Sozialgericht Hildesheim – Urteil vom 21.10.2016 – Az.: S 35 AS 307/14

URTEIL

In dem Rechtsstreit
1. xxx,
2. xxx,
3. xxx,
4. xxx,
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: zu 1-4: Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

gegen

Landkreis Göttingen xxx
– Beklagter –

hat die 35. Kammer des Sozialgerichts Hildesheim auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2016 durch den Richter am Sozialgericht xxx sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx für Recht erkannt:

1. Der Bescheid der Stadt Göttingen vom 02.10.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.12.2013 und vom 07.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2014 wird insoweit aufgehoben, als dort die Erstattung erhaltener SGB II-Leistungen durch die Kläger für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 geregelt ist.

2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen.

TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über die rechtliche Wirksamkeit einer Erstattungsverfügung des Beklagten an die Kläger wegen Überzahl der SGB II-Leistungen.

Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft und beziehen laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Bescheid vom 5.3.2012 wurden den Klägern durch die Stadt Göttingen für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis zum 31.8.2012 SGB II-Leistungen bewilligt. Die Stadt Göttingen begründete die aus ihrer Sicht vorläufige Leistungsbewilligung mit einer uneindeutigen Einkommenshöhe bei dem Kläger zu 2 im Bewilligungszeitraum. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob es sich bei dem Bescheid vom 5.3.2012 um eine vorläufige oder eine endgültige Leistungsbewilligung handelt.

Unter dem 16.8.2012 notierte ein Mitarbeiter der Stadt Göttingen in der Verwaltungsakte folgende wörtliche Formulierung (vgl. Blatt 69 der Verwaltungsakte des Beklagten):
„Kto-Auszüge der letzten 3 Monate lagen vor. Es sind keine unbekannten Geldeingänge zu erkennen. Folglich ist nichts weiter zu veranlassen.”

Mit Bescheid vom 2.10.2013 berechnete die Stadt Göttingen für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis 31.8.2012 die SGB II-Leistungen neu, hob den vorangegangenen Bescheid vom 5.3.2012 aufgrund eines nunmehr nachgewiesenen Erwerbseinkommens des Klägers zu 2 auf und setzte eine Rückerstattung für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 2.564,38 € fest. Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob eine endgültige Leistungsfestsetzung in diesem Bescheid liegt. Auf Seite 6 dieses Bescheides führte die Stadt Göttingen unter anderem wörtlich aus: (vgl. Blatt 11 der Gerichtsakte):

„Nachdem Herr xxx seine tatsächlichen Einkünfte nunmehr nachgewiesen haben, werden die Leistungen hiermit für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis 31.8.2013 endgültig festgesetzt.

Daher ist ein Betrag i. H. v. insgesamt 2.564,38 € von Ihnen und den mit Ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu erstatten.”

Gegen den Änderungsbescheid legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 17.10.2013 Widerspruch ein und begründete den Widerspruch mit einer fehlerhaften Berechnung des Einkommens im Hinblick auf die Freibeträge und einem fehlerhaften Abzug für Energiekosten, da eine Pauschalmiete mit den Vermietern der Kläger vereinbart sei.

Mit Änderungsbescheid vom 20.12.2013 berechnete die Stadt Göttingen die den Klägern zu stehenden SGB II-Leistungen erneut und reduzierte hierbei den Erstattungsbetrag auf insgesamt 602,01 € für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Zugleich wurde der vorherige Bescheid vom 2.10.2013 ausweislich des Tenors auf Seite 1 des Bescheides (vgl. Blatt 24 der Gerichtsakte) aufgehoben. Auf Seite 7 des Bescheides heißt es wörtlich (vgl. Blatt 27 der Gerichtsakte):

„Nachdem Herr xxx seine tatsächlichen Einkünfte nunmehr nachgewiesen haben, werden die Leistungen hiermit für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis 31.8.2012 endgültig festgesetzt.”

Mit erneuten Änderungsbescheid vom 7.2.2014 reduzierte die Stadt Göttingen den Erstattungsbetrag auf nunmehr 287,01 €, hob auch den Änderungsbescheid vom 20.12.2013 auf und setzte die Leistungen erneut für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis 31.8.2012 endgültig fest.

Schließlich wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.2.2014 den Widerspruch vom 17.10.2013 zurück. Zugleich wurde eine vollständige Erstattung der den Klägern im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten ausgesprochen. Zur Begründung für die Zurückweisung des Widerspruches führte der Beklagte aus, dass die Bescheide der Stadt Göttingen vom 20.12.2013 und 7.2.2014 zu einer vollständigen Erledigung des Widerspruchsbegehrens im Sinne einer Abhilfe geführt hätten und für die Fortführung des Widerspruchsverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe.

Gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten haben die Kläger am 20.2.2014 Klage vor dem hiesigen Sozialgericht erhoben.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der angegriffene Bescheid der Stadt Göttingen vom 2.10.2013 rechtswidrig sei, weil die Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 5.3.2012 und die Geltendmachung einer Erstattungsforderung gegen die Kläger unter Beachtung von Vertrauensschutzgesichtspunkten auf Grundlage des § 45 SGB X hätte erfolgen müssen und nicht im Wege einer endgültigen Leistungsfestsetzung hätte erfolgen dürfen. Der Bescheid vom 5.3.2012 stelle nämlich bereits mangels eindeutig erkennbarer Vorläufigkeitsregelung keine vorläufige, sondern eine endgültige Leistungsbewilligung dar. Eine endgültige Leistungsbewilligung könne aber nur im Wege der § § 45,48 SGB X aufgehoben werden. Über dies sei der Tatbestand der Verwirkung erfüllt, da zwischen der Aktennotiz vom 16.8.2012 über die geklärte Einkommenssituation beim Kläger zu 2. und dem angegriffenen Änderungsbescheid vom 2.10.2013 ein Zeitraum von über einem Jahr liege und die Kläger deshalb nicht mit einer Rückforderung von SGB II-Leistungen mehr hätten rechnen müssen. Schließlich seien die Änderungsbescheide vom 2.10.2013, 20.12.2013 und 7.2.2014 mit zahlreichen formellen Mängeln versehen, die zu einer mangelnden Bestimmtheit der Bescheide im Sinne von § 33 SGB X und zu deren Unwirksamkeit führe: So würden beispielsweise im Bescheid vom 2.10.2013 die Leistungen nicht nur bis zum 31.8.2012, sondern sogar bis zum 31.8.2013 festgesetzt. Im Übrigen stimme der genannte Rückforderungsbetrag nicht mit den im Bescheid vorher aufgeführten Berechnungen der einzelnen monatlichen Überzahlungen überein. Darüber hinaus habe die Stadt Göttingen auch nicht die bereits vorgenommene endgültige Leistungsfestsetzung vom 2.10.2013 schlicht durch die Bescheide vom 20.12.2013 und 7.2.2014 wieder aufheben können, ohne Vertrauensschutzgesichtspunkte der §§ 45,48 SGB X berücksichtigen zu müssen. Die Kläger seien deshalb nicht verpflichtet, überzahlte SGB II Leistungen an den Kläger zu erstatten.

Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 02.10.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.12.2013 und 07.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2014 insoweit aufzuheben, als darin eine Rückforderung von SGB II Leistungen in Höhe von 287,01 € für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 geregelt ist.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und verweist zunächst auf seine Begründungen im Ausgangs- und Widerspruchsverfahren. Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, dass der Bescheid vom 5.3.2012 eine vorläufige Leistungsbewilligung darstelle und für die Kläger die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung auch hinreichend erkennbar gewesen sei. Aus diesem Grunde stelle wiederum der angegriffene Änderungsbescheid vom 2.10.2013 eine endgültige Leistungsbewilligung dar, bei der Vertrauensschutzgesichtspunkte der §§ 45, 48 SGB X im Wege einer Aufhebung und Erstattung von Leistungen nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Der Verwirkungstatbestand könne zugunsten der Kläger schon deshalb nicht eingreifen, weil die rein interne Aktennotiz vom 16.8.2012 keinen Anknüpfungspunkt für ein Umstands- oder Zeitmoment darstelle. Die Änderungsbescheide vom 2.10.2013, 20.12.2013 und 7.2.2014 seien trotz einiger Ungenauigkeiten noch hinreichend bestimmt und ließen im Wege der Auslegung noch erkennen, für welche Zeiträume und in welcher Höhe eine endgültige Leistungsfestsetzung bzw. Erstattung überzahlter SGB II Leistungen durch die Stadt Göttingen gegenüber den Klägern angeordnet wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist auch inhaltlich begründet.

Der Bescheid der Stadt Göttingen vom 02.10.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide der Stadt Göttingen vom 20.12.2013 und 07.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 13.02.2014 ist insoweit aufzuheben, wie er zuungunsten der Kläger eine Erstattung überzahlter SGB II-Leistungen in Höhe von 287,01 € für den Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.8.2012 vorsieht, da er im Hinblick auf die Erstattungsforderung von 287,01 € rechtswidrig ist und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt.

Zwar war die Stadt Göttingen grundsätzlich berechtigt, im angegriffenen Bescheid vom 02.10.2013 eine endgültige Leistungsfestsetzung vorzunehmen, weil der Bescheid vom 05.03.2012 eine vorläufige Leistungsbewilligung darstellt (hierzu unter 1.). Allerdings sind die Bescheide der Stadt Göttingen vom 02.10.2013, 20.12.2013 und 07.02.2014 mit dermaßen vielen Fehlern und Ungenauigkeiten behaftet, dass sie insgesamt als nicht hinreichend bestimmt i.S. von § 33 SGB X anzusehen sind und eine Rückforderung von SGB II-Leistungen gegenüber den Klägern nicht auf sie gestützt werden kann (hierzu unter 2.)

Im Einzelnen:

1.
Zunächst war die Stadt Göttingen grundsätzlich berechtigt, im angegriffenen Änderungsbescheid vom 2.10.2013 eine endgültige Leistungsfestsetzung mit Erstattungsforderung vorzunehmen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger geht das Gericht davon aus, dass der Bescheid der Stadt Göttingen vom 5.3.2012 eine lediglich vorläufige Leistungsbewilligung darstellte und demgemäß eine geeignete Grundlage für die endgültige Leistungsbewilligung im angegriffenen Bescheid vom 2.10.2013 bildete.

Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nach § 40 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III sind ein Anspruch auf eine Geldleistung, die tatsächliche Ungewissheit (etwa über die Einkommens-oder Vermögenssituation) und schließlich die Erkennbarkeit der Vorläufigkeit für den Adressaten der vorläufigen Bewilligung.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid der Stadt Göttingen vom 5.3.2012: Mit den vorläufig bewilligten SGB II-Leistungen sind Ansprüche auf Geldleistung für die Kläger bewilligt worden. Eine tatsächliche Ungewissheit im Sinne von § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III bestand für die Stadt Göttingen im Hinblick auf die unklare Einkommenshöhe für die vom Kläger zu 2 ausgeübte Beschäftigung. Die Stadt Göttingen hatte in der Leistungsbewilligung vom 5.3.2012 diesen Grund auch als Grund für die Vorläufigkeit explizit angegeben. Schließlich war die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung für die Kläger im Bescheid vom 5.3.2012 auch hinreichend erkennbar.

Im Hinblick auf die Erkennbarkeit einer vorläufigen Leistungsbewilligung verlangt die Rechtsprechung nicht, dass der Teil, aus dem sich die Vorläufigkeit ergibt, im Bescheid voran gestellt ist (vgl. Bundessozialgericht, SozR 4-1500 § 54 Nr. 21; vgl. ferner die Greiser, in: Eicher, SGB II-Kommentar, 3. Aufl., § 40 Rn. 53). Es muss insoweit lediglich inhaltlich deutlich werden, dass noch keine abschließende Regelung vorliegt, die das Verwaltungsverfahren beendet. Nur bei erheblichen Zweifeln an der Vorläufigkeit erwachsen alle Elemente des Bescheides, die nicht als vorläufig bezeichnet wurden, in Bindungswirkung (Greiser, in: Eicher, SGB II-Kommentar, a.a.O., Rn. 53).

Diesen Anforderungen genügt die Vorläufigkeitsregelung im Bescheid vom 5.3.2012. So wird die Vorläufigkeit der Einkommensanrechnung direkt nach der Berechnung des Gesamtanspruches und noch vor den Einzelberechnungen erwähnt. Die Vorläufigkeit ist auch nicht in einer bloßen Anlage zum Bescheid, sondern insgesamt relativ zu Beginn des Bescheides erwähnt. Von einem Adressaten darf verlangt werden, dass er den Bescheid in Gänze durchliest und insofern dann auch auf eine nicht vorangestellte Vorläufigkeitsregelung trifft und diese erkennt. Sofern der Betroffene allerdings den Bescheid nicht vollständig liest, kann er hieraus später grundsätzlich keine rechtlichen Vorteile herleiten (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8.9.2015 — L 11 AS 970/14; ferner Sozialgericht Hildesheim, Urteil vom 14.7.2014 — S 39 AS 1159/11).

Aufgrund der Erkennbarkeit der vorläufigen Leistungsbewilligung durfte die Stadt Göttingen ihre Erstattungsforderung daher im Wege einer endgültigen Leistungsfestsetzung nach § 40 SGB II i.V.m. § 328 SGB III geltend machen und musste insbesondere nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte der §§ 45,48 SGB X eingehen.

2.
Allerdings ist die konkrete Ausgestaltung der endgültigen Leistungsfestsetzung im angegriffenen Bescheid vom 2.10.2013 in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft erfolgt.

Die Bescheide der Stadt Göttingen vom 02.10.2013, 20.12.2013 und 07.02.2014 sind mit dermaßen vielen Fehlern und Ungenauigkeiten behaftet, dass sie insgesamt als nicht hinreichend bestimmt i.S. von § 33 SGB X anzusehen sind und eine Rückforderung von SGB II Leistungen gegenüber den Klägern nicht auf sie gestützt werden kann

So wird im angegriffenen Bescheid vom 2.10.2013 eine endgültige Leistungsfestsetzung nicht für den Zeitraum der vorläufigen Leistungsbewilligung vom 5.3.2012, nämlich für die Zeit vom 1.3.2012 bis zum 31.8.2012 vorgenommen, sondern vom 1.3.2012 bis zum 31.8.2013. Dieser Gesamtzeitraum war von der vorläufigen Leistungsbewilligung vom 5.3.2012 gar nicht mehr erfasst. Offensichtlich hat der Ersteller des Bescheides vom 2.10.2013 die Jahresangabe beim Ende des Bewilligungszeitraumes durcheinandergebracht. Dieser Fehler alleine würde noch nicht derart schwer wiegen, dass eine mangelnde Bestimmtheit des Bescheides im Sinne von § 33 SGB X unterstellt werden könnte. So hat das Bundessozialgericht in zwei Grundsatzentscheidungen aus dem Jahre 2012 klargestellt, dass in Zweifelsfällen bei unklaren Bescheiden eine Auslegung nach dem Empfängerhorizont stattzufinden habe, die auch an weiteren Begründungen des Verwaltungsaktes und an früher zwischen den Beteiligten ergangenen Bescheiden orientiert ist (vgl. BSG, Urt. v. 16.05.2012 – B 4 AS 154/11 R und BSG, Urteil v. 29.11.2012 – B 14 AS 196/11). Aus dem Gesamtzusammenhang könnte sich deshalb unter Umständen noch ergeben, dass die Stadt Göttingen im Bescheid vom 2.10.2013 selbstverständlich nur den Bewilligungszeitraum bis zum 31.8.2012 regeln wollte – und nicht den Zeitraum, der sich auf ein weiteres Jahr bis zum 31.8.2013 erstreckt.

Allerdings findet sich im angegriffenen Bescheid vom 2.10.2013 ein weiterer erheblicher Fehler So wird auf Seite 6 ausgeführt, dass die Bedarfsgemeinschaft insgesamt einen Betrag in Höhe von 2.564,38 € an überzahlten SGB II-Leistungen zu erstatten habe. Aus der vorangestellten Berechnung der monatlichen Überzahlungen ergibt sich aber lediglich ein Gesamtbetrag in Höhe von 590,56 €. Da für einen verständigen Leser des Bescheides somit die Erstattungsforderung nicht nachvollziehbar ermittelt wurde und die Angabe unterschiedlicher Summen zu Verwirrung führt, dürfte die Grenze einer möglichen Auslegung bereits überschritten sein. Der Bescheid vom 2.10.2013 ist nach Auffassung des Gerichts daher nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 SGB X.

Auch der nachfolgende Änderungsbescheid vom 20.12.2013 kann diesen Fehler (im Bescheid vom 2.10.2013) nicht mehr heilen, da er selbst einen weiteren groben Fehler enthält: Zwar wird nunmehr eine erneute endgültige Leistungsfestsetzung nur noch bis zum 31.8.2012 und nicht mehr bis zum 31.8.2013 vorgenommen. Allerdings wird ausweislich des Bescheidtenors der Bescheid vom 2.10.2013 in Gänze aufgehoben. Eine endgültige Leistungsbewilligung, wie sie im Bescheid vom 2.10.2013 enthalten ist, kann aber nicht durch einen bloßen Änderungsbescheid unter Umgehung der detaillierten Vertrauensschutzregelungen in §§ 45, 48 SGB X aufgehoben werden. Dem Bescheid vom 20.12.2013 ist aber an keiner Stelle zu entnehmen, dass die Stadt Göttingen eine detaillierte Beschäftigung mit Vertrauensschutzgesichtspunkten zugunsten der Kläger angestellt hätte.

Den gleichen Fehler wiederholt die Stadt Göttingen schließlich im weiteren Änderungsbescheid vom 7.2.2014. Auch in diesem Bescheid werden die früheren endgültigen Leistungsfestsetzungen vom 2.10.2013 und 20.12.2013 erneut aufgehoben, ohne dass die Voraussetzungen der §§ 45,48 SGB X in Form von Vertrauensschutzgesichtspunkten von der Stadt Göttingen berücksichtigt worden wären.

Mangels ausreichender Bestimmtheit sind die Bescheide der Stadt Göttingen vom 2.10.2013, 20.12.2013 und 7.2.2014 sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 13.2.2014 im Hinblick auf die geltend gemachte Erstattungsforderung rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Soweit schließlich im Tenor eine Aufhebung der vorgenannten Bescheide nur insoweit erfolgt ist, als in den vorgenannten Bescheiden die Erstattung überzahlter SGB II-Leistungen durch die Kläger für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis zum 30.8.2012 geregelt ist, beruht dies darauf, dass die Kläger die vorgenannten Bescheide der Stadt Göttingen vom 2.10.2013, 20.12.2013 und 7.2.2014 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 13.2.2014 auch nur insoweit mit der vorliegenden Klage angegriffen haben. Soweit die übrigen Teile der vorgenannten Bescheide von den Klägern nicht angegriffen wurden, sind sie bereits in Bestandskraft erwachsen. Das Gericht geht dabei von einer Teilbarkeit der Bescheidinhalte als Voraussetzung für eine Teilbestandskraft aus: So stellt die endgültige Festsetzung der den Klägern zu stehenden Leistungen einen grundsätzlich von der Geltendmachung einer Erstattungsforderung zu trennenden Verfügungsteil eines Bescheides dar, auch wenn die beiden rechtlich selbständigen Verfügungsteile mathematisch wegen der Berechnung der Leistungen und der sich daraus ergebenden Erstattungsforderung zusammenhängen.

Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung gegen dieses Urteil bedarf gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigen wird. Streitgegenständlich ist ein Rückforderungsbetrag von 287,01 € gem. den Angaben im Änderungsbescheid vom 7.2.2014. Die Berufung war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Dabei muss die Entscheidung über die Nichtzulassung nicht zwingend im Tenor aufgeführt werden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 11. Aufl., § 136, Rn. 5a).

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.