In dem langjährigen Streit um die Angemessenheitsgrenzen bei Kosten der Unterkunft (KdU) für Sozialleistungsempfänger im Werra-Meißner-Kreis hat das Jobcenter Wera-Meißner für ein Verfahren aus dem Jahr 2016 aufgegeben und eine Berufung vor dem Hessischen Landessozialgericht (Az.: L 6 AS 276/18) zurückgenommen. Streitig waren Leistungen für die Kosten der Unterkunft, die das Jobcenter wegen eines Gutachtens der Firma Analyse und Konzepte aus März 2014 gekürzt bewilligt hatte.
Geklagt hat eine heute 55-jährige Klägerin aus Eschwege, der die Unterkunftskosten von 374,72 € um monatlich mehr als 100,00 € auf 274,56 € gekürzt worden waren. Die nun erfolgte Berufungsrücknahme erfolgte „aufgrund der zwischenzeitlich stattgefundenen Weiterentwicklung der Rechtsprechung“, heißt es in dem Berufungsrücknahmeschreiben. Bereits mit Urteil vom 23.08.2018 war das Jobcenter verurteilt worden, der Klägerin höhere Leistungen zu bewilligen. Das Jobcenter hatte hiergegen aber die Berufung eingelegt.
Die 2. Kammer des Sozialgerichts Kassel hatte kürzlich nochmals in drei Urteilen vom 20.11.2020 (Az.: S 2 AS 147/17, S 2 AS 266/17 und S 2 AS 271/17) entschieden, dass das Wohnungsmarkterhebungsgutachten aus dem Jahr 2014 auch nach einer „Nachbesserung“ aus dem Jahr 2019 weiterhin unschlüssig und damit nicht anwendbar sei (PM vom 10.12.2020).
„Ich gehe davon aus, dass das Jobcenter die Berufung zurückgenommen hat, um eine negative Entscheidung auch des Hessischen Landessozialgerichts zu verhindern. Es ist nun zu erwarten, dass das Jobcenter in allen insoweit noch offenen Verfahren ebenfalls aufgeben und erhebliche und verzinste Nachzahlungen leisten wird“ erläutert Rechtsanwalt Sven Adam, der die Klägerin vertritt, die Bedeutung der Berufungsrücknahme.
Die Berufungsrücknahme vom 06.01.2021 befindet sich in der Anlage zu dieser Mitteilung.