Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 01/2016

1.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.08.2015 – L 4 AS 1023/13 B

Antragsteller hat keinen Anspruch auf Mehrbedarf für Ernährung bei der Erkrankung “Gicht und Unterernährung”.

Leitsatz (Redakteur)
1. Bei Gicht ist nach den am 1. Oktober 2008 erschienenen neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins nur eine Vollkosternährung nötig, die vom Regelbedarf umfasst ist.

2. Diese Empfehlungen haben den Charakter einer Orientierungshilfe. Sie können im Regelfall zur Feststellung des Mehrbedarfs herangezogen werden, ersetzen jedoch nicht eine ggf. erforderliche Begutachtung im Einzelfall. Sie können insbesondere dann nicht mehr als Grundlage einer Entscheidung dienen, wenn sich im Einzelfall nach anzustellenden Ermittlungen Hinweise auf eine abweichende Bedarfslage ergeben (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. Mai 2011, L 5 AS 24/08).

3. Einem bestehenden Untergewicht (BMI: 17), das auf einer Fehl- bzw Mangelernährung beruht, ist ebenfalls mit einer Vollkost zu begegnen. Auch dies verursacht keine Mehrkosten iSv § 21 Abs 5 SGB II.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.02.2014 – L 4 AS 935/12 NZB – rechtskräftig – Kein Mehrbedarfsanspruch für Ernährung bei schubweiser Gicht und Rheumatismus – Empfehlungen des Deutschen Vereins als Orientierungshilfe; im Ergebnis ebenso zum SGB XII : Bay LSG, Urteil vom 29.08.2013 – L 8 SO 157/10

1.2 – Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.11.2015 – L 9 AS 44/15

Zur Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Wohnungserstausstattung (hier verneinend). Der Antragsteller war nicht prozessführungsbefugt.

Leitsatz (Redakteur)
1. Anspruchsinhaber ist die einzelne Person und nicht die Bedarfsgemeinschaft als Rechtssubjekt. Aus diesem Grund kann ein einzelnes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit einer eigenen Klage weder die Ansprüche aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft noch den Anspruch eines anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft verfolgen.

2. Der Antragsteller war nicht befugt, die Ansprüche seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder auf Leistungen der Wohnungserstausstattung geltend zu machen. Ein Fall der Prozessstandschaft, der zur Geltendmachung eines fremden Rechts berechtigen würde, ist nicht gegeben. Insbesondere ist die Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II kein Fall der gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R). Eine gesetzliche Prozesstandschaft für Verwandte in gerade Linie kann auch nicht in der Regelung des § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG gesehen werden.

3. Eine erweiternde Auslegung der vom Kläger im eigenen Namen erhobenen Klage im Sinne einer Klage (auch) für seine Ehefrau und die beiden minderjährigen Kinder ist auch und gerade unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes – nicht möglich.

4. Dem steht nicht entgegen, dass die Bescheide an den Kläger adressiert worden sind.

5. Der vom Antragsteller angeschaffte Fernseher gehört nicht zu den wohnraumbezogenen Gegenständen. Dieser Bedarf ist grundsätzlich aus dem Regelbedarf zu bestreiten, allenfalls kann – bei Unabweisbarkeit – der Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II bestehen. Gleiches gilt für den angeschafften TV-Tisch, der allein der Unterbringung des nicht als Wohnungserstausstattungsgegenstand zu wertenden Fernsehers dient.

6. Ebenfalls nicht für ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich ist die Ausstattung einer mit funktionsfähigem Fußbodenbelag versehenen Wohnung mit einem Teppich, der lediglich dem ästhetischen Empfinden dient (Wohnung durchgehend mit intakten Fußbodenbelägen – Parkett im Wohnzimmer, Teppichboden im Kinder- und Schlafzimmer, Laminat im Flur, Fliesen im Bad – ausgestattet).

7. Hinsichtlich der angeschafften Haushaltsgegenstände sind die Kosten für den Geschirrspüler sowie für eine Mikrowelle nicht zu berücksichtigen, da es sich nicht um für eine geordnete Haushaltsführung unabdingbare Gegenstände handelt (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 25. Mai 2009 – L 8 SO 63/09 B ER zum Geschirrspüler; VG Arnsberg, Beschluss vom 28. Mai 1991 – 5 K 1746/90 zur Mikrowelle im Anwendungsbereich des BSHG; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Januar 2005 – 16 B 1953/04 zum Geschirrspüler; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, § 24 Rn. 296, Stand Oktober 2011).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – SG München, Beschluss vom 22.12.2015 – S 8 AS 2876/15 ER

Eingliederungsvereinbarung oder Eingliederungsverwaltungsakt – Mitwirkung kann nicht erzwungen werden, ein Beitrag von RA Mathias Klose, Regensburg.

“Die Regelung, den Antragsteller vor Alternativen zu stellen und ihn (sanktionierbar) zur Entscheidung für eine Alternative zwingen zu wollen, steht nicht im Einklang mit dem SGB II

Als der Antragsgegner allerdings dem Antragsteller gegenüber die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erließ, führte das Offenlassen der beiden Alternativen mit der (später sanktionierten) Pflicht, sich zwischen diesen beiden Alternativen zu entscheiden, nach Auffassung des Gerichts faktisch dazu, den Antragsteller in eine ,,freiwillige” Zustimmung zur Eingliederungsvereinbarung (in Form der Alternative I oder der Alternativ II) zu zwingen.”

Konsequenterweise ordnete das Gericht dann antragsgemäß die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den ergangenen Sanktionsbescheid an.

Quelle: sozialrecht-aktuell.blogspot.de

2.2 – Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 14.12.2015 – S 11 AS 1305/15

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Ersatzanspruch wegen Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit durch sozialwidriges Verhalten (hier aber verneinend) – Hinnahme von rechtswidrigen Speerzeiten der Bundesagentur für Arbeit – zu Unrecht aufgehobenes ALG 1 durch die BA – Prüfungsobliegenheit des Jobcenters – keine Tatbestandswirkung des Bescheids der Bundesagentur für Arbeit
Das Jobcenter hat die Tatbestandsvoraussetzungen eines Ersatzanspruchs bei sozialwidrigem Verhalten eigenständig zu prüfen.

Leitsatz (Redakteur)
1. Aus § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt sich eine eigenständige Obliegenheit des Jobcenters zur Prüfung, ob dem Leistungsempfänger ein sozialwidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Eine Bindung an die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit – und damit das Fehlen einer eigenständigen Kompetenz zur Prüfung – müsste gesetzlich ausdrücklich – etwa wie in § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II – normiert sein.

2. Das Jobcenter kann gegenüber dem Hilfebedürftigem seinen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II nicht geltend machen, denn alleine das Nichteinlegen von Rechtsbehelfen gegen die teilweise zu Unrecht festgestellten Sperrzeiten der Bundesagentur für Arbeit begründet nicht den Vorwurf sozialwidrigen Verhaltens. Es besteht grundsätzlich keine Pflicht des Leistungsempfängers, sich gegen einen zu Unrecht ergangenen Bescheid zur Wehr zu setzen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.03.2012, L 16 AS 616/10).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.3 – Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 16.12.2015 – S 12 AS 4451/14

Einkommen aus selbständiger Tätigkeit – Einkommensbereinigung – vereinnahmte Umsatzsteuer ist zu berücksichtigen – Einkommenssteuernachzahlung keine betriebliche Ausgabe
In der Zukunft an das Finanzamt abzugebende Umsatzsteuern können als betriebliche Ausgaben nicht berücksichtigt werden. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn die Abgabe während des Bewilligungszeitraumes tatsächlich erfolgt ist.

Leitsatz (Redakteur)
1. Auch die als betriebliche Einnahme vereinnahmte Umsatzsteuer ist zu berücksichtigen, auch wenn diese rein steuerrechtlich betrachtet ein durchlaufender Posten ist. Auch wenn diese an das Finanzamt abgegeben werden muss, kann sie auch nicht als betriebliche Ausgabe von den Einnahmen abgesetzt werden.

2. Nur im Bewilligungszeitraum tatsächlich erfolgte Umsatzsteuerzahlungen können vom Einkommen Selbständiger abgesetzt werden (BSG, Urteil v. 22.08.2013 – B 14 AS 1/13 R).

3. Als betriebliche Ausgabe kann auch nicht die Einkommenssteuernachzahlung berücksichtigt werden, denn es handelt sich hierbei nicht um eine betriebsbezogene, sondern um eine personenbezogene Ausgabe.

4. Im Übrigen sind offene Schulden nicht vom Einkommen abzusetzen, denn das Einkommen ist zu förderst zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – SG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2015 – S 17 AS 3817/14

Keine Übernahme von Stromschulden, wenn ALGII- Bezieher Rückstände sozialwidrig herbeiführt.

Leitsatz (Redakteur)
1. Der Antragsteller hat sich – trotz Hinweises des Gerichts im Erörterungstermin – weder um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem bisherigen Energieversorger noch um einen Vertragsabschluss mit einem anderen Stromanbieter bemüht.

2. Er musste sich zudem entgegenhalten lassen, dass er seine Lage selbst verschuldet habe. Das Gericht habe Zweifel daran, dass die Entstehung neuer Stromschulden künftig zuverlässig vermieden würden, denn der Ursprung der Stromschulden reiche bis in das Jahr 2012. Das Verhalten des AsT. über einen derart langen Zeitraum spreche dafür, dass billigend in Kauf genommen bzw. nicht gezahlt worden sei im Vertrauen darauf, das Jobcenter werde die Stromsperre verhindern oder beseitigen. In einem solchen Fall sozialwidrigen Herbeiführens von Rückständen sei eine Hilfegewährung nicht gerechtfertigt.

Quelle: www.sozialgericht-karlsruhe.de

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)

3.1 – SG Karlsruhe Gerichtsbescheid vom 15.11.2015 – S 5 AL 1322/15

Berufsausbildungsbeihilfe; Gesamtbedarf; Lebensunterhalt; Fahrkosten; Berufsschulunterricht; Betreuungskosten; Einkommen des Auszubildenden; Bewilligungszeitraum; Pauschale für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge; Anrechnung des elterlichen Einkommens; Unterhaltsanspruch; angemessener Selbstbehalt; Verbraucherinsolvenzverfahren

Leitsatz (Juris)
Bei der Berechnung eines Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe ist das Einkommen der Eltern des Auszubildenden auch dann zu berücksichtigen, wenn vor Beginn des Bewilligungszeitraums über ihr Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet wurde.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – SG Karlsruhe Urteil vom 20.7.2015 – S 5 AL 488/15

Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung; Zeitraum der Förderung; Unterrichtsveranstaltungen; Prüfung; Anspruchsdauer; Unterhaltsgeld

Leitsatz (Juris)
Hat ein Versicherter Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung bezogen, steht ihm im Anschluss an die geförderte Weiterbildung mindestens für einen weiteren Monat Arbeitslosengeld zu. Dieser weitere Monat beginnt, wenn der Zeitraum der Förderung nach § 81 SGB III endet – unabhängig davon, ob nach dem geförderten Zeitraum noch eine Prüfung ansteht.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2015 – S 1 SO 4091/15 ER

Sozialhilfe – einstweiliger Rechtsschutz – bestandskräftiger Bescheid – Übernahme von Stromschulden – Anordnungsanspruch – Glaubhaftmachung – Selbsthilfe durch Anbieterwechsel

Sozialhilfeträger muss keine Stromschulden übernehmen, auch wenn die Antragstellerin und ihr Sohn bereits seit März 2015 ohne Strom sind – Selbsthilfemöglichkeiten – keine Bemühungen nach anderen Stromanbieter – Stromkostenübernahme ist nicht im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gerechtfertigt

Leitsatz (Redakteur)
1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist unzulässig, soweit das Jobcenter über den geltend gemachten Anspruch bereits bestandskräftig ablehnend entschieden hat.

2. Der Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII hat sich sowohl ernsthaft um Ratenzahlungsvereinbarungen mit dem bisherigen Energieversorger als auch um einen Vertragsabschluss mit einem anderen Stromanbieter zu bemühen (hier verneinend), vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 08.10.2012 – L 12 AS 1442/12 B ER).

3. Die Antragstellerin hat sich konkret nicht bemüht, einen anderen Stromanbieter zu finden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.2 – Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 15.12.2015 – S 1 SO 1709/15

Sozialhilfe – Nothilfe – Kostenerstattung für stationäre medizinische Behandlung – Erstattung der Aufwendungen in gebotenem Umfang – Anwendung der Vergütungsregelungen der GKV – Vergütung von Krankenhausleistungen nach Fallpauschalen – Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs des Krankenhausträgers durch Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Hilfefall – Erstattung “pro rata temporis”

Leitsatz (Juris)
Endet ein Eilfall während der Dauer der stationären Krankenhausbehandlung, die mit einer Fallpauschale vergütet wird, infolge Kenntnis des Sozialhilfeträges vom Hilfefall, steht dem Krankenhausträger als Nothelfer ein Erstattungsanspruch nur “pro rata temporis” zu (Anschluss an BSG SozR 4-3500 § 25 Nr. 5).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.3 – Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 03.12.2015 – S 1 SO 3310/15 03.12.2015

Kosten der Unterkunft für eine Eigentumswohnung – Hausgeld – keine notwendige Verbundenheit besteht bei einem dem Erwerb bzw. Bau eines Anwesens 13 Jahre später nachfolgenden Darlehen – Tilgungsleistungen – Keine Anrechnung v. Blindengeld

Weder die monatlich zu zahlenden Zinsaufwendungen noch die mit der Rückführung der Darlehensvaluten verbundenen Tilgungsleistungen sind als weitere Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.

Leitsatz (Redakteur)
1. Zu den Schuldzinsen und dauernden Lasten im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII gehören Darlehenszinsen nur dann, wenn sie zum Erwerb oder der Instandsetzung des Grundeigentums aufgenommen wurden. Dienten die Darlehen demgegenüber nicht dem Erwerb oder der Instandsetzung des Hausgrundstücks oder der Eigentumswohnung, sondern auch anderen Gründen (z.B. einer Umschuldung), sind sie demgegenüber nicht als Kosten der Unterkunft berücksichtigungsfähig.

2. Tilgungsraten gehören grundsätzlich nicht zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 78, Rand-Nr. 17 m.w.N.).

3. Denn die Leistungen nach dem SGB XII sind auf die aktuelle Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1, Rand-Nr. 35). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den auch im SGB XII ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses “Wohnen” nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, nämlich wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum dient, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Sozialhilfeleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 78 und Hess. LSG vom 29.10.2014 – L 6 AS 422/12).

4. Dies ist hier nicht der Fall.

5. Das Blindengeld stellt kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dar (vgl. bereits BVerwGE 34, 164, 166 und BSG, FEVS 59, 441; SG Düsseldorf vom 10.10.2013 – S 37 AS 3151/11).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.4 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 03.11.2015 – S 8 SO 214/13

Sozialhilfeträger muss der SGB II- Empfängerin Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zur Beschaffung eines behinderungsgerechten Kraftfahrzeuges bis zu einem Betrag von 13.000 Euro gewähren zur Aufrechterhaltung ihrer sozialen Kontakte, den regelmäßigen Besuch ihrer Eltern, sowie zur Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen sowie zur Durchführung von Einkäufen und anderen Wegen zur privaten Alltagsgestaltung wie dem Aufsuchen der Universitätsbibliothek.

Kraftfahrzeughilfe kommt auch als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Betracht.

Leitsatz (Redakteur)
1. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (BSG, Urteil vom 02.02.2012, Az.: B 8 SO 9/10 R und Urteil vom 23.08.2013, Az.: B 8 SO 24/11 R zu § 9 Abs. 2 Nr. 11 EingliederungshilfeVO).

2. Bei der Auslegung zu berücksichtigen ist auch das am 26.03.2009 ratifizierte Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention).

3. Hier ist im vorliegenden Fall vor allem Art. 20 der Konvention zu berücksichtigen, wonach die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen treffen, um für Menschen mit Behinderung persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, indem sie die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern. Der Begriff des Angewiesen seins kann vor diesem Hintergrund nicht so verstanden werden, dass lediglich eine behinderungsbedingte Grundsicherung in dem Sinne erfolgt, dass nur der absolut lebensnotwendige Mobilitätsbedarf gedeckt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der behinderte Mensch in die Lage versetzt wird, unter Berücksichtigung seiner Lebenssituation und seiner individuellen Wünsche, vergleichbar mit gleichaltrigen nichtbehinderten Menschen, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen.

4. Die AsT. muss sich dabei nicht darauf verweisen lassen, dass sie ihre Eltern seltener besuchen solle oder diese sie besuchen kommen sollten.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Kinderzuschlag nach § 6a BKGG (BK)

5.1 – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.11.2015 – L 5 BK 2/15 B

Angelegenheiten nach § 6a BKGG (BK) – Zu den Voraussetzungen des Kinderzuschlags (hier bestand kein Anspruch)

Leitsatz (Redakteur)
1. Bei der Prüfung, ob die Eltern ihren Bedarf mit Leistungen außerhalb des SGB II decken können, ist ein gezahltes Wohngeld unberücksichtigt zu lassen. Nur wenn die Eltern zur Deckung des Bedarfs weder auf Wohngeld noch auf SGB II-Leistungen angewiesen sind, soll der Kinderzuschlag gezahlt werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010, B 14 KG 1/089 R (14)).

2. Die KdU sind anhand der tatsächlichen Kosten und nicht ausgehend vom Leistungsträger berücksichtigenden Betrag zu Grunde zu legen (BSG, Urteil vom 14. März 2012, B 14 KG 1/11 R). Entgegen den Grundsätzen des SGB II sind die KdU hier nicht nach Kopfteilen auf den Klägerin und ihren Sohn zu verteilen. Vielmehr sind sie nach dem Verhältnis, das sich aus dem im jeweils letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten entsprechenden Kosten für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergibt, prozentual festzulegen (BSG, Urteil vom 14. März 2012, B 14 KG 1/11 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

6.   Grundsicherung – Hartz-IV-Sätze heute weniger wert als vor 11 Jahren

Zwar werden die Hartz-IV-Regelsätze zum Jahresbeginn leicht angehoben – trotzdem haben Hartz-IV-Empfänger heute weniger Geld zum Leben als zum Start des Hartz-Systems im Jahr 2005. Denn die Preise sind seit 2005 deutlich stärker gestiegen als die Hartz-Sätze. Das zeigt eine DGB-Analyse.

Weiter: www.dgb.de

Analyse-DGB-Hartz-IV-Regelsaetze-heute-weniger-wert-als-vor-11-Jahren (PDF, 199 kB)
www.dgb.de

Dazu: www.berthold-bronisz.de

ALG II – Regelsätze für 2016 falsch berechnet
Köln – Vielen ALGII-Empfängern flatterte dieser Tage, quasi als Weihnachtsgeschenk der Jobcenter, die neuen Bescheide zur Regelsatzerhöhung für das Jahr 2016 ins Haus. Diese Bescheide dürften jedoch durchweg falsch sein.

7.   Ersatzansprüche nach § 34 SGB II – ab 2016 Bestrafungsparagraph gegen Zwangsverrentete, ein Beitrag von Herbert Masslau

Es entspricht nicht der Vorgehensweise des Autors, einen Artikel über Gesetzesänderungen zu schreiben, welche noch nicht in Kraft getreten sind. Allerdings erscheint es dem Autor gerade im Hinblick auf die nachfolgende Abhandlung wichtig, den in 2016 von Zwangsverrentung Betroffenen Informationen an die Hand zu geben.

Es ist nicht klar, wann das SGB II-Rechtsvereinfachungsgesetz genannte SGB II-Rechtsverschärfungsgesetz in Kraft tritt – aufgrund der Terminplanungen von Bundestag und Bundesrat ist damit nicht vor dem 1. April 2016 zu rechnen -, auch kennt der Autor nicht den Grund der Verschiebung des für den 1. Januar 2016 geplanten Inkrafttretens. Sollten sich allerdings noch Änderungen ergeben, wird der nachfolgende Artikel entsprechend aktualisiert. (Herbert Masslau, 2. Januar 2016).

weiterlesen: www.herbertmasslau.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de