1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 12.12.2013 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
1.1 – BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 83/12 R
Arbeitslosengeld II – Unterkunft und Heizung – Guthaben aus Betriebskostenabrechnung – Anrechnung auf die tatsächlichen Aufwendungen im Anrechnungszeitraum
Leitsätze (Autor)
Betriebskostenrückzahlungen mindern den Anspruch auf Alg II gemäß § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II a.F. nur dann mit dem vollen Rückzahlungsbetrag, wenn die Aufwendungen der Leistungsberechtigten für Unterkunft und Heizung durch den hierauf entfallenden Alg II-Anteil vollständig gedeckt waren. Wurden dagegen nur abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, mindern Betriebskostenerstattungen den Alg II – Anspruch in dem bzw. den folgenden Monat(en) nur um den Betrag, der nach ihrer Anrechnung auf die tatsächlich aufgebrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung – ohne Kosten der Warmwasserbereitung, soweit sie von der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst sind – verbleibt.
Quelle: juris.bundessozialgericht.de
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.07.2012 – L 7 AS 464/11
Auch ergänzende Leistungen muss sich ein Hilfebedürftiger nicht aufdrängen lassen.
Leitsätze (Juris)
Über ergänzende Sach- oder geldwerte Leistungen war auch nach § 31 Absatz 3 Satz 6 SGB II in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung zumindest dann nicht zeitgleich mit dem Sanktionsbescheid zu entscheiden, wenn noch ausreichend Zeit vorhanden war, ergänzende Leistungen bis zum Beginn des Absenkungszeitraumes zu beantragen und zu gewähren.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Anderer Auffassung LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.09.2009, L 7 B 211/09 AS ER, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.01.2011, L 2 428/10 B ER
2.2 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.03.2014 – L 11 AS 128/14 NZB
Kosten für einen Kühlschrank – Ersatzbeschaffung
Leitsatz (Autor)
Für die Übernahme der begehrten Kosten für einen Ersatzkühlschrank finde sich keine Rechtsgrundlage im SGB II.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Vgl. zur Ersatzbeschaffung für einen Kühlschrank LSG NRW, Urteil vom 24.02.2014 – L 19 AS 26/13
2.3 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.04.2014 – L 32 AS 623/14 B ER – rechtskräftig
Keine Anrechnung von fiktivem Unterhaltsvorschuss
Leitsätze (Autor)
Nur eine tatsächlich zugeflossene Einnahme ist als “bereites Mittel” geeignet, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken; die Anrechnung einer fiktiven Einnahme zur Bedarfsminderung ist nach dem System des SGB II dagegen ausgeschlossen (vgl BSG Urteil vom 29. November 2012- B 14 AS 161/ 11 R).
Lässt sich Hilfebedürftigkeit nicht nachweisen, geht dies zwar grundsätzlich zu Lasten des Antragstellers. Dies erlaubt es aber nicht, den Zufluss von Einkommen, der der Annahme von Hilfebedürftigkeit entgegenstehen könnte, zu unterstellen (vgl Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.Februar 2010- B 14 AS 32/08 R – unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 12.Mai 2005 – 1 BvR 569/05).
Entsprechend muss der Träger der Grundsicherung Leistungen erbringen, wenn vorrangige Ansprüche nicht rechtzeitig zu realisieren sind und als bereite Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch nach Antragstellung darf die vorrangige Leistung erst bei ihrem tatsächlichen Zugang als Einkommen berücksichtigt werden.
Etwas Anderes folgt auch nicht aus § 12a SGB II, der die Verpflichtung des Leistungsberechtigten postuliert, Leistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen. Weder diese Vorschrift noch § 5 Abs. 3 SGB II sehen in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Vorenthaltung von Leistungen – in fiktiver Höhe – vor.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Vgl. zur Anrechnung fiktiven Einkommens – Unterhaltsvorschuss LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2012 – L 9 AS 3208/12 ER-B und Hessisches LSG, Beschluss vom 18.12.2012 – L 7 AS 624/12 B ER
2.4 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.02.2014 – L 34 AS 1021/12
Darlehen von Verwandten
Leitsätze (Autor)
Keine Berücksichtigung einer Schuldzinsvereinbarung bei der Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Heizung, denn eine ernsthafte, rechtlich wirksame, Vereinbarung über die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Schuldzinsen i. S. d. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB wurde nicht getroffen.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.5 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 – L 7 AS 210/13 NZB
Arbeitslosengeld II – Sonderbedarf – Erstausstattung bei Geburt – Höhe des Pauschalbetrages – gerichtliche Überprüfbarkeit – Nachweis des tatsächlichen Bedarfs und einer Unterdeckung – Beweislast
Leitsätze (Juris)
Die richterliche Plausibilitätskontrolle über eine pauschale Geldleistung führt nicht dazu, dass ein Sozialgericht eine für alle Fälle abstrakte höhere Pauschale festsetzen könnte.
Das individuelle Bedarfsdeckungsprinzip erfordert eine konkrete Darlegung im Prozess, welche Bedarfe der Erstausstattung bei Geburt mit der erhaltenen Pauschale nicht befriedigt werden konnten.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
so auch: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. März 2013 – L 5 AS 63/12
2.6 – LSG NRW, Beschluss vom 17.04.2014 – L 19 AS 485/14 B ER
Zum Anordnungsgrund bei Unterkunftskosten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (hier bejahend) – Vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für einen Beschäftigten der Werkstätten für behinderte Menschen
Leitsätze (RA Uwe Klerks)
1. Kosten für Unterkunft und Heizung können im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel nur bei einer konkret drohender Wohnungslosigkeit oder einer vergleichbaren Notlage beansprucht werden.
2. Dieser Grundsatz gilt aber nicht, wenn es um die Frage geht, ob der Antragsteller erwerbsfähig ist oder nicht. In diesem Fall hat der Leistungsträger nach dem SGB II auch im vorläufigen Rechtsschutz Kosten für Unterkunft und Heizung zu tragen. Anderenfalls würde der Zuständigkeitsstreit zweier Leistungsträger entgegen der gesetzgeberischen Wertung des § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II auf Kosten des Antragstellers ausgetragen.
Quelle: RA Uwe Klerks, Essen
Anmerkung:
Vgl. zum Anordnungsgrund für Bedarfe der Unterkunft und Heizung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (hier bejahend für einen bulgarischen Antragsteller, der bei seiner Tante wohnt) – LSG NRW, Beschluss vom 06.03.2014 – L 6 AS 141/14 B ER.
3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – SG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2014 – S 58 AS 1238 /14 ER
Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt, denn es bestehen durchgreifende Zweifel. Diese ergeben sich zum einen aus dem Inhalt der der Antragstellerin auferlegten Pflichten, zum anderen aus der Laufzeit des EingIiederungsverwaltungsaktes.
Leitsätze (Autor)
Die Antragstellerin ist verpflichtet, bei Erkrankung gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Arbeitsvermittlung einzureichen und jede Veränderung ihrer persönlichen, gesundheitlichen sowie finanziellen Veränderungen umgehend mitzuteilen. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die Festlegung ausschließlich solcher allgemeiner Anzeige- und Mitwirkungspflichten zulässiger Inhalt eines Eingliederungsverwaltungsaktes sein kann.
Ein Eingliederungsverwaltungsakt, der ohne Ermessenserwägungen eine von der gesetzlichen Regellaufzeit (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II) abweichende Geltungsdauer von zwölf Monaten anordnet, ist rechtswidrig.
Quelle: Der Beschluss liegt dem Autor vor.
Anmerkung:
Anderer Auffassung Vgl. zu den Anzeige- und Bescheinigungspflichten bei Arbeitsunfähigkeit (§ 56 SGB II) und zu den allgemeinen Mitwirkungspflichten eines Leistungsberechtigten nach § 60 SGB I – BayLSG, Beschluss vom 24.03.2014 – L 7 AS 217/14 B ER
3.2 – SG Koblenz, Beschluss vom 17.04.2014 – S 15 AS 256/14 ER
Sanktionsbescheid eines unter 25- jährigen Hilfebedürftigen ist rechtswidrig und aufzuheben, weil es an einer fehlerfreien Verkürzungsentscheidung nach § 31b Abs. 1 Satz 4 SGB 2 fehlt.
Leitsätze (Autor)
Die Verkürzung der gesetzlichen Regelsanktionsdauer von drei Monaten setzt eine nach pflichtgernäßem Ermessen zu treffende (§ 30 SGB X) und zu begründende (§ 40 SGB X) Ermessensentscheidung voraus. Eine bloß formelhafte Begründung ohne erkennbaren Bezug zum Einzelfall genügt dem nicht.
Die Verkürzung ist von Amts wegen zu prüfen, erfordert keinen gesonderten Antrag und ist mit der Feststellung der Leistungsbeschränkung zu verbinden. Die fehlerfreie Verkürzungsentscheidung ist sachlich Voraussetzung für die Leistungsminderung im Übrigen. Die Verkürzungsentscheidung ist nicht an besondere Tatbestandsvoraussetzungen (z.B. besondere Härte) gebunden und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der Einsichtsfähigkeit des Leistungsberechtigten und des Grads des Verschuldens zu treffen.
Da die fehlerfreie Verkürzungsentscheidung sachlich Voraussetzung für die Minderung des Leistungsanspruchs im Übrigen ist, erscheint die angegriffene Sanktionsentscheidung im Ganzen rechtswidrig und war die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs anzuordnen.
Quelle: Beschluss liegt dem Autor vor.
3.3 – Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2014 – S 14 AS 695/14 ER
Grundsicherung für Arbeitssuchende, Kosten der Unterkunft, vorläufige Zusicherung für Aufwendungen einer neuen Unterkunft, Rollstuhlfahrer, Angemessenheit, erhöhter Wohnraumbedarf, einstweiliger Rechtsschutz
Leitsätze (Juris)
Es besteht die Möglichkeit einer vorläufigen Zusicherung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Bei Rollstuhlpflichtigen Leistungsempfänger ist zwar ein erhöhter Wohnraumbedarf anzuerkennen, dennoch obliegt auch ihnen vorrangig die Verpflichtung, sich um angemessenen Wohnraum zu bemühen.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Für eine endgültige Verpflichtung zur Erteilung einer Zusicherung im einstweiligen Rechtsschutz (so für Ausnahmefälle LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.05.2009, L 32 AS 612/09 B ER und Beschluss vom 31.07.2009, L 25 AS 1216/09 B ER) wird keine Rechtsgrundlage und keine Notwendigkeit gesehen, vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 27. Juni 2013 – L 7 AS 330/13 B ER.
3.4 – Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 10.03.2014 – S 38 AS 4626/13 – Berufung anhängig beim LSG NRW unter dem Az. L 19 AS 693/14
Die gezahlte Urlaubsabgeltung ist über einen Zeitraum von sechs Monaten als bedarfsminderndes Einkommen auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II anzurechnen.
Leitsätze (Autor)
Der Hilfebedürftige hat keinen Anspruch auf Leistungen ohne Anrechnung der gezahlten Urlaubsabgeltung, weil diese kein privilegiertes Einkommen im Sinne des § 11a Abs. 3 SGB II darstellt und als Einkommen anzurechnen ist.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Gleicher Auffassung LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.08.2013 – L 5 AS 729/13 B ER; anderer Ansicht SG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2012 – S 10 AS 87/09 -, Berufung anhängig beim LSG NRW unter dem Az.: L 2 AS 2252/12
3.5 – Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 23.04.2014 – S 11 AS 1626/12
Erstattung von Betreuungskosten bei Unterbringung im Frauenhaus
Leitsätze (Autor)
Die Kommune ist zur Erstattung der Kosten für die psychosoziale Betreuung nur dann verpflichtet, wenn eine Vereinbarung unter anderem über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen besteht. Hieran fehle es aber in diesem Fall.
Quelle: Juris: www.juris.de
3.6 – Sozialgericht Hannover, Beschluss vom 7. Januar 2014 (Az.: S 74 AS 4268/13 ER):
Leitsätze von Dr. Manfred Hammel
Es reicht nicht aus, wenn ein mittelloser Haftentlassener gegen eine vom Jobcenter ihm gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II gewährte Erstausstattungspauschale lediglich vorträgt, die von ihm benötigten Gegenstände seien “zu den jeweiligen Beträgen nicht zu erhalten”.
Antragsteller haben hier stets konkrete Einwände gegen die ihnen bewilligte Geldleistung zu erheben.
Ein Anspruch auf die Gewährung weiterer Leistungen in Geld ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass ein Antragsteller zur Volksgruppe der Sinti und Roma gehört, die aufgrund ihrer Kultur keine gebrauchten Möbel benutzen dürfen, sofern in den Sozialkaufhäusern auch Neuware angeboten wird.
Anmerkung:
Vgl. dazu LSG NSB, Beschluss vom 10.02.2014, L 7 AS 210/13 NZB – Das individuelle Bedarfsdeckungsprinzip erfordert eine konkrete Darlegung im Prozess, welche Bedarfe der Erstausstattung bei Geburt mit der erhaltenen Pauschale nicht befriedigt werden konnten.
3.7 – Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 18. März 2014 (Az.: S 61 AS 4999/14 ER):
Leitsätze von Dr. Manfred Hammel
Wenn ein Jobcenter nur wenige Tage vor seiner auf die §§ 5 Abs. 3 Satz 1 und 12a SGB II gestützten Aufforderung zur Beantragung einer vorrangigen Altersrente mit dem Alg II-Bezieher eine Eingliederungsvereinbarung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II) abgeschlossen hat, wo sich der Antragsteller unter Androhung möglicher Sanktionen verpflichtete, monatlich mindestens drei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nachzuweisen, ohne dass dort auch den Aspekt der Rentenbeantragung eingegangen wurde, so liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, der diesen Aufforderungsbescheid rechtswidrig macht.
4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB X II)
4.1 – Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 26.02.2014 – S 52 SO 398/12 – Nichtzulassungsbeschwerde anhängig unter dem Az. L 9 SO 123/14 NZB
Zur Übernahme von weiteren Bestattungskosten – Mehrkosten für ein Wiesenreihengrab
Leitsätze (Autor)
Sozialhilfeträger muss Mehrkosten für ein Wiesenreihengrab übernehmen, denn aufgrund der besonderen Bedarfssituation des Antragstellers als – Blinder ist die Wahl eines Wiesenreihengrabes angemessen und erforderlich gewesen.
Es ist kein Gesichtspunkt ersichtlich, weshalb es sich bei einer Bestattung in einem Wiesenreihengrab nicht um eine ortsübliche und einfache Bestattungsart handeln solle.
Es kann zudem dahinstehen, ob als erstattungsfähige Kosten im Sinne des § 74 SGB XII immerzu nur diejenigen Kosten eines gewöhnlichen Reihengrabes anerkannt werden können.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Asylrecht
5.1 – LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8. April 2014 (Az.: L 8 AY 57/13 B ER):
Leitsätze Dr. Manfred Hammel
Eine Leistungskürzung nach § 1a Nr. 2 AsylbLG ist nicht verfassungswidrig und auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 (Az.: 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) weiter anzuwenden. Verhaltensbedingte Leistungskürzungen (wie z. B. entsprechend den §§ 31 ff. SGB II) sind im AsylbLG grundsätzlich zulässig.
Eine gemäß § 1a AsylbLG verfügte Anspruchseinschränkung setzt aber stets voraus, dass der zuständige öffentliche Träger im konkreten Einzelfall den Sachverhalt umfassend ermittelt und in diese Einzelfallprüfung mit einbezieht, ob die gewährte Leistung eine Kürzung erfährt, auf welche Art und Weise (Geld- oder Sachleistung) sowie in welchem Umfang und für welche Dauer diese Hilfe (abgesenkt) zu erbringen ist.
Eine Anspruchseinschränkung einzig anhand von Pauschalen (z. B. die Festsetzung prozentualer Abschläge) verbietet sich hier von vornherein.
In diesem Sachzusammenhang sind Art und Schwere der Verstöße im ausländerrechtlichen Verfahren ohne Bedeutung. Dieses Verhalten hat keinen Einfluss auf die im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotenen Leistungen. Es handelt sich hier um sachfremde Erwägungen.
Anmerkung:
Vgl. dazu LSG NSB, Beschluss vom 18.02.2014, L 8 AY 70/13 B ER – Eine Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG setzt voraus, dass die zuständige Leistungsbehörde den konkreten Sachverhalt ermittelt und in die Einzelfallprüfung mit einbezieht, auf welche Art und Weise (Geld- oder Sachleistung), in welchem Umfang und für welche Dauer eine gekürzte Leistung zu erbringen ist.
6. Anmerkung von Ministerialrat Dr. Thomas Harks zu BSG v. 22.08.2013 – B 1 4 AS 75/12 R – Ein-Euro-Job und öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch
Leitsatz
Wenn es auch keinen allgemeinen Grundsatz des Primärrechtsschutzes für das gesamte öffentliche Recht gibt, so bestehen in öffentlich-rechtlichen Sozialrechtsverhältnissen zwischen dem Empfänger von Leistungen und den Leistungsträgern zumindest Nebenpflichten und Obliegenheiten, deren Verletzung zu Rechtsnachteilen führen kann.
Weiter: juris: www.juris.de
7. LSG NRW, Urteil vom 28.11.13 zu Unterkunftsbedarfen in Essen rechtskräftig
“Das BSG hat mit Beschluss vom 02.04.14 die Nichtzulassungebschwerde der Stadt Essen gegen das Urteil des LSG NRW vom 28.11.13 (L 7 AS 1121/13) zurück gewiesen. Das teilte die Geschäftsstelle des 4.Senats auf telefonische Anfrage mit.
Das Beschwerdeverfahren wurde dort unter dem Aktenzeichen B 4 AS 17/14 B geführt.
Das LSG hatte zuvor geurteilt, dass die Stadt Essen nicht nur die Netto Kaltmiete als Maßstab nehmen dürfe sondern kalte Betriebskosten in Höhe von 1,94 Euro pro qm hinzuzurechnen seien. Diese Entscheidung ist damit rechtskräftig.”
Quelle: Rechtsanwalt Jan Häußler, Fachanwalt für Sozialrecht
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de