Tacheles Rechtsprechungsticker KW 17/2018

1.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 11. Senat, Urteil vom 11.12.2017- L 11 AS 1503/15

Orientierungssatz (Redakteur)
Jobcenter muss Schulbücher bezahlen.

Leitsatz (Juris)
1. Anschaffungskosten für Schulbücher sind nicht von der Schulbedarfspauschale des § 28 Abs 3 SGB II erfasst, sondern bei der Ermittlung des Regelbedarfs berücksichtigt worden (in der Position “Bücher und Broschüren” der EVS 2008/2013, vgl. § 6 RBEG 2011 bzw. § 6 RBEG).

2. Sofern die Anschaffungskosten für Schulbücher (hier: notwendige Schulbücher im Wert von 214,40 € für die 11. Klasse eines Gymnasiums in Niedersachen) nicht anderweitig übernommen werden (z.B. im Wege der Lernmittelfreiheit), deckt der Regelbedarf diese Kosten der Höhe nach evident nicht ab.

3. Kosten für Schulbücher, soweit sie nicht tatsächlich durch den Schulträger oder andere staatliche Stellen übernommen werden, sind ein durch Leistungen nach dem SGB II sicherzustellender Bedarf, weil der Bundesgesetzgeber mit dem SGB II das gesamte menschenwürdige Existenzminimum einschließlich der Kosten des Schulbesuchs sicherstellen muss (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – Rn 181 f, 197; entgegen BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 12/13 R – Rn 27).

4. Schulbuchkosten sind zwar ein besonderer, jedoch kein laufender Bedarf im Sinne des § 21 Abs 6 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 47/09 R – Rn 16).

5. Es handelt sich um eine planwidrige Regelungslücke, dass für durch Lernmittelfreiheit nicht abgedeckte Schulbuchkosten im Gesamtgefüge des SGB II keine auskömmlichen Leistungen vorgesehen sind. Diese planwidrige Regelungslücke ist durch eine analoge Anwendung des § 21 Abs 6 SGB II zu schließen, soweit der Bedarf im Einzelfall unabweisbar ist.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

Hinweis:
Rechtsfrage, ob Können Aufwendungen für Schulbücher einen Mehrbedarf nach § 21 Absatz 6 SGB II begründen? beim BSG anhängig Az. : B 14 AS 6/18 R – Vorinstanz: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 11 AS 349/17

1.2 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.02.2018 – L 11/9 AS 52/13

Orientierungssatz (Redakteur)
Provisionsvorschüsse als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.

Leitsatz (Redakteur)
Bei diesen Zahlungen handelte es sich unstreitig um Einnahmen in Geld aus selbständiger Tätigkeit (vgl. hierzu: § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II).

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

Hinweis:
Sozialgericht Halle (Saale), Urteil vom 11.02.2014 – S 29 AS 953/11- Berücksichtigung der an einen selbständigen Versicherungsvertreter ausbezahlten Stornorücklage als Einkommen

1.3 – Bayerisches Landessozialgericht, Urt. v. 07.03.2018 – L 11 AS 213/17

Orientierungssatz (Redakteur)
Zum Mehrbedarf für eine Wohnungserstausstattung und für Bekleidung nach längerer Haftzeit (hier verneinend).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 06.04.2018- L 19 AS 518/18 B ER – rechtskräftig

Orientierungssatz (Redakteur)
Zur aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Entziehungsbescheid, denn In Erstattungsfällen kann der Leistungsträger auf eine verletzte Mitwirkungspflicht nicht nach § 66 Abs. 1 SGB I reagieren.

Kurzfassung:
1. Allerdings hat der Antragsgegner nicht beachtet, dass hinsichtlich der Erstattungspflichtigen in § 60 Abs. 1 S. 2 SGB I nur auf die Regelungen in § 60 Abs. 1 S. 1 SGB I verwiesen wird, so dass die §§ 61 bis 64, 66, 67 SGB I auf die Erstattungspflichtigen nicht anwendbar sind (Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 97. EL Dezember 2017, § 60 Rn. 11 und § 66 Rn. 5; Hase in BeckOK Sozialrecht, 47. Edition Stand: 01.06.2014, § 60 Rn. 6). Eine fehlende oder ungenügende Mitwirkung berechtigt den Leistungsträger daher nur in den Fällen zur Versagung oder Entziehung von Leistungen, in denen durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht die Feststellung der leistungserheblichen Tatsachen erheblich erschwert wird. Dies wird auch durch den letzten Halbsatz in § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I deutlich (“soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind”). In Erstattungsfällen kann der Leistungsträger somit auf eine verletzte Mitwirkungspflicht nicht nach § 66 Abs. 1 SGB I reagieren; er hat vielmehr, sofern er den Sachverhalt nicht von Amts wegen aufklären kann, eine materielle Beweislastentscheidung zu treffen.

2. Im vorliegenden Fall, in denen die umstrittenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide bereits ergangen sind und hierzu ein Klageverfahren anhängig ist, böte sich stattdessen an, dass der Antragsteller die jeweiligen Banken gegenüber dem Antragsgegner respektive dem Sozialgericht von ihrer Verschwiegenheitspflicht aus dem Bankgeheimnis entbindet.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.5 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 22.03.2018 – L 7 AS 3754/15

Leitsatz (Juris)
1. Zur Beweislastumkehr bei Aufhebungs- und Rücknahmeentscheidungen, die auf Umständen beruhen, die in der Sphäre des Leistungsempfängers liegen.

2. Es besteht keine Pflicht des Gerichts, einen Zeugen über sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO zu belehren.

3. Eine Beweisaufnahme darf auch in einem nicht öffentlichen Erörterungstermin durchgeführt werden.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – SG Braunschweig, Urteil vom 27.03.2018- S 44 AS 798/17

Leitsatz (Juris)
Eine Aufrechnung von bestandskräftigen Forderungen des SGB II-Leistungsträgers mit laufenden SGB II- Leistungen ist auch während eines laufenden Privatinsolvenzverfahrens des Leistungsempfängers möglich.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

Hinweis:
Zur Frage einer möglichen Aufrechnung während eines laufenden Insolvenzverfahrens wohl grundsätzlich zustimmend auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 06.02.2017 – L 11 AS 862/14 und Beschluss vom 31.07.2013 – L 11 AS 1371/10 B und SG Aurich, Urteil vom 09.02.2012 – S 35 AS 16/11

2.2 – Sozialgericht Karlsruhe, Urt. v. 31.01.2018 – S 14 AS 3082/16

Leitsatz (Juris)
„Festlegung der Richtwerte“ der Stadt Baden-Baden zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 SGB II entspricht nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.3 – SG Karlsruhe, Urteil vom 14.02.2018 – S 11 AS 3439/16 (rechtskräftig)

Kein Mehrbedarf nach dem SGB II für Kosten anlässlich der Fahrten zu einer ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung

Kurzfassung:
1. Die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II scheide aus, da keine atypische Bedarfslage vorliege. Die Klägerin mache Leistungen geltend, die regelmäßig vorrangig dem Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sei. Dies stehe ihr als vorrangiges Schutz- und Fürsorgesystem gegen das Risiko der Krankheit zur Verfügung. Soweit Leistungen im System der Krankenversicherung selbst als -nicht unbedingt notwendig- ausgeschlossen werden würden, verbiete es sich, diesen Leistungsausschluss mit der Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II zu kompensieren.

2. Es liege auch keine Unabweisbarkeit i. S. d. § 21 Abs. 6 SGB II vor, da dieses Tatbestandsmerkmal zumindest erfordere, dass der gesetzlich Krankenversicherte die begehrten gesundheitsspezifischen Bedarfe zunächst bei der gesetzlichen Krankenversicherung geltend mache und ggf. mit Rechtsbehelfen durchsetze, soweit diese nicht offensichtlich aussichtslos seien. Die Klägerin habe aber gerade nicht alle ihr zumutbaren Mittel ausgeschöpft, sich die Fahrtkosten durch Dritte erstatten zu lassen. Sie habe insbesondere den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Krankenkasse ruhend gestellt.

Quelle: www.sozialgericht-karlsruhe.de

Hinweis:
Jobcenter muss außergewöhnliche Fahrtkosten zu Therapie erstatten – Sozialgericht Dresden, Urteil v. 12.12.2016 – S 3 AS 6001/14

3.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Arbeitsförderung (SGB III)

3.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 7. Senat, Urteil vom 13.03.2018 – L 7 AL 71/16

Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit

Leitsatz (Juris)
1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben auch dann Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie nach dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren, aber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Arbeitnehmer eingestellt werden. Ein entsprechender Arbeitsvertrag verstößt weder gegen die §§ 165, 169, 170 SGB III, noch gegen die §§ 134, 138 BGB.

2. Eine Arbeitnehmerin kann nach Beantragung bis zur bestandskräftigen Ablehnung von Insolvenzgeld nicht mehr über einen eventuellen unerfüllten Anspruch auf Arbeitsentgelt verfügen.

3. Die im Grundsatz mögliche isolierte Abtretung eines Anspruchs auf Insolvenzgeld nach dessen Beantragung an einen Dritten erfordert eine hinreichend bestimmte Abtretungserklärung (hier verneint).

4. Erwirbt der Insolvenzverwalter eines nach einem Insolvenzantrag weiter betriebenen Unternehmens den Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Insolvenzgeld im Wege eines Forderungskaufvertrages gegen eine aus der Insolvenzmasse geleisteten Zahlung in Höhe des ausstehenden Nettoarbeitsentgelts, stellt dies eine formaljuristische Umgehung der Vorgaben des SGB III zur Vorfinanzierung von Insolvenzgeld dar, die die Bundesagentur ohne ihre vorherige Zustimmung nicht zur Zahlung von Insolvenzgeld verpflichtet.

5. Das auf die Erfüllung eines abgetretenen Insolvenzgeldanspruchs gerichtete Klageverfahren ist gerichtsgebührenpflichtig. Eine erstinstanzlich unterbliebene Streitwertfeststellung kann das Berufungsgericht nachholen.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Sächs. LSG, Beschluss v. 27.03.2018 – L 8 SO 123/17 B E

Kostenübernahme eines Gebärdensprachdolmetschers für den Schulbesuch
Das LSG Chemnitz hat entschieden, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für den Besuch einer Schule für Hörgeschädigte verpflichtet ist.

Kurzfassung:
Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die betreffende Schule entgegen der im Freistaat Sachsen geltenden schulrechtlichen Verpflichtungen nicht in der Lage, eine behindertengerechte Beschulung zu gewährleisten. Das Sozialgericht stellt unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG klar, dass nur die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, der Unterricht selbst, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung und die Bewertung der Schülerleistungen den Lehrkräften vorbehalten und als sog. Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers entzogen ist. Komme der Schulträger – wie im Fall der Antragstellerin – seinen im Freistaat Sachsen darüber hinaus geltenden schulrechtlichen Pflichten zur behinderungsgerechten Beschulung behinderter Kinder an Förderschulen nicht nach, sei der Sozialhilfeträger verpflichtet, die erforderlichen Leistungen als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung zu erbringen. Dem Sozialhilfeträger bleibe in diesem Fall nur die Möglichkeit, gegen den eigentlich vorrangig verpflichteten Schulträger Erstattungsansprüche geltend zu machen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Chemnitz Nr. 4/2018 v. 05.04.2018: www.juris.de

4.2 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 8. Senat, Urteil vom 25.01.2018- L 8 SO 69/15

Zur Gewährung eines Barbetrags bei vorläufiger Unterbringung im Maßregelvollzug

Leitsatz (Juris)
1. Zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung i.S. von § 98 Abs. 4 SGB XII gehört nicht nur der Strafvollzug im engen Sinn, sondern auch der Maßregelvollzug (vgl. auch BSG, Urteil vom 20. April 2016 – B 8 SO 8/14 R – juris Rn. 15) und die vorläufige Unterbringung in einer Maßregelvollzugseinrichtung nach § 126a StPO.

2. Im Maßregelvollzug – und dies gilt entsprechend für den Strafvollzug – wird der existentielle Bedarf der Betroffenen sowohl in physischer als auch in soziokultureller Hinsicht nach landesrechtlichen Vorschriften grundsätzlich durch die Einrichtung gedeckt, ohne dass es im Regelfall zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts ergänzender Sozialhilfeleistungen bedarf.

3. Soweit dem Hilfebedürftigen von der Maßregelvollzugseinrichtung keine Leistungen zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums gewährt werden (sog. Barbetrag oder “Taschengeld”), bemisst sich der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 19 Abs. 1, 27 ff. SGB XII) für vorläufig im Maßregelvollzug Untergebrachte (§ 126 StPO) nach § 27b Abs. 2 Satz 2 SGB XII in analoger Anwendung.

4. Ein Bedürftiger kann wegen der Deckung seines gegenwärtigen existentiellen Bedarfs unter dem Gesichtspunkt der bereiten Mittel nicht auf Leistungen verwiesen werden, die von einer Behörde oder einem Beliehenen ausdrücklich abgelehnt werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 5 C 38/92 – juris Rn. 18 f.).

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – Sozialgericht Kassel – Az.: S 12 SO 112/16 vom 21.03.2018 – ebenso S 12 SO 168/16 und S 12 SO 139/17

Normen: § 35 Abs. 1 SGB XII – Schlagworte: Grundsicherung bei Erwerbsminderung, Kosten der Unterkunft, Werra-Meißner-Kreis, Analyse und Konzepte

Orientierungssatz (Redakteur)
Das Konzept der Firma Analyse & Konzepte stellt kein vom BSG in ständiger Rechtsprechung gefordertes schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten dar.

Quelle: www.anwaltskanzlei-adam.de

Hinweis:
Jobcenter Werra-Meißner und Sozialamt des Werra-Meißner-Kreises unterliegen abermals vor dem Sozialgericht Kassel wegen Kosten der Unterkunft bei Existenzsicherungsleistungen

Pressemitteilung vom 26.03.2018
In dem langjährigen Streit um die Angemessenheitsgrenzen bei Kosten der Unterkunft (KdU) für Sozialleistungsempfänger im Werra-Meißner-Kreis haben das Jobcenter und der Kreis vor dem Sozialgericht (SG) Kassel nun auch in Hauptsacheverfahren mehrere Niederlagen hinnehmen müssen. Die 3. Kammer unter dem Direktor des Sozialgerichts Kassel, Vasco Knickrehm, entschied in mehreren nun veröffentlichten Urteilen vom 19.02.2018 (Az.: S 3 AS 580/15, S 3 AS 680/15, S 3 AS 527/16, S 3 AS 45/16 und S 3 AS 102/17), dass ein seitens des Jobcenters in die Verfahren eingebrachtes Wohnungsmarkterhebungsgutachten aus dem Jahr 2014 unschlüssig und damit nicht anwendbar sei. In den teilweise seit Oktober 2015 anhängigen und umfangreich geführten Hauptsacheverfahren hat das SG Kassel das Jobcenter Werra-Meißner daher verpflichtet, deutlich höhere Leistungen für Unterkunftskosten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende in der Zeit vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2107 als bislang zu gewähren.

Quelle: Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen: www.anwaltskanzlei-adam.de

Volltext S 12 SO 168/16 und S 12 SO 139/17

6.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Asylrecht

6.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.08.2017- L 8 AY 17/17 B ER

Sozialgerichtliches Verfahren – einstweiliger Rechtsschutz – Regelungsanordnung – Anordnungsanspruch – summarische Prüfung – Asylbewerberleistung – Anspruchseinschränkung – Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates – Abweichung vom Dublin-Verfahren – Nichtausreise trotz Feststehens von Ausreisetermin und Ausreisemöglichkeit – Verfassungsmäßigkeit

Leitsatz (Juris)
1. Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG setzt eine abweichende Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats oder Drittstaats aufgrund eines Relokationsbeschlusses der Europäischen Union voraus und ist tatbestandlich nicht bereits dann einschlägig, wenn nach der sog. Dublin III-VO (EU) 604/2013 ein anderer Staat zuständig ist, weil in diesem erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Anschluss an LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.05.2016 – L 15 AY 23/16 B ER – juris Rn. 6 und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.04.2016 – L 15 AY 15/16 B ER – juris Rn. 17).

2. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1a Abs. 2 AsylbLG in der ab 24. Oktober 2015 geltenden Fassung (BGBl. I 2015, 1722) ist auch mit Rücksicht auf die Entscheidung des BSG vom 12.05.2017 (- B 7 AY 1/16 R -) nach wie vor ungeklärt.

3. Bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist, soweit es um die Bewilligung von laufenden lebensunterhaltssichernden Leistungen geht, jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich von einer Leistungsdauer von (maximal) zwölf Monaten auszugehen (Fortführung von LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.12.2016 – L 8 AY 51/16 B ER – juris Rn. 8).

4. Eine ggf. unzureichende Sachverhaltsaufklärung des Leistungsträgers kann – angesichts der gravierenden Folgen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG – im Rahmen einer gerichtlichen Kostenentscheidung zu seinen Lasten gehen.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

7.   Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

7.1 – Früheres Wohnkostenkonzept im Landkreis Limburg-Weilburg nicht rechtmäßig – Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 24.11.2017, Az.: S 16 AS 1131/15

Die Unterkunftskosten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II werden in Höhe der tatsächlichen Kosten anerkannt, soweit diese angemessen sind. Das im Landkreis Limburg-Weilburg vom 1.8.2014 bis 30.6.2017 angewandte Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten genügt nicht den Anforderungen der Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept.

weiter: sozialgerichtsbarkeit.de

7.2 – Auch die 33. Kammer am SG Kiel bestätigt die neue Mietobergrenze der Stadt Kiel, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt

weiter: sozialberatung-kiel.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de