BESCHLUSS
In dem Verfahren
betreffend die gerichtliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nach dem HSOG, an dem hier beteiligt sind:
1. xxx,
Betroffene- und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,
2. Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium Kassel, Steinweg 6, 34117 Kassel,
Antragsteller und Beschwerdegegner,
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Korbach vom 22.03.2018 — Nichtabhilfe vom 19.10.2018 — am 07.02.2019
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 22.03.2018 die Beteiligte zu 1) in ihren Rechten verletzt hat.
Das zu 2) beteiligte Land hat der Beteiligten zu 1) zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.
GRÜNDE
I.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 26.07.2017 den erneuten Asylantrag der am xx.xx.1992 geborenen somalischen Staatsangehörigen xxx als unzulässig ab und forderte diese auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde die Abschiebung nach Spanien angeordnet. Bereits zuvor war ein Asylantrag der Frau xxx mit Datum vom 28.12.2016 abgelehnt und die Abschiebung nach Spanien angeordnet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 26.07.2017, Az.: 7175406- 273, BI. 4 ff. d. A., verwiesen.
Nachdem Frau xxx ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen war, wurde am 28.02.2018 die Asylunterkunft in xxx, in der Frau xxx gemeldet war, durch die Polizei xxx aufgesucht. Frau xxx wurde dort nicht angetroffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Polizei xxx vom 28.02.2018, BI. 14 d. A., verwiesen.
Das zu 2) beteiligte Land beantragte sodann mit einem auf den 21.02.2018 datierten Schriftsatz, eingegangen beim Amtsgericht am 21.03.2018, vorsorglich einen weiteren Betretungsbeschluss. In dem Antrag ist ausgeführt, Frau xxx solle am 29.03.2018 von Beamten der Polizeidienststelle xxx unter der bezüglich ihrer Person gemeldeten Anschrift aufgesucht und zum Zwecke der Abschiebung der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt zugeführt werden. Beantragt worden sei zudem bereits ein Betretungsbeschluss bezüglich der Wohnung, einer Freundin von Frau xxx in xxx. Weitere Ermittlungen hätten darüber hinaus ergeben, dass sich Frau xxx des Öfteren bei einer weiteren Freundin, nämlich der Beteiligten zu 1), aufhalte. Um den Erfolg der Abschiebemaßnahme sicherzustellen, sei es erforderlich, die Wohnung der Beteiligten zu 1) ebenfalls betreten und gegebenenfalls durchsuchen zu dürfen, falls Frau xxx in ihrer eigenen Wohnung nicht angetroffen werde. Insoweit sei der Erlass eines weiteren Betretungsbeschlusses für die Wohnung der Beteiligten zu 1) erforderlich.
Diesem auf den 21.02.2018 datierten Antrag war als Anlage die Kopie einer E-Mail der Polizei xxx an das zu 2) beteiligte Land vom 20.03.2018 beigefügt (BI. 15 f. d. A.). In dieser heißt es im Hinblick auf die Beteiligte zu 1), über somalische Mitbewohner im Haus habe Frau xxx kürzlich erfahren, dass sich Frau xxx des Öfteren bei einer weiteren somalischen Mitbürgerin im Raum Kassel, nämlich der Beteiligten zu 1), aufhalte. An deren Adresse seien insgesamt 21 Personen (in der Mehrzahl deutsche Mitbürger) gemeldet, davon als Somali nur noch deren minderjähriger Sohn.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Antrag vorn 21.02.2018 nebst Anlagen, BI. 1 ff. d. A., verwiesen.
Unter dem 22.03.2018 erließ das Amtsgericht Korbach einen Beschluss, mit welchem die Durchsuchung der Wohnung, der Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs-. und Geschäftsräume sowie anderen befriedeten Besitztums, das mit diesen Räumen in Verbindung steht, in der Wohnung der Beteiligten zu 1) und der ihr gehörenden Sachen und Behältnisse zur Auffindung und Ergreifung von Frau xxx angeordnet wurde. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, bereits die für den 28.02.2018 geplante Abschiebung habe nicht durchgeführt werden können, da Frau xxx in der Asylunterkunft xxx, in xxx [sic] nicht angetroffen worden sei. Es werde davon ausgegangen, dass Frau xxx sich bei der Beteiligten zu 1), ihrer Freundin, aufhalte. In ihrer eigenen ihr zugewiesenen Unterkunft solle sie sich nur selten aufhalten. Der zulässige Antrag sei begründet, da die Voraussetzungen der §§ 47 Abs. 5, 39, 38 HSOG vorlägen. Die Wohnung könne danach betreten werden, wenn anzunehmen :sei, dass dort Personen Straftaten verübten. Die Beteiligte zu 1) leiste der Frau xxx Beihilfe zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz. Die Durchsuchung sei auch verhältnismäßig, da Mildere Mittel nicht ersichtlich seien. Die Vornahme von Versuchen, die Wohnung der Beteiligten zu 1) mit deren Zustimmung zu betreten, wären nicht gleich effektiv, da es Frau xxx dann möglich wäre zu fliehen. Die Ausreisepflicht von Frau xxx stelle ein besonderes öffentliches Interesse dar, welches gegenüber dem Grundrecht der Beteiligten zu 1) aus Art. 13 GG schwerer wiege: Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den amtsgerichtlichen Beschluss vom 22.03.2018, BI. 18. f. d. A., verwiesen.
Die Durchsuchung der Wohnung der. Beteiligten zu 1) erfolgte am 29.03.2018 in der Zeit von 3:07 Uhr bis 3:28 Uhr, wobei Frau xxx nicht angetroffen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Durchsuchung vom 29.03.2018, V Nr. ERS/0212810/2018, BI. 59 f. d. A., verwiesen.
Gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 22.03.2018 hat die Beteiligte zu 1) durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 15.05.2018 Beschwerde eingelegt und. zunächst Akteneinsicht beantragt (BI. 24 f. d. A.). Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.07.2018 hat die Beteiligte zu 1) die Beschwerde begründet. Der Durchsuchungsbeschluss gehe offenbar einzig auf eine E-Mail vom 20.03.2018 zurück. Aus dieser sei weder ersichtlich, um wen es sich bei Frau xxx handele, noch sei erkennbar bzw. aktenkundig, von wem die besagte Frau xxx die Erkenntnisse hinsichtlich eines vermeintlichen Aufenthalts der gesuchten Person bei der Beteiligten zu 1) bezogen haben wolle. Es sei bisher nicht einmal ein Anfangsverdacht im Sinne der StPO. hinreichend aktenkundig, sondern es gebe allenfalls Informationen vom Hörensagen. Letztere könnten aber kaum einen Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung begründen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 18.07.2018, BI. 28, 28 R d. A., verwiesen.
Das Amtsgericht Korbach hat am 17.10.2018 Frau xxx als Zeugin vernommen. Diese hat bekundet, ihr Mann betreibe die Asylunterkunft in xxx, sie unterstütze ihn. Frau xxx sei ihr persönlich bekannt, wohne aber schon seit längerem nicht mehr in der Unterkunft. Sie sei nach ihrer Erinnerung einfach nicht mehr gekommen und habe sich im Raum Kassel aufgehalten. Sie wisse nicht, ob Frau xxx inzwischen abgeschoben worden sei. Frau xxx sei mit der Beteiligten zu 1) befreundet. Die Beteiligte zu 1) habe auch in der Unterkunft gewohnt und guten Kontakt zu Frau xxx gehabt: Die Beteiligte zu 1) habe dann aber eine Wohnung im Raum Kassel gefunden und sei ausgezogen.
Mit Beschluss vom 19.10.2018 (BI. 36 d. A.) hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Es sei bei Gericht und Polizei bekannt, dass die Familie xxx die Asylunterkunft in xxx betreibe, in der die Beteiligte zu 1) und Frau xxx gleichzeitig wohnten. Die Auskünfte der Frau xx an die Polizei beruhten also auf Kenntnissen, die sie aus der Tätigkeit in der Asylunterkunft erlangt habe und die dementsprechend fundiert seien.
Sodann hat das Amtsgericht die Akte zunächst dem Landgericht Kassel vorgelegt, welches mit Beschluss vom 05.11.2018 die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zuständigkeitshalber vorgelegt hat (BI. 35, 39 f. d. A.).
Die Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 01.11.2018 ausgeführt, auch die im Nichtabhilfeverfahren durch Frau xxx getätigte Aussage weise allenfalls auf ein Freundschaftsverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1) und Frau xx hin. Es gebe aber keinen Hinweis darauf, dass diese sich in der Wohnung der Beteiligten zu 1) aufgehalten habe.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auch Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
Das zu 2) beteiligte Land hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Der Senat ist zur Entscheidung über die Beschwerde berufen. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG ist das Oberlandesgericht Beschwerdegericht für Entscheidungen der Amtsgerichte in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen. Da nach § 39 Abs. 1 S. 3 HSOG für das Verfahren betreffend die Durchsuchung von Wohnungen nach Gefahrenabwehrrecht in Hessen die Vorschriften des FamFG gelten, handelt es sich bei einer aufgrund des HSOG erlassenen Durchsuchungsanordnung um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Sinne der eingangs genannten Vorschrift.
Die Beschwerde ist nach Vollzug der angefochtenen Durchsuchungsanordnung und damit nach Eintritt der Erledigung in der Hauptsache mit dem Antrag statthaft, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs die Beteiligte zu 1) in ihren Rechten verletzt hat, § 62 Abs. 1 FamFG. Die seitens der Beteiligten zu 1) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist in diesem Sinne auszulegen, auch wenn die Beschwerdeschrift keinen diesbezüglich ausformulierten Antrag enthält, sondern sich in der Einlegung der Beschwerde erschöpft. Zumindest aus dem Schriftsatz zur Beschwerdebegründung vom 18.07.2018 geht aber hervor, dass die Beteiligte zu 1) den angegriffenen Beschluss wegen Verletzung ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG für rechtswidrig erachtet. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei dem Amtsgericht eingelegt worden.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss erweist sich als rechtwidrig und verletzt die Beteiligte zu 1) in ihren Rechten.
Der Beschluss genügt nämlich schon nicht den inhaltlichen Anforderungen, welche an eine Durchsuchungsanordnung zu stellen sind.
Der auf Art. 13 Abs. 2 GG beruhende Richtervorbehalt soll eine vorbeugende Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Grundrechteingriffes gewährleisten. Dies erfordert eine eigenverantwortliche Prüfung durch das Amtsgericht, ob die in dem Antrag der Behörde. behaupteten Voraussetzungen erfüllt sind und unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechtes sowie des in § 4 HSOG konkretisierten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Durchsuchungsanordnung rechtfertigen.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer bereits vollzogenen Durchsuchungsanordnung kann es dabei nur auf den Sachverhalt ankommen, der für das Amtsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung — gegebenenfalls nach Durchführung der möglichen und nach § 26 FamFG erforderlichen Ermittlungen — erkennbar war. Die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung bedarf hierbei einer hinreichend konkreten Begründung, welche eine Prüfung der Voraussetzungen der gesetzlichen Eingriffsermächtigung erkennen lässt (vgl. zum Ganzen auch: Senat, Beschluss vorn 19.07.2006, Az. 20 W 181/06, juris Rz. 9 m.w.N.). Denn der von der Durchsuchung Betroffene — sowie die vollziehenden Beamten und das Rechtsmittelgericht — müssen auch im Falle einer gefahrenabwehrrechtlichen Durchsuchungsanordnung die tatsächlichen Umstände, die zu dieser geführt haben, ihre wesentlichen Rechtsgrundlagen sowie die Gegenstände oder Personen, nach denen gesucht werden soll, hinreichend erkennen können (vgl. Senat, Beschluss vom 14.03.2016, Az. 20 W 353/14, n. v.). Das Amtsgericht hat — auch im Rahmen einer durch die Eilbedürftigkeit der Entscheidung häufig unvermeidlichen Kürze der Begründung — durch geeignete Formulierungen sicherzustellen, dass der mit der angeordneten Durchsuchung verbundene Grundrechtseingriff angemessen begrenzt wird, messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. für strafprozessuale Durchsuchungsanordnungen: Schoreit, NStZ 1999, 173).
Den vorgenannten Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss nicht. Unter Heranziehung der dem Amtsgericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisse und Erkenntnisquellen stellt sich die Durchsuchungsanordnung vom 22.03.2018 als rechtswidrig dar.
Es fehlt vorliegend bereits an der für eine Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung erforderlichen hinreichend konkreten Begründung, welche eine Prüfung der Voraussetzungen der gesetzlichen Eingriffsermächtigung erkennen lässt. In dem Beschluss wird nicht hinreichend bestimmt erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage die Durchsuchung angeordnet worden ist. Es bleibt offen, ob es sich bei der angeordneten Wohnungsdurchsuchung um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr handeln sollte oder diese die Durchsetzung eines gefahrenabwehrrechtlichen Verwaltungsaktes zum Gegenstand hatte. Zwar ist im Beschlusstenor aufgeführt, dass die Durchsuchung der Wohnung der Beteiligten zu 1) zur Auffindung und Ergreifung der Frau xxx angeordnet wird. Allerdings sind in den Gründen hierfür nur pauschal Eingriffsermächtigungen genannt, ohne dass erkennbar wäre, dass das Amtsgericht deren Voraussetzungen im Einzelnen geprüft und seine Anordnung auf diese gestützt hätte. So ist eingangs erwähnt, dass der Durchsuchungsbeschluss, gemäß § 38, 39 HSOG ergehe. Im Folgenden ist ausgeführt, die Voraussetzungen der §§ 47 Abs. 5, 39, 38 HSOG seien gegeben. Die Beteiligte zu 1) leiste der Frau xxx Beihilfe bei deren Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG. Eine Wohnung könne betreten werden, wenn anzunehmen sei, dass Personen dort Straftaten verübten. Ferner werde die Anordnung der Durchsuchung auf § 47 Abs. 5 HSOG gestützt. Die Verpflichtung der Frau xxx zur Ausreise aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26.07.2017 sei durchzusetzen.
Aus welchem Grund das Amtsgericht von dem Vorliegen dieser zitierten Eingriffsermächtigungen ausgegangen ist, bleibt offen. § 39 HSOG regelt lediglich das Verfahren der richterlichen Anordnung-. § 38 HSOG wird nur pauschal aufgeführt. Aus dem angegriffenen Beschluss ist insofern bereits nicht ersichtlich, ob die richterliche Anordnung auf § 38 Abs. 2, 3 oder 6 HSOG gestützt wird, die jeweils verschiedene Voraussetzungen haben.
Sollte die Anordnung auf § 38 Abs. 3 HSOG zu stützen sein, hätte der Senat zu dem auch Bedenken an der Befugnis eines Regierungspräsidiums als Ausländerbehörde, eine der Gefahrenabwehr dienende Durchsuchung zu beantragen. Denn nach § 38 Abs. 3 HSOG haben nur die Polizeibehörden die Befugnis zur Durchsuchung einer Wohnung gegen den Willen des Inhabers (vgl. auch Meixner/Fredrich, HSOG, 11. Aufl. § 38 HSOG, Rz. 13). § 1 Abs. 1 HSOG differenziert insofern zwischen Gefahrenabwehrbehörden (Verwaltungsbehörden, Ordnungsbehörden) und Polizeibehörden, welche gemeinsam die Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrnehmen. Die Befugnisnormen der§§ 11 ff. HSOG unterscheiden jeweils ausdrücklich, welchen der vorgenannten Behörden die jeweiligen Befugnisse eingeräumt werden. Im Falle von § 38 Abs. 3 HSOG sind dies nur die Polizeibehörden, nicht aber die Gefahrenabwehrbehörden. Bei dem antragstellenden Regierungspräsidium handelt es sich nicht um eine Polizeibehörde im Sinne von § 91 HSOG. Auch führt die Durchführung einer ordnungsbehördlichen Maßnahme durch eine Polizeibehörde im Wege der Vollzugshilfe zu keiner Erweiterung der Befugnisse der die Maßnahme verantwortenden Ordnungsbehörde (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 HSOG; vgl. auch Meixner/Fredrich, a. a. 0., § 44, Rz. 3).
Soweit die richterliche Anordnung zudem auf § 47 Abs. 5 HSOG gestützt wird, ist zu bemerken, dass zwar nach § 47 Abs. 1 HSOG ein Verwaltungsakt mit Zwangsmitteln gegen den Pflichtigen durchgesetzt werden kann, wenn er unanfechtbar geworden ist oder wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Insofern kommt die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung auch zur Durchsetzung eines ordnungsbehördlichen Verwaltungsaktes im Wege des Verwaltungszwangs in Betracht, soweit der Zweck der Durchsetzung des Verwaltungsaktes dies erfordert. Dass das Amtsgericht die Voraussetzungen der vorgenannten Norm geprüft und bejaht hätte, welche bei der Durchsetzung von vollziehbaren Verwaltungsakten auch im Bereich des Aufenthalts- und Asylrechts grundsätzlich einschlägig sein können, ist dem angefochtenen Bescheid mit der notwendigen Bestimmtheit aber nicht zu entnehmen. Insbesondere ist hervorzuheben, dass ein Verwaltungsakt gegenüber der Beteiligten zu 1) vorliegend bereits nicht ergangen ist. Vielmehr handelt es sich um die Durchsetzung von Maßnahmen gegen Frau xxx.
Demnach ist der angefochtene Beschluss schon nicht hinreichend bestimmt, um eine auf den dort genannten Vorschriften beruhende dem Zweck der Gefahrenabwehr oder des Verwaltungszwangs dienende Durchsuchungsanordnung rechtmäßig anzuordnen.
Hinzu kommt, dass dem amtsgerichtlichen Beschluss – unabhängig von der Frage der gesetzlichen Eingriffsermächtigung – nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu entnehmen ist, dass Frau xxx sich überhaupt zum damaligen Zeitpunkt in der Wohnung der Beteiligten zu 1) aufgehalten haben könnte.
Der Antrag des Regierungspräsidiums Kassel vom 21.02.2018 enthält diesbezüglich keine Informationen. Hier wird lediglich vorsorglich ein weiterer Betretensbeschluss beantragt, und zwar für die Wohnung der Beteiligten zu 1) für -den Fall, dass Frau xxx nicht unter der bislang bekannten. Anschrift aufhältig sei (BI. 1 d. A.). Diesem Antrag zu Grunde liegt – soweit aus der dem Senat vorliegenden Akte erkennbar – lediglich eine E-Mail der Polizei xxx vom 20.03.2018. In dieser ist nur allgemein formuliert, dass eine Frau xxx kürzlich über somalische Mitbewohner im Haus erfahren habe, dass sich Frau xxx des Öfteren bei einer weiteren somalischen Mitbürgerin im Raum Kassel aufhalte, nämlich der Beteiligten zu 1). Weder ist erläutert, um wen es sich bei der genannten Frau xxx handelt, noch ist ausgeführt, woher die Polizei oder Frau xxx diese Erkenntnisse gewonnen haben. Offen bleibt auch, wann, auf welche Weise und aus welchem Grund Frau xxx hierzu Angaben bei der Polizei gemacht hat. Zudem ist der wiedergegebenen Information, die Beteiligte zu 1) sei mit Frau xxx befreundet, nicht zu entnehmen, dass Frau xxx sich aus diesem Grund in der Wohnung der Beteiligten zu 1) aufhalte.
Allein auf Basis dieser rudimentären Informationen einer auf -und des Akteninhalts nicht näher zuzuordnenden Person und wiederum deren Erkenntnissen vom Hörensagen hat das Amtsgericht seinen Durchsuchungsbeschluss erlassen, ohne im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht weitere Rückfragen zu halten oder Ermittlungen anzustellen. Auch auf gegebenenfalls in der Person des Richters vorhandenes und außerhalb der Akte gewonnenes Wissen über die konkreten einzelnen Umstände, Personalien und Zuständigkeiten in der Asylunterkunft in xxx hat das Amtsgericht nicht abgestellt bzw. ein solches möglicherweise vorhandenes Wissen zumindest in seinem Beschluss nicht erläutert und auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht in anderer Weise aktenkundig gemacht.
Die Anordnung der Durchsuchung der Wohnung der Beteiligten zu 1) zur Auffindung und Ergreifung der Frau xxx lediglich auf Basis dieser nicht aussagekräftigen in einer E-Mail eines Polizeibeamten enthaltenen Informationen zu einem möglichen Aufenthalt der Gesuchten in der Wohnung der Beteiligten zu 1) trägt insoweit im Tatsächlichen nicht und ist vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig.
Soweit das Amtsgericht im Rahmen des Nichtabhilfeverfahrens am 17.10.2018 Frau xx als Zeugin angehört, also nunmehr Ermittlungen nach § 26 FamFG durchgeführt hat (BI. 32 f. d. A.), spielen die hieraus gewonnenen Erkenntnisse für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der bereits vollzogenen Durchsuchungsanordnung vorn 22.03.2018 keine Rolle mehr. Wie dargelegt kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung nur auf den Sachverhalt an, der für das Amtsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung erkennbar war.
Da der vollzogene Durchsuchungsbeschluss vom 22.03.2018 demnach rechtswidrig ist und die auf dessen Grundlage durchgeführte Durchsuchung eine effektive Verletzung der Beteiligten zu 1) in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach § 13 Abs. 1 GG darstellt, war auf ihre Beschwerde hin die aus dem Tenor ersichtliche Feststellung zu treffen.
Die Haftung der Beteiligten zu 1) für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wegen des Erfolgs ihrer Beschwerde entfällt kraft Gesetzes (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1, Abs. 3 GNotKG), insoweit bedurfte es keines gesonderten Ausspruchs.
Es entspricht billigem Ermessen nach § 81 FamFG, dass das zu 2) beteiligte Land der Beteiligten zu 1) ihre zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens etwa entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat. Denn die Beteiligte zu 1) hat mit ihrer Beschwerde vollständig obsiegt, und das unterliegende beteiligte Land hat durch seine Dienststelle den angefochtenen Beschluss beantragt und vollzogen.
Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus §§ 36 Abs. 2, 3, 61 GNotKG.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 70 FamFG). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben (Keidel/Meyer-Holz, FamFG 19. Aufl, § 70 FamFG, Rz. 4 und 41).