Am gestrigen 02.11.2016 wurden vor dem Verwaltungsgericht (VG) Dresden zwei Klageverfahren (Az.: 6 K 196/15 und 6 K 3364/14) gegen die Bundespolizei verhandelt. Die Kläger begehrten die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Personenkontrollen einzig anhand ihrer Hautfarbe (Racial Profiling).
Der Kläger aus dem Verfahren zu dem Az. 6 K 196/15, ein 45 jähriger Regisseur und vereidigter Gerichtsdolmetscher, befand sich am 31.03.2014 auf dem Rückweg von einer Gerichtsverhandlung in Erfurt zurück nach Leipzig. Im Bahnhof Erfurt wurde er von zwei Beamten der Bundespolizei nach seiner Einschätzung lediglich aufgrund seiner dunklen Hautfarbe kontrolliert. Die Bundespolizei hingegen behauptete, der Kläger habe sich „auffällig verhalten“ und seine Hautfarbe habe keine Rolle für die Kontrolle gespielt.
Die Verhandlung vor dem VG offenbarte nun, dass die zuständige Bundespolizeidirektion Pirna verfahrensrelevante schriftliche Stellungnahmen der Beamten und ihrer Vorgesetzten dem Gericht bis zur Verhandlung vorenthalten hatte. Einer der Beamten räumte darüber hinaus ein, privat eine dienstliche Erklärungen des anderen Beamten erhalten zu haben, bevor er eigene Stellungnahmen fertigte. Das Verfahren endete letztendlich aber mit einem Eklat, als einer der Beamten bekundete, gemeinsam mit dem weiteren kontrollierenden Beamten von einem Justiziar der Bundespolizeidirektion Pirna auf die Beweisaufnahme in diesem Verfahren vorbereitet worden zu sein. Er selbst war dafür dienstlich von Bayreuth nach Pirna bestellt worden.
Das Gericht machte kein Geheimnis aus seinem Unverständnis für ein solches Prozessverhalten und die Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Beamten und beendete die Beweisaufnahme vorzeitig mit dem Hinweis, dass die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme anhand der Aussagen der Beamten unter diesen Umständen nicht mehr festzustellen sei.
„Es ist vor Gericht ohnehin schwierig nachzuweisen, dass Polizeibeamte anhand der Hautfarbe Kontrollen in Zügen und auf Bahnhöfen durchführen. Dass nun die Beamten aber sogar inhaltlich und ggf. sogar taktisch auf ihre Zeugenaussagen vorbereitet werden hat mit einem ordnungsgemäßen Prozessverhalten einer an Recht und Gesetz gebundenen Bundesbehörde nichts mehr zu tun.“ kommentiert Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger vertritt, die Beweisaufnahme. Auch der Kläger selbst war von dem Verlauf der Zeugenvernehmung verärgert: „Die sich wiederholenden rassistischen Kontrollen sind schlimm und diffamierend. Aber das Absprechen falscher Aussagen in Racial Profiling-Verfahren wäre ein Skandal”.
Ein der Klage wohl nun Recht gebendes Urteil wird den Parteien im schriftlichen Verfahren zugestellt.
In dem weiteren Verfahren zu dem Az. 6 K 3364/14 wurde die Kontrolle eines heute 31-jährigen Studenten mit ebenfalls dunkler Hautfarbe vom 07.09.2014 in einem Zug von Erfurt nach Würzburg verhandelt. Auch hier widersprachen sich die Darstellungen der Parteien über die Kontrollsituation und den Grund der Kontrolle in derart erheblichem Umfang, dass das Gericht das Verfahren aussetzte, um weitere Zeugen laden zu können.
Der Kläger hatte bekundet, dass die Beamten den Kläger unmittelbar nach den Personalien gefragt hatten während die Beamten ihn lediglich befragt haben wollen, ob er vielleicht irgend etwas für die Arbeit der Bundespolizei hilfreiches sagen könne. Vor dem VG Dresden wird zu der Frage der Rechtmäßigkeit der Personalienfeststellung nun eine weitere Verhandlung stattfinden müssen.
Der junge Mann war nach der Kontrolle von den Polizeibeamten wegen Beleidigung angezeigt worden, weil er die Kontrolle als rassistisch und ausländerfeindlich bezeichnet haben soll. Das Amtsgericht Arnstadt sprach ihn mit Urteil vom 28.05.2015 (Az.: 820 Js 36838/14 4 Cs) aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen frei.