1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 25.09.2014 zur Sozialhilfe (SGB XII)
1.1 – BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 6/13 R
Leitsatz (Autor)
Der Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den Sozialhilfeträger nach § 44a Abs 2 S 1 SGB 2 aF iVm § 103 SGB 10 umfasst nicht die für den Leistungsberechtigten im Erstattungszeitraum gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Ein Anspruch auf Ersatz der Beiträge war auch nicht entsprechend § 335 Abs. 2 SGB III iVm § 40 SGB II möglich. § 335 Abs. 2 SGB III erfasst nur das Verhältnis des SGB 2 Leistungsträgers zum Rentenversicherungsträger, der wegen der fortbestehenden Versicherungspflicht aufgrund des Alg 2 Bezugs ansonsten von ihm zu zahlende Pflichtbeiträge erspart hat. Insoweit ist dessen Verhältnis zum SGB 2 Leistungsträger strukturell nicht vergleichbar mit dem Verhältnis des SGB 2 Leistungsträgers zum Sozialhilfeträger, der keine Pflichtbeiträge erspart hat. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift fehlt es damit an einer vergleichbaren Rechtslage.
Quelle: juris.bundessozialgericht.de
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30.07.2013 – L 9 AS 490/13 B ER – rechtskräftig
Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit einer Eingliederungsvereinbarung bzw. eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Kosten für schriftliche Bewerbungen – Eingliederungsverwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt – Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen eines Ersetzungsbescheides
Leitsätze (Autor)
Fehlt es bereits an der hinreichenden Bestimmtheit der Regelungen des Bescheides, weil die Kosten für schriftliche Bewerbungen zuvor zu beantragen sind, bedurfte es keiner Entscheidung, ob der Eingliederungsverwaltungsakt auch konkrete Bestimmungen darüber enthalten muss, welche Leistungen der Hilfebedürftige für entstehende Bewerbungskosten erhält.
Insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, dass in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte eine wie im vorliegenden Fall verwendete Formulierung
“Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III.”
bereits beanstandet worden, da diese unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit völlig offen lasse, ob und ggf. in welcher Höhe die Kosten für schriftliche Bewerbungen erstattet werden. Letztlich werde lediglich eine Prüfung des zu stellenden Kostenerstattungsantrags anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen in Aussicht gestellt. Erforderlich sei aber, die Leistungen für entstehende Bewerbungskosten individuell und eindeutig unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe festzulegen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. April 2012 – L 15 AS 77/12 B ER – info also 2012, 220; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Juni 2012 – L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12 B ER -).
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage ist nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr. 2 SGG grundsätzlich ganz anzuordnen, wenn sich einzelne Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsakts nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II als rechtswidrig erweisen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. April 2012 L 15 AS 77/12 B ER – info also 2012, 220; a. M. LSG Hamburg, Beschluss vom 10. April 2013 – L 4 AS 93/13 B ER).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Gleicher Auffassung LSG Hessen, Beschluss vom 16.01.2014 – L 9 AS 846/13 B ER – rechtskräftig
2.2 – Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.04.2014 – L 6 AS 401/11 – rechtskräftig
Zur Angemessenheit der Kosten einer Einzugsrenovierung.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.3 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.09.2014 – L 12 AS 990/14 B ER – rechtskräftig
Vorläufige Gewährung der Regelleistung für polnische Staatsangehörige – Rechtsschutzbedürfnis – Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X
Leitsätze (Autor)
Aufgrund der Komplexität der bei Subsumtion des Sachverhalts zu klärenden Rechtsfragen kann die Rechtslage in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht abschließend beurteilt werden, sodass anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden ist.
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. hierzu z. B. Beschlüsse des Senats vom 25.06.2014 – L 12 AS 232/14 B ER – und vom 20.08.2014 – L 12 AS 1393/14 B ER – m. w. N.).
Auch das Votum des Generalanwaltes Wathelet zu seinen Schlussanträgen vom 20.05.2014 bei dem EuGH in der Rechtssache zu dem Aktenzeichen C – 333/13 zeigt in gleicher Weise in seiner Umfänglichkeit und Komplexität auf, dass die Beurteilung der entscheidenden Rechtsfragen des Leistungsausschlusses offen ist und in den vorliegenden einstweiligen Verfahren nicht zuverlässig beantwortet werden kann. Die Entscheidungsfindung reduziert sich daher weiterhin auf den Beschluss des BVerfG vorzunehmende und vom Sozialgericht aufgezeigte Folgenabwägung.
Der Antragsteller muss sich i. d. R. zunächst an die Verwaltung wenden und dort einen Leistungsantrag nach § 44 SGB X stellen, jedoch kann ausnahmsweise dann, wenn noch kein förmlicher Antrag auf Leistung gestellt ist, bereits ein Rechtschutzbedürfnis bestehen, wenn die Sache eilig ist und der Antragsteller aus besonderen Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, bei der Behörde kein Gehör zu finden. Diese Ausnahme gilt erst recht, wenn der Antrag gestellt wurde, aber noch nicht beschieden ist.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.08.2014 – L 7 AS 1191/14 B ER – rechtskräftig
Die Vorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II findet auf die Antragstellerin Anwendung, weil sie als Studentin der Physik seit dem Wintersemester 2013/2014 an der Universität Düsseldorf eingeschrieben ist.
Leitsatz (Autor)
Es kommt lediglich auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung als solche an. Ohne Belang ist, ob der Betreffende lediglich immatrikuliert ist, nicht aber das Studium derart betreibt, dass er mit einer gewissen Regelmäßigkeit Prüfungsleistungen ablegt. Gleiches gilt für die tatsächliche Inanspruchnahme durch das Studium (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 67/08 R).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Ebenso der erkennende Senat: LSG NRW, Urteil vom 22. Juli 2010 – L 7 AS 123/09; Beschluss vom 13.08.2014 – L 7 AS 1439/14 B ER.
2.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.09.2014 – L 11 SF 201/13 EK AS – rechtskräftig
Leitsätze (Autor)
Keine Entschädigung für unangemessene Dauer eines anhängig gemachten Erinnerungsverfahrens (§ 66 Gerichtskostengesetz) bei querulatorischem Verhalten des Antragstellers.
Der Antragsteller missbraucht das System der §§ 198 ff. GVG, um aus nichtigem Anlass fortlaufend neue Entschädigungsverfahren zu generieren.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Unangemessene Verfahrensdauer bei querulatorischem Verhalten des Antragstellers – weiterlesen: www.rechtslupe.de
2.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.06.2014 – L 7 AS 1346/12 – rechtskräftig
Abgrenzung einer Maßnahme der Ausbildung von einer Weiterbildungsmaßnahme.
Bei der vom Antragsteller angestrebten Ausbildung zum Alten- bzw. Krankenpflegehelfer handelt es sich nicht um eine berufliche Weiterbildung, sondern um eine nicht förderungsfähige berufliche Ausbildung.
Leitsätze (Autor)
Der Leistungsträger kann Leistungen zur beruflichen Weiterbildung i.S.v. § 77 SGB III aF als Leistungen nach dem Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III – nicht aber berufliche Ausbildungsleistungen i.S.v. § 60 SGB III aF, die im Fünften Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelt und damit nicht von § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II erfasst waren – als Eingliederungsmaßnahme gewähren (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 – ; LSG NRW, Beschluss vom 03.08.2011 – L 19 AS 1097/11 B ER).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.7 – LSG Mecklenburg- Vorpommern, Beschluss vom 14.05.2014 – L 8 AS 288/13 B ER
Aufforderung zur Rentenantragstellung – Ermessen
Leitsätze (Joachim Wentzel)
Der Grundsicherungsträger genügt seiner Verpflichtung zur Ausübung des Ermessens bei der Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht ausreichend, wenn er sich im Aufforderungsbescheid nur auf die Gesetzeslage und die Unbilligkeitsverordnung beruft.
Eine Einzelfallbetrachtung der Gesamtsituation des Antragstellers ist stets erforderlich.
Quelle: www.richterbank.de
Anmerkung:
In diese Richtung auch LSG BB, Beschluss vom 07.08.2014 – L 28 AS 1830/14 B ER –
2.7 – Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.08.2014 – L 3 AS 640/14
Leitsätze (beck- online)
Wenn während eines Klageverfahrens, das gegen eine vorläufige Leistungsbewilligung gerichtet ist, eine endgültige Leistungsbewilligung ergeht, hat sich das auf die vorläufige Leistungsbewilligung bezogene Gerichtsverfahren gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Gegenstand des Verfahrens ist nunmehr die endgültige Leistungsbewilligung, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 – B 4 AS 139/ AS 10 R -).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Gleicher Auffassung LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juli 2013 – L 5 AS 711/13 B ER
Leitsatz (NWB Datenbank)
1. Zur Zulässigkeit der deklaratorischen Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes
2. Wird ein vorläufiger Leistungsbescheid durch einen endgültigen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid ersetzt, wird dieser nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens gegen die vorläufige Leistungsbewilligung. Der gesonderten Einlegung des Widerspruchs zur Verhinderung der Bestandskraft des Bescheids bedarf es nicht.
2.8 – LSG Bayern, Beschluss vom 12. August 2014 (Az.: L 16 AS 569/14.B.ER):
Leitsätze Dr. Manfred Hammel
Ein nur mögliches Bestehen eines Schenkungsrückforderungsanspruchs wegen Verarmung (§ 528 BGB) eines Antragstellers gegenüber seinem Sohn stellt kein Vermögen im Sinne eines sog. bereiten Mittels dar (§ 12 Abs. 1 SGB II), aus dem der Antragsteller aktuell seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten könnte.
Es hat hier hingegen festzustehen, dass innerhalb des regelmäßig sechsmonatigen Bewilligungszeitraums gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II eine Verwertungsmöglichkeit besteht, die geeignet ist, kurzfristig Erträge zu bewirken und die Hilfebedürftigkeit abzuwenden oder zu vermindern. Fehlt es an der Möglichkeit zur Verwertung zu berücksichtigenden Vermögens in diesem Zeitraum, besteht Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II), und es sind vom Jobcenter auf Antrag darlehensweise Leistungen zu erbringen (§ 9 Abs. 4 SGB II, § 24 Abs. 5 SGB II).
Anmerkung:
S.a.: Hartz IV trotz Schenkungsrückforderungsanspruchs: sozialrecht-aktuell.blogspot.de
2.9 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.07.2014 – L 10 AS 1695/14 B ER – rechtskräftig
Zu den Anforderungen an die Begründungspflicht der Behörde bei Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.10 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.08.2014 – L 10 AS 1764/13 B PKH – rechtskräftig
Prozesskostenhilfe – Schülerbeförderung – Entfernung
Wann ein Schüler auf die Schülerbeförderung angewiesen ist, regelt das Gesetz nicht.
Leitsätze (Autor)
Zur Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn es ist derzeit offen, ob dem Antragsteller während des streitigen Zeitraums die Bewältigung seines Schulweges zu Fuß bzw mit dem Fahrrad objektiv unzumutbar war.
Weiter zu prüfen wird sein, ob der Antragst., der seit seiner Geburt an nächtlichem Einnässen während des Schlafes leidet, – (auch) aus gesundheitlichen Gründen auf die Schülerbeförderung angewiesen gewesen ist.
Auch die Frage, ob und ggf inwieweit der Antragst. im streitigen Zeitraum in zumutbarer Weise die Kosten des Schülermonatstickets aus dem Regelbedarf bestreiten konnte, ob es mithin zu einer anspruchsverkürzenden oder anspruchsausschließenden Anrechnung kommt, ist als offen zu bezeichnen, da es an höchst- oder gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung fehlt.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
S. a. : Eigenbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten nur 5 €, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt: sozialberatung-kiel.de
2.11 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.09.2014 – L 20 AS 2061/14 B ER – rechtskräftig
Zulässigkeit einstweiliger Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG bei vorläufigem Bescheid (§ 328 Abs. 2 SGB III)
Ausschluss von einstweiligem Rechtsschutz bei bestandskräftigem Verwaltungsakt – keine Umdeutung in Antrag auf Erlass einer vorläufigen Regelung in Bezug auf ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10
Leitsätze (Autor)
Ein bindender Ablehnungsbescheid (§ 77 SGG) schließt einen Anordnungsanspruch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Regelungsanordnung) aus.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der den Erlass einer vorläufigen Regelung bis zum bestandskräftigen Abschluss eines bestimmten Verwaltungsverfahrens zum Gegenstand hatte, kann nicht dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass er nunmehr den Erlass einer vorläufigen Regelung während des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X zum Gegenstand haben soll. Denn eine einstweilige Anordnung dient dazu, das jeweilige Hauptsacheverfahren zu flankieren. Ein anderer Anspruch als der im jeweiligen Hauptsacheverfahren verfolgte kann deshalb mit einer einmal beantragten einstweiligen Anordnung nicht gesichert werden.
Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz in Bezug auf das Verfahren nach § 44 SGB X kann deshalb nur im Rahmen eines neuen Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erlangt werden (vgl. bereits SächsLSG, Beschluss vom 25. August 2008 – L 3 B 317/08 AS-ER).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Ebenso LSG Berlin-Br., Beschluss vom 10. April 2012 – L 20 AS 702/12 B ER, L 20 AS 703/12 B PKH, n. v.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. Mai 2011 – L 3 AS 378/11 B ER – m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 07. September 2010 – L 5 AS 1480/10 B ER; LSG Bayern, Beschluss vom 5. Februar 2009 – L 11 AS 20/09 B ER; LSG Thüringen, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – L 9 AS 626/08 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juni 2007 – L 7 AS 2050/07 ER-B; LSG Saarland, Beschluss vom 11. August 2005 – L 9 B 4/05 AS; anderer Auffassung LSG BB, Beschluss vom 01. November 2011 – L 25 AS 1646/11 B ER -.
2.12 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.08.2014 – L 18 AS 1672/13
Arbeitslosengeld II – Teilzeitstudium – Leistungsausschluss – Förderungsfähigkeit nach BAföG – Erwerbsfähigkeit
Teilzeitstudentin hat ALG-II-Anspruch – Die von den Eltern als Darlehen gewährten Zahlungen für Wohnung und Krankenversicherung sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Leitsätze (Autor)
Dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist nur eine Ausbildung, wenn sie überhaupt – abstrakt – nach jenem Gesetz gefördert werden kann. Bei dem von der Antragstellerin durchlaufenden Teilzeitstudium ist dies nicht der Fall. Denn vollständig in Teilzeitform durchgeführte Ausbildungen unterfallen dem Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG (vgl auch Thüringer LSG, Beschluss vom 15. Januar 2007 – L 7 AS 1130/06 ER – ; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. November 2007 – L 14 B 1224/07 AS ER – ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 9. Juni 2009 – L 13 ASA 39/09 B ER – ; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. April 2008 – L 2 AS 71/06 -).
Die Zuwendungen der Eltern der Antragstellerin sind in der Erwartung der Rückzahlung und im Vertrauen auf einen bestehenden, lediglich noch nicht erfüllten Alg II-Anspruch der Antragstellerin erfolgt (sog Substitution – BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 46/11 R).
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
2.13 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2014 – L 18 AS 2532/13
Gemischt genutztes KfZ – keine überwiegend betriebliche Nutzung
Leitsätze (Autor)
Keine Anerkennung von Kfz-Kosten als Betriebsausgaben für einen selbstständigen SGB II Aufstocker, weil das Fahrzeug nicht überwiegend betrieblich genutzt worden ist – § 3 Abs. 7 Alg II-V ist nicht verfassungswidrig.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – Sozialgericht Potsdam, Urteil vom 26.11.2013 – S 40 AS 1588/12
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Sanktion – bestandskräftiger Bewilligungsbescheid – keine Minderung des Auszahlungsanspruchs kraft Gesetzes – Erforderlichkeit eines Aufhebungsbescheides nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB 10
Sanktionsbescheide sind rechtswidrig bei fehlender Aufhebung bzw Rücknahme der Bewilligungsbescheide
Leitsatz (Autor)
Bei der Absenkung der Grundsicherungsleistungen bei Obliegenheitsverletzungen nach §§ 31, 31a SGB II ist weiterhin eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erforderlich, denn durch die Neuregelung der Sanktionstatbestände mit Wirkung ab 1. April 2011 wird die notwendige Aufhebungsentscheidung der ursprünglichen Bewilligung nicht entbehrlich.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 – L 2 AS 1461/14 B – rechtskräftig – Gewährung von PKH, denn ob die Umsetzung einer Sanktion nach §§ 31, 32 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Aufhebung eines bereits erteilten Bewilligungsbescheides erfordert oder nicht bzw. ob davon auszugehen ist, dass sie konkludent mit dem Absenkungsbescheid erfolgt, ist umstritten.
3.2 – Sozialgericht Heilbronn, Beschluss vom 25.09.2014 – S 10 AS 2226/14 ER – nicht rechtskräftig
Leitsätze (Autor)
Keine Übernahme der Kosten für MPU nach Führerscheinentzug wegen Trunkenheit.
Es handelt es sich nicht um einen unabweisbaren, vom Hartz IV-Regelsatz umfassten Bedarf. Denn der Entzug der Fahrerlaubnis und die dadurch entstehenden Unkosten, den Führerschein wieder zu erhalten, sind Folge strafbaren Verhaltens.
weiterlesen: www.juris.de
Anmerkung:
S. a. Pressemitteilung vom 25.09.2014 – Eilantrag abgelehnt: keine MPU auf Hartz IV nach Trunkenheitsfahrt und Führerscheinentzug: www.sg-heilbronn.de
3.3 – SG Gießen, Urteil vom 15.07.2014 – S 22 AS 341/12 – rechtskräftig
Ein Leistungsbezieher hat trotz eines bestehenden Sparguthabens Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, wenn ihm das Geld tatsächlich nicht zur Verfügung steht.
Leitsätze (Autor)
Bei Sparbüchern oder Konten, die von Großeltern als nahe Angehörige auf den Namen eines Kindes angelegt worden seien und von ihnen nicht aus der Hand gegeben würden, ist es so, dass sich diese auch die Verfügung über das Sparvermögen vorbehalten wollten. Das Geld könne somit gerade nicht der Tochter der Antragstellerin zugerechnet werden, diese sei hilfebedürftig.
Weiterlesen: www.juris.de
Anmerkung 1:
S. a. Hartz IV trotz Sparguthaben: www.sg-giessen.justiz.hessen.de
Anmerkung 2:
Gleicher Auffassung LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.04.2012, L 9 AS 695/08 sowie LSG Hamburg, Urteil vom 25.08.2011, – L 5 AS 33/08 – Einen Rechtsgrundsatz, der Hilfebedürftige müsse sich am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen.
4. Entscheidungen zur Rentenversicherung (SGB V)
4.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.09.2014 – L 2 R 430/14 B ER – rechtskräftig
Rechtsschutz gegen Rentenbewilligung
Leitsatz (Autor)
Zu den Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes bei Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente nach Veranlassung der Rentenantragstellung durch die Arbeitsverwaltung (hier Agentur für Arbeit) Antragsteller begehrt die Feststellung, dass er erwerbsfähig ist.
Stellt ein Versicherter einen Renten(-bewilligungs-)antrag und wird daraufhin der Versicherungsfall antragsgemäß festgestellt, bestehen im Grundsatz keine Rechtsschutzmöglichkeiten, da dem Antrag stattgegeben wurde und eine Beschwer nicht gegeben ist. Stellt der Antragsteller den Rentenantrag nur deshalb, weil er aufgrund einer bescheidmäßigen Aufforderung des Leistungsträgers nach geltendem Recht (vgl. z.B. § 5 SGB II) dazu verpflichtet ist, kann er sich gegen diese Aufforderung zur Wehr setzen. Der Rentenversicherungsträger wird in diesen Fällen verpflichtet sein, das Ergebnis des Verfahrens gegen die Aufforderung abzuwarten. Es besteht für ihn das Verbot eines vorzeitigen Verfahrensabschlusses.
Für den hiesigen Antragsteller trifft allerdings keine der geschilderten Fallgestaltungen zu. Einen Rentenbewilligungsantrag hat er nicht gestellt, eine Aufforderung der Agentur für Arbeit liegt nicht vor. Eine dem § 5 Abs. 3 SGB II entsprechende Vorschrift, nach der die Behörde den Antrag selbst stellen kann, kennt das SGB III nicht. Sie ist dort auch nicht erforderlich, weil nach § 125 SGB III a.F./§ 145 SGB III n.F. der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, solange kein Rentenantrag bzw. ein Rehabilitationsantrag gestellt ist (§ 145 Abs. 2 Satz 3 SGB III).
Hat der Rentenversicherungsträger noch nicht entschieden, wird der Versicherte sein Ziel nur mit der Verpflichtung auf Feststellung der Erwerbsfähigkeit erreichen können. Der Wortlaut des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGB III lässt auch dies zu, da dort nur von der Feststellung, ob Erwerbsminderung vorliegt, die Rede ist. Der Wortlaut lässt beide Feststellungen (Erwerbsminderung oder Erwerbsfähigkeit) zu. Hat der Rentenversicherungsträger wie im vorliegenden Fall bereits entschieden, steht die Anfechtung allerdings im Vordergrund, so dass einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG mit Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Feststellung des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung zu gewähren ist.
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
5. Minijob-Zentrale Newsletter 06/2014 und 07/2014 mit Mindestlohn bei Praktika, Sonderregelung für Langzeitarbeitslose u. Kurzfristiger Minijob
Minijob-Newsletter – Nr. 06/2014 (Nr. 06/2014 – 19. August 2014) – Mindestlohn bei Praktika
Auch Praktikanten, die während des Studiums oder der Berufsausbildung ein freiwilliges Praktikum machen, bekommen den Mindestlohn für Zeiten, die über drei Monate hinausgehen. Ebenfalls vom Mindestlohn profitieren Praktikanten, die außerhalb eines Studiums oder einer Ausbildung ein Praktikum machen. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Praktikanten bereits ein abgeschlossenes Studium oder eine abgeschlossene Berufsausbildung haben.
Für Pflichtpraktika im Rahmen der Schulzeit, des Studiums oder der Ausbildung muss kein Mindestlohn gezahlt werden.
Ebenfalls ausgenommen sind freiwillige Praktika, von einer Dauer bis zu drei Monaten, wenn diese zur Orientierung bei der Berufs- oder Studienwahl dienen.
Sonderregelung für Langzeitarbeitslose
weiterlesen: www.minijob-zentrale.de
Minijob-Newsletter – Nr. 07/2014 (Nr. 07/2014 – 20. August 2014) – Kurzfristiger Minijob
Mit Einführung des Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 werden auch die Höchstgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen ausgeweitet.
weiterlesen: www.minijob-zentrale.de
6. Hartz IV in Leipzig: Rechtsanwalt Dirk Feiertag im Interview zu den Neuregelungen im SGB II
Was sehen Sie für Rechtsfolgen in der Praxis, wenn diese Vorschläge Realität werden?
Sollte der vorliegende Entwurf Gesetz werden, haben sich die Leistungsempfänger auf neue faktische Kürzungen einzustellen. Sie werden unter anderem schneller zum Umzug aufgefordert. Die Sanktionen für Meldeversäumnisse steigen auf 30 % der Regelleistung. Die Aufrechnungsmöglichkeiten für das Jobcenter werden erleichtert. Zahlungen des Jobcenters können schneller eingestellt werden. Die Übernahme von Betriebskostennachzahlungen durch das Jobcenter wird ebenfalls erschwert.
Rechtswidrige Bescheide zu ändern, wird für die Betroffenen deutlich schwerer. Die schon bereits jetzt stark eingeschränkte Möglichkeit rechtswidrige Bescheide gemäß § 44 SGB X überprüfen und ändern zu lassen, wird für den Bereich des ALG II nun fast komplett abgeschafft.
Sollte, wie noch in den Veränderungsvorschlägen der Bundesagentur für Arbeit enthalten, zudem eine Widerspruchsgebühr von 20 € von den Hilfeempfängern verlangt werden, wird es sich kaum ein Hilfesuchender leisten können, rechtlich gegen falsche Bescheide des Jobcenters vorzugehen.
Gibt es auch gute Nachrichten bei den geplanten Veränderungen?
weiterlesen: www.l-iz.de
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de