Sozialgericht Hildesheim – Urteil vom 01.11.2017 – Az.: S 12 SO 7002/17

URTEIL

In dem Rechtsstreit

xxx,
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

gegen

Landkreis Göttingen, vertreten durch den Landrat, Reinhäuser Landstraße 4, 37083 Göttingen
– Beklagter –

hat die 12. Kammer des Sozialgerichts Hildesheim auf die mündliche Verhandlung vom 1. November 2017 durch den Richter am Sozialgericht xxx sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx für Recht erkannt:
 

1. Der Beklagte wird unter Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017 verpflichtet, der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens betreffend den Widerspruch vom 24.01.2017 gegen die Festsetzung von Mahngebühren im Schreiben des Beklagten vom 18.01.2017 zu erstatten und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten in diesem Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für dieses Verfahren zu erstatten.

TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der der Klägerin im Widerspruchsverfahren (Widerspruch vom 24.01.2017) entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin bezog im streitbefangenen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 07.12.2016 forderte der Beklagte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.833,28 € an überzahlten SGB XII-Leistungen zurück. Die Klägerin ließ gegen diesen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Folgezeit ein Mahnschreiben des Beklagten vom 12.12.2016 erhalten hat bzw. ob ein solches Mahnschreiben überhaupt existent ist, mit dem erstmals Mahngebühren aufgrund der bisher nicht getätigten Rückzahlung festgesetzt wurden.

Unstreitig erhielt die Klägerin in der Folgezeit ein Schreiben des Beklagten vom 18.01.2017, das mit „Ankündigung der Zwangsvollstreckung” (vgl. Blatt 6 der Gerichtsakte) überschrieben war und mit dem der Beklagte gegenüber der Klägerin die Zwangsvollstreckung androhte, sollte der Rückforderungsbetrag zuzüglich einer Mahngebühr in Höhe von 16 € nicht innerhalb von einer Woche von ihr gezahlt werden. In einer Forderungsaufstellung, die Bestandteil dieses Schreibens war, wurde zudem vom Beklagten eine Mahngebühr in Höhe von 16 € erwähnt.

Die Klägerin ließ daraufhin am 24.01.2017 durch ihren Prozessbevollmächtigten gegen „die Festsetzung von Mahngebühren im Bescheid vom 18.01.2017″ Widerspruch einlegen (vgl. Blatt 5 der Gerichtsakte). Zur Begründung führte sie aus, dass die Forderung aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 07.12.2016 noch nicht rechtskräftig und deshalb nicht vollstreckungsfähig sei. Insoweit entfalte ihr Widerspruch gegen diesen Bescheid aufschiebende Wirkung. Ferner wurde die Einleitung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens im Widerspruchsschreiben für den Fall angedroht, dass der Beklagte nicht bis zum 31.01.2017 auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verzichte.

Am 07.06.2017 erließ der Beklagte einen Rücknahmebescheid, mit dem die Festsetzung der Mahngebühren in Höhe von 16 € zurückgenommen wurde (vgl. Blatt 15 der Verwaltungsakte des Beklagten). Am gleichen Tage wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück (vgl. Blatt 4 der Gerichtsakte) und führte zur Begründung aus, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 18.01.2017 nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung hätte nach Auffassung des Beklagten ein einfaches Schreiben an die Kreiskasse genügt. Im Übrigen sei die Regelung zur Festsetzung einer Mahngebühr nicht im Schreiben vom 18.01.2017, sondern schon in einem vorangegangenen Mahnschreiben vom 12.12.2016 erfolgt.

Die Klägerin hat am 09.06.2017 gegen den Widerspruchsbescheid Klage vor dem hiesigen Sozialgericht erhoben.

Sie ist der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen die Erhebung einer Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 zustehe. Der Beklagte habe insoweit den Widerspruch vom 24.01.2017 nicht richtig verstanden. Der Widerspruch sei nicht gegen das gesamte Schreiben, also auch nicht gegen die Zwangsvollstreckungsankündigung erhoben worden, sondern lediglich gegen die in diesem Schreiben enthaltene Festsetzung einer Mahngebühr in Höhe von 16 €. Bei der Festsetzung von Mahngebühren handele es sich um einen widerspruchsfähigen Verwaltungsakt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Soweit der Beklagte behaupte, dass eine wiederholende Verfügung vorläge, weil die Mahngebühr bereits in einem Mahnschreiben vom 12.12.2016 erhoben worden sei, bestreite die Klägerin die Existenz eines solchen Mahnschreibens. Ein solches Mahnschreiben sei ihr auch nicht zugegangen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017 (Aktenzeichen: 20.2-PK00100575) zu verpflichten, der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchsverfahren betreffend den Widerspruch vom 24.01.2017 gegen die Festsetzung von Mahngebühren im Schreiben vom 18.01.2017 zu erstatten und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten in diesem Verfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und verweist zunächst auf seine Begründungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017. Zusätzlich führt der Beklagte gegen einen Kostenerstattungsanspruch an, dass der Widerspruch vom 24.01.2017 unzulässig gewesen sei. Zum einen handele es sich beim Schreiben vom 18.01.2017 nicht um einen Verwaltungsakt, da dieser nur die Zwangsvollstreckung ankündige und keinen widerspruchsfähigen Inhalt aufweise. Zum anderen sei der Widerspruch gegen die Festsetzung einer Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 ebenfalls nicht zulässig. Die Mahngebühr sei nämlich bereits in einem Mahnschreiben vom 12.12.2016 festgesetzt worden. Insoweit handele es sich bei der Erwähnung der Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 allenfalls um eine wiederholende Verfügung mit der Folge, dass eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes nicht vorliege. Was die Existenz des Mahnschreibens vom 12.12.2016 anbelange, handele es sich bei dem im Verhandlungstermin vom 01.11.2017 präsentierten Ausdruck aus der elektronischen Akte um einen hinreichenden Beleg. Insoweit könne auch durch Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiterin Zeugnis für die Existenz und die Versendung des Mahnschreibens vom 12.12.2016 angeboten werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf vollständige Erstattung der ihr im Widerspruchsverfahren zur Festsetzung einer Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X (hierzu unter 1.). Die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten zum gesamten Widerspruchsverfahren war darüber hinaus nach § 63 Abs. 2 SGB X für notwendig zu erklären (hierzu unter 2.).

Im Einzelnen:

1.
Die Klägerin hat einen Kostenerstattungsanspruch für die Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs. 1 SGB X.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 21. Juli 1992 — 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 m.w.N.; Roos in: von Wulffen, SGB X, 8. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben, sofern zumindest eine Mitursächlichkeit des Widerspruches vorliegt (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 — 9a RVs 10/87 juris).

Ein Widerspruch ist erst dann nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr als erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X zu werten, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand — zum Beispiel der Nachholung von Mitwirkungspflichten — zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 a.a.O.; vom 18. Dezember 2001 — B 12 KR 42/00 R — und vom 25. März 2004 — B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1).

Schließlich hat die Behörde die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß § 63 SGB X auch dann zu tragen, wenn sie den Widerspruch provoziert hat. Als Beispiel wird im Schrifttum eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung genannt, nach der gegen einen Bescheid Widerspruch eingelegt werden kann, obwohl dieser Bescheid bereits Gegenstand eines Klageverfahrens nach § 96 SGG geworden ist (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X-Kommentar, 8. Aufl., § 63 SGB X, Rn. 22).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 SGB X: Zum einen war der Widerspruch der Klägerin vom 24.01.2017 für die Abhilfe des Beklagten in Form des Rücknahmebescheides vom 07.06.2017 zumindest mitursächlich und damit erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X (hierzu unter a.). Zum anderen hat der Beklagte den Widerspruch durch die Benennung der Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 provoziert (hierzu unter b.).

Im einzelnen:

a)
Der Widerspruch der Klägerin vom 24.01.2017 war erfolgreich i.S. von § 63 Abs. 1 SGB X und insbesondere kausal für die Abhilfe des Beklagten in Form des Rücknahmebescheides vom 07.06.2017.

Mit dem Rücknahmebescheid vom 07.06.2017 (vgl. Blatt 15 der Verwaltungsakte des Beklagten) hat der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin vom 24.01.2017 insoweit abgeholfen, als die Festsetzung einer Mahngebühr in Höhe von 16 € aufgehoben wurde. Dabei ist es nach den oben geschilderten Grundsätzen zunächst unschädlich, ob der Beklagte seine inhaltliche Abhilfe auch als „Abhilfe” bezeichnet oder allgemein von einer „Rücknahme” spricht. Ebenfalls unbeachtlich ist es, dass der Beklagte fälschlicherweise in der Rechtsbehelfsbelehrung zu diesem Bescheid davon spricht, dass „gegen diesen Widerspruchsbescheid” innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden könne. In der Sache handelt es sich um eine Abhilfeentscheidung zugunsten der Klägerin. Dem Begehren der Klägerin wurde entsprochen, so dass der Widerspruch insgesamt erfolgreich war.

Ebenfalls unschädlich für den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ist der Umstand, dass der Beklagte an demselben Tag, an dem er die Rücknahme der Festsetzung der Mahngebühr im Rücknahmebescheid vom 07.06.2017 verfügte, einen Widerspruchsbescheid erließ, mit dem der Widerspruch der Klägerin formal zurückgewiesen und eine Kostenerstattung abgelehnt wurde.

Zum einen kann diese Regelung des Beklagten nichts daran ändern, dass die Abhilfe inhaltlich schon im parallelen Rücknahmebescheid vom 07.06.2017 erfolgt war und sich die Kostenfolge der Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens bereits aus dem Gesetz direkt, nämlich aus § 63 Abs. 1 SGB X ergibt.

Zum anderen war der Widerspruch der Klägerin gegen die Festsetzung von Mahngebühren innerhalb des Zwangsvollstreckungsschreibens des Beklagten vom 18.01.2017 auch nicht unzulässig: Bei der Festsetzung von Mahngebühren handelt es sich um einen widerspruchsfähigen Verwaltungsakt, wie das Bundessozialgericht bereits mehrfach entschieden hat (vgl. etwa zuletzt Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26.05.2011 — B 14 AS 54/10 R). Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Mahngebührenfestsetzung in einem Androhungsschreiben zur Zwangsvollstreckung erfolgt ist, das für sich genommen keinen Verwaltungsakt darstellt. Entscheidend ist alleine die inhaltliche Regelung der Festsetzung von Mahngebühren im Schreiben des Beklagten vom 18.01.2017 ungeachtet der äußeren Gestaltung dieses Schreibens und insbesondere seiner Überschrift „Ankündigung der Zwangsvollstreckung”.

Ob die Festsetzung der Mahngebühren — wie es der Beklagte behauptet — bereits in einem vorangegangenen Mahnschreiben vom 12.12.2016 erfolgt ist und es sich insoweit in der Benennung der Mahngebühr im nachfolgenden Schreiben vom 18.01.2017 lediglich um eine informatorische Erwähnung der Mahngebühr bzw. eine nicht widerspruchsfähige „wiederholende Verfügung” handelte, hat letztlich keinen Einfluss auf den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin. Das Gericht musste den im Verhandlungstermin vom 01.11.2017 aufgeworfenen Beweisfragen zur Existenz und zur Bekanntgabe des Mahnschreibens vom 12.12.2016 letztlich nicht nachgehen, da unabhängig von der Existenz des Mahnschreibens vom 12.12.2016 in der Festsetzung der Mahngebühr im Schreiben vom 18.01.2017 eine widerspruchsfähige Regelung vorliegt und zudem ein Kostenerstattungsanspruch auch aus dem Rechtsgedanken der Provokation des Widerspruches folgt, was im nächsten Abschnitt dieses Urteils näher dargelegt werden wird.

b)
Der Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin vom 24.01.2017 letztlich „provoziert”, als er im Schreiben vom 18.01.2017 die Mahngebührenfestsetzung in Höhe von 16 € aufnahm.

Nach dem oben bereits beschriebenen Provokationsgedanken hat die Behörde unter Umständen auch dann die Kosten eines aus ihrer Sicht unnötigen Widerspruchsverfahrens zu tragen, wenn sie den Widerspruch des Adressaten letztlich provoziert hat. Insoweit sieht die Kammer eine Vergleichbarkeit der (erneuten) Mahngebührenfestsetzung im Schreiben vom 18.01.2017 mit dem in Rechtsprechung und Schrifttum genannten Fallgruppen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung, die eine Widerspruchseinlegung provoziert.

Dabei kann aus Sicht des Gerichts offenbleiben, ob die Mahngebührenfestsetzung vom 18.01.2017 das erste Mal erfolgte — wie es die Klägerin behauptet — oder ob die Mahngebührenfestsetzung lediglich ein zweites Mal erwähnt wurde, nachdem sie schon in dem Mahnschreiben vom 12.12.2016 erfolgt war — wie es der Beklagte behauptet. In beiden Fällen war die Erhebung einer Mahngebühr letztlich aufgrund des gegen den streitbefangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides des Beklagten vom 07.12.2016 eingelegten Widerspruches, der aufschiebende Wirkung entfaltete, unrechtmäßig. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen war daher die Klägerin gehalten, gegen diese Gebührenfestsetzung, unabhängig davon ob sie das erste oder bereits das zweite Mal ihr gegenüber erfolgte, Widerspruch einzulegen. Die Argumentation des Beklagten, dass die Mahngebührenfestsetzung bereits im Schreiben vom 12.12.2016 erfolgte und im Schreiben vom 18.01.2017 lediglich wiederholt wurde, verstärkt sogar noch die Provokationswirkung, weil der Beklagte damit zu erkennen gegeben hat, dass er trotz eingelegten Widerspruches auf der Festsetzung von Mahngebühren in unrechtmäßiger Weise besteht.

Nach alledem steht der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch aus § 63 Abs. 1 SGB X zu.

2.
Schließlich war auch die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren vollständig für notwendig zu erklären.

Nach sozialgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur zu § 63 Abs. 2 SGB X soll die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten für notwendig zu erklären sein. Dabei bestimmt sich die Frage, ob die Hinzuziehung für notwendig zu erklären ist, auch nach der persönlichen Sach- und Rechtskunde des Betroffenen, die aus Sicht eines verständigen beteiligten zu beurteilen ist. In der Regel soll die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für notwendig erklärt werden, wenn es keine besonderen Umstände gibt, die die Hinzuziehung als nicht notwendig erscheinen lassen (vgl. hierzu Roos, in: von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 63 SGB X, Rn. 26).

Besondere Ausnahmegründe und eine fehlende Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes liegen etwa nur in Fällen vor, in denen der Betroffene auf eine Selbstkorrektur der Behörde vertrauen durfte, weil die Behörde etwa in ihren Bescheiden die spätere Korrekturmöglichkeit nach Vorlage von Unterlagen bereits zugesagt hatte (vgl. hierzu Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 25.5.2016 — S 12 SO 117/14, bisher nicht veröffentlicht).

Unter Zugrundelegung dieser Prämissen sieht die Kammer eine Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren gegen die Mahngebührenfestsetzung vom 18.01.2017 vollständig als notwendig an:

Eine Korrekturmöglichkeit hatte der Beklagte der Klägerin gerade nicht zugesagt. Vielmehr musste die Klägerin vor Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten und Einlegung des Widerspruchs vom 24.01.2017 davon ausgehen, dass der Beklagte trotz des Widerspruches gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 07.12.2016 Mahngebühren nicht nur ihr gegenüber festsetzen, sondern gegebenenfalls auch vollstrecken wollte. Dies gilt umso mehr, wenn man der Behauptung des Beklagten folgt und auch eine Mahngebührenfestsetzung in dem Mahnschreiben vom 12.12.2016 und eine gegenüber der Klägerin erfolgte Bekanntmachung dieser Festsetzung annimmt. Der Beklagte hätte dann zweifach die Mahngebühr erwähnt und mit einer Vollstreckungsandrohung versehen.

Offensichtlich hat der Beklagte erst auf anwaltlichen Druck hin die begehrte Abhilfeentscheidung am 07.06.2017 in Form eines Rücknahmebescheides vorgenommen.

Der Klage war daher vollständig stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung gegen dieses Urteil bedarf gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich die Kosten des Klägers im Widerspruchsverfahren, den Betrag von 750,00 Euro nicht übersteigen wird, wobei das Gericht von einem durchschnittlichen anwaltlichen Bearbeitungsaufwand im Widerspruchsverfahren ausgeht.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Dabei muss die Entscheidung über die Nichtzulassung nicht zwingend im Tenor aufgeführt werden (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 11. Aufl., § 136, Rn. 5a).

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.