Tacheles Rechtsprechungsticker KW 48/2017

1.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. v. 31.01.2017 – L 6 AS 194/15, L 6 AS 195/15, L 6 AS 196/15, L 6 AS 197/15 u. L 6 AS 198/15

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht bestätigt schlüssiges Konzept für Pinneberg

Leitsatz (Redakteur)
1. Der Grundsicherungsträger nach dem SGB II hat die Mietobergrenzen unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen für den relevanten Vergleichsraum grundsätzlich auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt und dabei quadratmeterbezogene Angemessenheitsrichtwerte für die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten zugrunde gelegt, die nach Modifikationen durch den Senat den für Empfänger existenzsichernder Leistungen in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarkt realitätsgerecht abbilden.

2. Die von den Klägern beanstandete unzureichende öffentliche Bekanntgabe des Konzepts steht der Begrenzung der Unterkunftskosten auf das danach angemessene Niveau nicht entgegen.

3. Den Klägern steht die Berücksichtigung höherer Leistungen auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (befristeter Bestandsschutz) zu, weil ihnen die Kostensenkung weder unmöglich noch unzumutbar gewesen ist.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

S.a.: Mietobergrenze für „Hartz IV-“ und Sozialhilfeempfänger im Kreis Pinneberg grundsätzlich rechtmäßig

weiter: www.schleswig-holstein.de

1.2 – Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. v. 11.11.2016 – L 3 AS 103/14

Arbeitslosengeld II – Unterkunft und Heizung – selbst genutztes Hausgrundstück – Berücksichtigung von Tilgungsraten (hier keine Übernahme)

Leitsatz (Redakteur)
Dass Tilgungsleistungen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen – nicht berücksichtigungsfähig sind, entspricht der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt (vgl. nur BSG, Urteil vom 3.12.2015, B 4 AS 49/14 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.3 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 25.10.2017 – L 18 AS 2167/17 B PKH – rechtskräftig

Prozesskostenhilfe – Zeitpunkt für die Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde – Beschwerdewert – teilweise Erfolgsaussicht – Kostensenkungsverfahren – Warmwassergrenzwert – Grundsicherung für Arbeitsuchende

Leitsatz (Redakteur)
1. Bewilligung von PKH, denn für die Festsetzung eines Warmwassergrenzwertes hat sich indes noch kein höchstrichterlich gebilligtes Verfahren etabliert. Es wird darauf hingewiesen, dass die Mehrbedarfe nach 21 Abs. 7 SGB II insoweit nicht herangezogen werden können, weil sie nicht den in § 22 Abs. 1 SGB II verbürgten Anspruch auf Übernahme der individuellen Kosten widerspiegeln (vgl SG Berlin, 27.05.2016 – S 37 AS 1974/16).

2. Entsprechendes soll für die – ohnehin erst seit 2014 – in den Heizspiegel enthaltenen Pauschalen gelten, welche auf den durchschnittlichen Kosten für die Warmwasserbereitung beruhen (vgl SG Berlin aaO Rn 82). Zum Teil werden vom Jobcenter München entwickelte Grenzwerte angewandt (vgl SG Berlin aaO Rn 84f). Brehm/Schifferdecker (Der neue Warmwasserbedarf im SGB II, SGb 2011,S 508) haben vorgeschlagen, als Grenzwert das Produkt aus dem doppelten Durchschnittswert der Kosten der Warmwasserbereitung nach der lokalen Betriebskostenübersicht und dem Wert, der sich für den Haushalt des Leistungsberechtigten als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt, anzusetzen (gebilligt auch von Geiger, in: Arbeitslosenprojekt TuWas [Hrsg.], Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II, 2017, S. 157).

3. Da eine jedenfalls insoweit höchstrichterlich geklärte Rechtslage nicht vorliegt, kann der Klage, mit der (sinngemäß auch) die Übernahme weiterer Kosten für die zentrale Heizungs- und Warmwasseranlage begehrt wird, zumindest eine teilweise Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.4 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.08.2017 – L 19 AS 2006/16

Zur Anrechnung von Weihnachtsgeld

Leitsatz (Juris)
Der Anwendungsbereich des § 11 Abs 3 S 2 SGB II aF (heute: § 11 Abs 3 S 3 SGB II) ist auf Erstattungsverlangen bereits ausgezahlter, endgültig bewilligter Leistungen beschränkt. Führt nach einer nur vorläufigen Entscheidung nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II aF iVm § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II (heute: § 41 a Abs 1 S 1 SGB II) bei einer endgültigen Bewilligung von Leistungen eine einmalige Einnahme nicht zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit, ist diese Einnahme vollständig nach § 11 Abs 3 S 1 SGB II im Zuflussmonat zu berücksichtigen. Eine normative Zuflussbestimmung wird in diesen Fällen durch § 11 Abs 3 S 2 SGB II aF (heute: S 3) nicht eröffnet.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.5 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 06.11.2017 – L 18 AS 2232/17 B ER – rechtskräftig

Eingliederungsverwaltungsakt – Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – Eilbedürftigkeit – Geltungsdauer „bis auf weiteres“

Für vorbeugenden Rechtsschutz ist ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich, das insbesondere dann nicht gegeben ist, wenn der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Wenn indes – wie hier – ein Betroffener nicht nur eine mögliche drohende Sanktion abwenden, sondern sich gegen den EGVA insgesamt wenden möchte, dürfte zwar grundsätzlich von einem Rechtsschutzinteresse auszugehen sein (vgl auch zur Verweisbarkeit auf nachtäglichen Rechtsschutz: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. November 2015 – 1 BvR 3460/13). Auch dies enthebt das Gericht im Eilrechtsschutz jedoch nicht der Prüfung der Dringlichkeit der begehrten Anordnung.

Leitsatz (Redakteur)
1. Eine Sanktionsentscheidung wegen etwaiger Verletzungen der dem Antragsteller in dem EGVA auferlegten Pflichten hat der Antragsgegner bislang nicht verlautbart. Sollten derartige Sanktionen in der Zukunft ergehen, bliebe es dem Antragsteller unbenommen, seine Einwendungen gegen den EGVA im Wege einer Anfechtung des bei Pflichtverletzungen drohenden Sanktionsbescheides bzw eines gerichtlichen Eilverfahrens geltend zu machen. In diesem Rahmen wäre dann auch die Rechtmäßigkeit des EGVA inzident zu prüfen (vgl zur Rechtmäßigkeit einer Meldeaufforderung als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R).

2. Auch ein Eintritt der Bestandskraft des EGVA, die dem Antragsteller möglicherweise entgegen gehalten werden könnte (vgl insoweit das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen einen EGVA bejahend Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Juni 2017 – L 25 AS 1631/16 ; für das Anordnungsverfahren – bei bereits ergangener Sanktionsentscheidung – LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. September 2017 – 14 AS 1469/17 B ER), ist vorliegend schon deshalb nicht zu besorgen, weil der Antragsteller zwischenzeitlich Klage gegen den EGVA erhoben hat. Eine gegenwärtige Notlage des Antragstellers, die gerichtlichen Eilrechtsschutz unumgänglich machen würde, ist damit nicht ersichtlich (vgl auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 7 AS 862/12 B ER).

3. Im Rahmen eines Eilverfahrens gegen einen EGVA ist summarisch zu prüfen, dass eine Eingliederungsvereinbarung gescheitert ist, und dann im EGVA entsprechend der Urteile des BSG vom 23. Juni 2016 (- B 14 AS 30/15 R – und – B 14 AS 42/15 R -) ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen erkennbar und die Eignung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten berücksichtigt worden ist.

4. Der Eingliederungsverwaltungsakt (EGVA) ist nicht deshalb rechtswidrig, weil seine Dauer nicht exakt zeitlich bestimmt, sondern „bis auf weiteres“ angeordnet worden ist, denn der EGVA ist regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, zu überprüfen und fortzuschreiben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp: a. A. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 08. Juni 2017 – L 16 AS 291/17 B ER, SG Karlsruhe Urteil vom 12.10.2017, S 14 AS 1709/17, SG Berlin, Beschluss vom 12.19.2017 – S 186 AS 11916/17 ER, SG Köln, Urt. v. 23.06.2017 – S 33 AS 691/17 und SG Nordhausen, Beschluss vom 30. September 2016 – S 27 AS 1695/16 ER
Die Aufgabe einer festen Laufzeit von 6 Monaten für Eingliederungsvereinbarungen betrifft nicht die hoheitliche Festsetzung durch Eingliederungsverwaltungsakte gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. Auch nach der Neufassung des § 15 Abs. 3 SGB II darf die Höchstgeltungsdauer von 6 Monaten ohne Ermessenserwägungen nicht überschritten werden, soweit es sich um einen Eingliederungsverwaltungsakt gem. § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II handelt.

1.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.08.2017 – L 19 AS 1120/16 – rechtskräftig

Keine Kostenübernahme für Postwertzeichen, Druckkosten, Fahrkosten, für Arbeitskleidung sowie von Kosten der Kontoüberziehung.

Leitsatz (Redakteur)
1. Die Erstattung von Kosten eines Verwaltungsverfahrens sieht weder das SGB II noch das SGB X vor, Kosten für das Betreiben eines Widerspruchsverfahrens sind nur bei Vorliegen einer entsprechenden Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X bzw. nach § 193 Abs. 1 SGG erstattungsfähig.

2. Fahrtkosten zum Standort des Beklagten sind allenfalls nach den Vorschriften des § 65a SGB I bzw. des § 59 SGB II erstattungsfähig.

3. Ein Anspruch auf Übernahme von Kontenüberziehungskosten kann nicht auf Vorschriften des SGB II gestützt werden.

4. Den erforderlichen Antrag für Kleidungstücke und Schuhe für seine Tätigkeit hat der Kläger erst nach Anschaffung der Gegenstände und auch erst nach Beendigung seiner Tätigkeit als TV-Darsteller gestellt, somit handelt es sich um keine Kosten i.S.d. §§ 16 ff. SGB II. Die Anträge des Klägers auf (Weiter-)Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff. SGB II erfassen nicht automatisch die hier geltend gemachten beruflichen Eingliederungsleistungen. Diese Leistungen müssen vielmehr gesondert und inhaltlich hinreichend bestimmt beantragt werden, damit für den Leistungsträger erkennbar ist, welche der zahlreichen Eingliederungsleistungen der Antragsteller begehrt (Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 37 Rn. 35; BSG, Urteil vom 05.08.2015 – B 4 AS 46/14 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.7 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss v. 26.10.2017 – L 11 AS 693/17 B ER

Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen Pflichtverletzung

Leitsatz (Juris)
1. Vorliegend kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Sanktionsbescheid.

2. Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen können die Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit unzumutbar machen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.8 – Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 21.09.2017 – L 4 AS 318/15

Kein rückwirkender Mehrbedarf für Ernährung, wenn in der Vergangenheit eine solche Ernährung nicht durchgeführt wurde – Regelbedarfe 2015 und 2016 nicht verfassungswidrig

Leitsatz (Redakteur)
1. Steht erst aufgrund späterer Neueinschätzung fest, dass der Sozialhilfeträger statt des SGB II Grundsicherungsträgers für die Leistungen vollumfänglich zuständig gewesen wäre, so ist dieser der eigentlich Leistungsverpflichtete und damit auch zuständiger Verpflichteter eines etwaigen höheren als des bereits gewährten Anspruchs. Eine Aufspaltung eines einheitlichen Sozialleistungsanspruchs findet in diesen Fällen nicht statt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.1.2014 – L 13 AS 190/12).

2. Es bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen für 2015 (so auch für den Regelbedarf seit Januar 2016 LSG NRW, Beschluss vom 27.10.2016 – L 9 SO 447/16 B und BayLSG, Beschluss vom 21.7.2016 – L 18 AS 405/16 B).

3. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist zwar weder die tatsächliche Einhaltung einer besonderen Ernährung noch der Nachweis tatsächlicher Mehraufwendungen Voraussetzung für einen Anspruch auf den Mehrbedarf (so zum SGB II: Urteil vom 20.2.2014 – B 14 AS 65/12 R, Rn. 23 f.; kritisch dazu Stotz, jurisPR-SozR 20/2014 Nr. 2 und der Beschluss des Senats vom 13.7.2016 – L 4 AS 132/14). Erforderlich ist danach allerdings, dass der Betroffene im jeweiligen Zeitraum Kenntnis des Zusammenhangs zwischen den gesundheitlichen Einschränkungen und einer bestimmten Ernährungsempfehlung hatte (BSG, a.a.O., Rn. 25 ff., insbesondere Rn. 29). Hieran fehlte es beim Kläger.

Quelle: dejure.org

1.9 – Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 29.06.2017 – L 4 AS 468/15

Anrechnung einer Urlaubsabgeltung als Einkommen auf die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung

Die Urlaubsabgeltung war nicht dem Vermögen zuzurechnen, sondern ist Einkommen -  Absetzbarkeit der Freibeträge von der Urlaubsabgeltung

Leitsatz (Redakteur)
1. Dass der Anspruch auf die Einnahme in Geld in einem Arbeitsverhältnis wurzelt, das vor dem Leitungsbezug bestand, ist dabei nicht von Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.2010 – B 14 AS 86/08 R zu einer Abfindung aus einem arbeitsrechtlichen Vergleich). Die Frage, ob die Urlaubsabgeltung als zweckbestimmte Einnahme privilegiert und damit von der Anrechnung ausgeschlossen ist, war anhand des zum Zeitpunkt des Zuflusses geltenden Rechts zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2016 – B 14 AS 53/15 R), so dass jede – also insbesondere auch eine privatrechtliche Zweckbestimmung – nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ausreichend gewesen wäre. Eine insoweit allein relevante Zweckbestimmung, die sich nicht auf den Zuwendungsgrund, sondern auf die Verwendung des Geldes richtet (vgl. BSG, Urteil vom 18.2.2010 – 14 AS 86/08 R), liegt allerdings bei solcherart Arbeitgeberleistungen in der Regel nicht vor (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.8.2013 – L 5 AS 729/13 B ER zur Urlaubsabgeltung).

2. Die Urlaubsabgeltung ist im vorliegenden Fall nicht dem Erwerbseinkommen, sondern den Lohnersatzleistungen zuzurechnen, von denen Freibeträge grundsätzlich nicht abzusetzen sind.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis:
Die Urlaubsabgeltung ist eine einmalige Einnahme i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB II und kein laufendes Einkommen – so ausdrücklich SG Landshut, Urteil v. 27.07.2017 – S 11 AS 170/16; LSG NSB, Urteil vom 27.04.2016 – L 13 AS 172/13; i.E. ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Oktober 2014 – L 2 AS 1112/14 B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – L 11 AS 683/14 NZB; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. August 2013 – L 5 AS 729/13 B ER; SG Duisburg, Urteil vom 10. März 2014 – S 38 AS 4626/13

2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Sozialgericht Detmold, Urt. v. 27.09.2016 – S 7 AS 2145/13 – rechtskräftig

Teilhabe in Höhe von 30 € monatlich für Instrumentalunterricht – Anspruch auf Übernahme der Kosten der Bläserklasse kann nicht auf eine Pauschalregelung begrenzt werden, denn die gesetzlich gewährte Pauschale von 10 Euro monatlich ist nicht ausreichend um Leistungsberechtigten eine Teilhabe an Bildung und Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Leitsatz (Redakteur)
1. Die Vorschrift des § 28 Abs. 7 Nr. 2 SGB II ist teleologisch dahingehend zu erweitern, dass die Bedarfe der Kläger auf Bildungsteilhabe im künstlerischen Bereich durch Anhebung der Pauschale auf 30 Euro monatlich gedeckt werden um einen verfassungswidrigen Ausschluss von kultureller Teilhabe für Leistungsempfänger zu vermeiden.

2. Die Kläger können von der Beklagten auch nicht auf den Regelsatz verwiesen werden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de und Thomé Newsletter 37/2016 vom 26.11.2016

2.2 – SG München, Urteil v. 12.10.2017 – S 46 AS 2046/13

Rechtsqualität eines Hinweises zur Krankenversicherung in einem Bewilligungsbescheid des Jobcenters

Leitsatz (Juris)
1. Ein Jobcenter ist nicht berechtigt, einen Verwaltungsakt zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erlassen. Es hat nach § 203a SGB V lediglich eine Meldepflicht gegenüber der Krankenkasse.

2. Das Fehlen eines Hinweises zum Bestehen einer Krankenversicherung in einem Bewilligungsbescheid nach SGB II kann nicht durch Widerspruch gerügt werden. Rechtsschutz ist gegenüber der Krankenkasse geltend zu machen.

Quelle: www.gesetze-bayern.de

2.3 – Sozialgericht München, Urt. v. 12.10.2017 – S 46 AS 899/17

Leitsatz (Redakteur)
1. Der Versagungsbescheid trifft keine Aussage zu einzelnen Leistungsvoraussetzungen, sondern zur fehlenden Mitwirkung des Antragstellers im Verwaltungsverfahren. Beim Versagungsbescheid sind im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren lediglich Mitwirkungshandlungen zu berücksichtigen, die bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erfolgen. Mitwirkungshandlungen die danach erfolgen, sind für einen Versagungsbescheid nicht mehr entscheidungserheblich (z.B. Bay LSG, Beschluss vom 28.07.2015, L 16 AS 118/15). Derartige spätere Mitwirkungshandlungen können, wenn dann die Leistungsvoraussetzungen vorliegen, zu einem Bewilligungsbescheid nach § 67 SGB I führen. Das sind dann aber eine andere Tatsachenbasis und ein anderer Streitstoff.

2. Ein Bewilligungsbescheid nach § 67 SGB I wird daher nicht nach § 96 SGG Gegenstand einer Klage gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 SGB I (ebenso LSG NRW, Beschluss vom 06.08.2008, L 19 B 94/08 AS).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Leitsatz (Juris)
1. Ein Bewilligungsbescheid gemäß § 67 SGB I nach nachgeholter Mitwirkung setzt voraus, dass der vorherige Versagungsbescheid nach § 66 SGB I bestehen bleibt. Dieser wird durch die Bewilligung nach § 67 SGB I in der Regel nicht erledigt.

2. Der Bewilligungsbescheid nach § 67 SGB I wird nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand der Klage gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 SGB I.

3.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Arbeitsförderung (SGB III)

3.1 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.11.2016 – L 2 AL 85/13

Arbeitslosengeldanspruch – Erlöschen der Wirkung der Arbeitslosmeldung – sechswöchige Unterbrechung der Arbeitslosigkeit – Arbeitsunfähigkeit für sechs Wochen und einen Tag – keine Mitteilung über frühere Arbeitsfähigkeit – Berechnung der Erlöschensfrist

Zum Erlöschen der Wirkung der Arbeitslosmeldung bei sechswöchiger Unterbrechung der Arbeitslosigkeit

Leitsatz
Endet die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitslosigkeit nach sechs Wochen und einem Tag (43 Tagen), muss sich der Arbeitnehmer erneut arbeitslos melden, um die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld zu erfüllen. Es ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer behauptet, am 43. Tag tatsächlich nicht arbeitsunfähig gewesen zu sein, wenn er die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit der Bundesagentur jedenfalls nicht mitgeteilt hat.

Quelle: www.iww.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Landessozialgericht Hamburg, Urt. v. 12.06.2017 – L 4 SO 35/15

Hier im Einzelfall keine Übernahme der Kosten für die Delfintherapie – Delfintherapie als Leistung zur Teilhabe an der Gemeinschaft

Leitsatz (Redakteur)
1. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Delfintherapie nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist nicht gegeben. Solche Leistungen können auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen umfassen (§ 33 Abs. 6 SGB IX). Allerdings stellen sie in diesem Zusammenhang Annexleistungen dar, die mit dem Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden sollen (vgl. Deusch in: LPK-SGB IX, 3. Auflage 2011, § 33 Rn. 43f., Luik in: jurisPK-SGB IX, § 33 Rn. 183). Das Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben steht aber bei der begehrten Therapie offensichtlich nicht im Vordergrund. Daran scheitert auch eine Bewilligung der Delfintherapie als nachgehende Hilfe zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 5 SGB XII.

2. Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe als Leistung zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX scheidet ebenso aus.

3. Als Anspruchsgrundlage für eine Übernahme der Kosten für die Delfintherapie als Leistung zur Teilhabe an der Gemeinschaft kommt § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB IX in Betracht, hier besteht aber auch kein Anspruch auf die Delfintherapie als Leistung zur Teilhabe an der Gemeinschaft.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.2 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2017 – L 7 SO 2037/17

Zur einer einmaligen Beihilfe nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII anlässlich der Ausstattung vorhandener Brillengestelle mit neuen Brillengläsern.

Keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer „Brillenreparatur „. § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII sieht einen einmaligen Bedarf lediglich für die Reparatur von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen vor, nicht für deren Kauf oder Anschaffung.

Leitsatz (Redakteur)
1. Sofern ein vorhandenes Brillengestell wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der Sehstärke mit neuen, dieser Veränderung Rechnung tragenden Brillengläsern ausgestattet wird, handelt es sich nicht um eine Reparatur i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. August 2014 – L 7 AS 269/14; SG Bayreuth, Urteil vom 2. Dezember 2014 – S 13 AS 115/13; SG Osnabrück, Urteil vom 5. Februar 2013 – S 33 AS 46/12).

2. Denn es geht bei der Versorgung mit neuen, dem aktuellen Sehvermögen entsprechenden Brillengläsern nicht um die Wiederherstellung des alten Zustandes der Brille bzw. die Zurückversetzung in den früheren Zustand, sondern in der Sache um die Anfertigung einer neuen Sehhilfe. Die Funktion der Brille besteht darin, die Sehleistung des Auges zu verbessern. Dies wird durch die in das Brillengestell bzw. -fassung eingesetzten Brillengläser erreicht.

3. Wird nun ein Brillengestell mit neuen Brillengläsern ausgestattet, um der zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der Sehleistung Rechnung zu tragen, handelt es sich qualitativ um eine „neue Brille“ und keine „reparierte“ Brille.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.3 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2017 – L 7 SO 2271/17

Zur Berücksichtigung von Absetzbeträgen für eine selbständige Tätigkeit und Renteneinkommen – Verlustausgleich zwischen seinem Renteneinkommen und seinem (negativen) Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit – Absetzung Kontoführungsgebühren

Leitsatz (Redakteur)
1. Zur Berechnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nach § 4 DV-§ 82 SGB XII.

2. Gem. § 10 DV-§ 82 SGB XII ist grundsätzlich ein Verlustausgleich, d.h. die Verrechnung positiver mit negativen Einnahmen verschiedener Einkunftsarten, ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R).

3. Die vom Kläger an die kontoführende Bank zu entrichtenden Kontoführungsgebühren können nicht abgesetzt werden, weil das Vorhalten eines Girokontos nicht für die Erzielung des Renteneinkommens notwendig ist, sondern für dessen Auszahlung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Juni 2017 – L 9 SO 218/15).

4. Es ist im vorliegenden Einzelfall geboten, abweichend von der prognostischen Berechnung nach § 4 Abs. 3 DV-§ 82 SGB XII, für die Bedarfszeiträume die tatsächlich erzielten Einkünfte zu berücksichtigen. Denn diese Zeiträume sind schon während des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren abgelaufen und liegen abgeschlossen in der Vergangenheit (vgl. Senatsurteil vom 23. April 2015 – L 7 SO 5029/11 – (n.v.); Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 4 DV-§ 82 SGB XII Rdnr. 11).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.4 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss v. 29.09.2016 – L 4 SO 191/16 B ER – rechtskräftig

Nur – Darlehensweise Gewährung der Kosten für die Beschaffung des Heizöls für Nicht – Leistungsbezieher.

Werden wegen erzielten Einkommens keine laufenden Leistungen bezogen, ist die Hilfebedürftigkeit – allein – zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Heizkostenforderung zu ermitteln (entgegen LSG Baden-Württemberg v. 24.04.2009 – L 12 AS 4195/08).

Leitsatz (Redakteur)
1. Für Nicht – Leistungsbezieher ist die Beschaffung und Bevorratung von Heizmaterial in dem Monat der Fälligkeit der Forderung des Heizöllieferanten aktueller Bedarf, der zur Hilfebedürftigkeit der Antragsteller im Sinne einer vorübergehenden Notlage nach § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und damit zu einem Anspruch auf darlehensweise Gewährung der Beschaffungskosten für das Heizöl führt.

2. Soweit teilweise vertreten wird, dass der Bedarf nicht allein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Heizkostenforderung zu ermitteln ist, sondern die Kosten auf den voraussichtlichen Verbrauchszeitraum aufzuteilen sind, in dem voraussichtlich tatsächlicher Heizbedarf besteht und für den das Heizmaterial vorgesehen ist (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. April 2009 – L 12 AS 4195/08 –, zu § 22 SGB II) und danach aktuelle Aufwendungen nur vorliegen sollen, wenn im Monat der Fälligkeit bei anteiliger Berücksichtigung der Heizkostenforderung Hilfebedürftigkeit eintritt, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn dies würde Personen im laufenden Sozialhilfebezug, bei denen eine solche monatsweise Aufteilung zur Bedarfsfeststellung nicht vorgenommen wird, gegenüber denjenigen privilegieren, die keine laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen.

3. Soweit weiter vertreten wird, dass Einkommen von insgesamt sieben Monaten entsprechend § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB XII bzw. § 24 SGB II zu berücksichtigen sei (vgl. Nachweis bei Nguyen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 178), liegen die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB XII bereits nicht vor, da wegen § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB XII keine planwidrige Regelungslücke für den einmaligen Heizkostenbedarf besteht.

Rechtstipp: a.
Auffassung Hinweis zum SGBXII (hier einmalige Umzugskosten):
Beansprucht eine Person, der keine laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen, vom Sozialhilfeträger die Übernahme von Umzugskosten, darf bei der Ermittlung ihrer Hilfebedürftigkeit entsprechend der Wertung des § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB XII Einkommen von bis zu sieben Monaten berücksichtigt werden.

Nicht nach dem Modell der Regelbedarfe (§§ 27a-29 SGB XII) und seiner Ergänzungen (u.a. § 31 SGB XII) richten sich die Leistungen für Unterkunft und Heizung, die in § 35 SGB XII eine eigenständige Regelung erfahren haben. Dennoch werden auch bei Unterkunft und Heizung nicht allein Leistungen für laufende Bedarfe erbracht, sondern ebenso für einmalige Bedarfe, wozu insbesondere Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten zählen (§ 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII).

Obwohl es in § 35 SGB XII keine § 31 Abs. 2 SGB XII entsprechende Regelung gibt, können Personen ohne laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch bei Unterkunft und Heizung nicht von vornherein von Leistungen für einmalige Bedarfe ausgeschlossen sein. Entspricht die Situation insoweit derjenigen des § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, muss auch bei der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit dieser Personen die Wertung des § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB XII entsprechende Anwendung finden (vgl. Mrozynski, ZFSH/SGB 2012, 75, 81 f.) – zumal die Kostenübernahme nach § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII dem Grundsatz nach im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil v. 16.03.2016 – L 8 SO 10/14).

Rechtstipp zum SGB II: a. A.:
Sächsisches LSG, Beschluss vom 25.02.2013 – L 2 AS 141/13 B ER, unveröffentlicht und Sozialgericht Nordhausen, Urteil v. 10.11.2015 – S 13 AS 1351/14 – rechtskräftig – Die Berufung wird zugelassen. Die Sprungrevision wird zugelassen, veröffentlicht im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 08/2016

5.   Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5.1 – Anmerkung zu: BSG 11. Senat, Urteil vom 04.04.2017 – B 11 AL 19/16 R

Autor: Holger Borner, RA
Verletzung der Nachweispflichten aus Eingliederungsvereinbarung: Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen

Leitsatz
Eine Sperrzeit wegen unzureichenden Eigenbemühungen tritt auch ein, wenn der Leistungsberechtigte die durch Eingliederungsvereinbarung wirksam konkretisierten Eigenbemühungen im Einzelfall vornimmt, aber nicht fristgerecht nachweist.

Quelle: www.juris.de

5.2 – Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg v. 22.11.2017 – Az. 3 B 12.17

Keine Flüchtlingseigenschaft für Syrer wegen illegaler Ausreise und Asylantragstellung in Deutschland
Das OVG Berlin-Brandenburg hat für den Fall einer illegal ausgereisten Syrerin entschieden, dass sie in Deutschland lediglich subsidiären Schutz beanspruchen kann.

Kurzfassung:
Eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. Syrer hätten bei einer hypothetischen Rückkehr allein wegen ihrer illegalen Ausreise aus Syrien und ihrer Asylantragstellung im Bundesgebiet nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten. Damit habe sich das OVG Berlin-Brandenburg der mehrheitlich vertretenen obergerichtlichen Rechtsprechung anderer Bundesländer angeschlossen. Für die gegenteilige Annahme, von der das VG Berlin ausgegangen sei, lägen keine hinreichend zuverlässigen tatsächlichen Erkenntnisse vor.

Die Revision zum BVerwG ist nicht zugelassen worden, weil es allein um eine Bewertung und Würdigung tatsächlicher Fragen geht.

Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg Nr. 34/2017 v. 22.11.2017: www.juris.de

5.3 – Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. September 2017 – 1 BvR 1510/17

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wegen zu Unrecht angenommener Eilzuständigkeit des Senatsvorsitzenden

Gerichte verstoßen gegen das grundgesetzlich geschützte Recht auf den gesetzlichen Richter, wenn sie eine Entscheidung in einer nur für dringende Fälle ausnahmsweise gesetzlich vorgesehenen Besetzung treffen, ohne dass die Dringlichkeit offensichtlich ist oder zumindest im Beschluss dargelegt wird. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte einen Eilantrag des Beschwerdeführers, ihm Berufsausbildungsbeihilfe vorläufig zu gewähren, unter Aufhebung der zunächst stattgebenden Entscheidung des Sozialgerichts durch den Vorsitzenden des Senats allein statt in regulärer Besetzung abgelehnt.

weiter: www.bverfg.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de