In dem langjährigen Streit um die Angemessenheitsgrenzen bei Kosten der Unterkunft (KdU) für Sozialleistungsempfänger im Werra-Meißner-Kreis hat das Jobcenter vor dem Sozialgericht (SG) Kassel eine Niederlage hinnehmen müssen. In einem seit dem 19.09.2017 anhängigen und umfangreich geführten Eilverfahren hat das SG Kassel das Jobcenter Werra-Meißner mit Beschluss vom 24.11.2017 (Az.: S 10 AS 158/17 ER) verpflichtet, deutlich höhere Leistungen für Unterkunftskosten als bislang zu gewähren.
Die Antragsteller, eine 28-jährige alleinerziehende Mutter und ihr 2 Jahre junger Sohn, waren im August in eine nach Ansicht des Jobcenters zu teure Wohnung in Witzenhausen gezogen, nachdem sie vorher keine günstigere Wohnung gefunden hatten. Obwohl selbst das Jobcenter den Antragstellern keine Wohnung zu seinen Angemessenheitsgrenzen anbieten konnte, kürzte die Leistungsabteilung die Leistungen von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 470,00 € auf vermeintlich angemessene Kosten der Unterkunft in Höhe von 337,28 € – also um 132,72 €. Das Jobcenter verwies zur Begründung der Kürzung auf ein Gutachten der Firma Analyse und Konzepte aus März 2014, welches die Angemessenheitsgrenzen im Werra-Meißner-Kreis anhand von vermeintlich validen Erhebungen aus dem Jahr 2013 festgelegt hatte. Gegen die Schlüssigkeit dieses Gutachtens sind diverse Berufungsverfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht anhängig (z.B. Az.: L 4 AY 11/17 und L 4 SO 171/17).
Das SG Kassel erklärte das sog. A+K-Gutachten aus März 2014 nun für den Zeitraum ab Eingang des Eilantrages für nicht mehr anwendbar und orientierte sich bei der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an den Werten in § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10% in der Mietstufe I. Antragsgemäß verpflichtete daher das Gericht das Jobcenter zur Zahlung weiterer Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 78,52 €.
„Die Werte des Gutachtens der Firma Analyse und Konzept aus 2014 waren bereits bei deren Veröffentlichung absurd niedrig und es gab und gibt kaum anmietbaren Wohnraum im Werra-Meißner-Kreis zu den ermittelten Mieten. Es ist mehr als erfreulich, dass das Sozialgericht zumindest für die heutige Wohnungsmarktsituation die zutreffenden Schlüsse gezogen hat und das Gutachten für nicht mehr anwendbar erklärt hat“ freut sich Rechtsanwalt Sven Adam, der die Antragsteller juristisch vertritt, über den Ausgang des Verfahrens.
Der Beschluss des Gerichts vom 24.11.2017 befindet sich [hier]. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts ist ausgeschlossen und der Beschluss daher rechtskräftig.