Tacheles Rechtsprechungsticker KW 09/2020

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 30. Oktober 2019 (B 4 KG 1/19 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Im Zusammenhang mit der Bewilligung eines Kinderzuschlags entsprechend § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG ist eine der Familie bewilligte Wohngeldnachzahlung stets in dem Monat von der Bundesagentur für Arbeit zu berücksichtigen, in dem diese nach dem WoGG gewährten Mittel den anspruchsberechtigten Personen tatsächlich zufließen.

Die Feststellung, dieser Kinderzuschlag verhindere eine Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 Abs. 1 SGB II der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft, verlangt von den Familienkassen der BA für Arbeit eine einzig an den Bestimmungen des SGB II ausgerichtete Bedürftigkeitsprüfung. § 6a BKGG stellt insoweit bei der Ermittlung des bedarfsmindernden Einkommens uneingeschränkt auf den Einkommensbegriff des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ab.

Es besteht keine abweichende gesetzliche Vorgabe im Hinblick auf die zeitliche Berücksichtigung von Wohngeld bei der Bewilligung des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG. Eine vom tatsächlichen Zufluss abweichende Einkommensberücksichtigung stünde hier im Widerspruch zur Parallelität der Rechtsanwendung in Bezug auf § 6a BKGG hier und dem SGB II dort.

1.2 – BSG, Urteil vom 29. August 2019 (B 14 AS 50/18 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Die Einreise von Antragstellern in das Bundesgebiet nach der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit im bisherigen Aufenthaltsstaat und nach der Kündigung der dortigen Arbeitsverhältnisse ohne jedes vorherige Bemühen um den notwendigen Lebensunterhalt deckende Erwerbsmöglichkeiten in Deutschland begründet keine Ersatzansprüche des Jobcenters gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Der einen solchen Anspruch tragende Vorwurf der Sozialwidrigkeit eines antragstellerseitig gezeigten Verhaltens ist darin begründet, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) im Sinne eines objektiven Unwerturteils in einer zu missbilligenden Art und Weise sich selbst oder ihre unterhaltsberechtigten ‚Angehörigen in die Lage gebracht haben, existenzsichernde Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen.

Aus dem Grundsatz der Eigenverantwortung ist aber nicht die Obliegenheit ableitbar, sich als erwerbsfähiger deutscher Staatsangehöriger zunächst um eine Existenzgrundlage im Bundesgebiet zu bemühen, bevor eine im Ausland ausgeübte Beschäftigung aufgegeben und im Bundesgebiet ein gewöhnlicher Aufenthalt wirksam begründet wird.

Eine derartige Mobilität steht unter dem Schutz des besonderen Freiheitsrechts auf Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 GG, das auch das Recht umfasst, als deutscher Staatsangehöriger jederzeit zur Wohnsitznahme frei in das Bundesgebiet einzureisen. Alles andere zielt mittelbar darauf ab, im Ausland lebende, erwerbsfähige deutsche Staatsangehörige davon abzuhalten, ohne eine ausreichende Existenzgrundlage einen Wohnsitz im Bundesgebiet zu nehmen. Zu einer derartigen Zugangssteuerung ermächtigt das SGB II die Jobcenter nicht.

1.3 – BSG, Urteil vom 29. August 2019 (B 14 AS 49/18 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Die Jobcenter sind ermächtigt, vor der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs bei sozialwidrigem Verhalten nach § 34 SGB II eine isolierte Feststellung zur Sozialwidrigkeit des Verhaltens eines Antragstellers zu treffen. Ein SGB II-Träger darf vor dem Erlass eines Leistungsbescheids hier gesondert durch einen Grundlagenbescheid über die Sozialwidrigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II des einem Antragsteller vorgehaltenen Verhaltens entscheiden.

Hierfür spricht neben dem Erfordernis einer zügigen Klärung des Vorwurfs des sozialwidrigen Verhaltens und der hiermit verbundenen Warnfunktion auch die Verhinderung, dass bei zeitlich gestaffelten Leistungsbescheiden in nachfolgenden Verfahren unterschiedliche Spruchkörper zu jeweils unterschiedlichen Bewertungen des maßgebenden Verhaltens des Antragstellers gelangen, wenn hierüber in jedem Bescheid gesondert zu entscheiden wäre.

Ein Jobcenter ist in entsprechenden Fällen aber nicht berechtigt, vorab abschließend Ersatzpflichten dem Grunde nach zu verfügen.

Voraussetzung dem Grunde nach ist hier gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II neben dem sozialwidrigen Verhalten als solchem ebenfalls die Ursächlichkeit dieses Verhaltens für den Leistungsbezug, weil der Ersatzanspruch des Jobcenters nur geltend gemacht werden kann, soweit durch dieses Verhalten eine Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 SGB II herbeigeführt im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB II worden ist, und überwiegende konkurrierende Ursachen für den Leistungsbezug nicht feststellbar sind (§ 34 Abs. 1 Satz 6 SGB II).

Nicht jede Verwirklichung eines nach § 31 SGB II sanktionsbewehrten Tatbestands begründet zugleich einen Ersatzanspruch gemäß § 34 SGB II. Dies setzt einen grundsätzlich gesteigerten Verschuldensvorwurf voraus, der den unterschiedlichen Belastungswirkungen der §§ 31 ff. SGB II hier und des § 34 SGB II dort voll gerecht wird.

Diese Bestimmungen stehen in einem besonderen Stufenverhältnis zueinander, demzufolge bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Jobcenter eine Minderung von Leistungen entsprechend den §§ 31 a und b SGB II zu verfügen und lediglich in einem besonders begründeten Fall zusätzlich einen Ersatzanspruch nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II geltend zu machen hat.

In diesem Sachzusammenhang reicht es nicht aus, wenn ein SGB II-Träger darauf verweist, der Antragsteller habe sich durch häufige, zur Kündigung seines öffentlich geförderten Berufsausbildungsverhältnisses führende Fehlzeiten vertragswidrig verhalten und damit dem Grunde nach einen Anlass zur Verhängung einer Sperrzeit nach § 159 SGB III in Verbindung mit § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II gegeben. Entsprechendes könnte nur vertreten werden, wenn der Antragsteller bedingt durch sein während des Ausbildungsverhältnisses gezeigtes Verhalten es auf eine Beendigung dieser mit öffentlichen Mitteln geförderten außerbetrieblichen Ausbildung regelrecht angelegt hat.

1.4 – Bundessozialgericht, Urteil vom 29. August 2019 (B 14 AS 42/18 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Zahlungen aus einer privaten Versicherung, der zufolge im Fall der Arbeitslosigkeit eine Bezahlung von Darlehensraten durch diese Versicherung für einen Zeitraum von zwölf Monaten erfolgen soll, stellen kein vom Jobcenter entsprechend § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bedarfsmindernd zu berücksichtigendes Einkommen dar.

Diese Zahlungen führten nicht zu einer Verfügung über zur Existenzsicherung „bereite Mittel“ der Antragsteller und die Rückbuchung der zuvor bei ihnen abgebuchten Darlehensrate in keiner Weise zu einer (weiteren) gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigenden Einnahme.

Erforderlich für die Qualifikation einer Einnahme als ein bereites Mittel ist insbesondere, dass diese Gelder im Monat des Zuflusses den im Einzelnen begünstigten Personen tatsächlich frei zur Verfügung stehen und zur Existenzsicherung direkt eingesetzt werden können.

Ist der aus einer Einnahme resultierende Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen nicht als ein bereites Mittel problemlos abrufbar, dann steht dies einer Berücksichtigung dieses Betrags als ein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ebenfalls dann entgegen, wenn die leistungsberechtigte Person auf die Realisierung dieses Wertes in der Folgezeit hinwirken kann.

Bei einer Versicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Arbeitslosigkeit ersetzt die Auszahlung der fällig werdenden Versicherungsleistung die Begleichung der Darlehensraten. Durch das Zusammenwirken von darlehensgebender Bank und Versicherungsgesellschaft wird hier sichergestellt, dass die Versicherungsleistung von den Antragstellern nicht zur Existenzsicherung verwendet werden kann.

Der Wertzuwachs auf dem Darlehenskonto führt nicht zu frei verfügbaren Mitteln der Antragsteller.

Dem im SGB II grundsätzlich geltenden Monatsprinzip und der modifizierten Zuflusstheorie entsprechend hat nachgezahltes Einkommen (wie z. B. eine Rentennachzahlung) vom Jobcenter regelmäßig im Zuflussmonat und nicht in Bezug auf den Zeitabschnitt, für den diese Mittel nachgezahlt werden, eine Berücksichtigung zu erfahren (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB II). Hierdurch soll einem Doppelbezug von Sozialleistungen entgegengewirkt werden.

Hinweis:
Alle 4 Urteile des BSG sind hier veröffentlicht worden: www.bsg.bund.de

2.     Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss v. 10.02.2020 – L 3 AS 12/20 B ER / L 3 AS 13/20 B PKH

Verhältnis der Sanktion gem. § 32 SGB II zur Entziehung von Leistungen nach § 66 SGB I.

Für den Bereich bereits gewährter laufender Leistungen nach dem SGB II ist die Regelung des § 32 SGB II in ihrem Anwendungsbereich nach wie vor als Spezialvorschrift gegenüber der vorläufigen Entziehung von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 66 SGB II anzusehen.

Orientierungshilfe (Redakteur)
§ 32 SGB II enthält für den Fall des Nichterscheinens zu einem angeordneten ärztlichen Untersuchungstermin eine Spezialregelung gegenüber § 66 SGB I, die diese Vorschrift in seinem Anwendungsbereich verdrängt, sodass der Leistungsträger für die in § 32 SGB II geregelten Fälle gehindert ist, nach §§ 60 ff SGB I vorzugehen (so der erkennende Senat, Beschluss vom 2. August 2011, L 3 AS 130/11 B ER; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, L 5B 376/08 AS ER; Berlit in LPK SGB 2 6. Aufl. § 33 Rn. 3; Weber in juris PK § 32 SGB II Rn. 16; Valgolio in Hauck-Noftz § 32 SGB II Rn 7a; Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik SGB II 4. Aufl. § 32 Rn. 6).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.2 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 11.12.2019 – L 3 AS 2553/19

Auch der Anspruch auf Auseinandersetzung und der damit verbundene Anspruch auf einen Anteil am Auseinandersetzungsguthaben nach § 2047 BGB gehört zu dem Vermögen, das grundsätzlich vorrangig zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit einzusetzen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.10.2017 – L 5 AS 1577/15)

Orientierungshilfe (Redakteur)
1. Der Miteigentumsanteil des Klägers am Hausgrundgrundstück war verwertbar.

2. Wird der Auseinandersetzungsanspruch – wie vorliegend – nicht geltend gemacht, besteht zudem auch kein tatsächliches Verwertungshindernis (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R).

3. Ber Berücksichtigung seines Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück als verwertbares Vermögen steht auch nicht § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II entgegen, denn nicht geschützt sind Zweitwohnungen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Leitsatz (Juris)
1. Eine Zweitwohnung ist kein geschütztes Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II.

2. Macht ein Miterbe seinen Auseinandersetzungsanspruch an einem im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Hausgrundstück nicht geltend, besteht kein tatsächliches Verwertungshindernis (Anschluss an BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R – juris, Rn. 34).

2.3 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 11.12.2019 – L 3 AS 97/19

Leitsatz (Juris)
1. Es verbleibt auch im Fall der verweigerten Auskunft des Klägers zur Höhe von Vermögenswerten trotz des Bestehens einer entsprechenden Obliegenheit zur Auskunftserteilung bei der Amtsermittlungspflicht des Grundsicherungsträgers bzw. im sozialgerichtlichen Verfahren des Gerichts. Allerdings trägt derjenige, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt, die Folgen der objektiven Beweislosigkeit, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen (hier: Hilfebedürftigkeit) nicht feststellen lassen (Anschluss an BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 10/08 R –, Rn. 21, juris)

2. In einem Fonds gebundenes Kapital kann nicht als Altersvorsorgevermögen unberücksichtigt bleiben, wenn es an objektiven Umständen fehlt, die auf eine Zweckbestimmung zur Altersvorsorge schließen lassen und der Hilfebedürftige jederzeit uneingeschränkten Zugriff nehmen kann.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss v. 11.12.2019 – L 6 AS 528/19 B ER

Kein Missbrauch des EU-Freizügigkeitsrechts bei fast vollständiger Deckung des eigenen Bedarfs

Das LSG Darmstadt hat in einem Eilverfahren entschieden, dass ein verunglückter bulgarischer Arbeitnehmer nicht von Hartz IV-Leistungen ausgeschlossen ist, wenn er durch seine Arbeitnehmertätigkeit seinen eigenen Bedarf fast vollständig selbst decken kann.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt Nr. 1/2020 v. 25.02.2020 und hier: sozialgerichtsbarkeit.de

3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – Sozialgericht Darmstadt, Urt. v. 23.01.2020 – S 19 AS 190/19

Mangels einer eindeutigen ausdrücklichen Zweckbestimmung für den sog. Sterbevierteljahresbonus im Rahmen der Witwenrente ist dieser als Einkommen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu berücksichtigen (LSG München, Urteil v. 29.11.2017 – L 11 AS 322/17).

Orientierungshilfe (Redakteur)
1. Die Witwenrente ist als laufende Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 2 SGB II zu berücksichtigen.

2. Der Sterbeviertelvorschuss ist als einmalige Einnahme zu berücksichtigen.

3. Die Einnahme stellt kein ‚nicht zu berücksichtigendes Einkommen‘ im Sinne des § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II dar (aA. vgl. nur mit weiteren Hinweisen Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Lfg. 7/17, § 11a, Rn. 169).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – Sozialgericht Augsburg, Urt. v. 31.01.2020 – S 11 AS 223/19

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung – Warmwasserpauschale – abweichender Bedarf – Berechnung

Jobcenter muss Zusatzkosten für Warmwasser zahlen.

Orientierungshilfe (Redakteur)
Zur Feststellung eines über die Warmwasserpauschale hinausgehenden Warmwassermehrbedarfs (vgl. auch Landessozialgericht Niedersachsen Bremen in seinem Urteil vom 22.05.2019, Az. L 13 AS 207/18 ZVW).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.3 – Sozialgericht Berlin, Urteil vom 31. Januar 2020 (S 37 AS 13932/16):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Eine Meldeaufforderung (§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II) hat einem in der Ladung konkret bezeichneten, nach § 309 SGB III zulässigen Zweck zu dienen (z. B. die Besprechung von Bewerbungsaktivitäten – § 309 SGB III) und klar zu bestimmen, an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt eine leistungsberechtigte Person beim Jobcenter zu sein hat.

Kein Meldeversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegt vor, wenn aus der mit einer Meldeaufforderung zusammen abgegebenen Rechtsfolgenbelehrung nicht auch der Hinweis hervorgeht, dass der Meldepflicht ebenfalls nachgekommen wird, wenn die meldepflichtige Person sich zu einer anderen Zeit am selben Tag beim Jobcenter einfindet, und der Zweck der Meldung an diesem Tag noch erreicht werden kann (§ 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III).

4.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Sozialgericht Detmold, Urt. v. 05.12.2019 – S 11 SO 255/18 – rechtskräftig

Zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung und den behindertengerechten Umbau eines Pkw als Leistung nach dem SGB 12.

Orientierungshilfe (Redakteur)
1. Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 2 Nr. 11 EGHV ist der behinderte Mensch auf die Benutzung eines KFZ angewiesen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Zum Einen muss die Anschaffung des Kfz zum Erreichen des Eingliederungsziels geeignet sein und zum Anderen muss sie dafür auch unentbehrlich sein (vgl. (BSG, Urteil vom 02.02.2012 – B 8 SO 9/10 R; BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R; dem folgend LSG NRW, Urteil vom 24.06.2013 – L 20 SO 388/13). Bei § 8 Abs. 1 EGHV und § 9 Abs. 2 Nr. 11 EGHV sind letztlich identische Maßstäbe anzulegen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 24.06.2014 – L 20 SO 388/13).

2. Behinderte Eltern haben einen Anspruch darauf, dass sie im Rahmen der Eingliederungshilfe auch Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder erhalten, wenn dies aufgrund ihrer Behinderung erforderlich ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 23.02.2012 – L 9 SO 26/11 zur sog. Elternassistenz). So liegt der Fall auch hier, denn die Klägerin benötigt das Fahrzeug auch, um ihre Tochter zur Schule zu bringen (der Sohn fährt selbst mit dem Bus) und um mit den Kindern gemeinsame Freizeitaktivitäten durchzuführen bzw. die Kinder zu deren Terminen zu bringen.

3. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein “zuverlässiges” Auto einhergehen (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.2012 – B 8 SO 9/10 R). Der Anspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1 EinglHV auf einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kfz ist daher nach Auffassung der Kammer auf einen Betrag von 9.500,- EUR beschränkt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zum Asylrecht

5.1 – SG Oldenburg, Beschluss v. 20.02.2020 – S 25 AY 3/20 ER u. Beschluss v. 18.02.2020 – S 25 AY 7/20 ER

Leistungskürzungen nach § 1a Abs. 7 AsylbLG laut Beschluss des SG Oldenburg bei noch laufendem Klageverfahren gegen Abschiebungsanordnung rechtswidrig.

In der Rechtssache S 25 AY 3/20 ER hat die 25. Kammer des Sozialgerichts Oldenburg mit Beschluss vom 20. Februar 2020 entschieden, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Leistungskürzungen nach § 1a Abs. 7 AsylbLG angeordnet wird.

Zwar führt das Sozialgericht an, eine „offensichtliche Rechtswidrigkeit nach der derzeit gültigen Gesetzeslage kann weder im Hinblick auf die Aufhebungsentscheidung noch im Hinblick auf die eingeschränkte Leistungsbewilligung bejaht werden“. Allerdings erachte „das Gericht bei der gebotenen zurückhaltenden Gesetzesanwendung des § 1a Abs. 7 AsylbLG es für richtig, bei bereits gestelltem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, eine solche eingeschränkte Leistungsbewilligung erst nach der ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu verfügen. Insoweit ist abzuwarten, ob sich der Ausnahmetatbestand des §1a Abs. 7 Satz 2 AsylbLG realisiert. Daher dürften die Voraussetzungen des Tatbestands gem. §1a Abs. 7 AsylbLG, erst nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung abgelehnt hat, vorgelegen haben“.

Das Sozialgericht verweist außerdem auf die grundsätzlich „bestehenden erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken an der Regelung des §1a Abs. 7 AsylbLG“

Ähnlich argumentiert das Sozialgericht Oldenburg, 25. Kammer, in der Rechtssache S25 AY 7/20 ER mit Beschluss vom 18. Februar 2020.

Auch hier entschied das Gericht, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Leistungskürzung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG angeordnet wird. Es erklärt, dass auf Seiten des Antragsgegners „lediglich monetäre Interessen“ stehen würden, während auf der Seite des Antragsstellers zu berücksichtigen sei, dass „sein soziokultureller Bedarf in Gänze für einen Zeitraum von 6 Monaten gestrichen worden ist und er nunmehr über keinerlei Barmittel verfügt, um durch eventuelle Einsparungen im Rahmen seines physischen Existenzminimums diese Bedarfe auszugleichen. Ferner ist nicht einmal klar, ob er sich dieser Leistungseinschränkung durch Ausreise entziehen kann, da seitens des BAMF nicht festgestellt wird, ob ihm die freiwillige Ausreise möglich ist, noch werden ihm hierfür Hilfen zur Verfügung gestellt“. Darüber hinaus erklärt das SG Oldenburg, wie in der o.g. Entscheidung, dass „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ bestünden. Die Zweifel bestünden „insoweit mehr als im Rahmen des § 1a Abs. 7 AsylbLG unerheblich ist, ob der Leistungsbezieher durch Korrektur seines Verhaltens (durch ggf. Ausreise) die Einschränkung seines Existenzminimums abwenden kann. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob unter diesen Umständen eine Leistungsminderung verhältnismäßig sein kann“.

Quelle: IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung e.V.

5.2 – Sozialgericht Leipzig, Beschluss vom 8. Januar 2020 (S 10 AY 40/19 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 2 bzw. 3 AsylbLG setzt unter Berücksichtigung der einschneidenden Rechtsfolgen dieser Sanktionierung voraus, dass z. B. der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG leistungsberechtigten Person gegenüber eine konkrete, zumutbare und erfüllbare Mitwirkungshandlung aufgegeben zu sein hat, die aus von diesem Menschen zu vertretenden Gründen aber nicht ausgeführt wurde.

Ein von der zuständigen öffentlichen Stelle getätigter Verweis auf eine allgemeine, von ihr zuvor ergangene Aufforderung (z. B. zur umgehenden Passbeschaffung) reicht hier nicht aus.

Wenn eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG anspruchsberechtigte Person behördlicherseits aufgefordert wurde, Dokumente vorzulegen, die geeignet sind, die Identität zweifelsfrei zu belegen, dieser Antragsteller hieraufhin zum Ausdruck brachte, er wäre weder im Besitz eines Reisepasses noch einer ID-Card, und der zuständige öffentliche Träger an dieser Stelle nicht konkret benennt, welche weiteren Schritte die Ordnungsbehörde in diesem Zusammenhang für erforderlich hält, dann kann dieser im Bundesgebiet nur geduldeten Person eine weitere, einzig von ihr zu verantwortende Inaktivität nicht vorgehalten werden.

Die Ausländerbehörde unterliegt hier der Verpflichtung, den Antragsteller konkret zu Handlungen aufzufordern, die sie für erforderlich hält, damit die für eine Ausreise erforderlichen Dokumente rasch vorliegen.

Es darf an dieser Stelle dem Antragsteller nicht gänzlich unklar bleiben, auf welchem Wege er dieser amtlichen Aufforderung zu entsprechen hat.

5.3 – Sozialgericht Bremen, Urt. v. 29.01.2020 – S 39 AY 79/18

Fortschreibung der Leistungen – Eine unterlassene Bekanntgabe führt daher nicht dazu, dass die durch Gesetz vorgeschriebene Anpassung unterbleibt (LSG Niedersachsen-Bremen v. 23.05.2019 – L 8 AY 49/18).

Orientierungshilfe (Redakteur)
1. In der Rechtsprechung und der Literatur ist derzeit umstritten, ob ein Fortschreibung nach § 3 Abs. 4 AsylblG (a.F.) möglich ist, sobald eine neue EVS vorliegt; ob eine Fortschrei-bung eine zwangsweise Bekanntgabe voraussetzt und ob die Behörden bzw. Gerichte selbst zur Fortschreibung berechtigt sind. Dabei haben sich drei Meinungen herausgebildet.

2. Bis zu einer Neufestsetzung der Bedarfe durch den Gesetzgeber sind die Leistungen nach § 3 Abs 4 AsylbLG zum 1. Januar eines Jahres entsprechenden Veränderungsrate nach dem SGB XII anzupassen. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz ein Anspruch auf erhöhte/angepasste Leistungen.

Leitsatz (Juris)
Nach § 3 Abs. 4 AsylbLG (in der bis 31.08.2019 gültigen Fassung) werden zum 1. Januar eines Jahres die Leistungen der entsprechenden Veränderungsrate nach dem SGB XII angepasst. Diese Erhöhung ergibt sich direkt aus dem Gesetz, so dass eine vorherige Entscheidung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht notwendig ist (vgl. SG Bremen – S 40 AY 23/19 ER m.w.N.).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis:
aA. SG Hamburg vom 08.07.2019 – S 28 AY 48/19 ER, SG Detmold vom 27.06.2019 – S 16 AY 16/19 ER und des SG Münster vom 02.07.2019 – S 19 AY 11/19 ER

5.4 – Sozialgericht München, Beschluss v. 10.02.2020 – S 42 AY 82/19 ER

Teleologische Reduktion der Anspruchseinschränkung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Einstweiligen Rechtsschutz – AsylbLG-Bedarfsstufe 1 statt 2 in Gemeinschaftsunterkünften bejahend hier

Orientierungshilfe (Redakteur)
1.§ 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG ist in verfassungskonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist zu verlangen, dass dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist (ebenso bereits SG Landshut, Beschluss vom 28.01.2020 – S 11 AY 3/20 ER und Beschluss vom 23.01.2020 – S 11 AY 79/19 ER; vgl. zu § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG a.F.: Bayer. LSG; Beschluss vom 17.09.2018 – L 8 AY 13/18 B ER).

2. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des BVerfG (BVerfG, Urteil vom 05.11.2019 – 1 BvL 7/16) ist § 14 Abs. 1 und 2 AsylbLG im Wege verfassungskonformer Auslegung teleologisch zu reduzieren in dem Sinne, dass die Behörde bei pflichtgemäßer Ermessensausübung in außergewöhnlichen Härtefällen von der Sanktionierung abzusehen hat, sowie die Leistungseinschränkung aufzuheben hat, sobald die sanktionierte Pflichtverletzung entfallen ist (vgl. SG München, Beschluss vom 06.02.2020 – S 42 AY 78/19 ER).

3. Die Anwendung der Regelbedarfsstufe 2 (vgl. § 3a Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 Nr. 2 b AsylbLG) verlangt ein tatsächliches gemeinsames Wirtschaften der mit dem Antragsteller untergebrachten Personen ((SG Landshut, Beschluss vom 23.01.2020 – S 11 AY 79/19).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis:
Ebenso SG Frankfurt: AsylbLG-Bedarfsstufe 1 statt 2 in Gemeinschaftsunterkünften – Thomé Newsletter 07/2020 vom 23.02.2020, Punkt 2 und ablehnend Sozialgericht Hildesheim – Az.: S 42 AY 201/19 ER vom 04.02.2020 und SG Hildesheim, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – S 42 AY 207/19 ER

5.5 – Sozialgericht Aachen, Beschluss v. 10.12.2019 – S 20 AY 38/19 – rechtskräftig

Orientierungshilfe (Redakteur)
Die Einstellung Taschengeldes i.H.v. wöchentlich 31,73 EUR, dies sind auf den Monat um-gerechnet (mal 13 dividiert durch 3) 137,50 EUR verstößt nicht gegen die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Grundsatzentscheidung zum AsylbLG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) zum Sozialstaatsprinzip und zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aufgestellt und zuletzt in seiner Entscheidung vom 05.11.2019 (1 BvL 7/16) zur Verfassungsmäßigkeit der Minderung stattlicher Leistungen zur Existenzsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) bestehen gegen die Leistungseinschränkungen nach § 1a Abs. 7 S. 1 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2017 – B 7 AY 1/16 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

6.   Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher

6.1 – Stellungnahme des IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung e.V. zu SG Oldenburg, Beschluss v. 20.02.2020 – S 25 AY 3/20 ER u. Beschluss v. 18.02.2020 – S 25 AY 7/20 E

Stellungnahme
IBIS e.V. kritisiert den von der Bundesregierung bewusst in Kauf genommenen permanenten verfassungsrechtlichen Bruch durch die Leistungskürzungen nach §1a AsylbLG.

Das Bundesverfassungsgericht hatte das Offensichtliche in der Entscheidung vom 18.07.2012 – Az. 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 bereits verdeutlicht: „Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Mit Urteil vom 05. November 2019 – 1 BvL 7/16 – RN. 120, juris bestätigte es außerdem, dass das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum uneingeschränkt und zu jeder Zeit sicherzustellen ist. Das Bundesverfassungsgericht machte wiederholt deutlich, dass das menschenwürdige Existenzminimum einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz sichern muss, was den soziokulturellen Bedarf – der nach §1a AsylbLG gekürzt wird – explizit einschließt.

Weiterhin hat die große Kammer des Europäischen Gerichtshofs EuGH in der Rechtssache Haqbin (C-233/18) am 12.11.2019 für das Flüchtlingssozialrecht bestätigt, dass die Leistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebensstandards unantastbar sind.

Zuletzt hatte das LSG Niedersachsen-Bremen grundlegende verfassungsrechtliche Zweifel an allen Kürzungstatbeständen des §1a AsylbLG im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 05.11.2019 – 1 BvL 7 /16 festgehalten.

Es ist absurd, dass die Bundesregierung diese auf der Hand liegende Beurteilung wissentlich ignorierte und in Kauf nahm und weiterhin nimmt, dass Menschen unterhalb des menschenwürdigen Existenzminimums leben müssen. Die Leistungen für soziokulturelle Teilhabe zu streichen, bedeutet, Menschen ihrer Lebensgrundlage zu entziehen und sie massiv abzuwerten. Für die Betroffenen stellen diese Regelungen eine starke Herabwürdigung dar und grenzen sie aus der Gesellschaft aus. Wir sehen die Auswirkungen der Kürzungen auf die Betroffenen jeden Tag in unserer Beratungsarbeit. Kosten für anwaltliche Vertretung oder Busfahrten zu einer Beratungsstelle können sie nicht mehr bezahlen. Dadurch verfristen wichtige Bescheide und sie werden an der Ausübung ihrer rechtsstaatlichen Möglichkeiten mittelbar gehindert. Teilhabe an Freizeitaktivitäten, ein Handy oder Guthaben für den Kontakt zur Familie können die betroffenen Asylsuchenden nicht mehr finanzieren.

Auch die Argumentation des Gesetzgebers, es würden Kosten eingespart und Anreize für die Migration unterbunden, halten wir für irreführend und falsch. Asylsuchende verlassen ihre Herkunftsländer oder das erste Aufnahmeland der Dublin-III-Vereinbarung, wenn sie zu dieser Entscheidung aufgrund von Gewalt, Krieg, Ausbeutung und Verfolgung oder schlechten Lebensbedingungen gezwungen werden – und nicht, weil sie an die Höhe der Leistungssätze nach dem Asylbewerberleitungsgesetz denken.

Wo Obdachlosigkeit und mangelnde soziale Versorgung, wie etwa in Italien oder Griechenland, Menschen zur Weiterwanderung zwingen, dürfen sie dafür nicht durch verfassungsrechtlichen Bruch in Form von Leistungskürzungen bestraft werden. Diese Reaktion des Gesetzgebers ist ein völlig inhumaner Umgang mit der derzeitigen Flüchtlingsschutzkrise und eine sozialpolitische Bankrotterklärung der Bundesregierung aus CDU/CSU/SPD.

Wir fordern daher, dass die Bundesregierung ihrer sozialpolitischen Verantwortung gerecht wird.

Wir fordern die Abschaffung des Asylbewerberleitungsgesetzes und ihrer erniedrigenden institutionellen Diskriminierung.

Hendrik Lammers
IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung e.V.

Beratung für geflüchtete Menschen
consultation pour les réfugié

Klävemannstraße 16, 26122 Oldenburg

6.2 – Kinderzuschlag jetzt online beantragbar

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat mitgeteilt, dass der Kinderzuschlag jetzt auch online beantragbar ist.

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6.3 – BVerwG v. 27.02.2020 – Az.: 5 C 5.19

Grundsätzlich keine Kürzung von BAföG um die vom Staat gewährten Unterhaltsvorschussleistungen

Das BVerwG hat entscheiden, dass Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG), die ein Auszubildender für sich selbst erhält, bis zur Höhe des allgemeinen Einkommensfreibetrages nicht auf Leistungen anzurechnen sind, die er nach dem BAföG erhält.

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6.4 – Anmerkung zu:  BVerwG 2. Senat, Beschluss vom 27.06.2019 – 2 KSt 1/19 (2 A 4/17)

Autor: Dr. Klaus von der Weiden, RiBVerwG

Bahnfahrkarten im „Flexpreis“-Tarif als erstattungsfähige außergerichtliche Kosten

Leitsatz
Reisekosten eines Verfahrensbeteiligten in Gestalt von Fahrkarten der Deutschen Bahn im sog. „Flexpreis“-Tarif sind stets erstattungsfähig i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO. Die Pflicht, die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung so niedrig wie möglich zu halten, führt nicht dazu, dass der Erstattungsanspruch auf den Betrag eines eventuellen Sparangebots („Super-Sparpreis“) reduziert wäre.

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Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker