Thüringer Verfassungsschutz behindert weiterhin Aufklärung im Ballstädt-Verfahren – Nebenklage rekonstruiert geschwärzte Dokumente des Verfassungsschutzes

Im sog. Ballstädt-Verfahren enthält der Thüringer Verfassungsschutz (VS) auch weiterhin dem Landgericht Erfurt wichtige Unterlagen vor. Zwar übermittelte der VS in Reaktion auf eine verwaltungsgerichtliche Klage der Nebenkläger vor dem Verwaltungsgericht Weimar vom 28.06.2016 nun an das Landgericht Erfurt am 18.07.2016 einige Dokumente. Diese Dokumente sind aber an entscheidenden Stellen geschwärzt, so dass der Vorsitzende Richter am Landgericht Pröbstel bereits den Nutzen der Dokumente für das Strafverfahren anzweifelte und den Verfassungsschutz hierfür in der gestrigen Verhandlung öffentlich kritisierte.

Die Verweigerung des VS hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Strafjustiz im Ballstädt-Verfahren erreicht indes sogar groteske Züge.  „Wir konnten die Schwärzungen des VS durch Beiziehung anderer Strafakten mit Rechtsterrorismusbezug rekonstruieren. Die Annahme des VS, die Informationen vor der Strafjustiz noch geheim halten zu müssen oder gar zu dürfen ist absurd und widersprüchlich“ stellt Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk aus Jena als Vertreterin der Nebenklage im Ballstädt-Verfahren fest.

Aufgrund verfahrensrechtlicher Besonderheiten könnte es allerdings noch immer darauf ankommen, dass der VS dem Landgericht Erfurt auch trotz Kenntnis des Inhalts hinter den Schwärzungen die Dokumente selbst ungeschwärzt zur Verfügung stellt. „Wir werden im Strafverfahren nun anregen, die geschwärzten Dokumente nebst Rekonstruktion der Inhalte der Schwärzungen an den VS zurück zu senden mit der Frage, ob die Schwärzungen unter diesen Umständen weiterhin ernst gemeint sein sollen“ erläutert der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam das weitere Vorgehen der Nebenklage. „Wenn der VS fortwährend das Ballstädt-Verfahren derart behindert werden wir die verwaltungsgerichtlichen Klagen jedenfalls nicht zurücknehmen.“ so Adam vorerst abschließend.  

Hintergrund zum Ballstädt-Verfahren: Eine Gruppe von mindestens 15 Nazis hatte in der Nacht zum 09.02.2014 eine Feier der örtlichen Kirmesgesellschaft überfallen und äußerst brutal zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt. Bei dem für die Opfer völlig überraschenden Angriff wurden auch gefährliche Werkzeuge als Schlagwerkzeuge eingesetzt. Das Strafverfahren ist indes seit November 2015 vor dem Landgericht Erfurt anhängig und wird – je nach Verlauf der Beweisaufnahme – voraussichtlich noch das gesamte Jahr 2016 weiter verhandelt. 

 

Nebenklage im Ballstädt-Prozess:

RA Sven Adam  │ www.anwaltskanzlei-adam.de
RA Maik Elster │ www.kanzlei-elster.de
RA Alexander Hoffmann │ www.anwalthoffmann.de
RA Rasmus Kahlen │ www.anwaltskanzlei-kahlen.de
RAin Dr. Kati Lang │ www.anwaltskanzlei-lang.de
RAin Kristin Pietrzyk │ www.kanzlei-elster.de