Polizeiliche Platzverweise gegen Journalist_innen waren rechtswidrig

Nach dem rigiden Vorgehen der Polizei gegen Journalist_innen beim Rechtsrock-Open Air „Eichsfeldtag“ im Mai 2016 in Leinefelde hat die Landespolizeidirektion (LPD) die Rechtswidrigkeit der Platzverweise gegen vier Medienvertreter_innen eingeräumt. Ein entsprechendes Schreiben vom 28.10.2016 erreichte jetzt die mit der juristischen Vertretung beauftragten Rechtsanwält_innen. Damit erkennt die LPD an, „dass die Voraussetzungen für den Erlass des streitgegenständlichen Platzverweises nicht vorgelegen haben“ und übernimmt die Verfahrenskosten.

Die Polizei hatte am 28.05.2016 vier freien Fachjournalist_innen Platzverweise erteilt, als sie von einem Erdwall hinter dem Ort des Rechtsrock-Open Airs das Geschehen dokumentierten. Angeblich hätten sie „durch ihr Verhalten eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hervorgerufen“, hieß es in dem Bericht der Landespolizeiinspektion (LPI) Nordhausen.

„Es war von Anfang an offensichtlich, dass das polizeiliche Vorgehen gegenüber der Presse am 28.05.2015 gegen geltendes Recht verstieß. Schon viel früher hätte es deshalb zu einer entsprechenden Erklärung der Polizei und einer Entschuldigung kommen müssen. Hierzu bestand aber bislang keine Bereitschaft und nach Aktenlage schon gar kein Einsehen. Möglicherweise hat die Polizeiführung daher das Verfahren nur aufgegeben, um eine weitere Aufklärung des polizeilichen Schutzes der Neonazis vor einer kritischen Berichterstattung zu verhindern”, so Rechtsanwalt Sven Adam, der eine Journalistin juristisch vertritt.

Ein Blick in die Berichte der zuständigen Beamten zu den Ereignissen von Mai und Juni 2016 zeigt zudem ein höchst fragwürdiges Verständnis der Polizei von Medienarbeit. Den betroffenen Journalist_innen, die sich durch offizielle Presseausweise auswiesen, wird im Bericht vom 31.05.2016 unterstellt, sie seien „Angehörige der Antifa, die mit ihrem Auftreten eine Eskalation im Veranstaltungsraum provozierten“ und Personen, „die immer eine Vielzahl von Portraitaufnahmen der Veranstaltungsteilnehmer und insbesondere der Kinder fertigen und diese anschließend im Internet veröffentlichen“. Als Beleg dafür dienen allein die Behauptungen der extrem rechten Veranstalter des Rechtsrock-Open Airs. Auch die polizeiliche Bezeichnung „Antifajournalist“ für einen anwesenden Medienvertreter geht auf das entsprechende Vokabular der Neonazis zurück, die den Mann kurz zuvor von der Bühne herab mit genau diesem Wort beschimpft hatten.

Auch die mehrfach ausgezeichnete Journalistin Andrea Röpke hatte beim „Eichsfeldtag“ einen Platzverweis erhalten. Sie erklärt: „Es ärgert mich maßlos. Diese Behauptungen, wir würden Fotos von Kindern auf derlei Veranstaltungen und Portraitaufnahmen der Teilnehmer machen und dann angeblich im Netz veröffentlichen, stammen aus der Neonazi-Szene, um freie Fachjournalist_innen zu diskreditieren. Umso schlimmer, wenn die Polizei beim „Eichsfeldtag“ unhinterfragt Unterstellungen und Parolen der Neonazis übernimmt!“ Die Journalistin und ihre Kolleg_innen dokumentieren und berichten seit Jahren vom „Eichsfeldtag“ in Artikeln, Büchern und TV-Dokumentationen. „Allein die Behauptung, unser Auftritt sei „die einzige Ursache für ein denkbares Eskalieren der Situation vor Ort“, ist eine bodenlose Frechheit und verharmlost die potenzielle Gewalt, die von den Neonazis ausgeht“, so Röpke, „die Polizei lässt sich anscheinend von Neonazi-Strategen instrumentalisieren“. Außer Acht bleibt dabei, dass die extrem rechten Organisatoren bereits im Kooperationsgespräch angedroht hatten, ihre eigenen Ordner auf die Fachjournalist_innen zu hetzen.

Die kursiv gesetzten Zitate stammen aus den Stellungnahmen der Polieiinspektion Eichsfeld vom 30.05.2016 und 13.06.2016. In der Anlage erhalten Sie neben der Pressemitteilung auch das Anerkenntnis der Landespolizeidirektion vom 28.10.2016.