Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 14/2014

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 02.04.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 29/13 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Aufstocker – Antrag auf Arbeitslosengeld nach SGB III umfasst nicht den Antrag auf Arbeitslosengeld II

Leitsätze (Autor)
In einer Antragstellung auf Arbeitslosengeld I ist jedenfalls insoweit keine – zugleich inzident erfolgte – Antragstellung auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zu erblicken, als es um Leistungsansprüche von anderen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft, insbesondere von Familienangehörigen des Antragstellers, geht.

Ebenso wenig bewirkt der gestellte Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II – als nachgeholter Antrag i.S. des § 28 SGB X – eine Rückwirkung des Antragszeitpunkts. Die hier vorliegende Fallkonstellation, in der die andere Sozialleistung – das Arbeitslosengeld nach dem SGB III – nicht versagt worden ist, sondern bewilligt wurde und “nur” nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft sicherzustellen, unterfällt dieser Regelung nicht.

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

Anmerkung:
So auch bereits bspw. RiSG Berlin Udo Geiger in “Leitfaden zum Arbeitslosengeld II – Der Rechtsratgeber zum SGB II”, 10. Aufl., 2014, Seite 792. (…) Die AA hat hier keine Befugnis, den Alg I-Antrag in einen Antrag auf ALG II umzudeuten und ihn an das Jobcenter weiterzuleiten.(…)

1.2 – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R

Kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus einer Eingliederungsvereinbarung

Leitsätze (Autor)
Mit einer Eingliederungsvereinbarung dürfen nach § 15 Abs. 1 SGB II nur Eingliederungsleistungen, nicht jedoch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geregelt werden. Erkennt man in der Eingliederungsvereinbarung eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X und damit einen Verwaltungsakt, ist dieser vorliegend ebenfalls nichtig. Es ist unzulässig, die bei Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen unbedingte Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Erbringung einer Gegenleistung – hier einem Studium und dessen Abschluss – abhängig zu machen.

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

2.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 12.12.2013 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 90/12 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Vermögensberücksichtigung – teils selbst genutztes Hausgrundstück – unangemessene Größe – Berücksichtigung der Gesamtwohnfläche – Überlassung einer Wohnung an Verwandte bei getrenntem Haushalt – besondere Härte

Vermögensschutz des “Familienheimes” als “Mehrgenerationenhaus” im SGB II als besondere Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II möglich.

Leitsätze (Autor)
Ein Vermögensschutz für das Hausgrundstück nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 SGB II scheidet aus, weil dieses von unangemessener Größe ist. Doch kommt sein Schutz nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II in Betracht, weil hier eine besondere Härte daraus folgen kann, dass das Grundstück der Hilfebedürftigen nach dem SGB XII vor Verwertung geschützt wäre.

Als ein solcher Umstand kommt vorliegend in Betracht, dass ein Hausgrundstück nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht geschützt ist, das nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt wäre, weil dort die “unter einem Dach” wohnenden Angehörigen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung einbezogen werden, im SGB II aber (außerhalb von Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft) nicht. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II kann ein vergleichender Blick auf § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII eine Orientierung bieten.

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen (vgl. BSG Urteil vom 22.3.2012 – B 4 AS 99/11 R).

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

2.2 – BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R

Arbeitslosengeld II – Angemessenheit der Unterkunftskosten – fehlendes schlüssiges Konzept – Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten – Anwendung der Wohngeldtabelle – Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % angemessen

Leitsätze (Autor)
Im Fall eines Erkenntnisausfalls sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden jedoch im Rahmen der allgemeinen Angemessenheitsprüfung durch die Tabellenwerte der Wohngeldtabelle gedeckelt.

Hierbei ist nach der Rspr. zu der bis zum 31.12.2008 geltenden Regelung in § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle zurückzugreifen und ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % einzubeziehen. Diese Einbeziehung des Sicherheitszuschlages hat auch im Fall der Heranziehung von § 12 WoGG zu erfolgen (st.Rspr., vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2012 – B 4 AS 44/12 R).

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

3.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 17.10.2013 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – BSG, Urteil vom 17.10.2013 – B 14 AS 38/12 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Abfindung aus arbeitsgerichtlichem Vergleich – einmalige Einnahme – keine Berücksichtigung über den Bewilligungs- bzw. Verteilzeitraum hinaus bei vorzeitigem Verbrauch – bereite Mittel – verfassungskonforme Auslegung – Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten

Leitsätze (Autor)
Einmalige Einnahmen dürfen nur angerechnet werden, wenn diese Einnahme in den strittigen Monaten (noch) als bereites Mittel zur Sicherung des Existenzminimums der Hilfebedürftigen zur Verfügung stand (vgl. dazu Rechtsprechung des BSG vom 29.11.2012 – B 14 AS 33/12 R).

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

Anmerkung:
Vgl. LSG NSB, Beschluss vom 03.02.2014 -  L 15 AS 437/13 B ER – zur Einkommensberücksichtigung – Steuerrückerstattung – Verteilung einmaliger Einnahmen – vorzeitiger Einkommensverbrauch – nicht bereite Mittel – Rechtsänderung zum 1.4.2011 – keine Übertragbarkeit der bisherigen Rechtsprechung des BSG auf das neue Recht

Soweit das Bundessozialgericht (BSG) für die Verteilung einmaliger Einnahmen nach früherem Recht (§ 2 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld Verordnung – Alg II V – in der bis zum 31. März 2011 gültigen Fassung) bereits mehrfach entschieden hat, dass die Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme in einem Verteilzeitraum nicht mehr in Betracht komme, wenn diese nicht mehr als bereites Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu Verfügung stehe (Urteile vom 29. November 2012 – B 14 AS 33/12 R und vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 76/12 R, ist diese Rechtsprechung auf die aktuelle Rechtslage nicht übertragbar, da die Verteilung einer einmaligen Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten und die monatliche Berücksichtigung mit einem Teilbetrag nunmehr im SGB II (§ 11 Abs. 3 S. 3) gesetzlich geregelt ist. Hierbei handelt es sich um geltendes Recht, welches solange anzuwenden ist, wie es nicht vom Gesetzgeber korrigiert oder vom Bundesverfassungsgericht – etwa im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG – für nichtig erklärt wird.

4.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

4.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.03.2013 – L 31 AS 3018/13 B

Mehrbedarf Warmwasser – Beweiserhebungsverfahren – Stromverbrauch des Durchlauferhitzers im Falle des Mehrbedarfs wegen dezentraler Warmwasserversorgung

Leitsätze (Autor)
Die Frage der Angemessenheit der Warmwasserversorgung ist eine Rechtsfrage, zu der ein Sachverständiger nicht beizutragen hat. Bleibt die Behauptung des abweichenden Bedarfs nur Vermutung, ist keine Amtsermittlung zu veranlassen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.2 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.03.2014 – L 31 AS 1348/13 – Die Revision wird zugelassen.

Leistungsausschluss – Arbeitssuche – EU-Ausländer – Freizügigkeitsrecht zur Arbeitssuche – Sozialleistungsmissbrauch – gewöhnlicher Aufenthalt

Leitsätze (Juris)
1. In den Fällen des strukturellen Sozialleistungsmissbrauchs – hier Aufenthalt von EU-Ausländern ohne Freizügigkeitsrecht zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen – besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bis zur Vollziehung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Diese politisch unerwünschte Folge hat ihre Ursache zum einen in der gesetzlichen Regelung im SGB II, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen rechtmäßigen Aufenthalt nicht voraussetzt und zum anderen in einer nicht ausreichenden Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Ausländerbehörde beim Gesetzesvollzug.

2. Im Anschluss an die Rechtsprechung des 4. Senats (Urteil vom 30. Januar 2013, Az.: B 4 AS 54/12 R) des Bundessozialgerichts, nach der der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II rein tatsächlich zu bestimmen ist, steht auch das offensichtliche Fehlen eines Freizügigkeitsrechts eines EU-Ausländers der Bejahung des gewöhnlichen Aufenthalt nicht entgegen.

3. EU-Ausländer, die weder zur Arbeitssuche eingereist sind noch ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht von einem arbeitenden Angehörigen geltend machen können, sondern Sozialleistungen zur Integration in Anspruch nehmen wollen, erfüllen bis zum Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen der Ausländerbehörde bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt.

4. Der europarechtlich umstrittene Ausschluss arbeitsuchender EU-Ausländer von SGB II-Leistungen in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift schon tatbestandlich dann nicht, wenn der Ausländer erklärt, nicht arbeiten zu wollen und die eine entsprechende Verpflichtung enthaltende Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreibt.

5. Eine erweiterte Auslegung dieser Ausschlussnorm, nach der der Leistungsausschluss bereits dann greift, wenn der rechtmäßige Aufenthalt fiktiv allein mit der Arbeitssuche begründet werden könnte, ist mit dem Wortlaut und Sinn und Zweck der Norm kaum vereinbar, systematisch nicht erforderlich und angesichts der europarechtlichen Bedenken gegen die Norm nicht vertretbar.

6. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts betreffende Ausschlussgründe enthält das SGB II zumindest nach der oben zitierten Rechtsprechung des BSG nicht (mehr).

7. Die fehlende subjektive Verfügbarkeit im Sinne einer Arbeitsbereitschaft hat keine Bedeutung für die Anspruchsvoraussetzungen des Arbeitslosengelds II (Anschluss an BSG Urteil vom 29. März 2007, AZ.: B 7b AS 4/06 R).

8. Eine Gesetzes- oder Regelungslücke liegt dennoch nicht vor, da dem hier vorliegenden strukturellen Sozialleistungsmissbrauch durch ausländerrechtliche Maßnahmen zu begegnen ist. Sollten diese wegen Inanspruchnahme von Rechtsschutz nicht sofort greifen, ist dies aus rechtsstaatlichen Gründen hinzunehmen.

9. Eine nicht ausreichend institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörde und Jobcenter beim Gesetzesvollzug begründet weder eine Regelungslücke in den rechtssystematisch einwandfrei verzahnten Gesetzen und erst recht nicht die Notwendigkeit einer extensiven Auslegung einer Ausnahmevorschrift, die europarechtlich erheblichen Bedenken begegnet.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.3 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2014 – L 32 AS 2279/13 B PKH – rechtskräftig

Aufrechnung von Kostenforderungen – PKH – Ermessen bei schlicht-hoheitlichem Handeln

Leitsätze (Autor)
Die Aufrechnung eines Anspruchs auf Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X stellt einen Verwaltungsakt dar.

Insofern ist bislang ungeklärt, ob diese Ansprüche hinsichtlich der Aufrechnung dem Regime der §§ 38 ff, insbesondere 51 SGB I unterliegen. Dies wird unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um Annexleistungen handele, vertreten (Diering in LPK-SGBX, 2. Aufl., § 63 SGB X, RdNr 42).

Sollte es sich um einen Verwaltungsakt nach oder entsprechend § 51 SGB I gehandelt haben, dürfte hinreichende Erfolgsaussicht schon deshalb bestehen, weil nicht ansatzweise erkennbar ist, dass die erforderliche Ermessensausübung vorgenommen sein könnte.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.4 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.02.2014 – L 32 AS 2471/13 B PKH – rechtskräftig

Prozesskostenhilfe – Vertretbarkeit verfassungsrechtlicher Bedenken – Regelbedarfe § 20 SGB 2 – Gewährung von Prozesskostenhilfe

Leitsätze (Autor)
Die in der verfassungsrechtlichen Diskussion stehenden Probleme lassen es nicht als unvertretbar erscheinen, die angegriffenen Gesetzesregelungen als verfassungswidrig zu rügen. Insofern folgt das Gericht der Auffassung des LSG NRW, Beschluss vom 23. April 2012, L 7 AS 1059/11 B.

Daran haben die Entscheidungen des Bundessozialgerichts nichts geändert. So hat das Bundessozialgericht im Bereich des Bedarfs für Verkehr “eine Unsicherheit der Verbrauchsermittlungen in der Größenordnung von etwa 5,50 Euro monatlich” ausdrücklich eingeräumt (BSG; Urteil vom 12.07.2012, B 14 AS 153/11 R, RdNr 73) und dies lediglich im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für Bedarfe außerhalb des physischen Existenzminimums für “hinnehmbar” gehalten (ebd). In einer solchen Bewertung kann eine abschließende, andere Auffassungen als unvertretbar erscheinende Klärung nicht erkannt werden.

Schließlich vermag der pauschale Bezug darauf, dass der Spruchkörper der Rechtsprechung des BSG folge, eine Bewertung der Vertretbarkeit der verfassungsrechtlichen Gegenargumente jedenfalls solange nicht zu entkräften, wie das BVerfG über die ihm vorliegenden Verfahren nicht entschieden hat und die Vertretbarkeit der klägerischen Argumente nicht näher geprüft werden. Das BVerfG selbst misst jedenfalls der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 28. März 2013, 28. März 2013, B 4 AS 12/12 R angesichts der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (BVerfG, Beschluss vom 10.09.2013, 1 BvR 1691/13) hinreichende Erfolgsaussichten bei.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.5 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat, Urteil vom 19.03.2014 -  L 13 AS 233/12

Sozialgerichtliches Verfahren – Untätigkeitsklage – Nichtbescheidung eines Widerspruchs gegen eine vorläufige Leistungsbewilligung binnen drei Monaten – Fehlen eines zureichenden Grundes – abschließende Entscheidung wegen fehlender Mitwirkung nicht möglich – Bescheidung des Widerspruchs dennoch möglich – Kostenentscheidung

Leitsätze (Juris)
Der Leistungsträger darf eine Untätigkeit nicht damit rechtfertigen, dass der Antragsteller möglicherweise seinen Mitwirkungspflichten i. S. der §§ 60 ff. SGB I nicht nachgekommen ist. Ggf. muss der Leistungsträger nach § 66 SGB I vorgehen. Auch im Falle der zunächst vorläufigen Leistungsbewilligung gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn hier besteht die Möglichkeit, den Widerspruch mit der Begründung zurückzuweisen, eine endgültige Entscheidung sei weiterhin wegen unzureichender Erkenntnisgrundlage nicht möglich.
Dass nach der Rechtsprechung des Senats bereits eine unterbliebene Widerspruchsbegründung eine Klage mutwillig erscheinen lässt, ist allein vor dem Hintergrund der Kostenlastentscheidung zu sehen. Hieraus, oder aus dem Umstand mangelhafter Mitwirkung, folgt keine Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Untätigkeitsklage; indes haben diese Erwägungen maßgeblichen Einfluss auf die Kostenentscheidung nach § 193 SGG.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

4.6 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat, Beschluss vom 19.03.2014 -  L 13 AS 45/14 B

Fehlende Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit – zurückweisender Prozesskostenhilfebeschluss

Leitsätze (Juris)
Soweit § 44 SGB X oder der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im konkreten Fall offensichtlich nicht einschlägig sind, können diese Rechtsgrundlagen nicht herangezogen werden, um eine nicht gegebene Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit mit der gewünschten Folge der Kostenfreiheit des Verfahrens zu begründen.

Für eine auf Schadensersatz gerichtete Klage, auch wenn sie als Folgenbeseitigung bezeichnet wird, ist die Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig.

Ein Schadensersatzanspruch kann keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sein.

Für ein Prozesskostenhilfeverfahren kann Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

Anmerkung:
Vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2012 – B 4 AS 142/11 R – Ein Schadensersatzanspruch kann indes keine Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sein.

4.7 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat, Beschluss vom 18.03.2014 -  L 13 AS 363/13 B ER

Kein Anspruch eines Unionsbürgers auf laufende Sozialleistungen bei Einreise allein zum Zweck der Arbeitssuche

Leitsätze (Juris)
Wird eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage seit langer Zeit in der Fachöffentlichkeit diskutiert, so darf ein Gericht diese nicht offen lassen und im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege der Folgenabwägung entscheiden. § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr.2 SGB II ist europarechtskonform.
 
Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

4.8 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 13. Senat, Beschluss vom 05.03.2014 – L 13 AS 206/13 WA

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Bedarfsgemeinschaft – Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft – keine Widerlegung der Vermutungsregelung – Partnerschaftsvertrag – Berücksichtigung des Partnereinkommens zugunsten der nicht leiblichen minderjährigen Kinder in der Bedarfsgemeinschaft – Verfassungsmäßigkeit

Leitsätze (Juris)
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II und damit die Feststellung des Nichtbestehens einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft muss anhand von Tatsachen erfolgen. Allein die Behauptung des Betroffenen, dass der Vermutungstatbestand nicht erfüllt sei, ist ebenso unzureichend wie der Abschluss eines Partnerschaftsvertrages des Inhalts, die Kosten für den Lebensunterhalt trage jeder für sich selbst.

Durch die Schaffung von Verrechnungsstrukturen, mit denen Gelder zwischen den Partnern hin- und hertransferiert werden (“Karussellgeld”), wird eine wirtschaftliche Trennung nicht glaubhaft.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

4.9 – LSG NRW, Beschluss vom 17.03.2014 – L 7 AS 2392/13 B ER – rechtskräftig

Jobcenter muss Reisekosten im Rahmen einer Folgenabwägung nach Indonesien übernehmen

Leitsätze (Autor)
Das Jobcenter ist verpflichtet, einem Hartz IV-Empfänger eine dreiwöchige Reise zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinem minderjährigen Sohn zu finanzieren.

Die Ausübung des Umgangsrechts des Antragstellers mit seinem Sohn ist eine wichtige Stütze für die Entwicklung des Sohnes, namentlich in Anbetracht des vorstehenden Geburtstags und vor dem Hintergrund, dass der Sohn in einer fremden Kultur lebt.

Der Kontakt zu seinem Sohn ist unter besonderer Berücksichtigung des grundrechtlich geschützten familiären Kontakts von besonderem Belang. Auch das Kindeswohl ist bei der Abwägung zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG NRW vom 01.04.2014: www.lsg.nrw.de

Zum Volltext des Beschlusses hier: sozialgerichtsbarkeit.de

4.10 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 Die Revision wurde zugelassen.

Hartz IV – Anspruch auch für EU-Bürger aus Rumänien

Leitsatz (Autor)
Ein ausnahmsloser Leistungsausschluss für arbeitssuchende EU-Bürger ist europarechtswidrig.

Quelle: Pressemitteilung, Essen, 29.11.2013 : www.lsg.nrw.de

Nun endlich liegt der Volltext des Urteils vor: https://sozialgerichtsbarkeit.de

4.11 – Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 14.03.2014 – L 9 AS 90/11
 
Übergang eines Anspruchs der Leistungsbezieherin gegen ihren früheren Arbeitgeber auf den Grundsicherungsträger.

Leitsatz
Sowohl § 33 SGB II in der seit dem 1. August 2006 gültigen Fassung als auch § 115 SGB X sehen unter den dortigen Voraussetzungen einen Übergang des Anspruchs kraft Gesetzes (Legalzession) vor.

Hat der Sozialleistungsträger in einem Schreiben den Anschein vermittelt, es läge eine verbindliche Regelung des öffentlichen Rechts vor, hat er sich der äußeren Form nach eines formellen – Verwaltungsaktes bedient, der aufzuheben ist, soweit er angefochten wird.

Bei der Regelung des § 33 Abs. 5 SGB II, wonach die §§ 115 und 116 SGB X der Regelung von § 33 Abs. 1 vorgehen, handelt es sich um einen Anwendungsvorrang, nicht um einen Ausschließungsvorrang. Soweit ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X nicht eintritt, bleibt ein Übergang gem. § 33 SGB II möglich.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
5.1 – Sozialgericht Dresden, Urteil vom 27.09.2013 – S 21 AS 671/12 – Die Berufung wird zugelassen.

Schülerbeförderungskosten – Eigenanteil

Leitsätze (Autor)
Als zumutbare Eigenleistung gilt in der Regel ein Betrag in Höhe von 5 Euro monatlich.

Da der Gesetzgeber ausdrücklich auf die Erfahrungen aus der bisherigen Verwaltungspraxis abstellt, ist nicht ersichtlich, weshalb in Leistungszeiträumen vor dem 01.08.2013 ein höherer Eigenanteil zumutbar gewesen sein soll als nach derzeitiger Gesetzeslage. § 28 Abs. 4 Satz 2 SGB II n.F. konkretisiert lediglich die bisher bestehende unbestimmte Regelung.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.2 – Sozialgericht Dresden, Urteil vom 06.01.2014 – S 48 AS 5789/12 – Die Berufung wird zugelassen.

Lernförderung nach § 28 Abs. 5 SGB II-

Leitsätze (Autor)
Antragsteller hat Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine angemessene Lernförderung nach § 28 Abs. 5 SGB II für den Besuch des Studientreffs.

Gemäß § 28 Abs. 5 SGB II ist zur Bestimmung der wesentlichen Lernziele auf die jeweils geltenden landesrechtlichen Vorschriften zurückzugreifen. Einschlägig ist somit § 5 Sächs. SchulG. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung bezieht sich auf das wesentliche Lernziel, das sich wiederum im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ergibt. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau.

Aus § 28 Abs. 5 SGB II ergibt sich gerade nicht, dass dieser nur für kurzfristige Programme geschaffen worden ist. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Einzelfall und im konkreten Einzelfall können auch mittel- und längerfristige Maßnahmen erforderlich sein, zumal auch die Gesetzesbegründung den Aspekt der Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Bildung und der Armutsbekämpfung gesondert hervorhebt (BT-Drucks 17/3404, 45).

Dass die Versetzung nicht das alleinige Lernziel ist, wird darüber hinaus von der Gesetzesbegründung zu § 28 Abs. 5 SGB II gestützt. Darin heißt es: “Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung bezieht sich auf das wesentliche Lernziel, das sich wiederum im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ergibt. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau.” (BT-Drucks 17/3404, 105). Ausgehend von dem Lernziel, dem Antragsteller ein gewisses Leistungsniveau zu vermitteln, war die Lernförderung auch geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen. Es handelt sich hierbei um eine gerichtlich voll überprüfbare Prognoseentscheidung.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. Sozialgericht Darmstadt, Urteil vom 16.12.2013 – S 1 AS 467/12

Die (Gefährdung der) Versetzung kann nicht das einzige, wenn auch ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Erforderlichkeit zusätzlich Lernförderung sein. Vielmehr verlangt der Verweis auf die schulrechtlichen Bestimmungen die Beantwortung der Frage, ob die zusätzliche Lernförderung notwendig und geeignet ist, um der Schülerin oder dem Schüler zu ermöglichen, die lernzeitbezogenen Kompetenzerwartungen zum gegebenen Zeitpunkt zu erreichen. Damit wird eine Beurteilung der konkreten Lernsituation und der schulischen Entwicklung des einzelnen Schülers sowie der möglichen Auswirkungen der Lernförderung auf die weitere Entwicklung notwendig.

5.3 – SG Dresden, Beschluss vom 28.03.2014 – S 40 AS 1905/14 ER

Keine Übernahme der Prüfungskosten an Privatschule im Rahmen des SGB II

Leitsätze (Autor)
Schüler einer Privatschule haben keinen Anspruch nach dem SGB II auf Übernahme der Gebühren für ihre Abschlussprüfungen in Form eines erhöhten Regelbedarfs.

Die Antragstellerin könne die Übernahme der Prüfungsgebühren auch nicht als gesonderten Bedarf für Bildung beanspruchen. Der Leistungskatalog des § 28 SGB II regele die insoweit berücksichtigungsfähigen Bedarfe abschließend. Prüfungsgebühren seien darin nicht aufgeführt. Aus diesem Grund sei auch ein Anspruch auf Übernahme der Prüfungsgebühren als sog. Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu verneinen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum LSG Chemnitz erhoben werden.

Pressemitteilung SG Dresden: www.justiz.sachsen.de

Anmerkung:
Vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.02.2014 – L 4 AS 638/12 B – Keine Zahlung eines Mehrbedarfes im Sinne § 27 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 21 Abs. 6 SGB II für das monatliche Schulgeld der Antragstellerin – Es ist fraglich, ob das Schulgeld von der Regelung des § 21 Abs. 6 SGB II umfasst sein kann.

5.4 – Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 31.03.2014 – S 6 AS 46/14 ER

Teilweise Versagung des Arbeitslosengeld II nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung des Leistungsbeziehers bei der Klärung der Erwerbsfähigkeit zulässig

Leitsätze (Autor)
Die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Wegen der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Antragsteller darf das Jobcenter auf § 66 SGB I zurückzugreifen, da die grundsätzliche Weigerung sich begutachten zu lassen, in den §§ 31 ff. SGB II nicht geregelt ist. Gleiches gilt für die nicht erteilte Zustimmung der Weitergabe des sozialmedizinischen Ergebnisses der Begutachtung (ohne anamnetische Angaben und Diagnosen) an das JC.

Eine Minderung von laufenden SGB II-Leistungen um 30 Prozent verstößt nicht gegen das soziokulturelle Existenzminimum (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.04.2012 – L 2 AS 5594/11 NZB), wobei es der Antragsteller in der Hand hat, die teilweise Leistungsentziehung durch eine Nachholung der Mitwirkungshandlung zumindest für die Zukunft – je nach der Entscheidung des Antragsgegners auch rückwirkend (§ 67 SGB I) – aus der Welt zu schaffen.

Widerspruch und Klage gegen Entziehungsbescheide im Sinne des § 66 SGB I gem. § 39 Nr.1 SGB II haben keine aufschiebende Wirkung.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Ähnlich im Ergebnis Bayerische LSG, Beschluss v. 31.08.2012 – L 7 AS 601/12 B ER; a.A. Hessisches LSG, Beschluss v. 22.06.2011 – L 7 AS 700/10 B ER

5.5 – Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 30.11.2014 – S 40 AS 5019/13 ER

Leitsatz (RAin Helga Wonnemann)
ALG II-Anspruch für Familien aus der Slowakei möglicherweise nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, jedoch in summarischer Prüfung kann ein vorrangiges Interesse der Antragsteller, die ohne Einkomme und Vermögen sind, bejaht werden, so das Regelsatz und Unterkunftskosten ab sofort für drei Monate vom JC zu zahlen sind.

Quelle: Urteil liegt Tacheles vor.

6.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

6.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.02.2014 – L 15 SO 23/13

Kosten der Unterkunft – Mietvertrag mit Verwandten – Betreuung

Leitsätze (Autor)
Sozialhilfeträger muss Unterkunftskosten für bei der Schwester wohnenden unter Betreuung stehenden, behinderten Bruder übernehmen, denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt es in erster Linie auf das Vorliegen eines rechtsgültigen Mietvertrages an, dieser ist hier gegeben.

Der 8. Senat des BSG hat sich der Rechtsprechung der für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II zuständigen Senate des BSG angeschlossen, wonach Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von Wohnraum unabhängig von einem Fremdvergleich Rechtsgrundlage dafür sein können, dass der Grundsicherungsträger tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen hat, wenn ein entsprechender rechtlicher Bindungswille besteht (vgl. Beschluss des BSG vom 25. August 2011, Az. B 8 SO 1/11 B, unter Hinweis auf die Urteile des BSG vom 3. März 2009, Az. B 4 AS 37/08 R und vom 7. Mai 2009, Az. B 14 AS 31/07 R).

Auf die Tatsache, dass tatsächlich kein Mietzins gezahlt wurde und dies keine Konsequenzen in Form einer Kündigung nach sich gezogen hat, ist – dagegen nicht abzustellen, da dies für Hilfebedürftige eine typische Situation ist, da sie, auch wenn sie einen Rechtsbindungswillen hatten, mangels Ressourcen ohne Leistungen durch den Träger der Mietzahlungsverpflichtung nicht nachkommen können.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. SG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.02.2014 – S 2 SO 251/12 – Sozialhilfeträger muss Unterkunftskosten des bei den Eltern wohnenden geistig behinderten Sohnes übernehmen.

7.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

7.1 – SG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.02.2014 – S 2 SO 251/12

Kosten der Unterkunft – Verwandte – Betreuung

Leitsätze (RA Markus Klinder)
Sozialhilfeträger muss Unterkunftskosten des bei den Eltern wohnenden geistig behinderten Sohnes übernehmen.

Quelle: www.ra-klinder.de (dort steht irrtümlicherweise falsches Aktenzeichen).

Anmerkung des Gerichts:
Das Gericht wies auch darauf hin, dass sich zusätzliche Bedingungen, wonach der Mietvertrag bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit hätte abgeschlossen werden müssen, sich in keinster Weise aus der Rechtsprechung des Bundessozialgericht herleiten lasse.

8.   Entscheidungen zum Asylrecht

8.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 8. Senat, Beschluss vom 18.02.2014 – L 8 AY 70/13 B ER

§ 1a AsylbLG gebietet eine Einzelfallprüfung, welche Leistungen nach den Umständen unabweisbar geboten sind

Leitsätze (Juris)
Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass § 1a Nr. 2 AsylbLG nicht verfassungswidrig und auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – weiter anzuwenden ist (Beschluss vom 20. März 2013 – L 8 AY 59/12 B ER -, juris).
Eine Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG setzt voraus, dass die zuständige Leistungsbehörde den konkreten Sachverhalt ermittelt und in die Einzelfallprüfung mit einbezieht, auf welche Art und Weise (Geld- oder Sachleistung), in welchem Umfang und für welche Dauer eine gekürzte Leistung zu erbringen ist.
Bei dieser Einzelfallprüfung sind allein die konkreten Bedarfe der leistungsberechtigten Person an existenzsichernden Leistungen maßgeblich, nicht jedoch die Art und Schwere der Verstöße im ausländerrechtlichen Verfahren. Diese haben keinen Einfluss auf die im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotenen Leistungen.
Unterbleibt die gebotene behördliche Sachverhaltsermittlung oder beruht sie auf sachfremden Erwägungen, hat – jedenfalls in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – der zuständige Leistungsträger die existenzsichernden Leistungen nach § 3 AsylbLG in ungekürzter Höhe zu erbringen.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

9.   Bernd Eckhardt: SGB II – Die modifizierte Zuflusstheorie, Stand: 02/2014

Download hier: www.sozialpaedagogische-beratung.de

10.   Verfassungsbeschwerde gegen Begrenzung der Leistungen für die Unterkunft betreffend der “Angemessenheitsobergrenze”, die aus § 12 WoGG abgleitet wird.

Die Rechtsanwälte der Kanzlei ” Sozialrecht in Freiburg ” haben jetzt die zweite Verfassungsbeschwerde gegen die Begrenzung der Leistungen für die Unterkunft eingelegt. Es geht um die Frage, ob es zulässig ist, den um 10 % erhöhten Wert aus § 12 WoGG als “Mietobergrenze” zu setzen, wenn ein “schlüssiges Konzept” nicht vorliegt.
 
Unsere Prüfung anhand des letzten Wohngeld- und Mietenberichtes der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/6280) zeigt, dass die vom BSG so genannte “Angemessenheitsobergrenze” systematisch niedriger liegt als Angemessenheitsgrenzen, die auf einem “schlüssigen Konzept” beruhen.

weiterlesen hier: 3.4.2014: Zweite Verfassungsbeschwerde gegen Begrenzung der Leistungen für die Unterkunft, jetzt betreffend die “Angemessenheitsobergrenze”, die aus § 12 WoGG abgleitet wird: www.sozialrecht-in-freiburg.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de