Tacheles Rechtsprechungsticker KW 39/2016

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 09.03.2016 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Bundessozialgericht, Urteil v. 09.03.2016 – B 14 AS 5/15 R

Widerspruch gegen Mahngebühren der Bundesagentur für Arbeit: 150,00 € Anwaltskosten sind erstattungsfähig.

Legt der Rechtsanwalt für seinen Mandanten erfolgreich Widerspruch gegen eine Mahnung der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die festgesetzten Mahngebühren ein, ist die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, dem Widerspruchsführer seine Anwaltskosten zu erstatten (Leitsatz RA Helge Hildebrandt, Kiel)

Quelle: juris.bundessozialgericht.de und sozialberatung-kiel.de

2.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 21.09.2016 zur Sozialhilfe (SGB XII)

2.1 – BSG, Urteil v. 21.09.2016 – B 8 SO 10/15 R

Sozialhilfe – Eingliederungshilfe – Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft – Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges – Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten – Angemessenheit des Wunsches – Geeignetheit und Notwendigkeit zur Erreichung des Teilhabezieles – Fehlen zumutbarer Alternativen – angemessener Umfang

Prüfung der Notwendigkeit einer Beihilfe zur Beschaffung eines behindertengerechten KFZ oder eines behindertengerecht umbaufähigen KFZ als Eingliederungshilfe zur Befriedigung des Mobilitätsbedürfnisses einer jungen schwerstbehinderten Frau

Bedarf es zur Bejahung eines Anspruchs auf Hilfe zur Beschaffung eines Kfz (§ 8 Eingliederungshilfeverordnung) zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft einer der Teilhabe am Arbeitsleben vergleichbar häufigen Nutzung?

Leitsatz (Redakteur)
Die Klage wurde zurückgenommen.

Quelle: juris.bundessozialgericht.de

3.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss v. 29.08.2016 – L 8 AS 675/16 B ER – rechtskräftig

Schlüssiges Konzept – Stadt Leipzig

KdU-Richtlinie Leipzig 12/2014 genügt den BSG-Anforderungen an schlüssiges Konzept

Leitsatz (Juris)
1. Das der Richtlinie der Stadt Leipzig vom 18.12.2014 zugrundeliegende Konzept genügt nach der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung den vom BSG aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept.

2. Wird in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die (vorläufige) Gewährung höherer Leistungen für die Unterkunft begehrt, ist hinsichtlich des Anordnungsgrundes auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzustellen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Erhalt der Wohnung als Lebensmittelpunkt konkret gefährdet ist.

3. Wird im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens (§ 44 SGB X) hinsichtlich eines bestandskräftigen Bescheids Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, ist es dem Antragsteller in der Regel zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungsverfahren oder in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Eine einstweilige Anordnung kann in solchen Fällen nur ergehen, wenn massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz dargelegt werden und die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Bescheids offensichtlich und deshalb mit einem für den Antragsteller positiven Ausgang des Überprüfungsverfahrens zu rechnen ist.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss v. 11.07.2016 – L 3 AS 1810/13 B ER – rechtskräftig

Hier wird das Jobcenter im Rahmen der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an den Antragsteller vorläufig Leistungen zur Bildung und Teilhabe für außerschulische Lernförderung in den Fächern Französisch und Mathematik zu zahlen.

Leitsatz (Juris)
1. Zum Begriff der Lernförderung in § 28 Abs. 5 SGB II.

2. Schulische Angebote der Lernförderung sind von der Schule selbst angebotene Maßnahmen, strukturelle Förderungen, wie Förderkurse oder Hausaufgabenhilfe.

3. Zum Förderunterricht und zu den LRS Klassen als schulische Angebote der Lernförderung nach dem sächsischen Schulrecht.

4. Wesentliches Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist nach der Gesetzesbegründung regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau.

5. An die Stelle der Versetzung in die nächsthöhere Klasse kann nach dem sächsischen Schulrecht in einer 10. Klasse an einem Gymnasium als wesentliches Lernziel das Erreichen eines mittleren Schulabschlusses treten.

6. Zur Eignung und zusätzlichen Erforderlichkeit einer außerschulischen Lernförderung.

7. Eine Versetzungsgefährdung kann nicht nur mit einem Halbjahreszeugnis festgestellt werden.

8. Ein Schulartwechsel ist bei der Prüfung, ob die Finanzierung einer außerschulischen Lernförderung zu übernehmen ist, zu berücksichtigen, wenn wegen des Umfangs der Leistungsschwächen eine Versetzung oder ein Verbleib in der gewählten Schulart ausgeschlossen erscheint.

9. Die Noten für die vier sogenannten Kopfnoten Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung können Indizien für das schulische Engagement eines Schülers sein.

10. Schülerinnen und Schüler mit relevanten Lernschwächen können regelmäßig nicht auf die Unterstützung von Eltern oder Angehörigen als Alternative zu einer außerschulischen Lernförderung verwiesen werden.

11. Die Auffassung, ein Anspruch nach § 28 Abs. 5 SGB II bestehe nur für eine außerschulische Lernförderung im zweiten Schulhalbjahr, findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze.

12. Eine Prognose hinsichtlich der Erforderlichkeit einer außerschulischen Lernförderung wird regelmäßig nur für ein bestimmtes Schuljahr möglich sein.

13. Ein Anspruch nach § 28 Abs. 5 SGB II kann regelmäßig nur für den Zeitraum, für den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bewilligt werden, zuerkannt werden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.3 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss v. 31.08.2016 – L 3 AS 633/16 B ER – rechtskräftig

Ist zwischen den Beteiligten zweifelhaft, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist, ist in entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 SGG durch deklaratorischen Beschluss festzustellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat (allg. Meinung: vgl. hierzu Sächs. LSG, Beschluss vom 3. September 2009 – L 3 AY 1/09 B ER).

Ein Rechtsbehelf muss nicht als Widerspruch bezeichnet werden (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 11/09 R). Es genügt, wenn im Schriftstück zum Ausdruck kommt, dass sich der Betroffene durch den Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und Überprüfung durch die Verwaltung anstrebt. Dies ist hier der Fall.

Leitsatz (Redakteur)
Der Widerspruch gegen eine in der Form eines Verwaltungsaktes erklärte Aufrechnung fällt nicht unter den Anwendungsbereich von § 39 Nr. 1 SGB II und hat gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juli 2007 – L 28 B 1053/07 AS ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 8. Februar 2008 – L 5 B 542/07 ER AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. September 2011 – L 19 AS 1509/11 B ER, L 19 AS 1510/11; Bay. LSG, Beschluss vom 21. Juni 2013 – L 7 AS 329/13 B ER).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.4 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 12.09.2016 – L 25 AS 2137/16 B ER – rechtskräftig

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – Regelbedarf – Bedarfe bei Unterkunft und Heizung – unter 25-jähriger – Auszug/”Rauswurf” aus elterlicher Wohnung – Erfordernis der Zusicherung

Zur Frage, ob der Antragsgegner zu Recht die Gewährung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 5 SGB II abgelehnt und daran anknüpfend gemäß § 20 Abs. 3 SGB II den Regelbedarf auf 80 Prozent des Alleinstehendenregelbedarfs “gekürzt” hat (hier verneinend)

Hinweis Gericht
1. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zur wortgleichen Vorgängerregelung des § 22 Abs. 2a SGB II ausgeführt, dass ein Konflikt zwischen den Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft, der in der (ernstlichen) Weigerung einer materiellen und/oder immateriellen Unterstützung der Eltern für ihre erwachsenen Kinder münde, (volljährige) Kinder und Eltern zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts berechtige. Nur eine entsprechend enge Auslegung des § 22 Abs. 2a SGB II wahre die von Verfassungswegen zu schützenden Belange der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft (Urteil vom 14. März 2012 – B 14 AS 17/11 R – juris). Unter dieser Maßgabe hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

2. Hier hat der Antragsteller durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, von seinen Eltern “rausgeworfen” worden zu sein; eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt sei ihm nicht möglich, weil seine Eltern ihn nicht zurücklassen würden.

3. Mithin dokumentiert hier der “Rauswurf” des Antragstellers aus der elterlichen Wohnung die ernstliche Weigerung einer materiellen und/oder immateriellen Unterstützung der Eltern für den Antragsteller und waren Antragsteller und Eltern im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts berechtigt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis:
BVerfG: “Weigern sich Eltern aber ernsthaft, für ihre nicht unterhaltsberechtigten Kinder einzustehen, fehlt es schon an einem gemeinsamen Haushalt und damit auch an der Voraussetzung einer Bedarfsgemeinschaft.
Eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen scheidet dann aus; ein Auszug aus der elterlichen Wohnung muss dann ohne nachteilige Folgen für den Grundsicherungsanspruch möglich sein.”

Quelle: www.bundesverfassungsgericht.de

3.5 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.07.2016 – L 9 AS 1083/16 B ER – rechtskräftig

Zur Rechtmäßigkeit einer Aufforderung, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen (hier bejahend).

Leitsatz (Juris)
Aufgeben der bisherigen Rechtsprechung (L 9 AS 1583/14 B ER, Beschluss vom 1. Juli 2015), Anschluss an Urteil des BSG vom 19. August 2015 – B 14 AS 1/15 R, Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrages

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.6 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.07.2016 – L 20 AS 269/16

Zahlungsanspruch auf bewilligte Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB 2 – bei Ausgaben von Gutscheinen nach § 31 a Abs 3 SGB 2 nach Aufhebung der Sanktionen

Leitsatz (Redakteur)
1. Bei der Rücknahme der Sanktionsbescheide konnte mit der Ausgabe der Gutscheine nach § 31a Abs. 3 SGB II nicht der Anspruch auf Auszahlung der gewährten Geldleistungsansprüche nach §§ 19, 20, 22 SGB II erfüllt werden.

2. Zwar werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 4 Abs. 1 in Form von Dienst-, Geld- und Sachleistungen erbracht. Aus dieser Benennung der verschiedenen Formen der Leistungserbringung im SGB II folgt allerdings nicht, dass ein Wahlrecht zwischen den verschiedenen Leistungsarten besteht.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 08.08.2016 – L 19 AS 1251/14

Polnische Staatsangehörige hat kein Anspruch auf SGB II- Leistungen – Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4a SGB II – Sozialhilfe – örtliche Zuständigkeit

Leitsatz (Redakteur)
1. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Norm für sie keine Anwendung findet, da das Jobcenter seine Leistungspflicht nicht anerkannt habe.

2. Bei der Pflicht zur Erreichbarkeit sowie dem Erfordernis einer Zustimmung des Jobcenters zur Ortsabwesenheit handelt es sich nicht um Rechtspflichten oder Obliegenheiten aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten, sondern um eine Leistungsvoraussetzung (BSG, Urteil vom 15.06.2016 – B 4 AS 45/15 R).

3. Zudem sind ihr im Dezember 2014 Leistungen nach dem SGB II rückwirkend für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2014 und anschließend fortlaufend bis zum 30.04.2015 vorläufig vom Beklagten ausgezahlt worden. Insoweit handelt es sich bei der Klägerin um eine “erwerbsfähige Leistungsberechtigte” i.S.d. § 7 Abs. 4a SGB II.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.8 – LSG NRW, Beschluss v. 02.09.2016 – L 19 AS 1085/16/B

Leitsätze RA Jens Hake, Stade

1. Es reicht für einen Eingliederungsverwaltungsakt nicht aus, wenn nur die Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit – Stellensuche, Erstellen von Bewerbungsunterlagen, Bewerbung aufgrund unterbreiteter Vermittlungsvorschläge – geregelt sind. Damit wird nur die sich aus § 2 SGB II ergebende Arbeitssucheobliegenheit eines Leistungsempfängers (Bt-Drs. 15/15/16, 51 Berlit in LPK-SGB II 5. Aufl § 2 Rn 2) umschrieben.

2. Vielmehr muss er auch Aussagen zur Häufigkeit und Art der vorzunehmenden Bewerbungen enthalten. Denn nur dann ist zum einen ersichtlich, dass der EGVA auf den Leistungsgrundsätzen des § 3 Abs. 1 SGB II beruht, insbesondere die Eignung und individuelle Lebenssituation berücksichtigt und zum anderen individuelle, konkrete und verbindliche Leistungsangebote zur Eingliederung in Arbeit als grundsätzlich notwendige Bestandteile einer Eingliederungsvereinbarung bzw. eines Eingliederungsverwaltungsaktes enthält.

3.9 – Thüringer Landessozialgericht, Beschluss v. 20.06.2016 – L 9 AS 318/16 B 20.06.2016 rechtskräftig

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung (hier ablehnend).

Auch hauptberuflich Selbstständige und in Vollzeit tätige (selbstständige Aufstocker) müssen dem Meldetermin des Jobcenters nachkommen.

Leitsatz (Juris)
1.Wenn sich der Leistungsberechtigte gegen eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) wendet, handelt es sich nicht um eine Klage, die im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen darauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft (aA LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2015 – L 7 AS 1306/14). Die Bedeutung der Meldeaufforderung erschöpft sich nicht in der Vorbereitung einer späteren Sanktion.

2. § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 2 SGB III setzt nicht voraus, dass der Hilfebedürftige tatsächlich keinerlei Erwerbstätigkeit nachgeht, mithin arbeitslos ist.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.10 – Thüringer Landessozialgericht, Urteil v. 20.07.2016 – L 4 AS 225/14 – rechtskräftig

Übersteigt das Guthaben – wie hier – die Aufwendungen des Folgemonats, erfolgt die Anrechnung des übersteigenden Betrages bis zur vollständigen Abschmelzung des Gesamtrückzahlungsbetrages in den darauffolgenden Monaten.

Leitsatz (Juris)
1. Die Regelungswirkung der in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. bzw. § 22 Abs. 3 SGB II n. F. normierten Sonderregelung für die Anrechnung von Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, beschränkt sich auf die Modifikation der Vorschriften zur Einkommensanrechnung im Hinblick auf den Zeitpunkt der Berücksichtigung (Monat nach dem Zufluss), die Reihenfolge der Berücksichtigung (nur bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung) und ohne vorherige Absetzungen (Anschluss an BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 139/11 R). Im Übrigen finden die allgemeinen Regelungen Anwendung.

2. Ein Guthaben aus einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung ist als einmalige Einnahme unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V a. F. auf die Unterkunftskosten der nachfolgenden Monate aufzuteilen, wenn andernfalls der Leistungsanspruch vorübergehend vollständig entfallen würde.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

4.1 – Sozialgericht München, Gerichtsbescheid v. 10.08.2016 – S 13 AS 2433/14

Streit über Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheids

Leitsatz (Juris)
1. An eine rechtmäßige Rechtsfolgenbelehrung sind auch formale Anforderungen zu stellen.
Bei einer Minderung in Höhe von mindestens 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs hat der Leistungsträger eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Miete an den Vermieter direkt überwiesen wird. (amtlicher Leitsatz)

2. Eine Rechtsfolgenbelehrung erfüllt ihre Warnfunktion nicht, wenn sie formal in einer Schriftgröße gehalten ist, die deutlich unterhalb der Schriftgröße des übrigen Schreibens liegt.

3. Es bedarf einer Entscheidung über die Direktüberweisung des § 31a Abs. 3 Satz 3 SGB II. Das Abweichen vom Regelfall ist zu begründen. (Orientierungssatz des Gerichts)

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.2 – SG Leipzig, Beschluss v. 09.09.2016 – S 22 AS 2098/16 ER

Meldeversäumnis und Rechtsfolgenbelehrung

Sanktion ist rechtswidrig, wenn die schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen unvollständig ist, denn sie enthält nur einen Hinweis auf § 309 SGB III, ohne den Regelungsgehalt des § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III zu erläutern.

Leitsatz (Juris)
Die Belehrung über die Rechtsfolgen in einer Aufforderung, sich an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Tageszeit zu melden, ist zumindest dann unvollständig, wenn die Rechtsfolgenbelehrung unter Bezug auf den Gesetzestext zwar erläutert, wann eine Verletzung der Meldepflicht vorliegt, ohne jedoch darauf hinzuweisen, dass der Meldepflicht auch nachgekommen wird, wenn sich zu einer anderen Zeit am selben Tag gemeldet und der Zweck der Meldung erreicht wird.

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – Sozialgericht Dortmund, Urteil v. 20.09.2016 – S 62 SO 403/16

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Sozialhilfe – Leistungsausschluss für dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB 2

Sozialhilfe für arbeitssuchende EU-Bürger: Auch SG Dortmund stellt sich gegen BSG-Urteil

Leitsatz (Redakteur)
Hier zum Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe für einen Unionsbürger bei dessen Erwerbsfähigkeit.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.2 – SG Braunschweig, Beschluss vom 19.09.2016 – S 32 SO 136/16 ER

Zur Gewährung eines Überbrückungsdarlehens gem. § 37 SGB XII bei “abgenötigtem Rechtsmittelverzicht”

Leitsatz RA Michael Loewy
1. Die Abhängigmachung der Gewährung eines Darlehens nach § 37 SGB XII von der Erteilung eines vom Antragsteller zuvor erklärten Rechtsmittelverzichts ist rechtswidrig. Eine gesetzliche Grundlage hierfür existiert nicht.

2. Ebenso ist für die Gewährung eines Darlehens nach § 37 SGB XII die Rücksendung einer unterschriebenen Rückzahlungsvereinbarung keine Leistungsvoraussetzung. Eine gesetzliche Grundlage hierfür existiert ebenfalls nicht.

3. Sofern sich der Leistungsberechtigte weigert eine vom Sozialhilfeträger beabsichtigte vertragliche Vereinbarung über die Darlehensmodalitäten abzuschließen, eröffnet diese Weigerung nicht die Möglichkeit, die Leistungsgewährung nunmehr wegen mangelnder Mitwirkung abzulehnen.

Quelle: anwaltskanzlei-loewy.de

6.   Verschiedenes aus anderen Gesetzesbüchern wie Rentenrecht, Elterngeld und natürlich zum SGB II

6.1 – Prozesskostenhilfe vor den Sozialgerichten: Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung von PKH für ein Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckung eines sozialgerichtlichen Urteils erfolgreich.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. August 2016 – 1 BvR 380/16: www.rechtslupe.de

6.2 – LSG Baden-Württemberg

Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente sind verfassungsgemäß – Anmerkung von Rechtsanwalt Prof. Dr. Hermann Plagemann, Plagemann Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Frankfurt am Main – LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2016 – L 7 R 273/15

Quelle: rsw.beck.de

6.3 – Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG auch für anerkannte Flüchtlinge: Praxistipps und Hintergründe – Arbeitshilfe

Kategorie: Flüchtlingsarbeit

Von: Constanze Reichstein
Diese Arbeitshilfe informiert über den aktuellen Stand zur Umsetzung der Wohnsitzregelung nach § 12 a AufenthG für anerkannte Flüchtlinge. Autor der Arbeitshilfe ist Claudius Voigt, Mitarbeiter der GGUA Flüchtlingshilfe aus Münster. Die Arbeitshilfe gibt den Stand am 22.09. wieder, eine Aktualisierung ist vorgesehen und kann dann hier eingesehen werden

Am 6. August ist die so genannte “Wohnsitzregelung” des § 12a AufenthG in Kraft getreten, die viele anerkannte Flüchtlinge verpflichtet, in dem Bundesland zu wohnen, in dem sie auch während des Asylverfahrens gelebt haben. Darüber hinaus können die Bundesländer zusätzlich ortsbezogene Wohnsitzauflagen anordnen. Die Auflage gilt sogar rückwirkend für Flüchtlinge, die seit Jahresbeginn anerkannt worden sind – und unter Umständen schon vor mehreren Monaten, mit Zustimmung des Jobcenters und der Ausländerbehörde, umgezogen waren. Gerade diese rückwirkenden Fälle führen momentan zu einer großen Unsicherheit unter den Betroffenen, aber auch bei Behörden und Beratungsstellen.

Aus der Beratungspraxis haben wir die Rückmeldung erhalten, dass es diesbezüglich zahlreiche Probleme und Unsicherheiten gibt. Wir haben daher die folgende Arbeitshilfe erstellt, die Hinweise zum Umsetzung der Wohnsitzregelung geben soll. Autor der Arbeitshilfe ist Claudius Voigt, Mitarbeiter der GGUA Flüchtlingshilfe aus Münster. Die Arbeitshilfe gibt den Stand am 21.09. wieder, eine Aktualisierung ist vorgesehen und kann dann hier eingesehen werden.

Die Arbeitshilfe steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung:infothek.paritaet.org

6.4 – Caritas-Präsident Peter Neher: Hartz-IV-Erhöhung ist ein Hohn:

www.katholisch.de

6.5 – Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zu Hartz IV:

“Es geht nicht nur ums Überleben”: www.taz.de

6.6 – “Hartz IV schafft Armut

Die herrschende Politik hat bei der Armutsbekämpfung jämmerlich versagt”, erklärt Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE. Der 11-Jahres-Vergleich der Armutsquoten nach dem Mikrozensus zeigt auf, dass seit der Einführung von Hartz IV mehr Menschen in Armut leben – mittlerweile fast jeder sechste.

Quelle: www.katja-kipping.de

6.7 – SG Stralsund, Beschluss vom 20.09.2016, S 7 EG 8/16 ER

Elterngeld
1. Nach der modifizierten Zuflusstheorie und der gefestigten Rechtsprechung des BSG ist nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bei der Ermittlung der Höhe des Elterngeldes zugrunde zu legen. Bloße Entgeltansprüche genügen nicht (BSG Urteil vom 30. September 2010 – B 10 EG 19/09 R -, BSGE 107, 18 26 Rz. 25).

2. Jedenfalls nach Ablauf des (hier sogar verlängerten) Bezugszeitraums von Elterngeld war eine endgültige Festsetzung durch die Behörde angezeigt. Ist das im Bemessungszeitraum erwirtschaftete Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit den Betroffenen auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugeflossen, kommt eine Berücksichtigung für die Berechnung des Elterngeldes (hier im Rahmen der endgültigen Festsetzung) nicht mehr in Betracht.

3. Eine Prägung des Lebensstandards der Betroffenen im gesetzlich definierten letzten wirtschaftlichen Bemessungszeitraum scheidet nach Ablauf des Elterngeldbezugszeitraums von hier 22 Monaten aus. Elterngeld kann im Falle eines noch späteren Einkommenszuflusses seine Einkommensersatzfunktion nicht mehr erfüllen.

Quelle: www.landesrecht-mv.de

6.8 – Bundesverfassungsgericht stärkt Menschen mit Behinderung beim Streit ums Persönliche Budget

www.aerztezeitung.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de