Beschluss
In dem Rechtsstreit
1. xxx,
2. xxx,
zu 2. vertreten durch die Antragstellerin zu 1., beide wohnhaft: xxx, 37213 Witzenhausen,
Antragsteller,
Prozessbevollm.:
zu 1-2: Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen
gegen
Jobcenter Werra-Meißner vertreten durch den Geschäftsführer, Fuldaer Straße 6, 37269 Eschwege
Antragsgegner,
hat die 10. Kammer des Sozialgerichts Kassel am 24. November 2017 durch die Vorsitzende, Richterin xxx, beschlossen:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der Antragsteller vom 28.08.2017 gegen den Bescheid vom 04.08.2017 für den Zeitraum 20.09.2017 bis 31.12.2017 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 78,52 EUR zu gewähren. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens nunmehr noch über höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die am 21.02.1989 geborene Antragstellerin zu 1. lebt mit ihrem am 04.02.2015 geborenen Sohn, dem Antragsteller zu 2., zusammen. Nachdem sie sich von ihrem Ehemann trennte und gemeinsam mit dem Antragsteller zu 2. aus der bis dahin mit dem Vater des Antragsteller zu 2. bewohnten Wohnung in Witzenhausen auszog, beantragte die Antragstellerin zu 1. für sich und den Antragsteller zu 2. am 18.07.2017 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Die Antragstellerin zu 1. legte eine Mietbescheinigung vom 20.07.2017 über eine 3-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 65 m 2 und einer Grundmiete in Höhe von 390,00 EUR, Betriebskosten in Höhe von 80,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 100,00 EUR unter ihrer jetzigen Wohnanschrift in der xxx in Witzenhausen vor.
Mit Bescheid vom 27.07.2017 lehnte Antragsgegner die Zusicherung für die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft ab, da die Kosten für die Unterkunft nicht angemessen seien. Angemessen seien für zwei Personen eine Grundmiete inklusive Nebenkosten in Höhe von 337,28 EUR und Heizkosten bis 81,60 EUR.
Einen Mietvertrag über die Wohnung in der xxx in Witzenhausen unterschrieb die Antragstellerin zu 1. am 02.08.2017 und bezog diese Wohnung mit dem Antragsteller zu 2. zum 01.08.2017.
Mit Bescheid vom 04.08.2017 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern vorläufig für die Zeit vom 01.07.2017 bis 31.12.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Für die Monate August bis Dezember 2017 bewilligte der Antragsgegner dabei Kosten der Unterkunft in Höhe von 337,28 EUR und Heizkosten in Höhe von 81,60 EUR monatlich.
Am 28.08.2017 erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 25.08.2017 gegen den Bescheid vom 04.08.2017 Widerspruch. Die Tabellenwerte des § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlags von 10 % seien zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen heranzuziehen. Das Gutachten der Firma Analyse und Konzepte aus März 2014 leide an derartigen Mängeln im Bereich der Erhebung und den Auswertungen, dass diese selbst durch Vorlage der Rohdaten nicht geheilt werden könnten und es sei daher nicht zur Bestimmung der Angemessenheit geeignet.
Am 20.09.2017 haben die Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Kassel gestellt.
Der neben der Antragstellerin zu 1. sorgeberechtigte Vater des Antragstellers zu 2. hat das Verfahren genehmigt.
Auf die Beanstandung der Höhe des angerechneten Einkommens der Antragstellerin zu 1. hat der Antragsgegner im Laufe des Eilverfahrens erklärt, das Einkommen entsprechend dem Begehren der Antragsteller zu berücksichtigen. Die Antragsteller haben daraufhin das Verfahren insoweit für erledigt erklärt.
Zur Begründung ihres Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes tragen die Antragsteller vor, dass das Konzept der Firma Analyse & Konzepte kein vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung gefordertes schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten darstelle. Der gesamte Werra-Meißner-Kreis werde als einziger Vergleichsraum angenommen. Es sei bereits nicht schlüssig, bei Einteilung in die zwei genannten Wohnungsmarkttypen, den Werra-Meißner-Kreis als einzigen Vergleichsraum zu bewerten. Die zugrunde gelegten Fahrzeiten zwischen den Orten seien bei der Bildung des räumlichen Vergleichsraumes nicht tauglich und würden als einziges Kriterium zur Bestimmung des Vergleichsraums dazu führen, dass die weiteren Feststellungen des Gutachtens unheilbar falsch seien. Auch seien keine Untergruppierungen von homogenen Lebens- und Wohnbereichen geschaffen worden und die Kriterien zur Bestimmung der Wohnungsmarkttypen seien recht beliebig. Die Angaben im Gutachten zur Mietpreisbestimmung, zu den Mietpreisfaktoren, zu den erhobenen Daten, zur Auswertungsmethodik, der Erhebung von Bestandsmieten und der Angebotsmieten und zu den Neuvertragsmieten seien ebenfalls fehlerhaft. Das Gutachten fuße zusammengefasst nicht auf einem schlüssigen Konzept. Die zugrunde gelegten Daten würden auf Schätzungen und nicht auf den Werra-Meißner-Kreis anwendbaren und ohnehin auch veralteten Durchschnittsdaten aus dem Jahr 2006 aus einer bundesweiten Erhebung beruhen. Die ohnehin fehlerhaft ermittelten Werte des Gutachtens aus März 2014 hätten nach spätestens zwei Jahren aktualisiert werden müssen. Auch sei die Verwendung eines Indexwertes, der landesweite Verhältnisse abbilde, nicht mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang zu bringen, da hierzu nicht die örtlichen Verhältnisse des Wohnungsmarktes abgebildet werden. Die Indexfortschreibung aus November 2015 sei unschlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Aufgrund der Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Erforderlichkeit der Fortschreibung des Konzepts nach zwei Jahren bzw. nach zwei Jahren und zwei Monaten und unter Berücksichtigung der Regelung des § 558d Abs. 2 S. 3 BGB hätte spätestens zum 31.05.2017 eine neue Erhebung stattfinden müssen, was bisher nicht geschehen sei.
Der Einzug in die Wohnung in die xxx in Witzenhausen sei erforderlich gewesen, da der Antragsgegner den Antragstellern am bisherigen Wohnort in Witzenhausen keine Wohnung zu seinen eigenen Angemessenheitskriterien habe anbieten können. Einer überreichten Liste mit Wohnungen des gesamten Zuständigkeitsbereichs seien vier Wohnungen mit einer Wohnfläche von mehr 60 m 2 zu entnehmen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen seien daher die Tabellenwerte des § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlags von 10 % zugrunde zu legen. Da das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum der Antragsteller nicht mehr gesichert sei, bestünde auch ein Anordnungsgrund. Um das gute Mietverhältnis mit dem Vermieter nicht zu riskieren, würden die Antragsteller die Differenz zwischen den tatsächlichen und den bewilligten Kosten der Unterkunft aus den Regelleistungen kompensieren. Es finde eine erhebliche Grundrechtsverletzung statt.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der Antragsteller vom 25.08.2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 04.08.2017 (Az.: 764 43520//0007193) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in gesetzlicher Höhe ab Eingang dieses Antrages bei Gericht zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er aus, dass die Wohnung in der xxx in Witzenhausen nicht den Angemessenheitskriterien nach der „Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013, KdU-Richtwerte 2015, Endbericht vom November 2015“ entspreche. Das Konzept sei schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, was bereits durch die 8. Kammer des Sozialgerichts Kassel anerkannt und durch die 7. und 11. Kammer des Sozialgerichts Kassel bestätigt worden sei.
Der Mietvertrag sei ohne Angabe von Gründen, weshalb ein Auszug aus der Wohnung der Eltern bzw. der Mutter der Antragstellerin zu 1. habe erfolgen müssen, geschlossen worden.
Den Antragstellern sei eine Liste überreicht worden, aus der sich acht Wohnungsangebote ergeben würden, deren Größe und Kosten für eine Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft angemessen seien. Weitere Wohnungsangebote, auch in und um Witzenhausen, die sich im Rahmen der Angemessenheit befänden, habe es ebenfalls gegeben. Angemessener Wohnraum sei daher im Vergleichsraum und in Witzenhausen vorhanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Leistungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand dieser Entscheidung gewesen sind
II.
Der Antrag auf einstweilige Anordnung hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
Statthaft ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Gestalt einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits den Antragstellern gegenüber ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache – möglicherweise – zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihnen andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.5.2005 – 1 BvR 569/05).
Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller hinsichtlich der begehrten Kosten der Unterkunft in Höhe von weiteren 78,52 EUR monatlich sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die von den Antragstellern begehrten Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 415,80 EUR erscheinen dem Gericht nach der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischer Prüfung im Eilverfahren für den Zeitraum vom 20.09.2017 bis 31.12.2017 angemessen.
Die Ermittlung der angemessenen Höhe der Unterkunftskosten erfolgt im Rahmen einer mehrstufigen Einzelfallprüfung, wobei im Ergebnis auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und angemessenem Quadratmeterzins abzustellen ist (“Produkttheorie”) (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – 7b AS 18/06 R). Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu ermitteln, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben und das die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein “angemessenes Maß” hinreichend nachvollziehen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 — B 14/7b AS 44/06 R; BSG, Urteil vom 22.09.2009 — B 4 AS 18/09 R). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Vergleichsraum und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), eine nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung (z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto-und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße) muss gegeben sein, es müssen Angaben über den Beobachtungszeitraum vorliegen, die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel) muss festgelegt sein, der Umfang der erhobenen Daten muss repräsentativ sein, die Validität der Datenerhebung muss gewährleistet sein, die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze der Datenauswertung müssen eingehalten werden und es müssen Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) vorliegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 22.09.2009 — B 4 AS 18/09 R). Zur Gewährleistung, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wiedergegeben werden, muss eine zeitnahe Erhebung und Aktualisierung der Daten erfolgen und es besteht die fortwährende Verpflichtung zur Überprüfung des Konzepts auf Aktualität (SG Augsburg, Urteil vom 07.12.2015 — S 8 AS 860/15; SG Potsdam, Urteil vom 20.08.2010 — S 41 AS 5276/08; SG Dresden, Urteil vom 08.05.2017 — S 20 AS 3514/14; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.06.2016 — L 11 AS 611/15).
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung hat das Gericht Zweifel, ob die von dem Antragsgegner genannte und angewandte Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013, Endbericht vom November 2015, Werra-Meißner-Kreis noch aktuell ist und damit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept entspricht.
Hinsichtlich der fortwährenden Verpflichtung des Jobcenters bzw. des kommunalen Trägers zur Überprüfung des Konzepts auf Aktualität weisen die Antragsteller darauf hin, dass nach dem Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Werra-Meißner-Kreis, Endbericht vom März 2014, die Bestandsmieten im Zeitraum Oktober 2012 bis Mai 2013 zum Stichtag 01.01.2013 erhoben und die Recherchen der Angebotsmieten im Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 durchgeführt wurden, sodass Ende der Datenerhebung spätestens der 31.05.2013 gewesen sei. Daher hätte spätestens zum 31.05.2017 eine neue Erhebung stattfinden müssen, was nicht geschehen sei. Dies ergebe sich zum einen aus der Rechtsprechung, nach der ein Konzept nach zwei Jahren bzw. spätestens nach zwei Jahren und zwei Monaten fortgeschrieben werden müsse. Zudem anderen habe auch die Firma Analyse und Konzepte die Regelung in § 558d Abs. 2 S. 3 BGB in Anspruch genommen, nach der spätestens nach vier Jahren ein qualifizierter Mietspielgel bzw. in diesem Fall ein vollständig neues Konzept zu erstellen sei.
Das Gericht hält dies für gewichtige Argumente im Hinblick auf den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum ab dem 20.09.2017. Für die Zeit nach Ablauf von vier Jahren nach dem Ende der Datenerhebung ist bisher, soweit ersichtlich, keine gerichtliche Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren getroffen worden. Es kann jedoch nicht Aufgabe des Gerichts im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sein, die vollständige Prüfung der Aktualität und damit die Anwendbarkeit der Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013 und eine etwaige Erforderlichkeit der Erstellung eines vollständigen neuen Konzepts nach Ablauf von vier Jahren vorzunehmen. Eine solche Prüfung wird — gegebenenfalls — einem entsprechenden Hauptsacheverfahren vorbehalten sein müssen.
Wenn aber eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist dieses im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die Abwägung fällt im vorliegenden Fall zu Gunsten der Antragsteller aus. Die Nachteile für die von Leistungen nach dem SGB II lebenden Antragsteller, nämlich die Nichtzahlung von 78,52 € monatlich, wiegen schwerer als die für den Antragsgegner eintretenden Nachteile bei Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und der Grundsatz, dass finanzielle Mittel nur den gesetzlichen Regelungen entsprechend verwendet werden dürfen. Der Antragsgegner wird ausreichend dadurch geschützt, dass die zusätzlichen Kosten für Unterkunft lediglich vorläufig zugesprochen werden und das Gericht die Grenzen des Wortlautes von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II berücksichtigt.
Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nur möglich, soweit die Aufwendungen angemessen sind. Es bedarf eines gleichermaßen geeigneten und sachgerechten, aber auch praktikablen Maßstabes zur Eingrenzung der Angemessenheit, um Schaden von der Gemeinschaft der Steuerzahler fernzuhalten und Leistungsmissbrauch zu verhindern. Mangels anderer Erkenntnismöglichkeiten ermittelt das Gericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die Angemessenheit der Unterkunftskosten anhand der Werte der rechten Spalte der Tabelle zu § 12 WoGG unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 10 % vom ermittelten Tabellenwert. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, soweit Erkenntnismöglichkeiten im lokalen Bereich nicht weiterführen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 15/09 R; BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 R; BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R). Die Wohngeldtabelle weist in der hier maßgeblichen Mietstufe I für zwei Personen einen Betrag von 378,00 EUR aus. Der ermittelte Tabellenwert ist noch zu erhöhen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird ein “Sicherheitszuschlag” zum jeweiligen Tabellenwert im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses auf Sicherung des Wohnraumes als erforderlich angesehen. Denn es könne beim Fehlen eines schlüssigen Konzeptes nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete war (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 50/09 R; BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R; BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 15/09 R). Das Gericht nimmt einen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % an (vgl. z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.08.2011 – L 15 AS 173/11 B ER). Es ergibt sich danach für die Angemessenheit der Unterkunftskosten ein Betrag von 415,80 EUR monatlich. Die Differenz zwischen diesem Betrag und den vom Antragsgegner bewilligten Kosten der Unterkunft in Höhe von 337,28 EUR, mithin 78,52 EUR monatlich, begehren die Antragsteller im Rahmen dieses Eilverfahrens.
Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft wird von den Antragstellern bei sachgerechter Auslegung des Antrags und insbesondere aufgrund ihres Vorbringens im Verfahren nicht begehrt, so dass das Gericht hierüber nicht zu entscheiden hat.
Die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 100,00 EUR monatlich erweisen sich nach summarischer Prüfung im Eilverfahren als unangemessen. Das Gericht sieht es als angemessen an, die rechte Spalte des zum Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners veröffentlichten bundesweiten Heizspielgel 2016, bezogen auf eine abstrakt angemessen Wohnungsgröße von 60 m2, für die Bemessung der angemessenen Kosten der Heizung heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R). Ausgehend davon können Kosten der Heizung in Höhe von 81,50 EUR als angemessen angesehen werden. Über die vom Antragsgegner bewilligten Kosten der Heizung in Höhe von 81,60 EUR begehren die Antragsteller keine weitere Zahlung, weshalb das Gericht insoweit keine abweisende Entscheidung zu treffen hatte.
Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dabei ist die konkrete Situation des Antragstellers in jedem Einzelfall zu beachten. Die Beurteilung des Anordnungsgrundes darf nicht schematisch erfolgen. Das Gericht muss vielmehr prüfen, ob ein wesentlicher Nachteil im konkreten Fall vorliegt und darf dabei nicht allein auf die Erhebung einer Räumungsklage abstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 – 1 BvR 1910/12). § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt die Übernahme der „angemessenen“ Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen. Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten. Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 — 1 BvR 1910/12).
Unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe ist es den Antragstellern bei der bestehenden Deckungslücke, insbesondere da ein zwei-jähriges Kind in der Bedarfsgemeinschaft lebt, nicht zuzumuten, den Ausgang eines Hauptsachverfahrens abzuwarten. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Antragsteller trotz nicht erteilter Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II durch den Antragsgegner zum 01.08.2017 in eine Wohnung gezogen sind, deren Kosten — ungeachtet der Schlüssigkeit des Konzepts des Antragsgegners — auch nach den Werten der Tabelle zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % nicht als angemessen anzusehen sind. Allerdings ist in diesem Fall ebenso zu berücksichtigen, dass die Antragsteller aufgrund der Trennung der Antragstellerin zu 1. von ihrem Ehemann und der für das Gericht im Rahmen der Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz nachvollziehbaren Begründung, dass ein Unterkommen bei der Mutter nur kurzzeitig möglich und zumutbar war, schnell eine Lösung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit finden mussten. Eine solche kam für das Gericht ebenfalls nachvollziehbar aufgrund des Alters des Antragstellers zu 2. sowie des Arbeitsplatzes des Antragstellerin zu 1. und des Umstandes, dass die Antragsteller aufgrund ihres bisherigen Wohnortes anderenfalls gegebenenfalls soziale Verluste hätten hinnehmen müssen, zunächst nur in Witzenhausen in Betracht. Zudem hat das Gericht berücksichtigt, dass aufgrund von Absetzbeträgen für erwerbstätige Leistungsberechtigte gemäß § 11 b Abs. 2 S. 1 SGB II die Wohnung zumindest für eine gewisse Zeit zu finanzieren sein wird, da die Differenz bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht den Absetzbetrag von 100,00 EUR übersteigt.
Bei der Bestimmung des Zeitraumes der einstweiligen Anordnung hat sich das Gericht – wie bezüglich des Anfangszeitpunktes von den Antragstellern auch beantragt – am Zeitpunkt des Eingangs des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz am 20.09.2017 sowie am Ende des aktuellen Bewilligungszeitraumes am 31.12.2017 orientiert (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage, Rn. 506).
Über die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens der Antragstellerin zu 1. Hatte das Gericht aufgrund der diesbezüglichen Erledigungserklärung vom 23.11.2017 nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache selbst.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen (§ 172 Abs. 3 SGG).