Zur Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs im sog. Ballstädt-Verfahren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit  Entscheidung vom 15. Januar 2020 (2 StR 352/18) das Urteil des Landgerichts Erfurt im sog. Ballstädt-Verfahren aufgehoben.

Am 14. Februar 2014 hatte eine Gruppe organisierter Nazis aus dem Umfeld der Turonen die Feier der Kirmesgesellschaft in Ballstädt überfallen, Feiernde zum Teil schwer verletzt und eine Verwüstung im Gemeindehaus hinterlassen. Motiv für die Tat ist aus Sicht der Betroffenen das zivilgesellschaftliche Engagement von Einwohner*innen Ballstädts gegen das “Gelbe Haus”. Das Gebäude im Herzen des Dorfes war im Jahr 2013 durch bundesweit bekannte, aktive Thüringer Neonazis erworben und dort als Treffpunkt der regionalen und überregionalen Nazi-Szene genutzt worden.

Das Landgericht Erfurt hatte im Mai 2017 zehn der ursprünglich 14 Angeklagten schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und 3,5 Jahren verurteilt.

Der BGH hob nunmehr den Schuldspruch vollumfänglich auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts Erfurt zurück. Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass er keine Zweifel am Ablauf der Tat habe, dass die Verhandlung selbst auch fehlerfrei geführt worden sei und dass man die Angeklagten auf Grundlage der erhobenen Beweise hätten fehlerfrei verurteilt werdenkönnen. Dennoch leide die schriftliche Abfassung des landgerichtlichen Urteils an beachtlichen handwerklichen Fehlern. So sei einerseits ein DNA-Gutachten, welches der Verurteilung zu Grunde lag, nicht ausführlich genug zitiert worden. Andererseits sei zu unsauber dargestellt weshalb belastenden Angaben eines Mitangeklagten besondere Glaubwürdigkeit zugesprochen wurde.

Das in der Sache richtige Urteil des Landgerichts ist einfach handwerklich schlecht gemacht. Die schriftliche Urteilsabfassung leidet an Fehlern, die durch reine Sorgfalt vermeidbar gewesen wären” kritisiert Nebenklagevertreterin Kristin Pietrzyk die mangelnde Professionalität des Landgerichts.

Die Hauptverhandlung muss nun komplett neu aufgerollt werden und wird erneut Ressourcen der Justiz und der ohnehin durch das Verfahren belasteten und seinerzeit teils schwer verletzten Ballstädter*innen in Anspruch nehmen.

Wären die Revisionsbegründungen seitens des Landgerichts unverzüglich dem Bundesgerichtshof vorgelegt und nicht wie geschehen monatelang nicht weitergeleitet worden, hätte auch die nun erforderliche Neuverhandlung bis zum heutigen Tag bereits beendet sein können. Das Landgericht Erfurt muss daher jetzt erst recht unter Aufbietung aller Ressourcen rasch neue Termine zur Verhandlung anberaumen.” fordert Rechtsanwalt Maik Elster, der ebenfalls für die Nebenklage tätig ist. “Nunmehr treten auch noch die logistischen Probleme der Corona-Pandemie hinzu. Das Problem ist aber hausgemacht und muss nun auch vom Landgericht gelöst werden. Verstreicht noch mehr Zeit, spielt dies allein den Angeklagten in die Hände, verringert sich dadurch doch nur deren Strafmaß.

Die Tat von Ballstädt war eine klassische rechte Botschaftstat. Das hat das Landgericht in seinem ersten Urteil nicht nur ignoriert. Es hat sogar den Betroffenen noch eine Teilschuld zugeschrieben in dem in den Urteilsgründen ausgeführt wurde, dass das zivilgesellschaftliche Engagement der Bewohner*innen von Ballstädt gegen das Gelbe Haus ein provokantes Verhalten gegenüber den Täter*innen gewesen sei. Der neue Anlauf bietet daher auch die Chance, die Tat als das zu bewerten was sie war: Nämlich der Versuch von Nazis, eine regionale Hegemonie aufzubauen und auch mit Mitteln der Gewalt durchzusetzen” so Kristin Pietrzyk abschließend.

 


 

Nebenklage im Ballstädt-Prozess

 

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