Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 03/2015

1.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 12.11.2014 – L 6 AS 491/11

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Einkommensanrechnung; Berücksichtigung von Zahlungen für Pflegeleistung nahestehender Personen als Einkommen – Aufhebung von Bewilligungen wegen Einkommenserzielung – Anforderungen an die Bestimmtheit von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden

Leitsatz
1. Eine Anrechnung der Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung als Einkommen im Sinne des SGB II kann nur unterbleiben, wenn es sich um steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 36 S. 1 EStG handelt. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
 
2. Eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist nicht rechtswidrig, auch wenn nicht alle die korrigierte Leistungsbewilligung betreffenden Änderungsbescheide mit Datum genannt sind, wenn für den Bescheidadressaten dennoch nicht zweifelhaft sein kann, in welchem Umfang die Leistungsbewilligung und die sie tragenden Bescheid geändert werden sollen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 20.05.2014 – L 2 AS 2105/13 B – Einkommensanrechnung; Berücksichtigung von Zahlungen für Pflegeleistung nahestehender Personen als Einkommen.

1.2 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2014 – L 5 AS 2740/14 B ER – rechtskräftig

Dauer der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs – Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch

Leitsatz (Juris)
1. Die durch Beschluss angeordnete aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dauert, wenn das Gericht sie nicht befristet, bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts.

2. Die Rentenantragstellung durch die Behörde ist im Sinne des § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG als Vollziehung der Aufforderung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente anzusehen.

3. Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch aus § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG besteht dem Grunde nach schon dann, wenn der Rechtsschutzsuchende wegen der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs nicht zur Hinnahme der aus dem Vollzug des Verwaltungsakts folgenden Beeinträchtigung seiner Rechte verpflichtet ist.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.3 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2014 – L 4 AS 458/14 B ER – und – L 4 AS 459/14 B – rechtskräftig

Einstweiliger Rechtsschutz – fehlender Anordnungsgrund und -anspruch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – selbstständiger Hausmeisterservice – Betriebsausgaben – keine Notwendigkeit von gewerblichen Räumlichkeiten

Leitsätze (Autor)
Fehlt es am Anordnungsgrund, denn es ist dem Antragsteller zuzumuten, zunächst seine Ersparnisse einzusetzen. Das Rechtsmittel der einstweiligen Anordnung kann nicht auf “Vorrat” zum Schutz von Schonvermögen oder Einkommensfreibeträgen erhoben werden, sondern beschränkt sich auf konkrete, bereits eingetretene oder unmittelbar drohende Notfälle.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.4 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.12.2014 – L 2 AS 520/14 B ER – rechtskräftig

Jobcenter wird im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, den bei der Rentenversicherung für den Antragsteller gestellten Rentenantrag zurückzunehmen.
 
Es ist sachwidrig, grundsätzlich die Inanspruchnahme einer voraussetzungslosen selbst verdienten Rentenleistung und ggf. ergänzende Sozialhilfeleistungen gleichzusetzen.
 
Leitsatz (Autor)
1. Bei der Ermessensausübung sind etwa die voraussichtliche Dauer oder Höhe des Leistungsbezugs, absehbarer Einkommenszufluss oder dauerhafte Krankheit zu berücksichtigen. Es bedarf immer einer Einzelfallbeurteilung der Gesamtsituation des Leistungsberechtigten. Hierbei müssen auch wirtschaftliche Erwägungen in die Ermessenserwägungen eingestellt werden. Es muss auch berücksichtigt werden, ob der Antragsteller ggf. allein durch die vorzeitige Rentenantragstellung ergänzender SGB XII-Leistungen bedarf oder nicht. In die Abwägung einzustellen ist auch, ob die durch die vorzeitige Rentenantragstellung eingesparten SGB II Leistungen geringer als die stattdessen prognostisch zusätzlich neben der verminderten vorzeitig in Anspruch genommenen Rente zu zahlenden Mehrleistungen an ergänzenden SGB XII Leistungen wären (vgl. zur Berechnung Sächsisches LSG, Beschluss vom 28. August 2014 – L 7 AS 836/14 B).
 
2. Wird eine Entscheidung zur Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente getroffen, unabhängig davon wie diese sich im Einzelfall wirtschaftlich auf den Betroffenen auswirkt, ist dies ermessensfehlerhaft.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.5 – Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 18.09.2014 – L 4 AS 222/13

Zur Frage der Bewertung der Umsatzsteuer nach dem SGB II – § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 Alg II-V a.F.
Leitsätze (Autor)
1. Die im Bewilligungszeitraum vereinnahmte Umsatzsteuer ist eine Betriebseinnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Alg II-V a.F. (BSG, Urteil vom 22. August 2013 -  B 14 AS 1/13 R).

2. Die selbstständige Rechtsanwältin kann sich nicht darauf berufen, dass die Umsatzsteuer – ähnlich einem Darlehen – nicht als Einnahme anzusehen ist, weil sie ihr nicht uneingeschränkt bzw. nicht dauerhaft zur Verfügung stand.

3. Jedenfalls wenn eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Einnahme erst nach dem Zeitraum eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll, bestehe die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als “bereites Mittel” zu verbrauchen (BSG, Urteil vom 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R). Dementsprechend kommt es für die Bewertung, ob Beträge, die vom Unternehmer als Umsatzsteuer ausgewiesen und vereinnahmt worden sind, als Einkommen zu berücksichtigen sind, entscheidend darauf an, wann die Steuer (d.h. der Steueranspruch der Finanzverwaltung) tatsächlich entsteht.

4. Die vereinnahmte Umsatzsteuer ist nicht von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, denn der Steueranspruch des Finanzamts ist erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums entstanden.
Die vereinnahmte Umsatzsteuer ist ferner keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II a.F.

5. Eine Anerkennung der im Januar 2009 an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer als Betriebsausgabe für 2008 scheidet aus. Gemäß § 3 Abs. 2 Alg II-V sind nur tatsächlich geleistete Ausgaben absetzbar. Rückstellungen für künftige Ausgaben sind seit der Neufassung der Alg II-V zum 01.01.2008, die steuerliche Vorschriften ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt, nicht mehr vorgesehen (ebenso Bay. LSG, Urteil vom 21.3.2012 – L 16 AS 789/10).

6. Die Umsatzsteuer ist schließlich auch nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. vom Einkommen abzusetzen. Sie ist keine “auf das Einkommen entrichtete Steuer” im Sinne dieser Norm (so BSG, Urteil vom 22.8.2013 – B 14 AS 1/13 R).
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Vgl. dazu SG Hamburg, Beschluss vom 24.11.2014 – S 44 AS 3881/14 ER, unveröffentlicht – Eine Berücksichtigung von Rückstellungen für künftige Umsatzsteuerzahlungen ist nicht möglich.

1.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.12.2014 – L 19 AS 2077/14 B rechtskräftig

Obdachloser – erforderlicher Umzug – Bruttokaltmiete als einheitliche Angemessenheitsgrenze – Wegfall des Rechtsschutzinteresses nach vollzogenem Umzug begegnet in Bezug auf Art. 19 Abs. 4 GG Bedenken.

Leitsätze (Autor)
1. Obdachloser hat im Hinblick auf seine soziale Situation (länger obdachlos, unter Fristsetzung angebotene Unterkunft) ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht

2. Der Senat lässt offen, ob er im Übrigen der Meinung folgt, dass durch eine Ablehnung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II keine Verletzung in eigenen Rechten droht, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte, da ein Antragsteller in seiner Handlungsfreiheit – Abschluss eines Mietvertrags – nicht beeinträchtigt würde (so LSG NRW, Beschluss vom 03.09.2014 – L 2 AS 1195/14 B ER).
 
3. Der Wegfall des Rechtsschutzinteresses zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II nach vollzogenem Umzug begegnet in Bezug auf Art. 19 Abs. 4 GG Bedenken.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

 
2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
2.1 – Sozialgericht Berlin, Urteil vom 28.11.2014 – S 37 AS 11431/14 – anhängig beim LSG BB unter dem Az. L 18 AS 13/15

Aufstockende Selbständige im Bereich Büroorganisation kann die Kosten für einen Bürostuhl, eine Fahrradreparatur, für eine Taxifahrt, für ein Notebook und für einen Monitor als Betriebsausgabe geltend machen.

§ 3 Abs. 3 Alg II-VO gibt dem Jobcenter zwar die Befugnis, tatsächlich entstandene Betriebsausgaben bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens aus selbständiger Tätigkeit unberücksichtigt zu lassen, Maßstab für eine solche Vorgehensweise ist jedoch nach Wortlaut und Zweck eine Missbrauchsabwehr: Es soll verhindert werden, dass die Hilfebedürftigkeit über ein offensichtlich unangemessenes Ausgabeverhalten aufrechterhalten wird.

Leitsätze (Juris)
Selbständige Aufstocker können Betriebsausgaben vom Einkommen absetzen, sofern sie nicht offensichtlich unangemessen sind. Maßstab ist eine Missbrauchsabwehr. Entscheidend ist, ob die Ausgabe aus Sicht eines verständigen wirtschaftlich handelnden Selbständigen vertretbar ist. Den Jobcentern ist es verwehrt, sich mit eigenen Sparvorschlägen an die Stelle des Selbständigen zu setzen.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung 1:
Vgl. dazu LSG Bayern, Beschluss v. 07.12.2009 – L 11 AS 690/09 B ER – Hier wird zutreffend darauf abgestellt, ob die Ausgabe aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich handelnden Selbständigen vertretbar ist. Keinesfalls könne sich das Jobcenter mit Sparvorschlägen an die Stelle des Selbständigen setzen.

Anmerkung 2:
SG Berlin, verhandelt im Januar 2014 – S 18 AS 33122/12 – Auch ein Fahrrad verursacht Betriebsausgaben – Berufsbedingte Fahrradkosten sind als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

2.2 – Sozialgericht Berlin, Urteil vom 15.12.2014 – S 61 AS 2132/13

Kosten für strombetriebene Gastherme sind im Regelsatz berücksichtigt.

Leitsatz (Autor)
Leistungen für den Betriebsstrom der Gastherme sind keine Heizkosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II, da diese Kosten in den seit dem 01.01.2011 neu berechneten Regelsätzen vollumfänglich enthalten sind. Denn der in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ermittelte Strombedarf ist vollständig bei der Regelsatzberechnung berücksichtigt worden. Ausgenommen sind lediglich Haushalte, die mit Strom heizen. Da eine Gasetagenheizung mit Gas und nicht mit Strom heizt, sind die üblichen Betriebskosten entsprechender Vergleichshaushalte also vollumfänglich in die Berechnung mit eingeflossen (so auch SG Augsburg, Urteil vom 14.02.2013, S 16 AS 887/12).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Anderer Auffassung SG Gießen, Urteil vom 05.11.2014 – S 25 AS 980/12.

2.3 – Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 29.12.2014 – S 15 AS 4229/14 ER

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Leistungsausschluss für EU-Ausländer verfassungs- und europarechtskonform – keine Folgeabwägung notwendig und zulässig

Leitsätze (Juris)
1. Der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist mit dem Grundgesetz und dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

2. Eine Folgenabwägung darf in derartigen Verfahren nicht vorgenommen werden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – Sozialgericht Halle (Saale), Urteil vom 03.12.2014 – S 24 AS 846/13

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung und -berechnung bei nichtselbstständiger Arbeit – vorläufige Leistungsbewilligung – monatliches Durchschnittseinkommen – Berücksichtigung eines Durchschnittseinkommens bei der endgültigen Entscheidung

Leitsatz (Autor)
1. Auch bei der abschließenden Festsetzung der Leistungen darf ein Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.10.2012 – L 12 AS 691/11, LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.01.2013 – L 5 AS 487/10).

2. Die in der Rechtsprechung geäußerte Rechtsauffassung, dass sich die Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 ALG II-VO nur auf vorläufige Regelungen bezieht (vgl. SG Nordhausen, Urteil vom 12.09.2013 – S 22 AS 7699/11) und demnach bei der endgültigen Festsetzung nicht mehr angewendet werden kann, findet keine Stütze im Gesetz.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB X II)
 
3.1 – LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.10.2014, L 2 SO 2489/14

Anspruchsausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII – grob fahrlässiges, sozialwidriges Verhalten

Leitsätze (Juris)
Wer bei nur sehr geringen eigenen Einnahmen (hier monatliche Altersrente in Höhe von ca. 250 EUR) für seine laufenden sonstigen Lebenshaltungskosten (ohne Kosten der Unterkunft) den viereinhalbfachen sozialhilferechtlichen Regelbedarf aufwendet, obwohl er ohne weiteres hätte erkennen können, dass unter diesen Umständen das noch vorhandene Vermögen innerhalb weniger Jahre aufgebraucht ist, fällt unter den Ausschlusstatbestand nach § 41 Abs. 4 SGB XII für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
S. a. Pressemitteilung LSG Baden vom 15.01.2015: Rentnerin muss sparsam mit Vermögen haushalten – Alte Frau verliert Grundsicherung wegen Verschwendung: www.juris.de

3.2 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2014 – L 2 SO 4058/13

Sozialhilfeträger muss dem Antragsteller keine Leistungen der Eingliederungshilfe für Beschaffung und Unterhalt eines PKW sowie zum Erwerb einer Fahrerlaubnis gewähren.

Leitsätze (Juris)
Kein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Hilfe zur Beschaffung eines Kfz sofern anstelle der Benutzung eines (eigenen) Kfz andere Möglichkeiten in ausreichendem Umfang, hier insbesondere für Arztbesuche, Einkäufe, Gottesdienstbesuche und Mitarbeit in einem Musikverein, zur Verfügung stehen.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.3 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2014 – L 2 SO 4042/14

Leitsätze (Juris)
1. Es besteht kein Anspruch auf Mehrbedarf im Zusammenhang mit der Anschaffung von Kleidung und Schuhen in Übergrößen.

2. Zu den Anforderungen an den Nachweis, dass ein PKW-Stellplatz nicht untervermietet werden kann.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.4 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2014 – L 2 SO 2379/14

Leitsätze (Juris)
Kein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Befreiung von Prozessrisiko zur Durchsetzung vermeintlicher zivilrechtlicher Ansprüche auf Schönheitsrenovierung gegen den Vermieter bei nicht wirksam abbedungener Verpflichtung aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Sozialgerichte zum Asylrecht

4.1 – Sozialgericht Frankfurt (Main), Beschluss vom 13. Oktober 2014 (Az.: S 20 AY 31/14 ER):

Leitsätze Dr. Manfred Hammel

Eine akute Erkrankung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG liegt vor bei einer beginnenden Osteochondrose der Lendenwirbelsäule, da hier kein chronischer, bereits lange Zeit andauernder Befund oder Zustand vorliegt, und die Behandlung dieser Erkrankung und der hiervon ausgehenden Schmerzzustände untrennbar eine Therapie des Grundleidens bedingt.

Es ist hier deshalb gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG vom öffentlichen Träger eine ärztlicherseits verordnete Krankengymnastik zu finanzieren, wenn ohne dieses Heilmittel (§ 32 SGB V) der akut eingetretene Schmerzzustand nicht behoben werden kann.

4.2 – Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 12. Dezember 2014 (Az.: S 21 KR 1399/14 ER):

Leitsätze Dr. Manfred Hammel

Die Tatsache, dass eine ärztliche Psychotherapeutin nicht zur kassenärztlichen Behandlung zugelassen ist, steht der Geltendmachung eines Rechtsanspruchs gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG auf Finanzierung einer psychotherapeutischen Behandlung nicht entgegen.

Ein derartiger Leistungsfall ist nach den Prinzipien des AsylbLG zu beurteilen.

Zur Systematik des AsylbLG gehört es grundsätzlich nicht, dass nur zur kassenärztlichen Behandlung zugelassene Therapeuten in Anspruch genommen werden können, sofern keine höheren Kosten entstehen, als sie von der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt werden, und die fachliche Qualität der behandelnden Fachkraft unstreitig ist.

5.   (Falsch-) Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Hartz-IV-Antrag,

Ein Beitrag von RA Mathias Klose:
sozialrecht-aktuell.blogspot.de

6.  Hartz IV zur Eigenheimfinanzierung

In Ausnahmefällen sind Grundsicherungsleistungen auch als Zuschuss für Tilgungsraten zu gewähren – Pressemitteilung des LSG Hessen vom 13.01.2015: www.lsg-darmstadt.justiz.hessen.de

7.   Konferenz Thüringer Studierendenschaften unterstützt BAföG-Klage
 
Aktuell liegt das Verfahren, das eine bundesweite Bedeutung für alle (potentiellen) BAföG-Bezieher_innen hat, der Berufungsinstanz in Kassel vor. Angestrebt wird eine Verfahrensaussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Im Kern wird das Gesetz in folgenden Punkten für grundgesetzwidrig gehalten:

1) Die Berechnung der Höhe der Grundbedarfs (373 Euro für Hochschulstudierende auswärts wohnend) nach BAföG und

2) Die Pauschalierung und Deckelung der Unterkunftskosten ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Kosten und Verfügbarkeiten billigeren und adäquaten Wohnraums werden als dem Sozialstaatsprinzip und dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar angesehen.

weiterlesen: www.jenapolis.de
 
Anmerkung:
Vgl. dazu Verwaltungsgericht Mainz, Pressemitteilung vom 14.01.2015: Kein erhöhtes BAföG für bei den Eltern wohnenden Studierenden: www.mjv.rlp.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de