Sozialgericht Hildesheim – Urteil vom 01.11.2017 – Az.: S 12 SF 141/16 (AS)


URTEIL

In dem Rechtsstreit

xxx,
– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarsfraße 55, 37073 Göttingen

gegen

Landkreis Göttingen, vertreten durch den Landrat, Reinhäuser Landstraße 4, 37083 Göttingen
– Antragsgegner –

hat die 12. Kammer des Sozialgerichts Hildesheim auf die mündliche Verhandlung vom 1. November 2017 durch den Richter am Sozialgericht xxx sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird unter Abänderung der Kostenentscheidung im Abhilfebescheid vom 19.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2016 verpflichtet, dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens betreffend den Widerspruch vom 15.03.2016 gegen den Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 zu erstatten und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

2. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für dieses Verfahren.

TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der dem Kläger im Widerspruchsverfahren (Widerspruch vom 17.12.2011) entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger bezog im streitbefangenen Zeitraum Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Am 03.11.2015 schlossen der Kläger und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung ab, in der sich der Kläger unter anderem dazu verpflichtete, seine Bewerbungsbemühungen bis zum 05.01.2016 dem Beklagten gegenüber nachzuweisen.

Mit Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 senkte der Beklagte für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 30.06.2016 die monatliche Regelleistung um 60 %, also um 218,40 € monatlich, wegen einer wiederholten Pflichtverletzung herab. Nach Senkung betrug der Regelbedarf nunmehr monatlich 43,00 € im streitbefangenen Zeitraum. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger bereits mit Bescheid vom 06.11.2015 eine Minderung seines Regelsatzes um 30 % wegen einer Pflichtverletzung erfahren hatte. Nunmehr sei es zu einer wiederholten Pflichtverletzung gekommen, weil es der Kläger versäumt habe, in Erfüllung seiner Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung vom 03.11.2015 dem Beklagten gegenüber seine Bewerbungsbemühungen bis zum 05.01.2016 nachzuweisen.

Gegen den Sanktionsbescheid legte der Kläger zunächst persönlich mit Schreiben vom 15.03.2016 Widerspruch ein. Zugleich übersandte er Bewerbungsunterlagen und führte im Widerspruchsschreiben dazu aus, dass diese Bewerbungsunterlagen von ihm am 04.01.2016 in den Briefkasten des zuständigen Jobcenters eingeworfen worden seien.

Mit Schriftsatz vom 01.04.2016 meldete sich für den Kläger sein Prozessbevollmächtigter beim Beklagten und begründete den Widerspruch ergänzend. Er übersandte zwei eidesstattliche Versicherungen des Klägers und seiner Lebensgefährtin zu den Umständen des Einwurfs der Bewerbungsunterlagen in den Briefkasten des Jobcenters. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger forderte den Beklagten ferner auf, nunmehr die Abhilfe des Widerspruches bis zum 15.04.2016 vorzunehmen und den Sanktionsbescheid zurückzunehmen, weil anderenfalls ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren eingeleitet werden müsse.

Der Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 05.04.2016 (vgl. Blatt 9 der Gerichtsakte) beim Prozessbevollmächtigten des Klägers nach, zu welchem Zeitpunkt der Kläger die Bewerbungsunterlagen am 04.01.2016 in den Briefkasten des Jobcenters eingeworfen haben will. Im Schreiben führte der Beklagte ferner aus, dass die Angabe der Uhrzeit im Hinblick auf die Dienstzeit im zuständigen Jobcenter (bis 19:00 Uhr) entscheidungserheblich sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers antwortete am 08.04.2016 und teilte mit, dass die fraglichen Bewerbungsunterlagen im Zusammenhang mit einem abendlichen Einkauf vom Kläger und seiner Lebensgefährtin gegen 20:00 Uhr in den Briefkasten des zuständigen Jobcenters eingeworfen wurden. Zur Vermeidung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens kündigte daraufhin der Beklagte am 15.04.2016 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers an, dass in den nächsten Tagen eine Abhilfeentscheidung ergehen werde und es deshalb eines Eilverfahrens aus Sicht des Beklagten nicht bedürfe.

Mit dem Abhilfebescheid vom 19.04.2016 half der Beklagte dem Widerspruch ab und hob den Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 auf. Eine Kostenerstattung für die Kosten des Widerspruchsverfahrens zugunsten des Klägers lehnte der Beklagte allerdings ab. Ebenso sah der Beklagte die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren nicht für notwendig an. Zur Begründung für die Kostenentscheidung im Abhilfebescheid führte der Beklagte aus, dass für die Abhilfe nur die persönliche Einreichung der Bewerbungsnachweise im Widerspruchsschreiben des Klägers vom 15.03.2016 kausal gewesen sei, nicht dagegen die Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 01.04.2016. Dies gelte umso mehr, als die eidesstattlichen Versicherungen unglaubwürdig seien. Im Übrigen bedürfe der Kläger zur schlichten Vorlage von Schriftstücken keiner anwaltlichen Hilfestellung.

Gegen die ablehnende Kostenentscheidung im Abhilfebescheid ließ der Kläger am 20.04.2016 Widerspruch einlegen, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2016 zurückgewiesen wurde. Im Widerspruchsbescheid wiederholte der Beklagte seine bisherige Rechtsauffassung, nach der nur die persönliche Vorlage der Bewerbungsnachweise, nicht aber der Vortrag und die Vorlage zweier eidesstattliche Versicherungen zum Zeitpunkt des Einwurfs der Unterlagen in den Briefkasten für die Abhilfeentscheidung kausal gewesen sei.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 06.07.2016 vor dem hiesigen Sozialgericht Klage eingereicht.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm ein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X zustehe. So spreche bereits die Nachfrage des Beklagten vom 05.04.2016 zu den Modalitäten des Einwurfs der Bewerbungsunterlagen in den Briefkasten dafür, dass der Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen kausal für die Abhilfeentscheidung gewesen sei. So habe der Beklagte selbst im Schreiben vom 05.04.2016, geäußert, dass die Angabe der näheren Umstände und der Uhrzeit entscheidungserheblich seien. Der Kläger stellt überdies in Abrede, dass der Beklagte auch ohne die Einschaltung seines Prozessbevollmächtigten und den Schriftsatz vom 01.04.2016 dem Widerspruch abgeholfen hätte. So habe sich zwei Wochen lang nach Einreichung des persönlichen Widerspruchsschreibens und der nachzuweisenden Bewerbungsunterlagen im Widerspruchsschreiben vom 15.03.2016 nichts getan und der Beklagte habe die zum 01.04.2016 beginnende Minderung des Regelbedarfes nicht eigenständig zurückgenommen. Im Übrigen bestehe auch ein Anspruch auf Notwendig-Erklärung der Hinzuziehung seines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren durch den Beklagten gemäß § 63 Abs. 2 SGB X. So sei insbesondere bei der Kürzung existenzsichernder Leistungen zur Behebung der Notlage grundsätzlich ein anwaltlicher Beistand erforderlich.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Kostenentscheidung im Abhilfebescheid vom 19.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vorn 29.06.2016 zu verpflichten, dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren betreffend den Widerspruch vom 15.03.2016 gegen den Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 zu erstatten und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren gegen den Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und verweist zunächst auf seine Begründungen im angegriffenen Abhilfe- und im Widerspruchsbescheid. Zusätzlich zu diesen Begründungen führt der Beklagte gegen einen Kostenerstattungsanspruch an, dass die Kausalität des Widerspruchs für die spätere Abhilfe schon daran scheitere, dass die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgelegten beiden eidesstattlichen Versicherungen des Klägers und seiner Lebensgefährtin unglaubhaft seien. So befinde sich der vor dem Dienstgebäude des zuständigen Jobcenters befindliche Briefkasten, in den der Kläger die streitbefangenen Bewerbungsunterlagen am 04.01.2016 gegen 20:00 Uhr eingeworfen haben will, hinter einem Tor bzw. einer Schranke, die das Dienstgebäude und die davorliegende Fläche von der öffentlichen Straße abgrenze. Das Tor schließe werktäglich bereits um 19:00 Uhr, so dass der Kläger und seine Lebensgefährtin den Briefkasten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hätten erreichen können. Der Umstand, dass der Beklagte im Schreiben vom 05.04.2016 die Angabe der Uhrzeit des Einwurfs in den Briefkasten als entscheidungserheblich angesehen habe, sei für die Kausalitätsfrage nicht relevant, da der Beklagte zunächst alle notwendigen Ermittlungen zum Sachverhalt habe anstellen müssen, bevor dann später eine rechtliche Wertung erfolgt sei. Da für die Abhilfe alleine die persönliche Vorlage von Bewerbungsunterlagen im Schreiben vom 15.03.2016 entscheidend gewesen sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten als Kosten des Widerspruchsverfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf vollständige Erstattung der ihm im Widerspruchsverfahren zum Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X (hierzu unter 1.). Die Hinzuziehung seines Prozessbevollmächtigten zum gesamten Widerspruchsverfahren war darüber hinaus nach § 63 Abs. 2 SGB X für notwendig zu erklären (hierzu unter 2.).

Im Einzelnen:

1. Der Kläger hat einen Kostenerstattungsanspruch für die Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs. 1 SGB X.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 21. Juli 1992 — 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 m.w.N.; Roos in: von Wulffen, SGB X, 8. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben, sofern zumindest eine Mitursächlichkeit des Widerspruches vorliegt (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 — 9a RVs 10/87 -, juris).

Ein Widerspruch ist erst dann nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr als erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X zu werten, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers — hier der Abhilfebescheid des Beklagten vom 19.04.2016 — nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand — zum Beispiel der Nachholung von Mitwirkungspflichten – zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 a.a.O.; vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 42/00 R – und vom 25. März 2004 – B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Widerspruch des Klägers vom 15.03.2016 für den Abhilfebescheid des Beklagten vom 19.04.2016 zumindest mitursächlich und damit erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass das persönliche Widerspruchsschreiben des Klägers vom 15.03.2016 und die damit erfolgte Vorlage der Bewerbungsnachweise zumindest mitursächlich für die Abhilfeentscheidung vom 19.04.2016 gewesen sind. So hat der Beklagte selbst in der Begründung zur Kostenentscheidung im Abhilfebescheid vom 19.04.2016 ausgeführt, dass die persönliche Einreichung der Bewerbungsnachweise im Schreiben des Klägers vom 15.03.2016 kausal für die Abhilfeentscheidung gewesen sei.

Soweit der Beklagte gegen einen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 63 Abs. 1 SGB X einwendet, dass die Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen des Klägers und seiner Lebensgefährtin im Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.04.2016 nicht kausal für die Abhilfeentscheidung gewesen sei, hat dies keinerlei Einfluss auf das Vorliegen eines Kostenerstattungsanspruches nach § 63 Abs. 1 SGB X. Die Rechtsauffassung des Beklagten ist nicht nur widersprüchlich, wenn sie auf der einen Seite den persönlichen Widerspruch des Klägers vom 15.03.2016 für kausal hält, dann aber auf der anderen Seite einen Kostenerstattungsanspruch als Folge der Kausalität ablehnt. Sie ist auch dogmatisch unzutreffend, weil sie die Frage des grundsätzlich bestehenden Kostenerstattungsanspruches nach § 63 Abs. 1 SGB X mit der Frage „vermengt”, ob der Kostenerstattungsanspruch auch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten nach § 63 Abs. 2 SGB X gerichtet ist. Soweit der Beklagte damit argumentiert, dass eine Kostenerstattung für die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht in Betracht komme, da der Vortrag und das Handeln des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 01.04.2016 nicht die Ursache für die Abhilfeentscheidung dargestellt habe, übersieht er also, dass der anwaltliche Beitrag im Widerspruchsverfahren allenfalls Gegenstand der Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X sein kann. Der grundsätzliche Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X ist aber schon nach dem eigenen Vortrag des Beklagten dadurch gegeben, dass das persönliche Widerspruchsschreiben des Klägers vom 15.03.2016 und die damit verbundene persönliche Vorlage von Bewerbungsnachweisen kausal für die Abhilfeentscheidung gewesen ist.

Soweit sich der Beklagte überdies auf die fehlende Glaubwürdigkeit der eidesstattlichen Versicherungen beruft und hierzu vorträgt, dass der Briefkasten, in den der Kläger die Bewerbungsunterlagen am 04.01.2016 gegen 20:00 Uhreingeworfen haben will, nur bis 19:00 Uhr zugänglich gewesen sei, ist dieses Argument ebenfalls für die Frage des Kostenerstattungsanspruches irrelevant, da für eine Kausalität zwischen der Widerspruchseinlegung und der Abhilfeentscheidung nicht zwingend erforderlich ist, dass dem Widerspruch genau aus der Begründung des Widerspruches abgeholfen wird. Insoweit genügt bereits eine Mitursächlichkeit. Mit anderen Worten: Es spielt keine Rolle, ob der Beklagte den Vortrag und die Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen im anwaltlichen Schriftsatz vom 01.04.2016 für glaubhaft hält oder nicht. Bereits die Vorlage der Bewerbungsnachweise im persönlichen Widerspruchsschreiben des Klägers vom 15.03.2016 hat die Kausalitätsfrage erledigt und den Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X ausgelöst.

Im Übrigen verwundert es die Kammer, dass der Beklagte zunächst während des laufenden Widerspruchsverfahrens am 05.04.2016 weiteren Vortrag zu den Modalitäten des Einwurfs und der Uhrzeit des Einwurfs der Unterlagen in den Briefkasten als entscheidungserheblich gewertet hat und nunmehr im Klageverfahren vortragen lässt, dass letztlich die eidesstattlichen Versicherungen für die Abhilfeentscheidung keinerlei Bedeutung gehabt hätten.

In jedem Falle geht der Beklagte sogar im Abhilfebescheid vom 19.04.2016 selbst von einer Kausalität zwischen Widerspruch und Abhilfeentscheidung aus, wenn er im Tenor der Abhilfeentscheidung unter anderem formuliert: „auf ihren Widerspruch hin…”

2.
Schließlich war auch die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren vollständig für notwendig zu erklären.

Nach sozialgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur zu § 63 Abs. 2 SGB X soll die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten für notwendig zu erklären sein. Dabei bestimmt sich die Frage, ob die Hinzuziehung für notwendig zu erklären ist, auch nach der persönlichen Sach- und Rechtskunde des Betroffenen, die aus Sicht eines verständigen Beteiligten zu beurteilen ist. In der Regel soll die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für notwendig erklärt werden, wenn es keine besonderen Umstände gibt, die die Hinzuziehung als nicht notwendig erscheinen lassen (vgl. hierzu Roos, in: von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 63 SGB X, Rn. 26).

Besondere Ausnahmegründe und eine fehlende Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes liegen etwa nur in Fällen vor, in denen der Betroffene auf eine Selbstkorrektur der Behörde vertrauen durfte, weil die Behörde etwa in ihren Bescheiden die spätere Korrekturmöglichkeit nach Vorlage von Unterlagen bereits zugesagt hatte (vgl. hierzu Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 25.5.2016 — S 12 SO 117/14, bisher nicht veröffentlicht).

Unter Zugrundelegung dieser Prämissen sieht die Kammer eine Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren gegen den Sanktionsbescheid vom 08.03.2016 vollständig als notwendig an:

Eine Korrekturmöglichkeit hatte der Beklagte dem Kläger nicht zugesagt. Vielmehr musste der Kläger vor Einschaltung seines Prozessbevollmächtigten am 01.04.2016 davon ausgehen, dass die im persönlichen Widerspruchsschreiben vom 15.03.2016 erfolgte Übersendung der Bewerbungsnachweise zur Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung nicht mehr ausreichen würden und der Beklagte jedenfalls zeitnah die zum 01.04.2016 angekündigte Absenkung des Regelsatzes nicht wieder rückgängig machen werde. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Übersendung der Bewerbungsnachweise im persönlichen Widerspruchsschreiben vom 15.03.2016 noch 14 Tage lang auf eine Abhilfeentscheidung des Beklagten bzw. inhaltlich auf eine Rückgängigmachung der zum 01.04.2016 startenden Herabsenkung seines Regelbedarfes gewartet hatte, ehe er sich entschloss, seinen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. Mangels zwischenzeitlicher Reaktion des Beklagten auf das persönliche Widerspruchsschreiben vom 15.03.2016 muss gerade auch vor dem Hintergrund, dass im Widerspruchsverfahren existenzsichernde Leistungen streitbefangen waren, die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten als unbedingt notwendig im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X angesehen werden. Offensichtlich hat der Beklagte erst auf anwaltlichen Druck hin und insbesondere auf die Drohung mit einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren die begehrte Abhilfeentscheidung vorgenommen.

Der Klage war daher vollständig stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung gegen dieses Urteil bedarf gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich die Kosten des Klägers im Widerspruchsverfahren, den Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigen wird, wobei das Gericht von einem durchschnittlichen anwaltlichen Bearbeitungsaufwand im Widerspruchsverfahren ausgeht.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Dabei muss die Entscheidung über die Nichtzulassung nicht zwingend im Tenor aufgeführt werden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 11. Aufl., § 136, Rn. 5a).

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.