 17.06.2013 – L 11 AS 306/13 B ER; anderer Auffassung SG Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12.

3.3 – Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 22.01.2014 – S 19 AS 5107/13 ER

Leitsätze (Autor)
Hartz IV für spanische Familie im Eilverfahren.

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend zu klären ist die Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (Leistungsausschluss, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) zu Lasten der Antragsteller eingreift (vgl. auch: SG Dortmund, Beschluss vom 28.02.2012 – S 5 AS 367/12 ER und hierzu LSG NRW, Beschluss vom 22.03.2012 – L 2 AS 485/12 B ER -).

Ist lediglich die fristlose Kündigung der Wohnung ausgesprochen, aber Räumungsklage noch nicht erhoben, so fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund in Gestalt eines unaufschiebbaren eiligen Regelungsbedürfnisses zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft bzw. Übernahme von Mietschulden durch Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil gegenwärtig weder Wohnungs- noch Obdachlosigkeit droht (vgl. LSG NRW, Beschlüsse v. 04.09.2009 – L 12 B 69/09 AS ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. dazu: Eilentscheidung: Arbeitslosengeld II für spanische Familie

Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses für Ausländer, die sich zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union rechtfertigen im Rahmen einer Folgenabwägung die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II. Hier geht es zur Pressemitteilung des SG Dortmund vom 06.02.2014 : sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 16.05.2013 – L 18 SO 6/12

Leitsätze (Juris)
Computerschulungen für Blinde als Leistungen der Eingliederungshilfe.

Der Umgang mit Nichtbehinderten (§§ 55 ff SGB IX) kann auch über das Internet erfolgen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Siehe dazu Pressemitteilung des Bayer. LSG vom 07.02.2014 – Soziale Medien für behinderte Menschen – PC Kurs als Eingliederungshilfe, hier kann die Pressemitteilung nachgelesen werden: www.lsg.bayern.de

4.2 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.02.2014 – L 9 SO 413/13 B ER – rechtskräftig

Leitsätze (Autor)
Der Einsatz eines Integrationshelfers in einer Förderschule stellt eine durch den Sozialhilfeträger zu erbringende Leistung der Eingliederungshilfe zur Ermöglichung oder Erleichterung des Schulbesuches dar.

Einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) steht dem nicht entgegen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung: im Ergebnis ebenso – Vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 20.12.2013 – L 9 SO 429/13 B ER – rechtskräftig

4.3 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.11.2013 – L 4 SO 166/13 B ER – rechtskräftig

Leitsätze (Autor)
Das vom Sozialhilfeträger vorgelegte Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze im Landkreis Gießen (Stand: 1. Dezember 2012) erfüllt nach die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen und ist schlüssig.

Ein Anordnungsanspruch hinsichtlich der Zusicherung, die künftigen Kosten der Unterkunft in vollem Umfang zu übernehmen liegt auch nicht deshalb vor, weil diese zwar noch unangemessen hoch sind, aber kostengünstiger sind als die bisherigen Kosten der Unterkunft der Antragstellerin. Denn ein Anspruch auf die Zusicherung besteht nur, wenn und soweit die KdU angemessen im Sinne von § 35 SGB XII sind (vgl. hierzu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Oktober 2010, L 19 AS 29/09, zur Zusicherung im Rahmen eines Kostensenkungsverfahrens) oder der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung aus anderen Gründen in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Das Landessozialgericht Hessen hat das für den Kreis Gießen von Analyse & Konzepte erstellte schlüssige Konzept im Rahmen eines Beschlusses (ER-Verfahren) in zweiter Instanz ausdrücklich als schlüssig anerkannt (L4 SO 166/13 B ER). Der Beitrag ist abrufbar unter: www.analyse & konzepte.de, hier zum Link: www.analyse-konzepte.de

5.   Entscheidungen zum Asylrecht

5.1 – Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.11.2013 – L 9 AY 1/11

Leitsätze (Autor)
§ 7 Abs. 1 AsylbLG ist verfassungsgemäß. Die in § 7 AsylbLG normierte Pflicht, Einkommen und Vermögen aufzubrauchen, bevor Leistungen gewährt werden, verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG).

Das Menschenrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen gleichermaßen zu; daraus kann aber nur abgeleitet werden, dass der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen, wenn Menschen die notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/12).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

6.   SG Chemnitz “kippt” erneut Hausverbot gegen Andreas Pianski (Gegenwind Zwickau) – S 20 AS 5890/13 ER – Richterlicher Hinweis

Hier zur Quelle: Abermals dilettantisches Hausverbot – Gegenwind e.V. Arbeitsloseninitiative Glauchau-Zwickau: www.ali-gegenwind.de

7.   Anmerkung zu: EuGH 3. Kammer, Urteil vom 19.09.2013 – C-140/12 -, Autor: Nicola Behrend, Ri’inBSG, Quelle: juris (Behrend, jurisPR-SozR 3/2014 Anm. 1).

“Sozialhilfeleistungen” im europäischen Aufenthalts- und Sozialrecht (“Brey”)

Orientierungssatz zur Anmerkung

Der Ausschluss nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger von Sozialhilfeleistungen anderer Mitgliedsstaaten aufgrund aufenthaltsrechtlicher Merkmale kann nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen.

Quelle Juris: www.juris.de

8.   Enno E. Dreßler: Die Unfreiheit des Arbeitslosen – Drei Jahre im Kölner Hartzodrom

Arbeitsvermittler bringen Profile ihrer Kunden auch gegen deren Willen in Umlauf, vermitteln aber keine Arbeit. In Maßnahmen führen schon kritische Fragen zur Denunziation gegenüber Agentur oder Jobcenter, wo Ansprechpartner die Wahrnehmung eines Grundrechtes als Verstoß gegen Mitwirkungspflichten sanktionieren. Eine Beschäftigungsgesellschaft scheitert daran, eine Einsatzstelle einzurichten. Als Agenturen auftretende Arbeitsämter – also Behörden – beliefern Bordelle mit Bardamen… Der Insiderreport las sich bereits wie ein Tagebuch aus dem Tollhaus, doch nach der Erstveröffentlichung ging der Horror erst richtig los. Der Autor hat ihn in dieser Neuauflage literarisch (und wohl auch psychisch) verarbeitet. “Und dann ist Dreßlers Schreibstil natürlich sehr unterhaltsam. Ich finde es sehr gekonnt, wie er kritische Themen (er klagt schließlich vieles offensiv an) mit einer Mischung aus Humor und Unglaube, d. h. Entsetzensbekundungen, behandelt und sich dabei selbst als Soldat im Kampf gegen die Ungerechtigkeit präsentiert.

Quelle: Buch | beck-shop.de: www.beck-shop.de

9.   Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigt schlüssiges Konzept

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in einem Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 04.12.2013 (L 10 AS 72/10) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Senat “… an der für den vorliegenden Zeitraum maßgeblichen Kdu-Richtlinie des Landkreises (Anmerkung Landkreis Rügen) letztlich keine Aspekte mehr zu erkennen vermag, die die Tragfähigkeit dieser Richtlinie im Sinne eines schlüssigen Konzeptes in Frage stellen dürften,..”

Quelle Analyse & Konzepte: www.analyse-konzepte.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de