Nach dem vereinsrechtlichen Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia.org durch das Bundesinnenministerium (BMI) im Sommer 2017 haben die Prozessbevollmächtigten der als vermeintliche Betreiber verorteten Personen nun deren Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Verbot begründet.
Die Begründung der Klagen greift die Verbotsverfügung des BMI in mehrerlei Hinsicht als rechtswidrig an. Hiernach sei das BMI für eine Maßnahme gegen eine Online-Plattform schon nicht zuständig, sondern vielmehr die Aufsichtsbehörden nach dem vorrangig anzuwendenden Telemedienrecht. Im Fall von linksunten.indymedia.org wäre dies die für die Pressefreiheit sensibilisierte Landesmedienanstalt Baden-Württemberg gewesen. Diese hatte das Angebot der Online-Plattform linksunten.indymedia.org aber zu keinem Zeitpunkt kritisiert geschweige denn ist gegen die Plattform medienrechtlich vorgegangen worden. Selbst wenn das Vereinsrecht aber anwendbar wäre, hätte der Plattform vor einem vollständigen Verbot die Gelegenheit zur Sperrung strafrechtswidriger oder verfassungsfeindlicher Inhalte gegeben werden müssen. So hätte gerichtlich auch vorab geklärt werden können, ob sich der Plattform zurechenbare strafrechtswidrige und/oder verfassungsfeindliche Inhalte überhaupt in dem Angebot der Seite befunden haben.
„Wir kennen entgegen verfahrensrechtlicher Vorgaben bislang nur einen Bruchteil der Verwaltungsakte und haben diverse Beiziehungs- und Beweisanträge stellen müssen. Das BMI scheint hier aber auf Zeit zu spielen. Bereits jetzt können wir jedoch sagen, dass das BMI unserer Auffassung nach unter Kompetenzüberschreitung das Vereinsrecht aus politischen Gründen missbraucht hat, um sich einer kritischen Nachrichtenplattform zu entledigen“ kritisiert der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam das Vorgehen der Behörde unter seinerzeit noch Thomas de Maizière.
„Die uns bislang durch das BMI in den Klageverfahren als vermeintliche Belege für die Strafrechtswidrigkeit und Verfassungsfeindlichkeit präsentierten Inhalte der Plattform können ein Verbot zudem gerade nicht begründen. Stattdessen zeigen sogar die vermeintlich belastenden „Belege“ einen regen und vor allem kritischen Meinungsaustausch innerhalb der Nutzerinnen und Nutzer und gerade keine kritiklose Bezugnahme auf vermeintlich strafrechtswidrige und/oder verfassungsfeindliche Zwecke. Durch das BMI wurde daher nichts anderes als Presse verboten“ ergänzt die Jenaer Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk zur Einordnung des Portals und vorerst abschließend.
Für Rückfragen insbesondere zu den konkreten weiteren Inhalten der Klagebegründung stehen die aufgeführten Prozessbevollmächtigten unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung.
RA Sven Adam |
RAin Angela Furmaniak Turmstraße 10 79539 Lörrach Tel.: 07621/44766 Fax: 07621/44767 furmaniak@hegarhaus-loerrach.de |
RA Alexander Hoffmann Eichhofstraße 14 24116 Kiel Tel.: 0431/5459771 Fax: 0431/5459772 info@anwalthoffmann.de |
RAin Kristin Pietrzyk
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Hintergrund: Das BMI hatte am Freitag, den 25.08.2017, die Wohnungen von als Vereinsmitglieder bezeichneten Personen durchsuchen lassen und ihnen zeitgleich eine Verbotsverfügung für den angeblich existierenden Verein linksunten.indymedia.org zugestellt. Gegen die Verbotsverfügung sind bei dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) insgesamt fünf Klagen (Az.: BVerwG 1 A 11.17, 1 A 12.17, 1 A 13.17, 1 A 14.17, 1 A 15.17) sowie bei den Verwaltungsgerichten (VG) Freiburg und Karlsruhe diverse Beschwerde und Hauptsacheverfahren gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen anhängig.