URTEIL
In dem Rechtsstreit
- xxx,
- xxx,
Kläger,
Prozessbevollm.: zu 1-2:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen
gegen
Jobcenter Werra-Meißner vertreten durch den/die Geschäftsführer/in
Fuldaer Straße 6, 37269 Eschwege
Beklagter,
hat die 2. Kammer des Sozialgerichts Kassel ohne mündliche Verhandlung am 20. November 2019 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht xxx, sowie die ehrenamtlichen Richter Frau xxx und Herr xxx für Recht erkannt:
- Der Bescheid vom 26. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2017 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 14. Juni 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Oktober 2016 abzuändern und den Klägern für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 31. Oktober 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Zugrundelegung von Kosten der Unterkunft (Bruttokaltmiete) in Höhe von monatlich 410,00 Euro zu gewähren sowie dem Kläger zu 2. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2016 bis 31. Dezember 2016 unter Zugrundelegung von anteiligen Kosten der Unterkunft (Bruttokaltmiete) in Höhe von monatlich 205,00 Euro zu gewähren.
- Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
- Die Berufung wird zugelassen.
TATBESTAND
Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung nach den Vorschriften des Zweiten es des Sozialgesetzbuches (SGB II) und des von dem Beklagten zugrunde gelegten Konzeptes zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens steht der Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis einschließlich 31. Dezember 2016 zwischen den Beteiligten im Streit.
Der Kläger zu 1., der am xx. xxx 1951 geboren ist, bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit seinem Sohn, dem Kläger zu 2. (geboren am xx. xxx 1994), eine gemeinsame Wohnung.
Der Kläger zu 1. stand von 2010 bis 31. Oktober 2016 bei dem Beklagten im Leistungsbezug. Nunmehr bezieht der Kläger zu 1. eine Altersrente. Der Kläger zu 2. ist Mitte 2015 in die Wohnung des Vaters mit eingezogen. Sodann lebten die beiden Kläger zu zweit in der Wohnung bis der Kläger zu 2. zum 30. Mai 2017 in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsträgers zog.
Die Kläger bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine Wohnung in Eschwege. Es handelte sich um eine Drei-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad. Die Wohnfläche betrug 75 m2. Als Bruttokaltmiete sind 410,00 Euro angefallen (Grundmiete 310,00 Euro zzgl. 100,00 Euro kalte Nebenkosten). Im streitgegenständlichen Zeitraum war eine Heizkostenvorauszahlung (für Gas) in Höhe von monatlich 65,00 Euro von den Klägern zu erbringen.
Der Beklagte hat die Kläger mit Schreiben vom 21. September 2015 darauf hingewiesen, dass die aktuellen Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien und die Referenzmiete nach dem Konzept der Firma Analyse & Konzepte für einen Zweipersonenhaushalt in Eschwege (309,76 Euro, Ende 2015 aktualisiert auf: 337,28 Euro) 337,28 Euro betrage.
Deswegen könnten ab April 2016 neben den tatsächlichen Heizkosten nur noch die angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 337,28 Euro übernommen werden.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vorläufig mit Bescheid vom 14. Juni 2016. Die Leistungsbewilligung erfolgte vorläufig, da der Kläger zu 2. schwankendes Einkommen bezog. Im Rahmen der Leistungsbewilligung berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 337,28 € und Kosten der Heizung in Höhe von monatlich 65,00 €. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2016 passte der Beklagte die Leistungsberechnung an, der Kläger zu 1. erhielt aufgrund des Bescheides vom 4. Oktober 2016 nur bis einschließlich Oktober 2016 Leistungen. Der Kläger zu 2. erhielt auch Leistungen für November und Dezember 2016. Bei der Leistungsberechnung legte der Beklagte weiterhin eine Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich insgesamt 337,28 € zu Grunde.
Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Überprüfung der Bescheide gemäß § 44 SGB X bezüglich des Leistungszeitraumes vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 (für den Kläger zu 1. lediglich bis zum 31. Oktober 2016). Zur Begründung des Überprüfungsantrags wird darauf hingewiesen, dass den Klägern höhere Kosten der Unterkunft und zwar in tatsächlicher Höhe zu gewähren seien.
Der Beklagte wies den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 26. April 2017 bezüglich des Zeitraums vom 1. Juli 2016 bis einschließlich 31. Dezember 2016 zurück.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, den er Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2017 zurückwies.
Am 29. Mai 2017 haben die Kläger Klage erhoben.
Die Kläger begehren höhere Kosten der Unterkunft und zwar in Form der tatsächlich monatlich entstehenden Kosten der Unterkunft i.H.v. 410,00 Euro. Der Beklagte kürze bei den Klägern die seinerseits zu übernehmenden Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II aufgrund einer angeblichen Unangemessenheit. Der Beklagte orientiere sich an einem Gutachten der Firma „Analyse & Konzepte“ Hamburg. Das danach erstellte Gutachten für den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beruhe auf Daten aus dem Jahr 2013 und finde auf den streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2016 Anwendung. Die daraus gezogenen Erkenntnisse seien aber weder bisher im vorliegenden Verfahren dem Unterzeichner noch den Klägern zugänglich und damit zum Verfahrensgegenstand gemacht worden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat anhand der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum schlüssigen Konzept im Rahmen seiner Klagebegründung Stellung genommen. Zunächst sei eine Markterhebung erforderlich, hierzu habe der Beklagte näher vorzutragen. Es seien jeweils die konkreten örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen. Der Beklagte möge gegebenenfalls weiter vortragen und ein schlüssiges Konzept zum Gegenstand seiner Beweisführung machen. Sofern ihm dies nicht gelinge sei auf die Wohngeldtabelle und zwar auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG (in der Fassung ab dem 1.1.2009) abzustellen. Wobei ein 10 %iger Sicherheitssaufschlag bei den Werten der Wohngeldtabelle zu berücksichtigen sei. Auch diesbezüglich nimmt der Prozessbevollmächtigte auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes Bezug.
Der Beklagte hat im Rahmen seiner Klageerwiderung auch das Gutachten der Firma Analyse & Konzepte dem Gericht sowie eine Übersicht der bereits erfolgten gerichtlichen Entscheidungen zu Konzepten der Firma „Analyse & Konzepte“ übersandt. Der Beklagte hat ausgeführt, dass dem Prozessbevollmächtigten der Kläger aus anderen Verfahren bereits das Konzept bekannt sei. Der Beklagte nahm auf die Entscheidung der 8. Kammer des Sozialgerichts Kassel Bezug, die das Konzept als schlüssig erachtet habe. Zudem werde auf die weitere Rechtsprechungsübersicht verwiesen, aus der hervorgeht das auch weitere Gerichte die erstellten Konzepte von „Analyse & Konzepte“ für schlüssig erachtet haben.
Das Gericht hat das Gutachten der Firma Analyse & Konzepte sowie die Rohdaten zum Verfahren beigezogen. Im Einzelnen handelt es sich um das Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Werra-Meißner-Kreis der Firma Analyse & Konzepte (Endbericht 2014) sowie der KdU-Richtwerte 2015 Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013 (Endbericht 2015). Darüber hinaus sind die Rohdaten für die Mietwerterhebung 2013, der Fortschreibung 2015 und der Zusatzauswertung zur Fortschreibung 2015 im Werra-Meißner-Kreis (aus 2017) beigezogen worden.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat aufgrund der beigezogenen Unterlagen die Klage weiter begründet. Das Gutachten entspreche im Ergebnis nicht den Anforderungen, welche das Bundessozialgericht für Erhebungen zur Ermittlung von angemessenen Wohnkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II aufgestellt habe. Für den Wohnort der Kläger (Eschwege) bietet das Gutachten letztlich keinerlei Grundlage, um im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II von den Leistungen der Kläger die Kürzungen wie geschehen vornehmen zu können. Es handele sich nicht um ein „schlüssiges Konzept“ zur Erhebung des Wohnungsmarktes im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
Nach der Auffassung der Klägerseite sei zunächst die Vergleichsraumregelung zu kritisieren. Analyse & Konzepte habe bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze 2 Wohnungsmarkttypen angenommen und den gesamten Werra-Meißner-Kreis als einzigen Vergleichsraum eingeordnet. Schon die der Einteilung nur diesen beiden Wohnungsmarkttypen zu Grunde liegende Annahme, dass der Werra-Meißner-Kreis als ein Vergleichsraum zu bewerten sei, sei im Gutachten, wie bei der Firma Analyse & Konzepte üblich, einzig die Fahrtzeit von eineinhalb Stunden zwischen den einzelnen Orten herangezogen worden. In dem Gutachten werde ohne weitere Erläuterung davon ausgegangen, dass eine Entfernung von bis zu eineinhalb Stunden Fahrzeit abstrakt in Kauf genommen werden kann und das Gutachten verweise hierbei lediglich darauf, dass Berlin einen größeren Vergleichsraum habe. Diese Gleichbehandlung dieser strukturell und wirtschaftlich sehr unterschiedlichen Lebensräume sowie auch der pauschale Verweis auf den Vergleichsraum Berlin verdeutliche, dass sich vorliegend mit den konkreten örtlichen Begebenheiten des Werra-Meißner-Kreises nicht auseinandergesetzt worden sei. Weitere Ausführungen zur abstrakten Zumutbarkeit lasse das Gutachten vermissen. Es seien lediglich beispielhafte Ausführung zu konkreten Zumutbarkeit auf Seite 13 des Konzeptes getroffen. Diese Ausführungen zu konkreter Zumutbarkeit führten jedoch unter der Überschrift „homogener Lebens- und Wohnbereich“ allein zu dem Ergebnis, dass solche Überlegungen lediglich im Rahmen einer Einzelfallprüfung erfolgen könnten. Mithin hatten diese Überlegungen vorliegend keinen Einfluss auf die Bildung des Vergleichsraums. Die Beschränkung allein auf das Kriterium der Fahrtzeit zur Bestimmung des Vergleichsraums sei daher nicht ausreichend. Dies könne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts so auch nicht entnommen werden. Betrachte man im Werra-Meißner-Kreis die verkehrstechnische Verbundenheit genauer als die Aussage, dass alle Ortschaften innerhalb von eineinhalb Stunden untereinander zu erreichen sind, müsse festgestellt werden, dass eine Aufrechterhaltung des sozialen Umfeldes abstrakt betrachtet zumindest zwischen einzelnen Ortschaften wie Großalmerode und Herleshausen oder Neu-Eichenberg und Herleshausen kaum möglich sei. Eine Fahrt zwischen Kleinalmerode und Herleshausen sei mit dem Bus nicht unter einer Fahrtzeit von zweieinhalb Stunden und mit der Bahn nicht unter 2 Stunden und 13 Minuten zu bewältigen. Es sei zudem eine weitergehende und vor allem schlüssige Unterklassifizierung von homogenen Lebens- und Wohnbereichen im vorliegenden Konzept auch nicht durch die Differenzierung des Werra-Meißner-Kreises in 2 Wohnungsmarkttypen erfolgt. Die Kläger nehmen insoweit auf die auch auf die Ausführungen im Gutachten auf Seite 11 und Seite 15 kritisch Bezug. Auch die Wohnungsmarkttypen stellten keine zutreffende Unterklassifizierung dar. Es sei zudem ersichtlich, dass der Wohnungsmarkt im Raum des Werra-Meißner-Kreises anhand des offenbar erteilten Auftrages an sich gar nicht bestimmbar sei. Die Kriterien für die Wohnungsmarkttypen werden danach im Gutachten recht beliebig genannt. Für die Bildung des Wohnungsmarktes sei üblich beachtlich, dass zwar die Bevölkerungsentwicklung als direkter Indikator dafür genannt wird, gleichwohl das Gutachten in seinem Ergebnis auf Seite 18 jedoch Neu-Eichenberg als eine Ausnahme von den übrigen Bevölkerung Entwicklungen vorstellt. Dies bedeutet, dass bei einem direkten Indikator bei 1/5 der zusammengefassten Ortschaften ein abweichendes Ergebnis auftrete. Falsch sei auch die Annahme, dass für die Bestimmung der Mietkaufkraft allein die Einkünfte der steuerpflichtigen Person als signifikanter Indikator dienen könne. Gerade die geringere Mietkaufkraft der Empfänger von Sozialleistungen werde hier vollständig außer Acht gelassen. Des Weiteren stammen die erhobenen Daten aus dem Jahr 2007 und müssten damit zum Stichtag 1. Januar 2013 der Erhebung der Bestandsmieten als völlig veraltet bezeichnet werden. Darüber hinaus gehend werde festgestellt, dass im Ergebnis auf den Seiten 18-19 festgehalten wurde, dass 2/5 (Neu-Eichenberg und Witzenhausen) des Wohnungsmarkttyps I klar über dem durchschnittlichen Einkommen des Werra-Meißner-Kreises, 3/5 im Bereich des Kreisdurchschnitts bzw. leicht darunter lägen. Mithin sei dieser Indikator nicht nur in seiner gewählten Form und aufgrund der veralteten Daten, sondern auch in seinem Ergebnis untauglich für die vorliegende Eingruppierung. Zudem sei zu berücksichtigen, dass einerseits die Wohngeldeinstufung als Indikator genutzt wurde, andererseits das Gutachten selbst auf Seite 16 davon ausgehe, dass eine Untergliederung des Werra-Meißner-Kreises anhand des Wohngeldgesetzes nicht zielführend sei, da die Eingruppierung hier im Wesentlichen auf Abweichung der Einwohnerzahlen beruhe. Weiterhin sei nicht erklärbar, dass die Zentralität allein über die durchschnittliche Fahrtdauer mit dem PKW bemessen wurde. Es sei als Zwischenergebnis festzustellen, dass sowohl die Bildung des Vergleichsraums als auch die Bildung der Wohnungsmarkttypen fehlerhaft sei. Diese Fehler sein durchgreifend und auch nicht heilbar. Auch zur Mietpreisbestimmung und zu Mietpreisfaktoren genügten die erhobenen Merkmale nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichtes. Es seien nur die Kriterien Bad und Sammelheizung im Hinblick auf die Ausstattung herangezogen worden. Weitere mietpreisbildenden Faktoren seien nicht berücksichtigt worden. Die Definition der Angemessenheitsgrenze innerhalb des unteren Preissegments ausschließlich über den Mietpreis sei demnach fehlerhaft. Zudem kritisierten die Kläger die erhobenen Daten. Die Auswertungsmethodik. Darüber hinaus sei zu kritisieren, dass Analyse & Konzepte zwar Bestandsmieten erhoben habe, hierbei jedoch aus Sicht der Kläger einen strukturellen Fehler begangen habe. Aus dem für die Erhebung genutzten Fragebogen ergebe sich bereits nicht, die abgefragt Wohnung zum Zeitpunkt der Erhebung vermietet oder leerstehend war. Darüber hinaus sei zu kritisieren, dass bei der Erhebung der Bestandsmieten eine Erhebung in 3 Stufen erfolgte. Dabei wurden zunächst große Vermieter, dann kleine Vermieter und anschließend der SGB-2-Datensatz ermittelt. Insoweit sei bereits zu kritisieren, dass nicht klar aufgeschlüsselt wurde, wie sich die drei Stufen anzahlmäßig unterteilen würden. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass günstige Wohnungen überrepräsentativ als Mietwohnungen vorgelegen haben. Bei der Erhebung von Angebotsmieten werde kritisiert, dass vermeintliche Wohnungen mit Substandard ausschließlich über die Extremwertkappung nicht berücksichtigt würden. Zudem werde kritisiert, dass ein vermeintlich großer Teil des Wohnungsmarktes aufgrund seiner angeblich nicht öffentlichen Ausschreibung nicht berücksichtigt worden sei. Auch die Erhebung der Neu-Bestandsmieten erfolgte fehlerhaft. Zugleich kritisierten die Kläger die Auswertungsmethode. Darüber hinaus seien von Eigentümern genutzte Wohnungen und möblierte Wohnung nicht berücksichtigt worden. Außerdem ziehe Analyse & Konzepte falsche Schlüsse hinsichtlich der angeblich für Leistungsempfänger zur Verfügung stehenden Wohnungen. Im Ergebnis fuße das Gutachten nicht auf einem „schlüssigen“ Konzept. Dies sei insbesondere auf die unsachgemäße Bildung von nicht gemeinsam zu beurteilen „Wohnorten“ zurückzuführen. Die zugrunde gelegten Daten würden vielfach auf Schätzungen fußen und nicht auf den Werra-Meißner-Kreis anwendbar und ohnehin auch veralteten Durchschnittsdaten aus dem Jahr 2006 aus einer bundesweiten Erhebung. Das Gutachten gehe zudem fehlerhaft davon aus, dass die Bestimmung des Wohnungsstandards ausschließlich über den Mietpreis ohne weitere Erhebungen erfolgen könne. In der Konsequenz ergebe sich daraus die Anwendung der Angemessenheitskriterien anhand der Werte des § 12 WoGG unter Berücksichtigung eines etwaigen 10-%igen Sicherheitszuschlags. Im Hinblick auf die übersandten Rohdaten, sei anzumerken, dass sich aus den jeweiligen Zusammenfassung aus den Jahren 2013 und 2015 weder der Zeitpunkt der Angebotsstellung noch die Quelle derselben entnehmen lasse. Es werde daher die vollständige Vorlage der tatsächlichen Rohdaten bestritten. Ausweislich der übermittelten „Indexfortschreibung“ habe im Übrigen gerade keine neue Erhebung von Daten stattgefunden, sondern es wurde lediglich eine Umrechnung der Daten aus Januar 2013 anhand des Verbraucherpreisindexes für Deutschland durchgeführt. Der seitens der Firma Analyse & Konzepte verwendete VPI (Verbraucher-Preis-index) dürfte ein sogenannter Nettokaltmietenindex sein, der sich ausschließlich auf Wohnung um 70 m2 und kleine Einfamilienhäuser mit 100 m2 beziehe. Zudem sei ein Nettokaltmietenindex ein Index für Bestandsmieten und nicht für Neuvertrags- oder Angebotsmieten. Kurzfristige Änderungen des Immobilienmarktes würden in dem Index gerade nicht abgebildet. Dies dürfe aber ohnehin unbeachtlich sein, da Analyse & Konzepte die Fortschreibung der Bestandsmieten anhand des VPI nicht angewendet wissen möchte, sondern stattdessen anhand einer eigenständig ermittelten Angebotserhebung ein Index für die Angebotsmieten zur Fortschreibung verwandt hat.
Der Beklagte hat die von der Klägerseite angesprochenen Punkte an die Firma Analyse & Konzepte weitergeleitet, die sodann im August 2017 zu den aufgeworfenen Fragen Stellung genommen haben. Bezüglich der Einzelheiten der Stellungnahme wird auf Bl. 39-43 der Gerichtsakten Bezug genommen und verwiesen. Die Klägerseite bestritt noch, dass sämtliche Rohdaten nebst Nachweisen und Quellen bisher im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sein. Dem ist die Beklagtenseite ausdrücklich entgegengetreten.
Der Beklagte hat im April 2018 angeregt, das Verfahren im Hinblick auf weitere anhängige Rechtsstreite unter anderem beim Landessozialgericht ruhend zu stellen. Eine Ruhendstellung hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger abgelehnt.
Das Gericht hat mit Ladungsverfügung vom 8. Oktober 2019 zum mündlichen Verhandlung am 20. November 2019 geladen. Es hat zudem die Akten der Verfahren des 2 AS 266/17 und S 2 AS 147/17 zum vorliegenden Verfahren beigezogen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2019 die Fortschreibung der Richtwerte in das Klageverfahren eingebracht. Er hat auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2019 und den am 19. Juli 2019 in Kraft gesetzten Korrekturbericht der Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Hamburg zum Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten 2013 sowie zur Fortschreibung der Richtwerte 2015 aus April 2019 verwiesen. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2019 explizit auf die Heilungsmöglichkeit der Vergleichsraumregelung hingewiesen. Dies sei nun mit dem Korrekturbericht erfolgt, da nunmehr auf 4 Mittelbereiche des Werra-Meißner-Kreises als 4 Vergleichsräume abgestellt werde, wobei der Wohnort der Kläger dem Vergleichsraum III (Mittelbereich Eschwege) unterfalle. Hieraus leitet sich nunmehr für einen Zweipersonenhaushalt in der Kreisstadt Eschwege eine neue monatliche Referenzmiete (Bruttokaltmiete) i.H.v. 339,39 Euro ab, welche die bisher im Rahmen der vom Bundessozialgericht für ungültig erklärten Clusteranalyse ermittelten Referenzmiete von 337,28 Euro um monatlich 2,02 Euro übersteige.
Der Beklagte hat sich bereit erklärt, für die streitbefangenen Monate April 2016 bis Juni 2016 eine monatliche weitere Leistung i.H.v. 2,02 Euro anzuerkennen. Der Beklagte hat Korrekturbericht seinem Schriftsatz beigefügt (Korrekturbericht zum Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten 2013 sowie zur Fortschreibung der Richtwerte 2015 aus April 2019). Es wird insoweit auf Bl. 83 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2019 das abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten für die Kläger angenommen.
Des Weiteren hat die Klägerseite um Mitteilung gebeten, wie viele Vermieter im Rahmen der Erhebung von Analyse & Konzepte identifiziert worden sein; wie viele und vor allem welche Vermieter sich an der Hebung mit jeweils wie vielen Wohnungen beteiligt hätten; wie viele kleinere Vermieter sich an der Erhebung beteiligt hätten, wie viele Datensätze erhoben wurden und wie viele verwendbare Datensätze ermittelt werden konnten; wie ausgeschlossen wurde, dass hinsichtlich der Jobcenterdatensätze keine Doppelberücksichtigung mit bereits von Groß- und Kleinvermietern erhobenen Daten erfolgte und anhand welcher Kriterien die in dem Gutachtenbericht genannten 999 Mietwerte der Stichprobe der Jobcenter Daten gebildet worden seien und die Antwort nach den verschiedenen Vergleichsräumen zu differenzieren. Darüber hinaus hat die Klägerseite darauf hingewiesen, dass der Beklagte eine Stellungnahme von Analyse & Konzepte übermittelt habe, nach der mehr als 50 % der Bestandsmieten aus dem Jobcenter-Datensatz entnommen worden seien. Es könne nicht von einer Repräsentativität der Daten gesprochen werden.
Der Beklagte hat auf eine weitere Stellungnahme der Firma Analyse & Konzepte verwiesen. Zudem sei über die 2 Nichtzulassungsbeschwerden des Beklagten gegen die Urteile des Hessischen Landessozialgerichte noch nicht entschieden worden. Der Beklagte fügte die Stellungnahme von Analyse & Konzepte zu aufgeworfenen Fragen in einem Parallelverfahren im Schriftsatz bei. Das Gericht verweist auf Bl. 103 ff. der Gerichtsakte.
Der Beklagte hat erneut das Ruhen des Verfahrens angeregt, dem die Klägerseite jedoch nicht zugestimmt hat.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. November 2019 zu den aufgeworfenen Fragen des Prozessbevollmächtigten Stellung genommen. Der Wohnort der Kläger befindet sich in den streitgegenständlichen Zeiträumen als Mittelbereich im Sinne des Regionalplans Nordhessen im Vergleichsraum III des nachgebesserten Konzepts des kommunalen Trägers des Beklagten zur Ermittlung der Referenzmieten im nunmehr in 4 Vergleichsräume untergliederten Werra-Meißner-Kreis. Für den Vergleichsraum III seien 1066 relevante Mietwert erhoben worden. Davon entfielen 420 auf institutionelle Vermieter, 351 auf private Vermieter und weitere 295 auf dem SGB-II-Datensatz. Es werde auf die Stellungnahme von Analyse & Konzepte vom 21. August 2019 verwiesen, die bereits zur Gerichtsakte übersandt wurde. Weshalb deren Auswertung für den Vergleichsraum III nicht repräsentativ sein sollte, er schließe sich dem Beklagten nicht und lassen sich auch nicht aus einer von den Klägern viel zitierten Entscheidung des Landessozialgerichte Niedersachsen Bremen vom 2. April 2019 ableiten. Mit Schriftsatz vom 18. November 2019 ergänzte der Beklagte seinen Vortrag durch eine weitere Stellungnahme der Firma Analyse & Konzepte vom 15. November. Es wird insoweit insbesondere auf ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen vom 5. September 2019 (Az. L 7 AS 1327/17) verwiesen.
Das Gericht hat mit den Beteiligten eine mündliche Verhandlung am 20. November 2020 durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Es ist in der weiteren Erörterung der Verfahren erneuter Klärungsbedarf entstanden.
Die mündliche Verhandlung wurde vertagt.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 14. Juni 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 26. April 2017 wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2017 zu verurteilen, den Klägern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten monatlichen Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten hatten noch einmal Gelegenheit schriftlich zu den erörterten Punkten Stellung zu nehmen. Insbesondere wurde noch einmal die Bildung des Vergleichsraumes diskutiert. Darüber hinaus hat der Beklagte die Beschlüsse des Bundessozialgerichtes im Hinblick auf die nicht Zulassungsbeschwerden gegen die Urteile des Landessozialgerichts zur Akte gereicht.
Der Beklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 11. Dezember ausführlich Stellung genommen. Insbesondere wurden noch einmal zur Vergleichsgruppenbildung und zur Berücksichtigung von Fahrtzeiten Stellung genommen. Der Beklagte hat seinen Vortrag mit Schriftsatz vom 22. Januar 2020 ergänzt.
Auf die Anfrage des Gerichtes vom 17. Februar 2020, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG besteht haben die Kläger mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2020 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. März 2020 ihr Einverständnis erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten, die beigezogenen Stellungnahmen der Firma Analyse & Konzepte und die Akten der Verfahren S 2 AS 147/17 sowie S 2 AS 266/17 verwiesen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Das Gericht konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden.
Die zulässige Klage ist begründet, da die Kläger einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten haben. Das Klagebegehren war dahingehend auszulegen, dass die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft begehrt wurde. Die Klage ist dann als kombinierte Anfechtung- und Verpflichtungs- und Leistungsklageklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG statthaft (zur statthaften Klageart bei Überprüfungsanträgen: BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, Az.: B 4 AS 22/13 R – juris Rn. 11; BSG Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 17/13 R juris Rn. 12; BSG Urteil vom 28. Februar 2013, Az.: B 8 SO 4/12 R – juris Rn. 9) und im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 87, 90 SGG).
Gegenstand des Klageverfahrens sind der Bescheid vom 26. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2017, die sich auf die Überprüfung des Bescheides vom 14. Juni 2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Oktober 2016 beziehen. Die Bescheide waren im tenorierten Umfang abzuändern, da sie rechtswidrig waren und die Kläger in ihren Rechten verletzen. Den Kläger stehen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu.
Die Kläger haben in zulässiger Weise ihre Klage auf den Streitgegenstand der Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt. Die übrigen abtrennbaren Regelungsinhalte der gegenständlichen Bescheide sind nicht angegriffen worden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bilden die Leistungen für Unterkunft und Heizung abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheides, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87/12 R, juris – Rn. 17; BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 4/13 R – juris Rn. 10; bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 8/06 R – juris Rn. 18).
Der Beklagte hat die Überprüfung der Bescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für den streitgegenständlichen Zeitraum teilweise zu Unrecht abgelehnt, da den Klägern weitere Kosten der Unterkunft zustehen. Nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, Az.: B 4 AS 22/13 R – juris Rn. 13). Der Überprüfungsantrag der Kläger war hinreichend konkret. Die Kläger haben die zur Überprüfung gestellten Bescheide benannt und Ausführungen zum zur Überprüfung gestellten Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung gemacht. Der im Januar 2017 gestellte Antrag auf Überprüfung erfasst auch den streitgegenständlichen Zeitraum. Gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden, ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres angerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Da der Antrag im Jahr 2017 erfolgte, sind von Beginn des Jahres 2017 ein Jahr rückwirkend – also ab Januar 2016 – Leistungen an die Kläger nachzuzahlen, soweit sie vom Überprüfungsantrag umfasst sind. Der streitgegenständliche Überprüfungsantrag umfasst den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis einschließlich 31. Dezember 2016.
Das Recht wurde bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung des § 22 Abs. 1 SGB II unrichtig durch den Beklagten angewandt.
Den Klägern stehen weitere Kosten der Unterkunft zu, da die tatsächlichen monatlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 410,00 Euro (Bruttokaltmiete) zu übernehmen sind. Der Beklagte gewährte den Kläger unter Berücksichtigung des im gerichtlichen Verfahren abgegebenen Teil-Anerkenntnisses jedoch monatlich nur 339,39 Euro als Kosten der Unterkunft bzw. legte diese bei der Leistungsberechnung als Bruttokaltmiete zu Grunde. Heizkosten sind bereits in tatsächlicher Höhe übernommen worden.
Die Kläger erfüllen zunächst die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Sie hatten im streitigen Zeitraum die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 7a SGB II (für den Kläger zu 1. bis 31. Oktober 2016) noch nicht überschritten, waren erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 SGB II sowie hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II).
Das vom Beklagten zu Grunde gelegte Konzept zur Bestimmung der angemessenen Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung und die dann erfolgte Umsetzung in einer Richtlinie entspricht nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts zur Ermittlung der regional angemessenen Kosten der Unterkunft auf der Grundlage eines überprüfbaren, schlüssigen Konzepts zur Datenerhebung und -auswertung und Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze. Der Beklagte hat die Angemessenheit auf der Grundlage des Konzeptes zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Werra-Meißner-Kreis der Firma Analyse & Konzepte (Endbericht 2014) sowie der KdU-Richtwerte 2015 Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013 (Endbericht 2015) bestimmt.
Darüber hinaus sind die Rohdaten für die Mietwerterhebung 2013, der Fortschreibung 2015 und der Zusatzauswertung zur Fortschreibung 2015 im Werra-Meißner-Kreis aus 2017) zu Grunde gelegt worden.
Die Kammer erachtet das Konzept des Beklagten zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunft und Heizkosten als nicht geeignet, die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu bestimmen, da bereits der zunächst zu bildende Vergleichsraum für das darauf basierende ursprüngliche Konzept nicht zutrifft (1.).
Auch die mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2019 eingebrachten Korrekturberichte betreffend das Konzept aus 2013 sowie die Fortschreibung der Richtwerte aus 2015 mit dem Bericht der Firma Analyse & Konzepte aus April 2019 und die damit aus Sicht des Beklagten ausreichende Nachbesserung des Konzeptes überzeugen die Kammer nicht von der Schlüssigkeit des Konzeptes zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (2.).
Die Kammer wendet aufgrund eines bestehenden Erkenntnisausfalles die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an, in der auf die Werte der zu § 12 WoGG erstellten Wohngeldtabelle unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags i.H.v. 10 % zurückgegriffen werden kann, um die Angemessenheitsgrenze zu bestimmen. Die Kläger haben Anspruch auf die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, da die tatsächlichen Kosten der Unterkunft unterhalb dieser Angemessenheitsgrenze liegen (3.).
1. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung begrenzt die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 12). Der Begriff der „Angemessenheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (ständige Rechtsprechung, siehe etwa BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7B AS 10/06 R – juris; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 27/09 R – juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az.: B 14 AS 50/10 R – juris; BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 12; BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 4/13 R – juris Rn. 12; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az. B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 9/14 R –
juris). Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011, Az.: B 14 AS 132/10 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 13). Weiter müssen die Unterkunftsbedarfe als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (vergleiche zuletzt unter anderem BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 13). Hinsichtlich der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit und der durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgestellten Anforderungen zur Festlegung der Angemessenheitsgrenzen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken – auch unter Berücksichtigung der Gewährung von existenzsichernden Leistungen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Februar 2010, Az.: 1 BvL 1/09 – juris; Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 27. September 2011, Az.: 1 BvR 232/11 – juris Rn. 24 f.; BSG, Urteil vom 4. Juni 2014, Az.: B 14 AS 42/13 R; Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 74 ff. mit weiteren Nachweisen; andere Auffassung SG Mainz, Urteil vom 8. Juni 2012, Az.: S 17 AS 1452/09; SG Mainz, Urteil vom 18. Oktober 2013, Az.: S 14 AS 1069/12 SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12. Dezember 2014, Az.: S 3 AS 130/14, die Vorlagen sind mit Beschluss vom 6. Oktober 2017, Az.: 1 BvL 2/15 und 1 BvL 5/15 als unzulässig verworfen worden).
Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft sind zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87 / 12 R – juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 4/13 R – juris Rn. 12 m. w. N.).
Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoGG) festgelegt haben (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 50/09 R – juris Rn. 16). Diese Kriterien richten sich in Hessen nach den hessischen Richtlinien zur sozialen Wohnraumförderung vom 20. März 2003 (Hess. Staatsanzeiger 2003, S. 1346), geändert durch die Richtlinien vom 19. Januar 2004 (Hess. Staatsanzeiger 2004, S. 628). Nach den Richtlinien ist bei zwei Personen eine Wohnfläche von bis zu 60 m2 Quadratmeter angemessen. Durch den Erlass vom 4. August 2014 (Hess. Staatsanzeiger 2014, S. 647) blieb die angemessene Wohnraumgröße für einen Zwei-Personen-Haushalt unverändert bei 60 m2.
Die Wohnungsgröße der Kläger beträgt 75 m2. Die Wohnungsgröße überschreitet den angemessenen Wert. Diese Überschreitung ist jedoch unter Berücksichtigung der Produkttheorie (BSG, Urteil vom 7. November 2006; Az.: B 7b AS 10/06 R – juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 17) rechtlich nur beachtlich, wenn das Produkt, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses unangemessen wäre (Hess. LSG, Urteil vom 6. November 2013, Az.: L 4 SO 166/15 B ER – juris Rn. 29).
Die von dem Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsobergrenzen können nach der Überzeugung des Gerichts nicht zur weiteren Bestimmung der Angemessenheit herangezogen werden und auch nicht das Festhalten an den bisher gewährten Unterkunftskosten rechtfertigen.
Das Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Werra-Meißner-Kreis (Endbericht 2014) sowie der KdU-Richtwerte 2015 Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2013 (Endbericht 2015) der Firma Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH (im Folgenden „Konzept“) entspricht nach der Überzeugung der Kammer nicht den Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II im Hinblick auf die Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten und den von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stetig entwickelten Voraussetzungen, da bereits der erste Schritt der Bildung eines maßgeblichen Vergleichsraums im Werra-Meißner-Kreis zur Bestimmung der abstrakt-angemessenen Unterkunftskosten nicht zutreffend gebildet worden ist. Ein schlüssiges Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vergleiche BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, Az.: B 14/7b AS 44/06 R – juris). Der Grundsicherungsträger muss dabei nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel im Sinne der §§ 558c, 558b BGB abstellen, sondern entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein „angemessenes Maß“ hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 18). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur für ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Gettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
(vgl. u.a. BSG, Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 19).
Diese Maßstäbe setzen gerade voraus, dass zunächst neben der angemessenen Wohnungsgröße zutreffend ein maßgeblicher Vergleichsraum durch den Beklagten bzw. einem von ihm beauftragten Unternehmen zur Erstellung des Konzepts gebildet worden ist. Für alle weiteren Prüfungsschritte ist es zunächst entscheidungserheblich, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab abgestellt wurde (BSG, Urteil vom 18. November 2014, Az.: B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 24).
Die Richtlinie des Beklagten und das zu Grunde gelegte Ausgangskonzept fassen als maßgeblichen Vergleichsraum den gesamten Werra-Meißner-Kreis zusammen. Diese Vergleichsraumbildung ist für die Kammer unzutreffend, da es sich bei den gesamten Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises nicht um einen einheitlichen homogenen Lebens- und Wohnbereich handelt.
Als örtlicher Vergleich ist in erster Linie der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgebend, ohne dass hierfür der kommunalverfassungsrechtliche Begriff der „Gemeinde“ entscheidend sein muss. Bei besonders kleinen Gemeinden, etwa im ländlichen Raum, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsmaßstab zusammenzufassen. Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 22 m. w. N.). Die Festlegung des genauen eingegrenzten Vergleichsraums ist der zentrale Ausgangspunkt zur Bestimmung der Mietobergrenze für ein bestimmtes Gebiet (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Juli 2017, Az.: L 10 AS 333/16 – juris Rn. 41). Die ordnungsgemäße Bestimmung des Vergleichsraums ist in der Folge logische Voraussetzung für die Entwicklung eines „schlüssigen“ Konzeptes (BSG, Urteil vom 16. April 2013, Az.: B 14 AS 28/12 R – juris Rn. 31). Durch die Anforderungen an einen maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum, die das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung konkretisiert hat, wird dem Interesse des Leistungsberechtigten, in seinem sozialen Umfeld zu verbleiben, ausreichend Rechnung getragen (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R – juris Rn. 21). Bei der Vergleichsregelung kann nicht schematisch auf das Gebiet des zuständigen kommunalen Trägers oder auf den kommunalverfassungsrechtlichen Gemeindebegriff abgestellt werden (BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R – juris Rn. 21). Im ländlichen Raum gibt es keine pauschale Lösung, sondern es kommt auf die Verhältnisse vor Ort an, insbesondere muss der Vergleichsraum so bestimmt werden, dass überhaupt von einem „örtlichen Wohnungsmarkt“ die Rede sein kann (vergleiche etwa Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 23. Juli 2007, Az.: L 9 AS 91/06 B ER – juris Rn. 55 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2008, Az.: L 7 AS 1797/08 – juris Rn. 44). Bei der Bestimmung des Vergleichsraumes sind nur objektive Kriterien heranzuziehen, so dass auch der Begriff des sozialen Umfeldes keine individuelle Einzelfallprüfung verlangt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2009, Az.: B 4 AS 27/09 R – juris Rn. 19).
Der Vergleichsraum bildet die örtliche Grundlage für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit (Knickrehm, SGb 2017, 241, 242). Die Festlegung des Vergleichsraums ist bis heute umstritten, denn gerade im ländlichen Bereich ist die Bestimmung eines derartigen Vergleichsraums tatsächlich schwierig (Knickrehm, SGb 2017, 241, 242; von Malottki, info also 2012, 99 ff.; Zimmermann, NJ 2010, 400 ff.). Hinter der Vergleichsregelung stehen folgende funktionelle Aspekte: Der Raum der Begrenzung von Unterkunftsleistungen, der zumutbare Raum der Wohnungssuche, der raumgleichen Angemessenheitsgrenze sowie die räumliche Bestimmung der Datenauswertung (Knickrehm, SGb 2017, 241, 247).
Zum Vergleichsraum führte das Bundessozialgericht u.a. Folgendes aus (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, Az.: B 14 AS 24/18 R – juris Rn. 22 ff.):
„a) Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist (BSG vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 , RdNr 21), innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist (vgl BSG vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 32 ff) und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt (vgl in Abgrenzung hierzu BSG vom 1.6.2010 – B 4 AS 60/09 R – BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35 , RdNr 18 ff; letztens BSG vom 17.2.2016 – B 4 AS 12/15 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 88 RdNr 13 ff). Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl zB BSG vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 , RdNr 20 ff).
Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 Abs 1 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht.
b) Das schlüssige Konzept soll die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von „Brennpunkten“ durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (grundlegend BSG vom 22.9.2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 , RdNr 18 f; BSG vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81 , Leitsatz: zur Entwicklungsoffenheit dieser Grundsätze; zuletzt BSG vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – BSGE 125, 29 = SozR 4-4200 § 22 Nr 93 , RdNr 17 f; vgl zudem § 22a Abs 3, § 22b Abs 1, 2, § 22c Abs 1 SGB II).
c) Es kann verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept in diesem Sinne zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrensrechtlich zwingend ableitbar ist (vgl BSG vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81 , RdNr 19 ff; siehe ferner BT-Drucks 17/3404 S 101 zu § 22b: „Vielfalt an Konzepten“; Šušnjar in Hohm, GK-SGB II, § 22 RdNr 142, Stand der Einzelkommentierung 9/2017; vgl zu den verschiedenen Verfahren: Forschungsbericht 478, Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch , erstellt von v. Malottki ua, hrsg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2017, S 207 ff; zu den Interdependenzen zwischen Vergleichsraum und schlüssigem Konzept schon BSG vom 11.12.2012 – B 4 AS 44/12 R – RdNr 18).
9. Es ist gerichtlich voll überprüfbar – wie ausgeführt (siehe 5.) -, ob die Ermittlung der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete, insbesondere die Festlegung des Vergleichsraums und die Erstellung eines schlüssigen Konzepts im Rahmen der Methodenvielfalt zutreffend erfolgt ist. Die volle gerichtliche Überprüfung des Angemessenheitswerts und des Verfahrens zu seiner Ermittlung schließt nicht aus, dass bei dieser Kontrolle der Verwaltung deren in der Methodenvielfalt zum Ausdruck kommenden Eigenverantwortung Rechnung getragen und die gerichtliche Kontrolle als eine nachvollziehende Kontrolle ausgestaltet wird (BVerfG vom 31.5.2011 – 1 BvR 857/07 – BVerfGE 129, 1, juris-RdNr 70; vgl zu den Grenzen gerichtlicher Kontrolle zudem: BVerfG vom 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 595/14; vgl ferner Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 91, 104: „Verfahrenskontrolle“).“
Den dargestellten Kriterien schließt sich die Kammer nach eigener Überzeugungsbildung vollumfänglich an. Unter Berücksichtigung der obigen Kriterien kann nicht von einem örtlichen Vergleichsraum zur Bestimmung der Angemessenheit ausgegangen werden, der den gesamten Werra-Meißner-Kreis umfasst. Die entwickelten Anforderungen an die Vergleichsraumbildung sind nicht nur für große Städte, sondern grundsätzlich auch für Flächenlandkreise anwendbar (vergleiche zu den besonderen Voraussetzungen für ländliche Gebiete: BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 18/06 R – juris; zu einem in verschiedene Vergleichsräume unterteilten Landkreis: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, Az.: B 4 AS 44/14 R – juris).
Es kann zunächst nicht eine allgemeine Aussage getroffen werden, ob ein ganzer Landkreis einen einzigen Vergleichsraum darstellt oder in verschiedene Vergleichsträume aufzuteilen ist, sondern es ist nach den oben genannten allgemeinen rechtlichen Kriterien jeweils im Einzelfall eine Prüfung vorzunehmen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. März 2018, Az.: L 11 AS 620/16 – juris Rn. 39 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Az.: B 4 AS 44/12 R – juris). Auch bereits aus den Vorschriften des SGB II ergibt sich, dass ein Landkreis in mehrere Vergleichsräume aufgeteilt werden kann. Beispielsweise sieht § 22b Abs. 1 S. 4 SGB II (diese Vorschrift für Satzungen kann zur Auslegung der Anforderungen an den Angemessenheitsbegriff in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II herangezogen werden, vergleiche unter anderem BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, Az.: B 4 AS 33/16 R mit Verweis auf Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2017, Az.: 1 BvL 2/15 und 5/15 – juris) vor, dass die Möglichkeit zur Einteilung eines Kreisgebietes in mehrere Vergleichsräume besteht. Die Anzahl der in einem potenziellen Vergleich von lebenden Personen ist dabei grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. März 2018, Az.: L 11 AS 620/16 – juris Rn. 39 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 26. Mai 2011, Az.: B 14 AS 132/10 R – juris).
Zunächst ist festzustellen, dass das Ausgangskonzept, das auch Gegenstand der Kostensenkungsaufforderung war, unschlüssig ist, da nicht der gesamt Werra-Meißner-Kreis als ein Vergleichsraum zu bewerten ist. Die Kammer schließt sich den überzeugenden Entscheidungen der 3. und 12. Kammer des Sozialgerichts Kassel sowie den Entscheidungen des Hess. Landessozialgerichts an, die an dem Konzept des Beklagten bemängelt haben, dass der Werra-Meißner-Kreis keinen geeigneten Vergleichsraum im gesamten Kreisgebiet darstellt (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 21. November 2018, Az.: L 6 AS 185/18; SG Kassel, Urteil vom 19. Februar 2018, Az.: S 3 AS 236/15; Sozialgericht Kassel, Urteil vom 21. März 2018, Az.: S 12 SO 139/17 m. w. N.).
Das Hessische Landessozialgericht führte überzeugend Folgendes aus (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. November 2018, Az.: L 6 AS 185/18 – juris Rn. 49 – 53):
„Für den Werra-Meißner-Kreis folgt daraus, dass ein Vergleichsraum, der sich über den gesamten Landkreis erstreckt, zulässigerweise nicht angenommen werden darf. Der Werra-Meißner-Kreis als 1.024,7 km2 großer Landkreis ohne Oberzentren und mit vier Mittelzentren mit rund 100.000 Einwohner insgesamt bildet nach Auffassung des Senats gerade keinen homogenen Lebens- und Wohnbereich. Seine Infrastruktur und insbesondere seine verkehrstechnische Verbundenheit sind vielmehr durch eine erhebliche Heterogenität geprägt. Der Senat zieht insoweit den „Regionalplan Nordhessen 2009“ heran.
Hieraus ergibt sich, dass der Werra-Meißner-Kreis hinsichtlich seiner Gemeinden C Stadt, Helsa und dem Gutsbezirk Kaufunger Wald dem Ordnungsraum Kassel zuzuordnen ist. Dieser Ordnungsraum ist geprägt durch seine Verbindungsfunktion zwischen dem Verdichtungsraum Kassel und dem ländlichen Raum (S. 21 des Regionalplans). Seine Entwicklungsachsen orientieren sich entsprechend an den Hauptlinien des an Kassel angebundenen ÖPNVs. Hierdurch wird der Zweck verfolgt, den motorisierten Individualverkehr zu begrenzen.
Im Übrigen ist der Werra-Meißner-Kreis nach dem Regionalplan dem ländlichen Raum zuzuordnen. Dieser bildet im Gegensatz zum Ordnungsraum einen eigenständigen Lebens- und Wirtschaftsraum unter Bewahrung vielfältiger teilregionaler Ausprägungen (S. 22 des Regionalplans). Dementsprechend unterschiedlich ist hier auch die infrastrukturelle Ausrichtung: Im ländlichen Raum sollen nach dem Regionalplan die Mittelzentren als Standorte für Versorgungseinrichtungen, Gewerbe, Arbeitsplatz- und Wohnstandorte und insbesondere auch für Einrichtungen der öffentlichen Hand gestärkt werden. Eine Bindung an den Verdichtungsraum ist hier explizit nicht vorgesehen. Die Verkehrsinfrastruktur setzt hierfür vermehrt auf zentrale Orte mit großräumigen Fernverkehrsachsen von Schiene und Straße.
Die Einschätzung, dass der Werra-Meißner-Kreis insgesamt nicht als Vergleichsraum im Sinne eines räumlichen Bereichs mit homogenem Lebens- und Wohnbereich in Betracht kommt, teilt letztlich auch die Firma G. als Konzeptersteller. Sie führt auf Seite 15 des Konzepts an, der Werra-Meißner-Kreis verfüge über keinen einheitlichen Wohnungsmarkt und weise größere regionale Unterschiede auf (vgl. hinsichtlich weiterer von der Fa. G. erarbeitete Konzepte für den Landkreis Harz LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Januar 2018 – L 5 AS 201/17; für den Landkreis Börde LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. April 2018 – L 5 AS 408/17; für den Salzlandkreis LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. März 2018 – L 5 AS 376/16; dagegen für die Kreis Pinneberg Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 31. Januar 2017 – L 6 AS 135/15; siehe auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2016 – L 3 AS 137/14; Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14). Diese Erkenntnis wird aber nicht bei der Bildung des abstrakt-generellen Vergleichsraums in das Konzept eingearbeitet, sondern soll erst bei der konkret-individuellen Betrachtung Berücksichtigung finden.
Zur Überzeugung des Senats steht damit fest, dass der Werra-Meißner-Kreis nicht geeignet ist, in seiner Gesamtheit als einheitlicher Vergleichsraum zu dienen. Er ist vielmehr in mindestens zwei getrennte Vergleichsräume aufzuteilen.“
Nach alledem ist das Ausgangskonzept unschlüssig, da es bereits an einer zutreffenden Vergleichsraumbildung als Grundlage des Konzeptes fehlte. Die Festlegung eines Vergleichsraums und die Erstellung eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Nettokaltmiete im Rahmen des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs für die Unterkunft ist gerichtlich voll überprüfbar, darf jedoch nicht durch das Gericht ersetzt werden (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, Az.: B 14 AS 24/18 R). Das Ausgangskonzept und die Fortschreibung, die der behördlichen Entscheidung und der Kostensenkungsaufforderung zu Grunde lagen dienen nicht Maßstab zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung.
2. Auch die im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens getroffene Nachbesserung durch den Beklagten überzeugt das Gericht zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nicht. Ist die Ermittlung dieses abstrakten Angemessenheitswerts rechtlich zu beanstanden, ist dem Jobcenter Gelegenheit zu geben, diese Beanstandungen durch Stellungnahmen, ggf. nach weiteren eigenen Ermittlungen, auszuräumen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, Az.: B 14 AS 24/18 R mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2014, Az.: B 4 AS 9/14 R). Vorliegend hat das Jobcenter aufgrund der bereits in anderen Verfahren getroffenen Entscheidungen zur Vergleichsraumbildung das Konzept durch den Bericht der Firma Analyse und Konzepte aus April 2019 nachbessern lassen und den Werra-Meißner-Kreis nunmehr in vier Vergleichsräume eingeteilt.
Der Nachbesserung liegt der Korrekturbericht zum Konzept zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten 2013 sowie zur Fortschreibung der Richtwerte 2015 aus April 2019 zu Grunde. Durch die Nachbesserung erfolgte die Aufteilung des Werra-Meißner-Kreises in vier Vergleichsräume, die nach den Ausführungen der Firma Analyse & Konzepte die Mittelzentren des Kreises darstellen (Witzenhausen, Hessisch Lichtenau, Eschwege und Sontra). Es wird ausgeführt, dass die Mittelzentren anhand der Regionalplanung festgelegt wurden. Dabei könnten nach einem Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Januar 2017 die gebildeten Mittelbereiche der Regionalplanung als geeignete Operationalisierungsmöglichkeit der Vergleichsraumbildung empfohlen werden. Die Mittelbereiche sollen sich an den Entfernungen, Lagebeziehungen, Verkehrsanbindungen und traditionellen Bindungen zwischen den Gemeinden. Sie berücksichtigen auch administrative Grenzen auf der Ebene der Kreise oder Länder. Dabei soll auch die räumliche Verflechtung und das zu erwartende Verhalten der Bevölkerung bei der Inanspruchnahme von Infrastrukturen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie der beruflichen Mobilität berücksichtigen worden sein (Korrekturbericht, S. 3 f.).
Die Kammer ist trotz der vorliegenden Nachbesserung nicht von einer Schlüssigkeit des Konzeptes überzeugt. Die nunmehr gebildeten abstrakten Vergleichsräume mögen ggf. einen homogenen Wohn- und Lebensbereich darstellen, führen unter Hinzuziehung der alten Datenlage jedoch nicht zu einem überzeugenden Ergebnis im streitgegenständlichen Zeitraum. Es stellt sich heraus, dass nunmehr nur noch 2 Vergleichsräume eine Datenbasis haben, die über 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes als Grundlage haben. Der Wohnort der Kläger Eschwege ist einer von zwei Vergleichsräumen, der die 10 % (konkret 14,3 %) des Mietwohnungsbestandes als Datengrundlage für eine Nachberechnung hat. Für die Vergleichsräume Hessisch-Lichtenau und Sontra konnten aufgrund der Korrektur der Vergleichsraumaufteilung keine ausreichenden repräsentativen Daten für die Bestimmung der Angemessenheit zu Grunde gelegt werden. Die Firma Analyse & Konzepte empfiehlt für diese Vergleichsräume die Wohngeldtabelle mit einem Sicherheitszuschlag von 10 % anzuwenden. Für den betroffenen Vergleichsraum Eschwege erhöhen sich die Angemessenheitsgrenzen für einen 2 Personen-Haushalt auf 339,30 Euro (Bruttokaltmiete). Für die Kammer ist ein Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung im Zuständigkeitsbereich eines Grundsicherungsträgers jedoch insgesamt nur schlüssig, wenn für das gesamte Konzept auf eine ausreichende Datengrundlage zurückgriffen werden kann, um auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Vergleichsräume, für alle Vergleichsräume eine ausreichende Datenbasis bei einer Nachbesserung zu haben, so dass nicht innerhalb eines Zuständigkeitsbereichs eines Grundsicherungsträgers teilweise die Werte der Wohngeldtabelle inkl. Sicherheitszuschlag und teilweise deutliche niedrigere Werte in den verschiedenen Vergleichsräumen bei einer Nachbesserung angewandt werden. Das Ziel eines „schlüssigen Konzeptes“ ist ein insgesamt „schlüssiges“ auf ausreichenden Daten basierendes Konzept, dass nicht teilweise erhalten wird, in dem bei einigen Vergleichsräumen innerhalb des Konzepts eine Bestimmung von Angemessenheitskriterien anhand der alten Datenlage möglich ist und bei anderen neu gebildeten Vergleichsräumen nicht. Auch wenn grundsätzlich zunächst auf die Datenlage des Vergleichsraumes abgestellt wird, kann bei einer Nachbesserung des Gesamtkonzeptes mit Veränderung der Vergleichsräume keine einheitliche Vorgehensweise mehr angenommen werden, wenn nur noch für einzelne neue Vergleichsräume eine hinreichende Datenlage vorhanden ist. Für die Kammer stellt diese Vorgehensweise eine wesentliche Änderung des Konzeptes dar, die mehr für ein „neues“ Konzept als für eine Nachbesserung des „alten“ Konzeptes“ spricht.
Bereits die erfolgte Kostensenkungsaufforderung des Beklagten bieten dem Leistungsbezieher dann keinen Anhaltspunkt mehr, um sich nach angemessenem Wohnraum umzusehen. Vorliegend ist eine wesentliche Änderung im Konzept des Beklagten vorgenommen worden. Aus einem Vergleichsraum, der den gesamten Landkreis erfasste, sind aufgrund der Nachbesserungen vier Vergleichsräume geworden. Grundsätzlich sind die Datengrundlagen für den jeweiligen Vergleichsraum maßgeblich. Verschiebt sich jedoch die vormals verwendete Datengrundlage für den gesamten Vergleichsraum erheblich, wenn nur noch für zwei der vier „neuen“ Vergleichsräume ausreichende Daten vorhanden sind und in den weiteren zwei Vergleichsräumen auf die Werte der Wohngeldtabelle zzgl. Sicherheitszuschlag zurückgegriffen wird, dann entstehen erhebliche Unterschiede bei der Angemessenheitsgrenze innerhalb des vormals zu Grunde gelegten Vergleichsraumes. Die Kostensenkungsaufforderung des Beklagten bietet dem Kläger bzw. dem Leistungsbezieher dann keine hinreichende Grundlage mehr, sich an angemessenen Aufwendungen der Unterkunft zu orientieren. Eine wirksame Kostensenkungsaufforderung stellt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Bezeichnung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft durch das Jobcenter und ein „Angebot“ dar, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen einzutreten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R – juris Rn. 33 m. w. N.). Es lag zwar ein Konzept vor, auf dem die Kostensenkungsaufforderung erfolgte. Jedoch sind die wesentlichen Änderungen des Konzepts im Rahmen der Nachbesserung erst im Oktober 2019 in das Klageverfahren eingebracht worden. Eine Grundlage für einen Dialog zur Kostensenkung und die Orientierung an Wohnungen, mit angemessenen Kosten der Unterkunft in einem vollkommen neuen, erheblich reduzierten Vergleichsraum sind dann nicht mehr möglich.
Darüber hinaus hat das Hess. Landessozialgericht bereits zur Datengrundlage im Urteil vom 21. November 2018 (Az.: L 6 AS 429/16) Folgendes ausgeführt:
„Diese Rohdaten in tabellarischer Form sind überschrieben mit „Bestandsmieten“, „Angebotsmieten“ sowie „kalte Betriebskosten“ und enthalten Datenerhebungen zu einer Vielzahl von Unterkünften im Werra-Meißner-Kreis, wobei jeweils der Ort der Wohnung, die Wohnfläche, die Nettokaltmiete, Mietvertragsbeginn, ggf. die letzte Mietänderung und die Betriebskosten je Quadratmeter erhoben wurden. Insoweit ist allerdings bereits zweifelhaft, ob die Rohdaten tauglich für eine valide Datenerhebung sind. Einer großen Anzahl von Bestandsmieten (insgesamt 18 Tabellenseiten) steht nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von Angebotsmieten gegenüber (insgesamt 5 Tabellenseiten). Hinzu kommt, dass für die Orte Großalmerode und Hessisch Lichtenau, also den unmittelbaren Einzugsbereich der Klägerin, gerade einmal 12 aufgeführte Angebotsmieten den Wohnungsgrößenbereich, der für die Klägerin von Relevanz wäre, beträfen. Es liegt nahe, dass bei einer so geringen Menge an betrachteten Angebotsmieten eine statistische Signifikanz nicht erreicht ist. Alleine die übersandten Rohdaten lassen daher keinen Schluss zu, ob die Daten einen tatsächlichen Schluss auf einen statistisch valide hergeleiteten Durchschnittswert zulassen oder ob Zufallsergebnisse zu Verzerrungen führen. Dies wäre statistisch-mathematisch durch einen Signifikanztest nachzuweisen. Hierfür genügt die primär durchgeführte Extremwertkappung (vgl. S. 28 ff. des Konzepts des Beklagten) bei einer derart geringen Wohnungsanzahl nicht. Eine weitere wertende Validierung, die aber dem Konzept nicht zu entnehmen ist, wäre erforderlich und darzustellen gewesen.“
Auch aus den vorgelegten Rohdaten der Mietwerterhebung 2013, der Fortschreibung 2015 sowie der Zusatzauswertung zur Fortschreibung 2015 im Werra-Meißner-Kreis (Mai 2017) ergibt sich, dass zunächst 18 Seiten Bestandsmieten, nur 5 Seiten Angebotsmieten im Jahr 2013, 3 1⁄2 Seiten Angebotsmieten 2015 und bei der Nacherhebung 2017 nur knapp 2/12 Seiten Angebotsmieten gegenüberstanden. Im Jahr 2015 konnten bei Angebotsmieten für eine Wohnung der Wohnungsgrößenklasse 2 lediglich 13 Wohnungen für Eschwege erfasst werden. Im Jahr 2017 konnte für die Sondererhebung der Angebotsmieten für die entsprechende Wohnungsklasse nur ein Angebot von 12 Wohnungen in Eschwege erfasst werden. Diese Anzahl stellt für die Kammer nur einen sehr geringen Anteil an neuen einbezogenen Angebotsmieten dar.
3. Da auch aufgrund der Nachbesserung kein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen fehlt, geht die Kammer von einem Erkenntnisfall aus. Weil ein Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete vorliegt, greift die Kammer zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf die Tabelle des § 12 WoGG zurück. Eschwege ist in der Mietstufe I einzuordnen. § 12 WoGG in der Fassung vom 2. Oktober 2015 (gültig ab dem 1. Januar 2016) sieht bei zwei Haushaltsmitgliedern in der Mietstufe I einen Höchstbetrag von 378,00 Euro vor (BGBl I, S. 1610 f.) Dieser Wert ist zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze um einen Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % des Betrages zu erhöhen. Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Um dem Gedanken des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II gerecht zu werden, ist jedoch auch insoweit eine Angemessenheitsobergrenze zur Deckelung der Aufwendungen zu bilden. Eine Deckelung erfolgt durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze (ständige Rechtsprechung, vergleiche BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 25; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Az.: B 4 AS 44/12 R – juris Rn. 19). Der Wert des § 12 WoGG ist um einen Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % im streitgegenständlichen Zeitraum zu erhöhen. Ein Sicherheitszuschlag ist zu berücksichtigen, da der Sinn und Zweck des Wohngeldgesetzes ein anderer ist als der des § 22 SGB II. Der Sinn und Zweck des Wohngeldgesetzes liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen. Vielmehr handelt es sich bei dem Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum. Hingegen soll die angemessene Miete bzw. sollen die angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist. Beide Regelungen verfolgen damit verschiedene Ziele; auf die Werte aus § 12 WoGG ist daher nur als Berechnungsgrundlage zur Bemessung der angemessenen Miete abzustellen und dem Sinn und Zweck von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nach mittels des „Sicherheitszuschlages“ anzupassen sind (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 27). Für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II kann im Fall des Erkenntnisausfalles und des Rückgriffs auf § 12 des Wohngeldgesetzes und den dortigen Tabellenwerten von einem Sicherheitszuschlag i.H.v. 10 % ausgegangen werden. Mit dieser Höhe des Sicherheitszuschlages kann hinreichend sichergestellt werden, dass der Leistungsempfänger mit den ihm dann im Ergebnis zustehenden Betrag für die Kosten der Unterkunft in die Lage versetzt wird, im örtlichen Vergleichsraum möglichst sicher eine Unterkunft zu finden, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht. Durch die Höhe des Zuschlags soll eine angemessene Abgrenzung zu einerseits nur einfachsten Standard wie zu andererseits einem bereits gehobenen Standard erfolgen (vergleiche BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az.: B 4 AS 87/12 R – juris Rn. 28). Der Sicherheitszuschlag beträgt bei 378,00 Euro entsprechend 37,80 Euro. Daraus ergibt sich eine angemessene Obergrenze der Kosten der Unterkunft im vorliegenden Fall für die Kläger in Höhe von monatlich 415,80 €.
Da die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bei 410,00 Euro (Bruttokaltmiete) liegen, sind die tatsächlichen Kosten für die im streitgegenständlichen Zeitraum bewohnte Wohnung der Kläger zu übernehmen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Die Berufung wird zugelassen, da die Frage des Umfangs der Nachbesserungsmöglichkeiten eines Konzeptes nach der Auffassung der Kammer eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 SGG hat.
Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.