Ein polizeilich verfügtes Verbot der Verwendung von Fahnen der „yesidischen Widerstandseinheiten Schingal“ (Yekîneyên Berxwedana Şengalê – YBŞ) auf Demonstrationen ist rechtswidrig. Dies stellte das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 05.01.2021 (Az.: 6 K 6483/17.KS) ohne mündliche Verhandlung fest.
Am 07.10.2017 fand in Kassel eine Versammlung unter dem Motto „Frieden in Kurdistan – Freiheit für Abdullah Öcalan“ statt. Im Zuge der Versammlung verbot der zuständige Polizeieinsatzleiter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Versammlung die Verwendung einer Fahne der Yekîneyên Berxwedana Şengalê (YBŞ), einer kurdisch-yesidischen Einheit, die im Irak gegen den IS kämpft. Es bestünden mittelbare Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, da die Jesiden von den kurdisch-syrischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) ausgebildet worden seien.
Das Verwaltungsgericht erklärte dieses Verbot für rechtswidrig. Weder die YPG noch die YBŞ seien verboten. Zudem erschließe sich mit Blick auf das Versammlungsmotto „Frieden in Kurdistan“ insgesamt nicht, „warum die Fahne einer jesidischen Bürgerwehr, die unter dem Eindruck der Sommeroffensive der Terrororganisation IS 2014 gegründet wurde, nicht gezeigt werden darf“, so das Gericht.
Die öffentliche Aufmerksamkeit war groß, als der IS 2014 das Hauptsiedlungsgebiet der Yesiden in Sindschar überfiel und einen Völkermord an der Bevölkerung verübte. Es waren vor allem die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die sich dem IS entgegenstellten und den Yesiden halfen. „Es ist nicht nur unter diesem Eindruck befremdlich und zynisch, dass deutsche Sicherheitsbehörden schnell bei der Sache sind, Verbote auszusprechen, sobald Fahnen kurdischer Selbstorganisationen im Zusammenhang mit Versammlungen in Deutschland erscheinen“ kritisiert Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger vertritt, dass es überhaupt zu dem Verfahren kommen musste.
Für Rückfragen steht Rechtsanwalt Sven Adam unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 05.01.2021 befindet sich hier: Verwaltungsgericht Kassel – Urteil vom 05.01.2021 – Az.: 6 K 6483/17.KS