Bundesverwaltungsgericht – Urteil vom 24.05.2022 – Az.: BVerwG 6 C 9.20

URTEIL

BVerwG 6 C 9.20
OVG 15 A 3138/18

In der Verwaltungsstreitsache

der Frau xxx,

Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagten,

– Prozessbevollmächtigte:
1. Anwaltskanzlei Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen
2. Rechtsanwalt Dr. Philipp Schulte,
Grolmanstraße 39, 10623 Berlin –

gegen

das Land Nordrhein-Westfalen,
vertreten durch das Polizeipräsidium Aachen,
Trierer Straße 501, 52078 Aachen,

Beklagten, Berufungsbeklagten und Revisionskläger,

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller, Hahn und Dr. Tegethoff sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp

für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2020 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

GRÜNDE
I.

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein landwirtschaftliches Grundstück, das während des „Klimacamps 2017“ im rheinischen Braunkohlerevier für Schlafzelte von Campteilnehmern und für Sanitäreinrichtungen genutzt wurde, dem Klimacamp als durch Art. 8 GG geschützte Versammlung zuzurechnen war und in den Anwendungsbereich des (Bundes-) Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz – VersammlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789) fiel, das zur entscheidungserheblichen Zeit in Nordrhein-Westfalen gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG fort galt und zuletzt durch Gesetz vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2366) geändert worden war.

Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 24. Juli und 7. August 2017 das Klimacamp als öffentliche Versammlung unter freiem Himmel nach § 14 VersammlG bei dem Polizeipräsidium Aachen als Versammlungsbehörde an. Das Camp finde in der Zeit vom 18. bis 29. August 2017 auf einer Wiese im Norden des bei Bedburg gelegenen Peringsmaars statt. Die Versammlungsteilnehmer brächten durch ihren mehrtägigen Aufenthalt vor Ort ihren persönlichen und gemeinschaftlichen Protest gegen die Zerstörung von gewachsenen Ortschaften sowie von Umwelt und Klima durch den Abbau und die Verstromung von Braunkohle zum Ausdruck. Sie lebten über mehrere Tage eine basisdemokratische und umweltverträgliche Art des Miteinanders als Gegenentwurf zu der herrschenden zerstörerischen Verwertungslogik praktisch vor. Die „Degrowth-Sommerschule 2017“ mit diversen Teilnahmeformaten sei Teil der Versammlung. Die Zahl der teilnehmenden Personen werde schwanken, sich aber auf höchstens 6.000 gleichzeitig Anwesende belaufen. Es würden Zirkuszelte, Feldküchen, Versorgungs- und Veranstaltungszelte, eine Bühne, eine Lautsprecheranlage, Generatoren und Komposttoiletten aufgestellt. Ferner werde Platz für als Schlafgelegenheit dienende Zelte der Teilnehmer und für Sanitäranlagen vorgehalten.

Mit Verfügung vom 14. August 2017 bestätigte das Polizeipräsidium Aachen das Klimacamp „vorsorglich“ als Versammlung, wobei es sich auf den von dem Bundesverfassungsgericht mit Kammerbeschluss vom 28. Juni 2017 – 1 BvR 1387/17 – (NVwZ 2017, 1374) gewährten Eilrechtsschutz für ein sog. Protestcamp während des G 20-Gipfels im Sommer 2017 in Hamburg bezog. Durch eine auf § 15 Abs. 1 VersammlG gestützte Auflage untersagte es die Durchführung auf der in der Anmeldung genannten Wiese und wies der Klägerin stattdessen eine ehemalige Kiesgrube sowie einen Sportplatz in Erkelenz als Versammlungsort zu. Nachdem die Klägerin das landwirtschaftliche Grundstück Flurstück 55, Flur xxx (im Folgenden: Flurstück 55) gemietet hatte, erklärte sie mit Schreiben vom 18. August 2017, dass das Klimacamp auf dieser Fläche sowie auf dem benachbarten Sportplatz in Erkelenz stattfinde. Mit Verfügung vom 18. August 2017 änderte das Polizeipräsidium Aachen die unter dem 14. August 2017 erlassene Ortsauflage ab und wies der Klägerin nunmehr das Flurstück 55 und den Sportplatz in Erkelenz als Versammlungsflächen zu. Auf dem Sportplatz dürften Versammlungsteilnehmer ihre Schlafzelte errichten.

Nachdem der Sportplatz in Erkelenz mit Schlafzelten von Campteilnehmern belegt war, gab die Klägerin intern ein weiteres von ihr angemietetes landwirtschaftliches Grundstück – das in einer Entfernung von 800 Metern zu dem Flurstück 55 gelegene Flurstück 65, Flur xxx (im Folgenden: Flurstück 65) – als zusätzliche Fläche für das Aufstellen von Schlafzelten und von Sanitäreinrichtungen frei. Mit Schreiben vom 22. August 2017 teilte sie dem Polizeipräsidium Aachen mit, das Flurstück 65 sei Teil des Klimacamps. Hierauf erließ das Polizeipräsidium am gleichen Tag eine Verfügung, mit der es das Flurstück 65 als Versammlungsfläche ablehnte. Aus versammlungsrechtlicher Sicht bestehe keine rechtliche Grundlage dafür, die Fläche, auf der faktisch keine Versammlung durchgeführt werde, auf der vielmehr Schlafzelte und Sanitäranlagen aufgestellt seien und die im Unterschied, zu dem in gleicher Weise genutzten Sportplatz in Erkelenz nicht im Eigentum der öffentlichen Hand stehe, dem (vorsorglich) als Versammlung bewerteten Klimacamp zugehörig zu erklären.

Am 14. März 2018 hat die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben, dass die Verfügung des Polizeipräsidiums Aachen vom 22. August 2017 rechtswidrig gewesen sei, soweit darin das Flurstück 65 als Versammlungsfläche abgelehnt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht in der Form eines Beschlusses nach § 130a VwGO das erstinstanzliche Urteil geändert und die von der Klägerin begehrte Feststellung getroffen. Die Klage sei als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Die Klage sei begründet, weil das Flurstück 65 auf Grund seiner Nutzung in der gegebenen Versammlungssituation unmittelbar – also auch nicht nur im Wege einer Vorwirkung – von dem Schutz durch Art. 8 GG umfasst und das Versammlungsgesetz anwendbar gewesen sei. Für das Klimacamp als solches mit dem Flurstück 55 als zentralem Veranstaltungsgelände sei der Schutzbereich des Art. 8 GG eröffnet gewesen. Die in dem Camp in der Nähe des Braunkohletagebaus Garzweiler zusammengekommenen Personen hätten nach den Angaben der Klägerin in Bezug auf die Themen des Klimaschutzes sowie der Energiegewinnung und Energieversorgung kollektiv auf die öffentliche Meinungsbildung einwirken wollen. Dem habe nicht entgegengestanden, dass das Klimacamp als Dauerveranstaltung konzipiert gewesen sei. Die in das Camp integrierten Veranstaltungen der „Degrowth Sommerschule 2017“ hätten überwiegend einen engen thematischen Bezug zu dem Gegenstand des Klimacamps aufgewiesen und dessen Versammlungseigenschaft nach dem Gesamtgepräge nicht entfallen lassen. Die Versammlungsqualität des Klimacamps habe sich auf die Übernachtungsfläche auf dem Flurstück 65 als infrastrukturelle Begleiteinrichtung des Camps erstreckt. Infrastrukturelle Ergänzungen einer Versammlung seien dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit unmittelbar zuzuordnen, wenn sie nach dem an einem objektiven Maßstab gemessenen Vorbringen der Veranstalter zur Verwirklichung des Versammlungszwecks funktional, symbolisch oder konzeptionell im Sinne der konkreten kollektiven Meinungskundgabe notwendig seien. Diese Voraussetzung sei in Bezug auf das Klimacamp durch die Nutzung des Flurstücks 65 in Gestalt der Schlafzelte von Versammlungsteilnehmern und Sanitäranlagen und damit auch durch das Flurstück 65 als solches erfüllt gewesen. Die Möglichkeit der Teilnahme an dem Camp als Dauerversammlung habe wegen dessen Veranstaltung in der ländlichen Region des rheinischen Braunkohletagebaus, in der alternative Übernachtungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung gestanden hätten, von einer temporär einzurichtenden Infrastruktur abgehangen. Diese infrastrukturelle Funktion habe neben dem Sportplatz in Erkelenz das ca. 800 Meter von dem Flurstück 55 als zentraler Veranstaltungsfläche entfernte, fußläufig erreichbare und deshalb dem Klimacamp auch in räumlicher Hinsicht zuzuordnende Flurstück 65 erfüllt, indem es den Versammlungsteilnehmern eine Übernachtungsgelegenheit geboten habe. Es habe eine konzeptionelle, inhaltliche und räumlich-funktionale Verknüpfung des Flurstücks 65 mit der Versammlung in dem Sinne bestanden, dass diese ohne die zusätzliche Übernachtungsfläche auf dem Flurstück 65 nicht hätte stattfinden können. Ein weitergehender thematisch-konzeptioneller Bezug sei nicht erforderlich gewesen. Insbesondere sei unschädlich, dass auf der Übernachtungsfläche selbst keine Meinungskundgabe stattgefunden habe. Auch komme es nach diesem Sachverhalt auf weitere Protestaktionen in Gestalt von Mahnwachen in unmittelbarer Nähe des Braunkohletagebaus nicht an.

Der Beklagte begehrt mit seiner von dem Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen klageabweisenden Urteils. Er verweist auf die räumliche Distanz zwischen der Veranstaltungsfläche auf dem Flurstück 55 und dem Flurstück 65. Ein funktional-versammlungsspezifischer, nicht lediglich auf eine erleichterte Erreichbarkeit der Veranstaltungsfläche bezogener Einsatz des „Zeltlagers“ auf dem Flurstück 65 habe nicht bestanden. Werde ein solches Lager ohne funktional-versammlungsspezifischen Charakter zur Versammlung erklärt, könne diese nur auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes und nicht nach dem allgemeinen Polizei- und Ordnungs-recht eingeschränkt werden. Es bestehe die Gefahr, dass in ähnlich gelagerten Fällen das bloße Campieren und das dauerhafte Belagern von Grundstücken als Versammlung angemeldet und unter den besonders hohen Schutz des Versammlungsrechts gestellt werde, ohne dass es noch auf eine Meinungskundgabe ankomme. Jedenfalls hätten hier die Veranstaltungsteilnehmer morgens vor dem Beginn des Tagesprogramms anreisen und nach dessen Ende abends wie-der abreisen können. Auch habe auf dem Flurstück 55 und dem Sportplatz genügend Platz zum Aufstellen von Schlafzelten und von Sanitäranlagen zur Verfügung gestanden.

Die Klägerin erstrebt die Zurückweisung der Revision. Das Berufungsgericht habe ihre Klage zutreffend als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 43 VwGO behandelt und dieser Erfolg beigemessen.

II.

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet und deshalb nach § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Klägerin hat die von ihr erhobene Klage sinngemäß auf die Feststellung gerichtet, dass das Flurstück 65 mit seiner Nutzung als Übernachtungsfläche im Rahmen des „Klimacamps 2017“ im Rheinland durch Schlafzelte von Campteilnehmern und Sanitäranlagen dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterfiel und die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes anwendbar waren. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ohne Verletzung von Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO stattgegeben. Es hat die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO zutreffend als zulässig (1.) und begründet (2.) erachtet.

1. Nach § 43 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 43 Abs. 1 VwGO) und soweit er seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese Voraussetzungen sind für die von der Klägerin erhobene Klage erfüllt.

a. Zwischen den Beteiligten war eine Rechtsbeziehung in Gestalt eines konkreten, streitigen und mithin feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses dadurch entstanden, dass das Polizeipräsidium Aachen in der Verfügung vom 22. August 2017 der Sache nach festgestellt hatte, das von der Klägerin als Bestandteil des Klimacamps vorgesehene Flurstück 65 sei von dem durch die speziellen Bestimmungen des Versammlungsgesetzes ausgestalteten unmittelbaren Grundrechtsschutz aus Art. 8 GG nicht umfasst gewesen. Hierin lag spiegelbildlich die Feststellung der Anwendbarkeit des allgemeinen bzw. sonstigen Polizei- und Ordnungsrechts durch die dafür zuständigen Behörden, bei der allenfalls eine Vor- oder Nachwirkung des Schutzes aus Art. 8 GG bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung einer Maßnahme zu berücksichtigen ist (vgl. dazu allgemein: BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15 – BVerfGE 150, 244 Rn. 136; BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2007 – 6 C 39.06 – BVerwGE 129, 142 Rn. 30, 37 ff. und vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 – BVerwGE 160, 169 Rn. 16, 21, 24 ff., 48; Beschluss vom 3. Mai 2019 – 6 B 149.18 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 116 Rn. 8 f.).

b. Die Klägerin verfügt über das erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung wegen der Gefahr einer Wiederholung eines vergleichbaren behördlichen Vorgehens unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen (vgl. zur Wiederholungsgefahr als einer anerkannten Fallgruppe des Feststellungsinteresses: BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 – BVerwGE 160, 169 Rn. 20). Das Oberverwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht in nicht zu beanstandender Weise auf die Absicht der Klägerin abgestellt, auch künftig Klimacamps mit gegebenenfalls mehrtägiger Dauer am Braunkohletagebau in Garzweiler durchzuführen, und insoweit ein Bedürfnis für eine Übernachtungsfläche wie die hier in Rede stehende als absehbar erachtet. Ebenfalls keiner Korrektur bedarf im Rahmen der revisionsgerichtlichen Ermittlung von Prozesstatsachen die hieran anschließende Prognose des Oberverwaltungsgerichts, auch in Zukunft werde die Qualifikation des jeweiligen Areals als unter den unmittelbaren Schutz aus Art. 8 GG fallende Versammlungsfläche in Frage stehen. In rechtlicher Hinsicht ist zwar insoweit eine Änderung eingetreten, als im Land Nordrhein-Westfalen mit Wirkung zum 7. Januar 2022 das (Bundes-) Versammlungsgesetz durch das Versammlungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ersetzt worden ist (Art. 1 des Gesetzes zur Einführung eines nordrhein-westfälischen Versammlungsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 17. Dezember 2021, GV. NRW. 2022 S. 2). Diese Änderung hat jedoch keinen Einfluss auf die Abgrenzung der vergleichsweise engen Befugnisse der zuständigen Versammlungsbehörde auf der Grundlage des – nunmehr landesrechtlich geregelten – Versammlungsrechts von den durch das sonstige Polizei- und Ordnungsrecht verliehenen behördlichen Kompetenzen.

c. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert schließlich nicht an dem Subsidiaritätsgebot des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann nicht auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO betreffend die Rechtswidrigkeit der mit der Beendigung des Klimacamps Ende August 2017 gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG NRW wegen Zeitablaufs erledigten Verfügung vom 22. August 2017 verwiesen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO seinem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und anzuwenden. Die Vorschrift steht der Feststellungsklage nicht entgegen, wenn eine Umgehung der besonderen Bestimmungen für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen – bzw. für an deren Stelle tretende Fortsetzungsfeststellungsklagen – nicht droht und die Feststellungsklage den effektiveren Rechtsschutz bietet (BVerwG, Urteile vom 29. April 1997 – 1 C 2.95 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 S. 9, vom 16. Mai 2007 – 6 C 23.06 – BVerwGE 129, 42 Rn. 13 und vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 12). Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage, die einen vor Klageerhebung und vor Eintritt der Bestandskraft erledigten Verwaltungsakt zum Gegenstand hat, ist nicht an die Einhaltung der Klagefrist aus § 74 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999 – 6 C 7.98 – BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 113 Rn. 128). Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Klägerin die Feststellungsklage erst am 14. März 2018 erhoben hat, obwohl ihr die Verfügung vom 22. August 2017 am Tag ihres Erlasses bekanntgegeben worden war. Auch bietet die Feststellungsklage im Vergleich mit einer auf die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 22. August 2017 bezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage wirkungsvolleren Rechtsschutz. Sie ermöglicht es, den die Beteiligten in erster Linie interessierenden versammlungsrechtlichen Schutz des Klimacamps einschließlich der von diesem in Anspruch genommenen Infrastruktur in den Mittelpunkt der Entscheidung zu stellen, unabhängig von der Frage nach der jedenfalls nicht ohne Weiteres ersichtlichen Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung vom 22. August 2017, die im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage vorrangig zu behandeln wäre (entsprechend für eine strukturell vergleichbare Konstellation: BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 – 6 C 23.06 – BVerwGE 129, 42 Rn. 13 und vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 12).

2. Für die Entscheidung über die Begründetheit der Klage hat das Oberverwaltungsgericht in sachgerechter Strukturierung der mit der Eigenschaft des Klimacamps als einem sog. Protestcamp verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Problematik (a.) eine Beurteilung in zwei Schritten vorgenommen (zu dem Erkenntniswert eines derartigen Vorgehens: Fischer, NVwZ 2022, 353 <354>). Es hat in einem ersten Schritt zutreffend festgestellt, dass dem Klimacamp als solchem die von dem Polizeipräsidium Aachen nur „vorsorglich“ angenommene rechtliche Eigenschaft einer Versammlung im Sinne von Art. 8 GG – und damit auch im Sinne von § 1 Abs. 1 VersammlG – zukam (b.). Es hat sodann in einem zweiten Schritt ebenso zutreffend entschieden, dass das als Übernachtungsfläche genutzte Flurstück 65 als infrastrukturelle Einrichtung des Klimacamps von dessen unmittelbarem, durch das Versammlungsgesetz ausgestalteten Schutz aus Art. 8 GG umfasst war (c.).

a. Das Klimacamp unterfiel der Kategorie der sog. Protestcamps. Bei diesen Camps handelt es sich um eine neuere, zunehmende Verbreitung findende Form kollektiven Protests. Sie werden typischerweise an einem Ort veranstaltet, der einen Bezug zu dem jeweils inmitten stehenden Thema hat. Der Charakter der Protestcamps wird allerdings mehr noch als durch ihren Ortsbezug durch ihre zeitliche Dauer geprägt. Es handelt sich um Veranstaltungen mit einer zeitlichen Perspektive von einigen Tagen bis in Einzelfällen auch zu mehreren Jahren. Aus diesem Charakter als Dauerveranstaltungen erwächst ein spezifischer Bedarf der Campteilnehmer an Infrastruktur, insbesondere in Form von Verpflegungs-, Übernachtungs- und Sanitäreinrichtungen, die am Veranstaltungsort der Camps in erheblichem Umfang Raum in Anspruch nehmen können (dazu im Einzelnen etwa: Hartmann, NVwZ 2018, 200 ff.; Friedrich, DÖV 2019, 55 <56, 60 f.>; Fischer, NVwZ 2022, 353 ff.). Das Bundesverfassungsgericht ist bisher nur im Rahmen des verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutzes mit der Problematik der Protestcamps befasst gewesen. Es hat sie dort als weitgehend ungeklärt bezeichnet und sie einer Aufbereitung durch die Fachgerichte mit einem sich gegebenenfalls anschließenden verfassungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Juni 2017 – 1 BvR 1387/17 – NVwZ 2017, 1374 Rn. 21 ff.; dies bestätigend: BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. August 2020 – 1 BvQ 94/20 – NVwZ 2020, 1508 Rn. 13).

b. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Einstufung eines Protestcamps als einer durch Art. 8 GG und das Versammlungsgesetz geschützten Versammlung nach den hierfür in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Maßstäben (aa.) sein Charakter als Dauerveranstaltung grundsätzlich nicht entgegensteht (bb.). Es hat sodann in Anwendung dieser Maßstäbe die Versammlungseigenschaft des Klimacamps in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht (cc.).

aa. Eine Versammlung ist in ihrem Kern eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 u. a. – BVerfGE 104, 92 <104>, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 – BVerfGE 128, 226 <250>; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 – 6 C 23.06 – BVerwGE 129, 42 Rn. 15, vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 14 und vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 – BVerwGE 160, 169 Rn. 25). Aus der grundrechtlich verbürgten Versammlungsfreiheit folgt das Recht der Grundrechtsträger, insbesondere des Veranstalters, selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 u. a. – BVerfGE 69, 315 <343>, vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/91 u. a. – BVerfGE 87, 399 <406> und vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 u. a. – BVerfGE 104, 92 <111>; Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 – BVerfGE 128, 226 <251>; BVerwG, Beschluss vom 8. Januar 2021 – 6 B 48.20 – NWVBl 2021, 239 Rn. 13). Die Versammlungsbehörde kann dieses Recht unter den in § 15 VersammlG geregelten Voraussetzungen einschränken (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 u. a. – BVerfGE 69, 315 <352 f.> und vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 u. a. – BVerfGE 104, 92 <111>; BVerwG, Beschluss vom 8. Januar 2021 – 6 B 48.20 – NWVBl 2021, 239 Rn. 13).

In ihrer nach herkömmlichem Verständnis idealtypischen Ausformung als Demonstration besteht eine Versammlung in der gemeinsamen körperlichen Sichtbarmachung von Überzeugungen, wobei die Teilnehmer einerseits in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 u. a. – BVerfGE 69, 315 <345>; Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 – BVerfGE 128, 226 <250>). Der durch die Versammlungsfreiheit bewirkte Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst auch solche, auf denen die Teilnehmer ihre Meinung auf andere Art und Weise – auch in nicht verbalen Formen – zum Ausdruck bringen (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 – BVerfGE 69, 315 <343>, vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/91 u. a. – BVerfGE 87, 399 <406> und vom 27. Oktober 2016 – 1 BvR 458/10 – BVerfGE 143, 161 Rn. 110; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 – 6 C 23.06 – BVerwGE 129, 42 Rn. 15 und vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 14).

Der Versammlungsbegriff ist generell offen für Fortschreibungen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Juni 2017 – 1 BvR 1387/17 – NVwZ 2017, 1374 Rn. 22). Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob eine derart gemischte Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Kann ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festgestellt werden, bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Juli 2001 – 1 BvQ 28/01 u. a. – NJW 2001, 2459 <2461>; Beschluss vom 27. Oktober 2016 – 1 BvR 458/10 – BVerfGE 143, 161 Rn. 112 f.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 – 6 C 23.06 – BVerwGE 129, 42 Rn. 16 ff. und vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 14, 22).

bb. Vor dem Hintergrund des in Art. 8 GG wurzelnden Rechts des Veranstalters einer Versammlung, selbst unter anderem über deren Zeitpunkt und damit auch über deren Dauer zu bestimmen, sowie dem hieraus weithin abgeleiteten Grundsatz, dass es keine zeitlichen Höchstgrenzen für Versammlungen gibt (vgl. etwa: VGH München, Urteil vom 8. März 2022 – 10 B 21.1694 – juris Rn. 83; Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck/Huber/Voßkuhle <Hrsg.>, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2018, Art. 8 Rn. 21; Kniesel, in: Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze, 18. Aufl. 2019, Teil I Rn. 160 f.; tendenziell a. A.: Dürig-Friedl, in: dieselbe/Enders, Versammlungsrecht, 1. Aufl. 2016, Einl. Rn. 27), steht allein der Charakter eines Protestcamps als einer auf längere Dauer angelegten Veranstaltung seiner rechtlichen Einordnung als Versammlung grundsätzlich nicht entgegen.

Im Rahmen der außerhalb des Selbstbestimmungsrechts des Veranstalters liegenden, den zuständigen Behörden und ggf. angerufenen Gerichten zustehenden rechtlichen Beurteilung, ob eine Veranstaltung den Versammlungsbegriff erfüllt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Juli 2001 – 1 BvQ 28/01 u. a. – NJW 2001, 2459 <2461>), kann eine andere Annahme in dem Fall eines Camps mit einer absehbar sehr langen, etwa auf viele Monate oder gar Jahre angelegten Dauer gerechtfertigt sein. Eine solche extrem lange Dauer kann ein Indiz dafür sein, dass mit dem Camp tatsächlich kein versammlungsspezifischer Zweck verfolgt wird. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Erklärungen an, die der Veranstalter bei der Anmeldung oder im Rahmen von anschließenden Kooperationsgesprächen gegenüber der Versammlungsbehörde abgegeben hat. Der Veranstalter eines Protestcamps muss zwar nicht – gleichsam einem Schema gehorchend – mit der Anmeldung ein lückenloses Konzept mit konkreten Programmpunkten vorlegen (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. September 2020 – 1 BvR 2151/20 – NVwZ 2020, 1505 Rn. 17). Seinen Angaben muss sich jedoch nach objektivem Verständnis ein auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteter kommunikativer Zweck entnehmen lassen. Da es sich bei einem Protestcamp um eine Dauerveranstaltung handelt, ist der Veranstalter gehalten, den versammlungsspezifischen Zweck im Sinne einer auf die voraussichtliche Dauer bezogenen Gesamtkonzeption zu substantiieren.

Zur Verhinderung von durch die Dauer eines Protestcamps hervorgerufenen, nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen von Rechten Dritter oder öffentlichen Belangen bedarf es keines Ansetzens an dem Versammlungsbegriff. Denn die Versammlungsbehörde kann das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über die Dauer einer als Versammlung zu qualifizierenden Veranstaltung nach § 15 Abs. 1 VersammlG bei einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in angemessener Weise einschränken. Der Erlass einer die Dauer eines Protestcamps beschränkenden Verfügung stellt ein probates Mittel dar, um unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine praktische Konkordanz zwischen dem durch eine solche Veranstaltung ausgeübten Grundrecht der Versammlungsfreiheit und den Rechten Dritter sowie den betroffenen öffentlichen Belangen herzustellen. Dabei erlangen die letztgenannten Rechte und Belange im Rahmen der Abwägung ein umso höheres Gewicht, je länger ein Protestcamp absehbar dauern wird.

cc. Das Oberverwaltungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm bindend festgestellten Tatsachen durch eine nicht zu beanstandende Einzelfallwürdigung zu der Einschätzung gelangt, dass es sich bei dem Klimacamp um eine Versammlung im Sinne des Art. 8 GG und des Versammlungsgesetzes gehandelt hat.

Das Oberverwaltungsgericht hat für die Beurteilung der Versammlungseigenschaft des Klimacamps nicht nur das Flurstück 55 als das eigentliche Veranstaltungsgelände, sondern auch die für die Übernachtung von Campteilnehmern genutzten Flächen – den dem Veranstaltungsgelände benachbarten Sportplatz in Erkelenz und das 800 Meter entfernte Flurstück 65 – in den Blick genommen. Es hat die von dem Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffene und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindende Tatsachenfeststellung getroffen, dass diese Flächen eine räumliche Einheit gebildet haben. Das Oberverwaltungsgericht hat ferner in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass die Aktivitäten auf dem Flurstück 55 nach objektivem Verständnis des von der Klägerin im Zusammenhang mit der Versammlungsanmeldung dargelegten Gesamtkonzepts während der gesamtem vorgesehenen zwölftägigen Dauer des Camps am Ort des Braunkohleabbaus auf einen Protest gegen die durch diesen Abbau verursachte Umwelt- und Klimazerstörung sowie auf die durchgehende Praktizierung einer umweltverträglichen Art des Zusammenlebens gerichtet waren. Den dergestalt auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezogenen Zweck hat das Oberverwaltungsgericht nach dem von ihm gewürdigten Gesamtgepräge des Klimacamps als entscheidend beurteilt. Es hat diesen Zweck weder durch die in das Camp integrierte „Degrowth-Sommerschule 2017“ noch durch die Nutzung des Sportplatzes in Erkelenz und des Flurstücks 65 als bloße Übernachtungsflächen in beachtlicher Weise beeinträchtigt gesehen. Diese Würdigung lässt eine Verletzung der dargestellten Maßstäbe des revisiblen Rechts nicht erkennen.

c. Eine infrastrukturelle Einrichtung eines als Versammlung zu beurteilenden Protestcamps unterfällt dem unmittelbaren, durch das Versammlungsgesetz ausgestalteten Schutz durch Art. 8 GG nicht nur dann, wenn sie einen inhaltlichen Bezug zu der mit dem Camp bezweckten Meinungskundgabe aufweist. Vielmehr wird ihr dieser Schutz auch dann zuteil, wenn sie für das konkrete Camp logistisch erforderlich und ihm räumlich zuzurechnen ist. Diesen Ansatz hat das Oberverwaltungsgericht in der Sache seiner Entscheidung im Einklang mit revisiblem Recht zu Grunde gelegt (aa.). Ein Grundstück, das für eine derartige infrastrukturelle Einrichtung genutzt wird, steht nach der zutreffenden Einschätzung der Vorinstanz in Bezug auf seinen versammlungsrechtlichen Schutz dieser Nutzung gleich. Dies gilt auch für ein im Eigentum einer Privatperson stehendes Grundstück, auf dem eine solche Nutzung mit Einwilligung des Eigentümers stattfindet (bb.). Das Oberverwaltungsgericht hat nach diesen Maßgaben das Flurstück 65 als infrastrukturelle Einrichtung des Klimacamps unmittelbar durch Art. 8 GG geschützt gesehen, was im Revisionsverfahren nicht in Frage zu stellen ist (cc.).

aa. Zur Kennzeichnung der materiellen Beziehung, die zwischen einem als Versammlung zu qualifizierenden Protestcamp einerseits und einer infrastrukturellen Einrichtung andererseits bestehen muss, damit letztere unmittelbar an dem versammlungsgesetzlich ausgestalteten Schutz des Camps aus Art. 8 GG teilhat, wird weithin – vor allem in der Instanzrechtsprechung – die Formel des funktionalen bzw. symbolischen Bezugs verwandt (vgl. hierzu und zum Folgenden die Nachweise bei Fischer, NVwZ 2022, 353 <355 ff.>). Überwiegend wird ein derartiger Bezug nur dann bejaht, wenn eine inhaltliche Verknüpfung der infrastrukturellen Einrichtung mit der konkreten Meinungskundgabe besteht. Von anderen Stimmen wird es demgegenüber als hinreichend erachtet, dass eine infrastrukturelle Einrichtung für die Veranstaltung des Camps logistisch erforderlich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich im Ergebnis der letztgenannten Einschätzung angeschlossen, es aber nicht als ausgeschlossen erachtet, dass der erforderliche Bezug auch – im Sinne der erstgenannten Ansicht – inhaltlicher Natur sein kann. Mit diesem Ansatz befindet sich das Oberverwaltungsgericht im Einklang mit revisiblem Recht.

Die Forderung nach einem inhaltlichen Bezug entspricht im Ergebnis dem anerkannten Kriterium für die Einbeziehung von in anderen Versammlungsformen verwandten Gegenständen in den unmittelbaren Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (vgl. dazu: BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Juni 2014 – 1 BvR 2135/09 – NVwZ 2014, 1453 Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 22. August 2007 – 6 C 22.06 – Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 18 f.). Es bestehen keine Bedenken dagegen, infrastrukturelle Einrichtungen, die diesem Kriterium genügen, in den Schutz eines als Versammlung zu beurteilenden Protestcamps einzubeziehen. Indes kann es hiermit nicht sein Bewenden haben. Soll nicht die Einordnung eines Protestcamps als durch Art. 8 GG und das Versammlungsgesetz geschützte Dauerversammlung leerlaufen, muss dieser Schutz auch diejenigen infrastrukturellen Einrichtungen umfassen, die – diesem Camp räumlich zuzurechnen – für dessen Veranstaltung in logistischer Hinsicht erforderlich sind, ohne die das Camp also nicht veranstaltet werden könnte (in diesem Sinne durch die Annahme einer Ergänzung eines originären durch einen akzessorischen Infrastrukturschutz: Friedrich, DÖV 2019, 55 <58 ff.>; Fischer, NVwZ 2022, 353 <358>; Höfling, in: Sachs <Hrsg.>, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 8 Rn. 26; Hong, in: Peters/Janz <Hrsg.>, Handbuch Versammlungsrecht, 2. Aufl. 2021, B Rn. 22 ff.).

Durch den Bezug der logistischen Erforderlichkeit von infrastrukturellen Einrichtungen auf das jeweilige konkrete Protestcamp und das Erfordernis ihres qualifizierten räumlichen Zusammenhangs mit diesem ist ausgeschlossen, dass Infrastruktur, die allein der Beherbergung von Personen dienen soll, welche an anderweitig – außerhalb des konkreten Camps – stattfindenden Versammlungen teilnehmen wollen, in den versammlungsrechtlichen Schutz dieses Camps einbezogen wird. Eine derartige Infrastruktur kann, wie der Senat bereits entschieden hat, allenfalls mit Blick auf die anderweitig stattfindenden Versammlungen von den Vorwirkungen des Art. 8 GG erfasst sein (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 – BVerwGE 160, 169 Rn. 27 ff.), was – wie bereits erwähnt – der Anwendbarkeit des allgemeinen bzw. sonstigen Polizei- und Ordnungsrechts durch die dafür zuständigen Behörden grundsätzlich nicht entgegensteht.

bb. Gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Grundstück, welches für eine in den versammlungsrechtlichen Schutz eines Protestcamps einbezogene infrastrukturelle Einrichtung genutzt wird, deren versammlungsrechtliche Einordnung teilt, ist nichts zu erinnern. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem in der Verfügung des Polizeipräsidiums Aachen vom 22. August 2017 hervorgehobenen Umstand keine Bedeutung beigemessen hat, dass das Flurstück 65 – anders als der ebenfalls von Teilnehmern des Klimacamps als Übernachtungsfläche genutzte Sportplatz in Erkelenz – nicht im Eigentum der öffentlichen Hand stand, sondern Eigentum einer Privatperson war. Der Eigentümer des Flurstücks 65 hatte unstreitig auf der Grundlage eines mit der Klägerin geschlossenen Mietvertrags in die Nutzung des Grundstücks für das Klimacamp eingewilligt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Wirkbereich des Grundrechts der Versammlungsfreiheit auch auf Privatgrundstücken in vollem Umfang eröffnet ist, wenn auf diesen mit Einwilligung des Eigentümers eine Versammlung stattfindet (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 – BVerfGE 128, 226 <253>; Götz/Geis, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 16. Aufl. 2017, § 23 Rn. 12).

cc. Das Oberverwaltungsgericht hat vor dem Hintergrund der von ihm bindend festgestellten Tatsachen durch eine in der Sache fehlerfreie Würdigung des Einzelfalls entschieden, dass das Flurstück 65 eine von Art. 8 GG unmittelbar geschützte infrastrukturelle Einrichtung des Klimacamps dargestellt hat.

Wie bereits dargelegt, hat das Oberverwaltungsgericht die Tatsachenfeststellung getroffen, dass sämtliche von dem Klimacamp in Anspruch genommenen Flächen eine räumliche Einheit gebildet haben. Die Vorinstanz hat in tatsächlicher Hinsicht weiter festgestellt, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an dem als Dauerversammlung konzipierten Klimacamp (auch) von der infrastrukturellen Funktion des Flurstücks 65 als Übernachtungsfläche – das heißt der Nutzung der Fläche durch Schlafzelte von Campteilnehmern und durch Sanitäranlagen – abhing, dass alternative Unterkunftsmöglichkeiten in der ländlichen Region des Braunkohletagebaus Garzweiler nicht zur Verfügung standen, dass das Camp ohne die Nutzung des Flurstücks 65 als Übernachtungsfläche nicht hätte stattfinden können und dass es insoweit auf weitere Protestaktionen in Gestalt von Mahnwachen in unmittelbarer Nähe des Braunkohletagebaus nicht ankam. Der Beklagte hat keine dieser Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen. Ausgehend von diesen Feststellungen hat das Oberverwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise darauf geschlossen, dass das dem Klimacamp räumlich zugehörige Flurstück 65 auf Grund seiner Nutzung jedenfalls für die Veranstaltung des Camps logistisch erforderlich war und deshalb als infrastrukturelle Einrichtung des Camps in dessen unmittelbaren Schutz aus Art. 8 GG in seiner Ausgestaltung durch das Versammlungsgesetz einbezogen war.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG).