Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – Urteil vom 09.06.2022 – Az.: VGH 1 S 3174/21

URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache

xxx,

– Kläger –
– Berufungskläger –

prozessbevollmächtigt:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

Land Baden-Württemberg,
vertreten durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg,
vertreten durch den Präsidenten,
Taubenheimstraße 85, 70372 Stuttgart,

– Beklagter –
– Berufungsbeklagter –

wegen Auskunft

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs xxx, den Richter am Verwaltungsgerichtshof xxx und den Richter am Verwaltungsgericht xxx ohne mündliche Verhandlung

am 9. Juni 2022

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Dezember 2020 – 8 K 6345/18 – abgeändert, soweit es die Klage abgewiesen hat.

Der Widerspruchsbescheid des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg vom 24.09.2020 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

TATBESTAND

Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren (noch) die isolierte Aufhebung eines Widerspruchsbescheides.

Der Kläger beantragte unter dem 29.08.2017 bei dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg (im Folgenden: LKA) Auskunft über die zu seiner Person in Systemen der elektronischen Datenerfassung und -bearbeitung gespeicherten Daten. Mit Bescheid vom 05.12.2017 erteilte das LKA dem Kläger Auskunft über zwölf Vorgänge im polizeilichen Auskunftssystem (POLAS BW) und lehnte eine weitergehende Auskunft mit der Begründung ab, dass durch die Auskunftserteilung polizeiliches Wissen erlangt und so künftige polizeiliche Ermittlungen gefährdet werden könnten. Soweit die Entscheidung eine weitere Auskunftserteilung ablehnte, erhob der Kläger am 08.01.2018 Widerspruch.

Am 12.11.2018 hat der Kläger eine Untätigkeitsklage erhoben, mit der er die Verpflichtung des Beklagten zu einer Entscheidung über seinen Widerspruch, hilfsweise zu einer vollständigen Auskunftserteilung geltend gemacht hat.

Das LKA hat dem Kläger mit Schreiben vom 12.07.2019 mitgeteilt, dass das Widerspruchsverfahren eingestellt werde, da es sich erledigt habe, nachdem die zu seiner Person gespeicherten Daten am 25.03.2019 wegen Wegfalls der Speicherungsvoraussetzungen gelöscht worden seien. Der Kläger hat dem Eintritt einer Erledigung mit der Begründung widersprochen, dass Gegenstand seines Begehrens die Auskunft über und nicht die Löschung der Daten sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2020 hat das LKA den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen (Ziffer 1), diesem die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt (Ziffer 2) und eine Gebühr in Höhe von 253,29 Euro festgesetzt (Ziffer 3). Die Behörde hat mitgeteilt, dass es sich bei der nicht beauskunfteten Speicherung um die Ausschreibung des Klägers in POLAS BW mit dem folgenden Inhalt handelte:

„Ausschreibung als ‚Gewalttäter links‘
Zweck: Kontrolle, soweit nach Polizeirecht zulässig
Anlass: Gewalttäter links (Gefahrenabwehr)
Delikt: Versammlungsgesetz
Eingabedatum: 20.04.2012
Löschdatum: 10.04.2020“

Die insoweit verweigerte Auskunft sei gemäß § 45 PolG i.V.m. § 21 Abs. 5 LDSG a.F. rechtmäßig gewesen. Denn es habe sich um eine verdeckte polizeiliche Maßnahme gehandelt, deren Erfolg bei Bekanntwerden gegenüber dem Kläger gefährdet gewesen wäre.

Der Kläger hat daraufhin den Verpflichtungsantrag für erledigt erklärt und beantragt,

  1. den Widerspruchsbescheid aufzuheben, soweit dieser den Widerspruch zurückweist und Gebühren festsetzt,
  2. festzustellen, dass die Nichtbeauskunftung der Speicherung im polizeilichen Auskunftssystem POLAS BW:

„Ausschreibung als ‚Gewalttäter links‘
Zweck: Kontrolle, soweit nach Polizeirecht zulässig
Anlass: Gewalttäter links (Gefahrenabwehr)
Delikt: Versammlungsgesetz
Eingabedatum: 20.04.2012
Löschdatum: 10.04.2020“

rechtswidrig war.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23.12.2020 das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hätten, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat seine Entscheidung u.a. damit begründet, dass die auf die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2020 gerichtete Anfechtungsklage unzulässig sei, soweit der Kläger sich gegen die Zurückweisung seines Widerspruches wende, da dem Widerspruchsbescheid insoweit keine zusätzliche Beschwer gegenüber dem Ausgangsbescheid zukomme. Soweit die Klage sich gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr richte, sei sie zwar zulässig, aber unbegründet. Die Gebührenfestsetzung begegne keinen rechtlichen Bedenken. Denn die Rechtmäßigkeit einer Gebührenerhebung setze allein die Vornahme einer wirksamen Amtshandlung – hier den Erlass des Widerspruchsbescheides – voraus; auf die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung – hier die Zurückweisung des Widerspruchsbescheides als unzulässig – komme es dagegen nicht an.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11.10.2021 – 1 S 323/21 – die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit zugelassen, als die Klage auf die Aufhebung des Widerspruchsbescheides des LKA Baden-Württemberg vom 24.09.2020 abgewiesen worden ist.

Der Kläger hat seine Berufung am 08.11.2021 begründet und hierzu auf die Begründung des Berufungszulassungsantrages vom 24.02.2021 verwiesen, in der er geltend gemacht hat, dass es sich bei dem angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgrund der erfolgten Auskunfterteilung der Sache nach um einen Abhilfebescheid handele, so dass ihm auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht auferlegt werden könnten.

Der Kläger beantragt – wörtlich –,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.12.2020 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 24.09.2020 aufzuheben, soweit dieser den Widerspruch vom 08.01.2018 gegen den Bescheid vom 05.12.2017 zurückweist und Gebühren festsetzt.

Der Beklagte beantragt – wörtlich –,

1. die Berufung hinsichtlich der isolierten Anfechtung des Widerspruchsbescheides der in den polizeilichen Auskunftssystemen gespeicherten und mittlerweile gelöschten Daten abzuweisen und

2. die Berufung hinsichtlich der isolierten Anfechtung der Beauskunftung der gelöschten Daten zu verwerfen.

Zur Begründung führt er an: Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid sei unbegründet. Gegenstand der Prüfung im Widerspruchsverfahren sei, ob die beantragte Auskunft rechtmäßig verweigert worden sei. Der Auskunftsanspruch nach § 45 PolG a.F. i.V.m. § 21 Abs. 5 LDSG a.F. sei auf die in den polizeilichen Auskunftssystemen „gespeicherten“ personenbezogenen Daten gerichtet gewesen. Da die Auskunft zu Recht verweigert worden sei, sei der Widerspruch zurückzuweisen gewesen; der Kläger habe die Kosten zu tragen. Die isolierte Anfechtungsklage gegen die Beauskunftung der im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides in POLAS BW gelöschten Daten sei unzulässig, da es insoweit an einem belastenden Verwaltungsakt fehle. Entgegen der klägerischen Auffassung mache die Auskunft über die gelöschten Daten den Widerspruchsbescheid nicht zu einem Abhilfebescheid. Mit der Löschung der Daten habe sich vielmehr der Verfahrensgegenstand geändert. Ursprünglicher Antragsgegenstand sei die Auskunft über die gespeicherten, nicht aber die gelöschten Daten gewesen. Bei der Auskunft über die gelöschten Daten handele es sich um ein dem Selbsteintritt nach § 79 VwGO ähnliches Mittel der Widerspruchsbehörde, mit dem der Ausgangsbescheid nicht gestaltet und dem Kläger keine zusätzliche oder eigenständige Beschwer auferlegt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die beigezogene Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts – 8 K 6345/18 – verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Sie ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie genügt insbesondere den gesetzlichen Darlegungsanforderungen.

Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO muss die Begründung der Berufung einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die Berufungsbegründungsschrift muss danach erkennen lassen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsführers unrichtig sein soll und geändert werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 28.03.2022 – 1 S 1265/21 -, juris Rn. 31; BVerwG, Beschl. v. 12.04.2021 – 1 B 18.21 -, juris Rn. 5; NK-VwGO/Max-Jürgen Seibert, 5. Aufl. 2018, VwGO § 124a Rn. 107). Im Einzelfall können die Berufungsgründe auch durch eine Bezugnahme auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren dargelegt werden, wenn dieses seinerseits den Anforderungen an eine Berufungsbegründung genügt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.02.2010 – A 11 S 895/08 -, juris Rn. 23; BVerwG, Beschl. v. 30.01.2009 – 5 B 44.08 -, juris Rn. 2; OVG NRW, Beschl. v. 27.10.1998 – 10 A 3602/98 -, juris Rn. 17; Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 124a Rn. 99; NK-VwGO/Max-Jürgen Seibert, a.a.O., Rn. 124; SchochKoVwGO/Rudisile, 41. EL Juli 2021, VwGO § 124a Rn. 148).

Dies ist hier der Fall. Mit der eindeutigen Bezugnahme der Berufungsbegründungsschrift vom 08.11.2021 auf die dem Senat im Verfahren 1 S 322/21 vorliegende Begründung des Zulassungsantrages durch seinen Prozessbevollmächtigten vom 24.02.2021 macht der Kläger (noch) hinreichend deutlich, dass er ernsthafte Richtigkeitszweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit geltend macht, als dieses in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid keine Abhilfeentscheidung gesehen und eine Beschwer durch die Zurückweisung des Widerspruchs verneint hat.

II. Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit diese noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist bei sachdienlicher Auslegung der Antragstellung (1.) zulässig (2.) und begründet (3.).

1. Der Senat legt den Klageantrag unter Berücksichtigung des klägerischen Gesamtvorbringens, namentlich des mit dem Schriftsatz vom 17.11.2020 im erstinstanzlichen Verfahren und mit dem Antrag gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO im Berufungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Interesses an einer Abwendung der durch den Widerspruchsbescheid begründeten Kostenlast und Übernahme der ihm durch die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren entstandenen Kosten durch die Behörde, sachdienlich – und von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 18.01.2022 unwidersprochen – im Sinne einer statthaften Antragstellung über seinen Wortlaut hinaus dahin aus (vgl. § 88 VwGO), dass der Kläger die gerichtliche Aufhebung sämtlicher ihn belastender Regelungen im Tenor des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2020 einschließlich der Kostengrundentscheidung in Ziffer 2 erreichen möchte.

Indes ist die Klage entgegen der Annahme des Beklagten in der Berufungserwiderung nicht darauf gerichtet, die in der Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides enthaltene Mitteilung der zunächst nicht beauskunfteten weiteren Speicherung von Daten zu dem Kläger in POLAS BW anzufechten; der klägerischen Antragstellung und Begründung ist zu entnehmen, dass der Kläger insoweit – zutreffend – weder eine Regelung noch eine Beschwer sieht.

2. Die so verstandene Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere als isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid statthaft.

a) Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann der Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält.

Eine derartige zusätzliche selbständige Beschwer setzt eine weitere materielle Belastung des Klägers voraus, die regelmäßig durch die Regelungen des Tenors des Widerspruchsbescheides begründet wird (Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 79 Rn. 20; NK-VwGO/Michael Brenner, 5. Aufl. 2018, VwGO § 79 Rn. 38). Hierunter fallen auch die Nebenentscheidungen des Widerspruchsbescheides über die Kosten (Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 79 Rn. 22; Wysk/Buchheister, 3. Aufl. 2020, VwGO § 79 Rn. 7). Darüber hinaus kann eine zusätzliche selbständige Beschwer des Widerspruchsbescheides in der Zurückweisung des Widerspruchs selbst liegen, wenn hierdurch der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der Ausgangsbescheid sei bestandskräftig geworden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990 – 9 S 707/89 -, juris Rn. 48; BVerwG, Urt. v. 20.01.1989 – 8 C 30.87 -, juris Rn. 10; Urt. v. 12.04.2001 – 2 C 10/00 -, juris Rn. 18; OVG Bln-Bbg, Urt. v. 31.03.2017 – OVG 6 B 9.16 -, juris Rn. 17; OVG MV, Beschl. v. 11.07.2017 – 1 LB 92/15 -, juris Rn. 13; BeckOK VwGO/Möstl, 60. Ed. 1.10.2021, VwGO § 79 Rn. 22; SchochKoVwGO/Pietzcker, 41. EL Juli 2021, VwGO § 79 Rn. 13; jeweils für den Eintritt der Erledigung des Ausgangsbescheides vor Erlass des Widerspruchsbescheides), oder der Widerspruchsbescheid eine relevante Änderung der Sach- und Rechtslage nach Erlass des ursprünglichen Verwaltungsakts nicht berücksichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.04.1955 – V C 76.54 -, juris Rn. 22 ff.; HessVGH, Urt. v. 23.02.1988 – 9 UE 1965/85 -, NVwZ 1988, 743 <744>; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 79 Rn. 14; BeckOK VwGO/Möstl, 60. Ed. 1.10.2021, VwGO § 79 Rn. 22; NK-VwGO/Michael Brenner, 5. Aufl. 2018, VwGO § 79 Rn. 44; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 79 Rn. 11; SchochKoVwGO/Pietzcker, 41. EL Juli 2021, VwGO § 79 Rn. 13).

Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid ist danach entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO bereits dann statthaft, wenn der Vortrag des Klägers die Möglichkeit einer zusätzlichen selbständigen Beschwer in eigenen Rechten möglich erscheinen lässt (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 79 Rn. 12). Der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.2014 – 1 C 2.14 -, juris Rn. 12).

b) Die von dem Kläger erhobene Klage auf isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2020 erweist sich danach als statthaft. Denn nach seinem Vorbringen ist es nicht ausgeschlossen, dass dem im Widerspruchsverfahren noch verfolgten Begehren auf die zunächst verweigerte Auskunft über die weiteren zu seiner Person gespeicherten Daten im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides entsprochen worden ist, so dass ihn die Zurückweisung seines Widerspruches (Ziffer 1) beschwerte, weil sie den unzutreffenden Eindruck erweckte, dass die Teilablehnung der begehrten Auskunft in dem Bescheid des LKA vom 05.12.2017 bestandskräftig geworden sei.

2. Die Klage ist auch begründet. Der Widerspruchsbescheid des LKA vom 24.09.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergeht ein Widerspruchsbescheid, wenn die Behörde dem Widerspruch nicht abhilft. Dies ist hier nicht der Fall. Denn das LKA hat dem Auskunftsantrag des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides entsprochen (aa). Richtigerweise hätte der Beklagte über den Widerspruch des Klägers aber auch in dem von ihm (zunächst) angenommenen Fall einer Erledigung des Widerspruchsverfahrens nicht durch Widerspruchsbescheid entscheiden dürfen (bb).

aa) Der Beklagte hat dem Kläger die beantragte Auskunft erteilt.

Rechtsgrundlage für den von dem Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruch war im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den Widerspruch § 45 PolG in der bis zum 16.01.2021 geltenden Fassung (a.F.). Danach erteilt der Polizeivollzugsdienst nach § 21 LDSG, der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides gemäß § 30 Abs. 1 LDSG in seiner am 20.06.2018 geltenden Fassung (a.F.) Anwendung fand, Auskunft über die von ihm gespeicherten personenbezogenen Daten. Der Anspruch auf Auskunft ist nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auf noch gespeicherte Daten beschränkt, erfasst hingegen nicht bereits gelöschte Daten (vgl. Senat, Urt. v. 26.05.1992 – 1 S 668/90 -, juris Rn. 32 f.; BeckOK PolR BW/Hermesmeier/Brenz, 20. Ed. 1.10.2020, BWPolG § 45 Rn. 3; Ruder, PolR BW, 8. Aufl. 2015, Rn. 596, 601). Der Betroffene hat auch einen Anspruch auf eine Auskunft, dass über ihn keine Daten gespeichert sind (sog. „Negativauskunft“; vgl. BeckOK PolR BW/Hermesmeier/Brenz, 20. Ed. 1.10.2020, BWPolG § 45 Rn. 3; HK-IZR BW/Walter Krämer, 1. Aufl. 2017, LDSG § 21 Rn. 8; NK-BDSG/Mallmann BDSG, 7. Aufl. 2011, § 19 Rn. 23; Weichert, NVwZ 2007, S. 1004 ff. m.w.N.).

Danach kann offenbleiben, ob dem von dem Kläger im Widerspruchsverfahren weiterverfolgten Auskunftsbegehren bereits durch die sinngemäße Mitteilung des LKA in seinem Schreiben vom 12.07.2019, dass keine (weiteren) Daten zu dem Kläger (mehr) gespeichert seien, da diese zwischenzeitlich gelöscht wurden (1), oder erst durch die Nennung der zunächst nicht beauskunfteten Ausschreibung des Klägers in POLAS BW in den Gründen des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2020 (2) entsprochen wurde. Das LKA hat dem klägerischen Widerspruch jedenfalls abgeholfen; ob es hierzu verpflichtet war, kann offenbleiben (3).

(1) Der von dem Kläger im Widerspruchsverfahren noch geltend gemachte Auskunftsanspruch über die weiteren zu seiner Person „in Systemen der elektronischen Datenerfassung und -bearbeitung gespeicherten Daten“ (vgl. Auskunftsantrag v. 29.08.2017) – den er, wie sich seinem Schriftsatz vom 06.08.2019 entnehmen lässt, mit dem er dem Eintritt einer Erledigung des Widerspruchsverfahrens entgegengetreten ist, entgegen der sinngemäßen Annahme des Beklagten in der Berufungserwiderung nicht im Sinne eines unzulässigen Fortsetzungsfeststellungswiderspruchs (vgl. SchochKoVwGO/Riese, 41. EL Juli 2021, VwGO § 113 Rn. 148: NK-VwGO/Heinrich Amadeus Wolff, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 318; jeweils m.w.N.) weiterverfolgte und der sich aufgrund der anerkannten Möglichkeit einer Negativauskunft mit der Löschung der gespeicherten Daten zu der Person des Klägers auch nicht erledigt hatte – ist mit dem Schreiben vom 12.07.2019, mit dem das LKA mitteilte, dass die Daten zu dem Kläger wegen Wegfalls der Speicherungsvoraussetzungen gelöscht worden seien, in der Form einer (ergänzenden) Negativauskunft erfüllt worden, die sich in jenem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung über das weiterverfolgte Auskunftsbegehren maßgeblichen Zeitpunkt als zutreffend darstellt, da die personenbezogenen Daten des Kläger jedenfalls nicht mehr in den elektronischen Systemen gespeichert waren.

(2) Sieht man von dem Auskunftsantrag des Klägers vom 29.08.2017 über seinen Wortlaut hinaus auch die nach der Löschung der Daten in den Systemen der elektronischen Datenerfassung und -bearbeitung von dem LKA für den Zweck einer gerichtlichen Überprüfung aufbewahrten, der Speicherung zugrunde liegenden Unterlagen als erfasst an, ist dem im Widerspruchsverfahren aufrechterhaltenen Begehren, an dessen Bescheidung das LKA durch seine formlose Mitteilung vom 12.07.2019, die nicht zu einem bestandskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens führte, nicht gehindert war, mit der Mitteilung der (gelöschten) weiteren Speicherung des Klägers in POLAS BW in den Gründen des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2020 entsprochen worden.

(3) Das LKA hat dem Widerspruch des Klägers damit in jedem Falle abgeholfen. Ob es hierzu verpflichtet war, kann damit offenbleiben. Es bedarf insbesondere keiner Entscheidung, ob die Polizeibehörde verpflichtet ist, personenbezogene Daten, die im Zeitpunkt eines Auskunftsantrages gespeichert sind, trotz zwischenzeitlichen Wegfalls der Speicherungsvoraussetzungen weiter vorzuhalten, solange über das Auskunftsbegehren nicht bestandskräftig entschieden ist, und ob der Betroffene (spätestens) in diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Auskunft hat (offengelassen von Senat, Urt. v. 26.05.1992 – 1 S 668/90 -, juris Rn. 33).

bb) Das LKA hätte den Widerspruchsbescheid im Übrigen auch nach (damaliger) eigener Auffassung nicht erlassen dürfen. Denn ein Widerspruchsverfahren, dessen Gegenstand sich erledigt hat, ist einzustellen. Beharrt der Widerspruchsführer auf einer Entscheidung der Widerspruchsbehörde, ergeht ein förmlicher Einstellungsbescheid (vgl. BeckOK VwGO/Hüttenbrink, 60. Ed. 1.4.2020, VwGO § 73 Rn. 12; Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO § 73 Rn. 11; NK-VwGO/Max-Emanuel Geis, 5. Aufl. 2018, VwGO § 73 Rn. 39; a.A. SchochKoVwGO/Porsch, 41. EL Juli 2021, VwGO § 73 Rn. 42: formlose Mitteilung). Die trotz Erledigung ergangene Widerspruchsentscheidung erweckt den unzutreffenden Eindruck, dass der erledigte Ausgangsverwaltungsakt bestandskräftig geworden sei und ist deshalb aufzuheben (vgl. die Nachweise unter II. 2. a)).

b) Mit der Aufhebung der Zurückweisung des klägerischen Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid entfallen die Voraussetzungen für die den Kläger belastende Kostengrundentscheidung (Ziffer 2) gemäß § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 3 1. Hs. LVwVfG und die hieran anknüpfende Festsetzung einer Widerspruchsgebühr (Ziffer 3).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.