Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 34/2014

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 04.06.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 04.06.2014 – B 14 AS 38/13 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Auskunftspflicht Dritter – Auskunftsverlangen des Grundsicherungsträgers gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des Leistungsberechtigten – kein Kostenerstattungsanspruch des Arbeitgebers

Leitsätze (Autor)
Arbeitgeber muss Jobcenter kostenfrei Auskunft erteilen.

Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen. Der Ausschluss einer Kostenerstattung für Arbeitgeberauskünfte ist sowohl mit Art 12 Abs. 1 GG als auch – im Vergleich mit Auskunftsverpflichteten, denen ein Anspruch eingeräumt ist (§ 60 Abs. 2 und 4 SGB II) -  mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

2.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.07.2014 – L 7 AS 517/14 B ER

Umzugskosten und Zusicherung nach § 22 SGB II im einstweiligen Rechtsschutz

Leitsätze (Juris)
Im einstweiligen Rechtsschutz kann ein Anordnungsanspruch auf Umzugskosten gemäß § 22 Abs. 6 SGB II nur dann bejaht worden, wenn entweder

ein typischer Fall und die Voraussetzungen nach § 22 Abs. 6 S. 2 SGB II vorliegen oder

die Voraussetzungen nach § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II vorliegen und das Ermessen zu Gunsten der Antragsteller auf Null reduziert ist.

Im einstweiligen Rechtsschutz kann regelmäßig nur eine vorläufige Zusicherung erlangt werden, aus der anschließend nur vorläufige Leistungen (hier die Miete der neuen Wohnung) beansprucht werden können. Eine endgültige Klärung des Anspruchs ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.2 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30.07.2014 – L 11 AS 491/14 B ER

Wegen einstweiliger Anordnung, Einstiegsgeld, Existenzgründungsdarlehen

Leitsätze (Juris)
Kein Anspruch auf Einstiegsgeld und Existenzgründungsdarlehen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn nicht ausreichende Unterlagen zur Prüfung der Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit vorliegen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.3 – Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.06.2014 – L 16 AS 297/13

Isolierte Anfechtung, Kenntnis der Rechtsfolgen, Rechtsfolgenbelehrung, Sanktionsbescheid

Leitsätze (Juris)
Nach der seit 01.04.2011 geltenden Neuregelung gemäß §§ 31 ff. SGB II kann ein Sanktionsbescheid isoliert angefochten werden.

Auch in den Fällen, in denen eine konkrete Rechtsfolgenbelehrung nicht erfolgen konnte, weil ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis verschwiegen wurde, kann nicht auf die gesetzliche Voraussetzung Rechtsfolgenbelehrung oder Kenntnis der Rechtsfolgen verzichtet werden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Anderer Auffassung Vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER und Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – Auch nach der seit dem 01.04.2011 geltenden aktuellen Rechtslage kann eine Sanktion nicht isolierter Streitgegenstand sein; gleicher Auffassung Bay. LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – (Revision zugelassen).

2.4 – Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 16.07.2014 – L 16 AS 518/13

Vorhersehbare aufeinanderfolgende stationäre Aufenthalte sind zusammenzurechnen und führen zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II – Krankenhausbehandlung und medizinische Reha-Maßnahme – Prognose

Leitsätze (Juris)
Erfolgt während des Leistungsbezugs eine Aufnahme in einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationseinrichtung gemäß § 107 SGB V, ist für die Prüfung der Frage, ob ein Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 und 3 SGB II besteht, auf den Tag der Aufnahme im Krankenhaus abzustellen.

Bei der danach zu treffenden Prognoseentscheidung sind alle Umstände bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen.

Bei von vornherein feststehenden aufeinander folgenden Aufenthalten in einem Krankenhaus gemäß § 107 Abs. 1 SGB V und in einer Vorsorge oder Rehabilitationseinrichtung gemäß § 107 Abs. 2 SGB V sind für die Prüfung der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer beide Aufenthalte zusammenzurechnen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Anderer Auffassung LSG NRW, Urt. v. 03.12.2007 – L 20 AS 2/07 – eine Zusammenrechnung zweier aufeinander folgender stationärer Aufenthalte ist nur dann möglich, wenn beide Behandlungen aufeinander abgestimmt sind beziehungsweise ein und demselben Krankheitsereignis zuzurechnen sind.

2.5 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.07.2014 – L 4 AS 233/14 B ER- rechtskräftig

Leitsätze (Autor)
Jobcenter muss keine Kosten für die Unterkunft und Heizung erbringen, denn der Antragsteller hat insgesamt nicht glaubhaft gemacht, dass er rechtlich wirksam zu Mietzahlungen verpflichtet ist, die als KdU zu bewerten wären.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.6 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2014 – L 9 AS 5473/13 B

Leitsätze (Autor)
Beschwerden gegen die Aufhebung von PKH werden – auch nach der Neuregelung zum 25.10.2013 – vom Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht erfasst.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.08.2014 – L 2 AS 2095/13 B – rechtskräftig

Gegen den Aufforderungsbescheid zur Beantragung vorrangiger Leistungen ist der Widerspruch zulässig.

Leitsätze (Autor)
Die Aufforderung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist nicht als rein vorbereitendes Verwaltungshandeln zu qualifizieren. Vielmehr handelt es sich um die Verfügung einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls mit Außenwirkung und somit um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X.

Gegen den Aufforderungsbescheid ist der Widerspruch zulässig (vgl. BSG, Beschluss vom 16.12.2011, B 14 AS 138/11 R, zu § 12 a SGB II).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Ebenso SG Cottbus, Urteil vom 15.05.2014 – S 14 AS 4304/13

2.8 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.08.2014 – L 6 AS 726/14 B – rechtskräftig

Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, in welchem die Kläger – die alleinerziehende Klägerin und ihre 3 minderjährigen Kinder – die Verfassungswidrigkeit der Regelsatzhöhe nach dem SGB II für mehrköpfige Bedarfsgemeinschaften mit Kindern rügen.

Leitsätze (Autor)
Ein mögliches Obsiegen unter Beachtung des Vortrages der Kläger, die Regelbedarfe seien bei Mehrpersonenhaushalten der Höhe nach verfassungswidrig festgesetzt worden, ist nicht zu verneinen. Denn dies ist eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage.

Die seit 2011 geltenden gesetzlichen Regelungen über die Regelbedarfe und damit die Problematik der Verfassungsmäßigkeit des den Bedarfsgemeinschaften – gerade mit minderjährigen Kindern – zur Verfügung stehenden Existenzminimums werden beim BVerfG im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1691/13 gegen das Urteil des BSG vom 28.03.2013 – B 4 AS 12/12 R überprüft. Den dortigen Klägern hat das BVerfG durch Beschluss vom 10.09.2013 für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde PKH bewilligt. Letztlich kann für diese Konstellation der mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaft die (erneute) Entscheidung des BVerfG Klarheit hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen der Regelbedarfe herstellen. Das BVerfG wird dort zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber auch bei den mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaften die gesetzlichen Regelungen des SGB II mit der Verfassung vereinbar ausgestaltet hat.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.9 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 – L 7 AS 476/14 B ER – rechtskräftig

Im Rahmen der Folgenabwägung sind der Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Hinblick auf den Regelbedarf vorläufig zu bewilligen – Keine Duldung eines Hausbesuches.

Leitsätze (Autor)
Für die Hilfebedürftigkeit und gegen eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft spricht die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin.

Nicht für eine gegenseitige Einstandsgemeinschaft sprechen der Untermietvertrag und die gegenseitigen Pflichten. Die Antragstellerin ist zur Pflege der Möbel in allen Räumen verpflichtet.

Es besteht keine Pflicht, einen Hausbesuch im Rahmen der Feststellung des Vorliegens einer Partnerschaft zu dulden. Die Weigerung, einen Hausbesuch zu dulden, darf daher im Rahmen der Beweiswürdigung nicht überbetont werden. Soweit ein Dritter Auskünfte nicht erteilt, kann die Behörde ihn als Zeugen vernehmen; § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X und gegebenenfalls das Sozialgericht um entsprechende, auch eidliche Vernehmung ersuchen; § 22 SGB X. Dies ist nach summarischer Prüfung in dieser Form nicht geschehen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Lesenswert dazu der Beitrag von RA Thorsten Haßiepen: Hartz IV und Hausbesuche des Jobcenters: rechtsanwalthassiepen.wordpress.com

2.10 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.07.2014 – L 7 AS 1035/14 B ER – rechtskräftig

Vorläufige Gewährung von ALG II für niederländischen Staatsangehörigen im Rahmen der Folgenabwägung.

Leitsätze (Autor)
Gegen eine Bewilligung von Leistungen im Rahmen der Folgenabwägung spricht im Übrigen auch nicht der Schlussantrag des Generalanwaltes Wathelet vom 20.05.2014 im Vorlageverfahren des SG Leipzig (EuGH – C-333/13 – Rs. Dano). Die Rechtsauffassung des Generalanwalts bindet den EuGH nicht.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.11 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2014 – L 19 AS 984/14 B ER – und – L 19 AS 985/14 B – rechtskräftig

Polnische Staatsangehörige hat Anspruch auf ALG II – auch im Eilverfahren gilt für das Gericht die Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG; hierzu nur LSG Schleswig-Holstein Beschluss vom 18.11.2011 – L 5 KR 202/11 B)- Zuwendungen der Tante – Leistungen zur Substituierung vorenthaltener SGB II-Leistungen, die nicht bedarfsmindernd angerechnet werden dürfen.

Leitsätze (Autor)
Wenn unterstellt wird, dass allein ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU gegeben ist, ist im Hinblick auf die nicht geklärte Vereinbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht fraglich, ob der Leistungsausschluss eingreift. Zwar ist auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich aufgrund einer abschließenden Prüfung der Sach- und Rechtslage zu entscheiden. Ist dies jedoch nicht möglich, muss nach allgemeiner Auffassung, einhelliger Rechtsprechung der für das Leistungsrecht des SGB II zuständigen Senate des LSG Nordrhein-Westfalen (hierzu nur Beschlüsse des Senats vom 10.03.2014 – L 19 AS 2336/13 B ER, vom 18.02.2014 – L 19 AS 139/14 B ER und vom 29.06.2012 – L 19 AS 973/12 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.04.2014 – L 6 AS 239/14 B ER) und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfG Beschlüsse vom 12.05.2005 – B 1 BvR 569/05 und 06.02.2013 – 1 BvR 2366/12) im Wege der Folgenabwägung entschieden werden, in die insbesondere die grundrechtlich relevanten Belange des Antragstellers einzustellen sind.

Ergänzend wurde bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Jobcenter seine finanziellen Belange durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs nach § 102 ff SGB X beim örtlichen Sozialhilfeträger wahren kann. Denn bei einem Eingreifen des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II käme ein Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht. § 21 S. 1 SGB XII greift bei Hilfebedürftigen, die von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, nicht ein (Beschlüsse des Senats vom 29.06.2012 – L 19 AS 973/12 B ER m.w.N. und 02.10.2012 – L 19 AS 1393/12 B ER m.w.N.; LSG Hamburg Beschluss vom 14.01.2013 – L 4 AS 332/12 B ER; zum Leistungsausschluss beim Bezug einer Rente wegen Alters gem. § 7 Abs. 4 SGB II siehe auch BSG Urteil vom 16.05.2011 – B 4 AS 105/11 R; kritisch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 15.05.2013 – L 9 AS 466/13 B ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Gleicher Auffassung für bulgarischen Staatsangehörigen – LSG NRW, Beschluss vom 28.07.2014 – L 19 AS 948/14 B ER –

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – SG Hamburg, Beschluss vom 11.08.2014 – S 35 AS 2710/14 ER

Ist die Eingliederungsvereinbarung noch gültig, so kann sie nicht einseitig durch Verwaltungsakt ersetzt werden.

Leitsätze (Autor)
Die gerichtliche Kontrolle einer Eingliederungsvereinbarung
erfolgt auf der Grundlage der Regelungen gemäß §§ 53 ff. SGB X, weil es sich bei der Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB ll um einen subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X handelt (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R).

Allein ein nach der Einschätzung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II bestehender aktueller Förderbedarf ohne das weitere Hinzutreten von geänderten Rahmenbedingungen seit Abschluss der Eingliederungsvereinbarung, z. B. in den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers, begründet jedoch keine Vertragsänderung oder -auflösung. Es sind auch keine schweren Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen, so dass im Übrigen eine Kündigung gerechtfertigt erscheinen könnte (§ 59 Abs. 1 S. 2 SGB X).

Ist die Eingliederungsvereinbarung noch gültig, so kann sie nicht einseitig durch Verwaltungsakt ersetzt werden. Dies wird bereits durch den Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ausgeschlossen ( ganz herrschende Meinung, vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.03.2012, – L 5 AS 509/11 B ER; LSG BB, Beschl. v. vom 12. Januar 2012 – L 5 AS 2097/11 B ER; LSG Baden- Württemberg, Beschl. v. 02.08.2011 – L 7 AS 2367/11 ER-B; Bay.LSG, Beschl. v. 25. Mai 2010 – L 11 AS 294/10 B ER; Müller in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 15 Rn. 17; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 129; Berlit in:Münder, SGB II, 5. Aufl. 2013, § 15 Rn. 42).
 
Der Beschluss liegt dem Autor vor.
 
Anmerkung:
Gleicher Auffassung SG München, Beschluss vom 19.05.2014 – S 54 AS 1155/14 ER ( unveröffentlicht); SG Mannheim, Beschl. v. 27. Juni 2013 – S 6 AS 1847/13 ER ( unveröffentlicht); SG Dortmund, Verfahren ( Hinweis d. Gerichts) v. 15.05.2012 – S 62 AS 645/ 11 – und – S 62 AS 1261/11 ( unveröffentlicht): Bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II schließt es aus, dass der Grundsicherungsträger nach dem SGB II eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II einseitig ersetzen darf.

3.2 – SG Oldenburg, Beschluss vom 01.07.2014 – S 45 AS 202/14 ER

Ersetzung der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt – Der vereinbarungsersetzende Verwaltungsakt hat grundsätzlich den gleichen Inhalt aufzuweisen, wie die – nicht zustande gekommene – Eingliederungsvereinabrung.

Leitsätze (Autor)
Es kann nur eine Eingliederungsvereinbarung zulässig durch Verwaltungsakt ersetzt werden, über die zuvor mit dem Leistungsberechtigten verhandelt worden ist.

Der Erlass eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes mit einem von der verhandelten Eingliederungsvereinbarung abweichenden Inhalt ist rechtswidrig, denn der Sinn des Eingliederungsbescheides nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II ist es gerade, der Verwaltung ein Instrument an die Hand zu geben, mittels dessen sie für erforderlich gehaltene Maßnahmen zur Eingliederung von Leistungsempfängern gegebenenfalls bei Scheitern von Eingliederungsbemühungen auch ohne deren Zustimmung festlegen kann ( vgl. LSG NSB, Beschl. v. 01.08.2013 – L 13 AS 192/13 B ER, n. v. ).

Der Beschluss liegt dem Autor vor.

Anmerkung:
Gleicher Auffassung SG Stuttgart, Beschluss vom 21.5.2014, S 18 AS 2698/14 ER.

3.3 – SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18.06.2013 – S 43 AS 1316/13 ER

Leitsätze Dr. Manfred Hammel
Wenn ein JobCenter in einem Eingliederungsverwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) einem Empfänger von Arbeitslosengeld II (Alg II) die Einreichung und den Nachweis von monatlich mindestens sechs Bewerbungsbemühungen zur Pflicht macht, der SGB II-Träger sich aber gleichzeitig eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der letztendlichen Übernahme von Bewerbungskosten vorbehält, so macht diese Einschränkung diese Verfügung rechtswidrig.

Einem Alg II-Empfänger darf es nicht zugemutet werden, nach amtlicher Weisung durchgeführte, besondere zusätzliche Aufwendungen zur Umsetzung seiner Eingliederungsbemühungen aus seinem Regelbedarf zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach § 20 SGB II zu bestreiten. Die Übernahme von Bewerbungskosten durch den SGB II-Träger stellt hier eine unerlässliche Bewerbungsvoraussetzung für den Alg II-Empfänger dar.

Wenn in einem Eingliederungsverwaltungsakt angeordnet wird, dass ein Verstoß gegen vom JobCenter geäußerte Meldeaufforderungen stets eine Sanktionierung in der ersten Stufe in Form einer 30 %igen Absenkung des bewilligten Regelbedarfs nach sich zieht, so stellt dies eine rechtswidrige Umgehung der aus § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II hervorgehenden Sanktionsvorschrift dar: Bei Meldeversäumnissen ist dort eine wesentlich geringere Absenkung des Regelbedarfs, nämlich 10 v. H., festgeschrieben.

4.  Entscheidungen des Landessozialgerichts zum Arbeitsförderungsrecht nach dem (SGB III)

4.1 – Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.06.2014 – L 3 AL 17/14

Arbeitslose können die Übernahme der Kosten für die Reparatur ihres Pkw s zur Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aus dem Vermittlungsbudget beantragen. Der Begriff der Anbahnung, der sich auch in § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III findet, ist nicht gesetzlich definiert.

Leitsätze (Autor )
Die Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Reparaturkosten findet sich in § 44 SGB III.

Der Pkw des Antragstellers ist inzwischen über 16 ½ Jahre alt und weist einen Kilometerstand von über 200.000 km auf. Förderleistungen in ein „Fass ohne Boden“ müssen nicht und dürfen nicht erbracht werden.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. dazu Sächsisches LSG, Beschluss vom 27.01.2014 – L 7 AS 1807/13 B ER – Zur vorläufigen Bewilligung von Leistungen für den Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeuges (Kfz) aus dem Vermittlungsbudget.

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe ( SGB X II )

5.1 – SG Hannover, Beschluss vom 31.07.2014 – S 4 SO 255/14 ER

Leitsätze RA Michael Loewy
Die Sicherung der Unterkunft nach § 36 Abs. 1 S. 1 SGB XII setzt nicht die drohende Obdachlosigkeit voraus. Das Ermessen zur Gewährung eines Darlehens gem. § 36 Abs. 1 S. 1 SGB XII ist auf Null reduziert, wenn bei einer schwerst demenzerkrankten Antragstellerin der Verlust des vertrauten Pflegeheimplatzes droht und durch den damit verbundene Umzug in ein fremdes Pflegeheim gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind. [nicht rechtskräftig]  
Quelle: anwaltskanzlei-loewy.de

5.2 – SG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.2014 – S 4 SO 1672/13
 
Erstattungsanspruch des erstangegangenen Trägers bei Aufnahme in eine Obdachlosenunterkunft gegenüber dem örtlich zuständigen Träger des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Obdachlosen
Leitsatz: Für die Erstattungspflicht nach § 98 Absatz 2 Satz 1 SGB XII sind Zwischenaufenthalte im Ausland nicht relevant. (amtlicher Leitsatz – beck- online).

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de