Tacheles Rechtsprechungsticker KW 35/2022

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 18. Mai 2022 (B 7/14 AS 27/21.R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Die Ausfertigung einer Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU bei einer im Bundesgebiet freiberuflich tätigen Person setzt voraus, dass hier eine erwerbsorientierte Betätigung mittels einer bestimmten Einrichtung oder Organisation auf unbestimmte Zeit tatsächlich ausgeübt wird, ohne dass der hierbei erzielte Gewinn das notwendige Existenzminimum abdecken muss.

Die Anmeldung eines Gewerbes (hier: „Küchenhilfe, Reinigungskraft, Aushilfe im Hotel“) als solche reicht in diesem Zusammenhang nicht aus und steht einer Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II durch das Jobcenter nicht entgegen, sofern keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine dementsprechende Ausübung dieser selbstständigen Tätigkeit bestehen.

1.2 – Bundessozialgericht, Urteil vom 24. März 2022 (B 10 ÜG 2/20.R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Ein von einem Bezieher von Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) entsprechend § 198 GVG geltend gemachter Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer in Geld geht nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf das zuständige Jobcenter über.

Es handelt sich hier um kein gemäß § 11a Abs. 3 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen, da keine Zweckidentität zu den Leistungen entsprechend den §§ 19 ff. SGB II besteht. Der Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG bezweckt nicht die Zurverfügungstellung von Mitteln für den notwendigen Lebensunterhalt, sondern den Ersatz eines bedingt durch die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens erlittenen immateriellen Schadens.

Den Tatsachengerichten ist – vorbehaltlich besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls – in Angelegenheiten nach dem SGB II eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten je Instanz zuzubilligen. Hier handelt es sich um keine unangemessene Verfahrensdauer, die durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt zu sein hat. Diese Zwölfmonatsregel sorgt in der sozialgerichtlichen Praxis für Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit.

Von der Zeit eines krankheitsbedingten Verfahrensstillstands muss ein Kläger aber nicht pauschal drei Monate entschädigungslos hinnehmen.

Eine Erkrankung des zuständigen Richters stellt keine lediglich äußere Einwirkung auf ein sozialgerichtliches Verfahren dar, sondern fällt in den Verantwortungs- und Einflussbereich des jeweiligen Gerichts und damit der Justiz. Diesen obliegt es, hier eine erforderliche Vertretung sicherzustellen und hiermit dem Justizgewährleistungsanspruch umfassend zu entsprechen. Eine unzureichende sachliche oder personelle Ausstattung der Sozialgerichtsbarkeit kann als solche keinen sachlichen Grund für eine Verlängerung von Verfahrenslaufzeiten darstellen.

Für diesen durch diese Zeit der gerichtlichen Inaktivität erlittenen Nachteil kann ein Kläger aber keine höhere als die in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG festgeschriebene Entschädigung in Geld von EUR 100,- monatlich beanspruchen, sofern keine besonderen Umstände angeführt werden können.

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. Februar 2022 (L 6 AS 89/19):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
In Fällen nach § 34 SGB II („Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten“) hat das Jobcenter zunächst über die Feststellung einer Ersatzpflicht dem Grunde nach und erst danach, in einem weiteren Schritt, über die Höhe von auf der Grundlage dieser Norm gestellten Forderungen zu entscheiden.

Ein sozialwidriges Verhalten im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt einen gesteigerten Verschuldensvorwurf voraus, der im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung nur dann bejaht werden kann, wenn die solchermaßen verfügte Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen eines treuwidrigen Verhaltens vollkommen unstreitig als rechtmäßig aufzufassen ist und deshalb die Aussprache einer Sanktion gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Verbindung mit § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III („Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe“) gerechtfertigt hätte. Bestehende Zweifel schließen hier die Anwendung des § 34 SGB II, der ein zutiefst zu missbilligendes Verhalten, einen eng zu fassenden Ausnahmetatbestand voraussetzt, im Regelfall aus.

Einzig arbeitsvertragliche Verstöße mit erheblichem Gewicht oder von bedeutender Dauer gestatten einem Arbeitgeber die Aussprache einer Kündigung, die stets das letzte anwendbare Mittel („ultima ratio“) sein darf, wenn ihm eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen oder persönlichen Gründen unzumutbar ist.

Wenn ein Arbeitnehmer an einem Montag, dem 13.07. unentschuldigt der Arbeit fernblieb, der Arbeitgeber ihm bereits an diesem Tag, dem ersten Arbeitstag nach dem Auslaufen der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung, eine arbeitsrechtliche Abmahnung aussprach, und am 15.07. dieser Arbeitnehmer wegen einer weiteren Abwesenheit vom Arbeitsplatz die verhaltensbedingte Kündigung erhielt, dann spricht dies gegen die Rechtswirksamkeit dieses Gestaltungsakts, zumal eine weitere, zwei Monate vorher geäußerte Abmahnung sich einzig auf seine „schleppende Arbeitsweise“ bezog.

Dieser arbeitsunfähig geschriebene Arbeitnehmer war hier mit der gesamten Situation überfordert, beantragte Leistungen nach dem SGB II erst mit einigen Wochen Abstand zu seinem Bezug von Krankengeld und nahm nach einigen Monaten auch wieder eine Beschäftigung auf.

Bei solchen Gegebenheiten darf ein Jobcenter nicht von einem sozialwidrigen Verhalten nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgehen.

Hinweis:
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Arbeitgeber schließen die Anwendung von § 34 SGB II aus (Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.).

2.2 – LSG Hamburg, Urt. v. 12.05.2022 – L 4 AS 256/20

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger – Zuschlag bei Schwerbehinderung

Orientierungssatz
1. Die angemessenen Kosten der Unterkunft sind nach einem schlüssigen Konzept unter Anwendung der Produkttheorie zu bestimmen. (Rn.53)

2. Danach hat der Grundsicherungsträger die konkrete Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft festzulegen. (Rn.71)

3. Hierbei kann für einen schwerbehinderten Grundsicherungsberechtigten ein Zuschlag von 10 % bewilligt werden. (Rn.72)

4. Ein höherer Zuschlag ist u. a. dann ausgeschlossen, wenn der Hilfebedürftige keine zertifizierte Rollstuhlfahrerwohnung bewohnt. (Rn.83)

Quelle: www.landesrecht-hamburg.de

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – Sozialgericht Berlin, Urteil vom 16. August 2022 (S 128 AS 10031/19):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Zur Rechtswidrigkeit eines Sanktionsbescheids (§§ 31 ff. SGB II), wenn das Jobcenter im Rahmen dieser Verfügung zwar eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 100 Prozent bekannt gab, aber nicht gleichzeitig entsprechend § 31a Abs. 3 Satz 2 SGB II – trotz der Tatsache, dass ebenfalls minderjährige Kinder in der Bedarfsgemeinschaft leben – über die Gewährung von ergänzenden Sachleistungen oder geldwerten Leistungen im angemessenen Umfang entschied.

Diese Verknüpfung ist aber notwendig, um im Wege der Kompensation des sanktionsbedingt weggefallenen Regelbedarfs zumindest das physische Existenzminimum der solchermaßen sanktionierten Person zu gewährleisten. Eine spätere und nur auf Antrag erfolgende Bewilligung ergänzender Sachleistungen würde dem Schutzzweck des § 31a Abs. 3 Satz 2 SGB II, nämlich die besondere Sicherung des Existenzminimums minderjähriger Bedürftiger, nicht umfassend gerecht werden.

Vom Jobcenter gemäß § 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II um 100 Prozent festgesetzte Leistungsminderungen sind gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) als mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar und deshalb rechtswidrig aufzufassen.

Hinweis:
SG Berlin zur Verfassungswidrigkeit von 100% Sanktionen: Laut BVerfG vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16 – eine Minderung des Arbeitslosen-gelds 2 um mehr als 30 Prozent des Regelbedarfs rechtswidrig

weiter bei RA Kay Füßlein

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – LSG Hamburg, Urt. v. 28.04.2022 – L 4 SO 57/20

(Sozialhilfe – Hilfe zum Lebensunterhalt – darlehensweise Leistung – Erlass eines Grundbescheides – Tod des Leistungsberechtigten – nachträgliche Festlegung der Darlehensmodalitäten durch an die Erben gerichteten Verwaltungsakt – Abgrenzung des Darlehensrückgewähranspruchs vom Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB 12)

Orientierungssatz
1. Es steht dem Leistungsträger nach Erlass des Grundbescheides frei, die Darlehensmodalitäten, zu denen auch der Zeitpunkt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs gehört, durch einen zweiten Verwaltungsakt festzulegen, wobei diese Befugnis nicht zeitlich begrenzt ist. (Rn.53)

2. Die nachträgliche Festlegung der Darlehensmodalitäten muss auch nicht stets noch zu Lebzeiten des Leistungsempfängers ihm gegenüber erfolgen. (Rn.54)

3. Bei der Erbringung von darlehensweisen Leistungen mindert der Darlehensrückgewähranspruch als vom Erblasser herrührende Schuld bereits den Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls (sog Erblasserschuld, vgl § 1967 Abs 2 BGB). Dieser Rückgewähranspruch schließt einen auf denselben Gegenstand gerichteten Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB 12 aus. (Rn.56)

Quelle: www.landesrecht-hamburg.de

4.2 – Sächsisches LSG, Urt. v. 13.07.2022 – L 8 SO 48/21 – Revision zugelassen

Leitsatz:
Mit der Herauslösung der Eingliederungshilfe aus dem Sozialhilferecht im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und der Einordnung als Teil 2 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) ist kein “strikter Systemwechsel” verbunden. Die “alte” Eingliederungshilfe nach dem SGB XII ist inhaltlich wesentlich gleichartig mit der “neuen” Eingliederungshilfe, weshalb der Funktionsnachfolge durch die Träger der Eingliederungshilfe nichts entgegensteht (a.A.: BSG, Urteil vom 28. Januar 2021 – B 8 SO 9/19 R). Insbesondere handelt es sich bei der Eingliederungshilfe weiterhin um eine steuerfinanzierte, bedarfsbezogene und bedürftigkeitsabhängige Leistung, die der “öffentlichen Fürsorge” nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Grundgesetz (GG) zuzuordnen ist.

2. Die aufgrund des SGB XII ergangenen Bescheide haben sich nicht zum 31. Dezember 2019 gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Auf Leistungen der Eingliederungshilfe gerichtete Klagen, die vor diesem Tag erhoben worden sind, werden daher nicht zum 1. Januar 2020 unzulässig mit der Folge, dass allenfalls die Umstellung auf eine Fortsetztungsfeststellungsklage in Betracht zu ziehen wäre.

3. Leistungen der Besuchsbeihilfe (§ 115 SGB IX) können auch die Übernahme der Kosten einer persönlichen Assistenz umfassen, wenn der behinderte Mensch ansonsten keinen Besuch zu absolvieren vermag.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

4.3 – LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 24.08.2022 – L 8 SO 56/22 B ER

LSG-Niedersachsen-Entscheidung im Eilrecht zur Erhöhung der Regelleistung 2022 durch den inflationsbedingten Kaufkraftverlust, hier ablehnend.

Sozialhilfe Sätze trotz Inflation und Kaufkraftverlust weiter verfassungsgemäß (Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.)

Quelle: www.herbertmasslau.de

Hinweis: vgl. zum SGB II:
LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.07.2022 – L 13 AS 1162/22 – Hartz IV Sätze trotz Inflation weiter verfassungsgemäß

5. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

5.1 – Hessisches Landessozialgericht – Beschluss vom 10.08.2022 – Az.: L 4 AY 22/22 B

Normen: § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG, §§ 3 Abs. 1 und 2, 3 a Abs. 1 Nr. 2b AsylbLG – Schlagworte: AsylbLG, Regelbedarfsstufe 2b, Regelbedarfsstufe 1, Sammelunterkunft, Gemeinschaftsunterkunft, Hessisches Landessozialgericht, Prozesskostenhilfe

Bei dem Bundesverfassungsgericht steht unter dem Az.: 1 BvL 3/21 die auch für das vorliegende Verfahren maßgebliche Frage der Beurteilung zur Höhe von Leistungen für Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften an.

weiter bei RA Sven Adam

6. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

6.1 – Sozialrechtsexperte: Wohngeldreform auf Oktober vorziehen

Der Wuppertaler Sozialrechtsexperte Harald Thomé sieht in der Gasumlage durchaus ein solidarisches Instrument. Doch ohne schnelle und gezielte Hilfen des Staates für Geringverdiener drohe Millionen Bürgern die Zahlungsunfähigkeit. Was zu tun ist, erläutert der Fachmann im Interview mit “epd sozial”.

weiter: epd.de

6.2 – Neue Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbands:

Sicher ist sicher. Das Daueraufenthaltsrecht für Unionsbürger*innen und ihre Familienangehörigen – neue Arbeitshilfe für die Beratungspraxis

weiter: www.der-paritaetische.de

6.3 – 1. September 2022: Entrechtung und Diskriminierung von Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine werden sich verschärfen

weiter: ggua.de

6.4 – Vermieter darf Gasversorgung nicht kappen

Ein Vermieter in Frankfurt hat seinen Mietern Gas und Warmwasser wegen der Energiekrise abgedreht. Das durfte er nicht, entschied nun das Verwaltungsgericht. Die Versorgung mit Warmwasser gehöre zu den Mindeststandards für menschenwürdiges Wohnen – Az: 8 L 1907/22.F

weiter: www.tagesschau.de

6.5 – Nahles: Bundesagentur kann bei hohen Heizkostenrechnungen helfen

Die neue Vorstandschefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, hat auf Hilfsmöglichkeiten bei der Begleichung etwa von Heizkostenrechnungen hingewiesen. “Wer als Arbeitnehmer mit seinem Einkommen unter das Existenzminimum fällt, hat Anspruch auf Hilfe – und falls nicht andere Sozialleistungen in ausreichender Höhe zur Verfügung stehen, dann hilft die Grundsicherung”, sagte Nahles der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstag).

Die Jobcenter würden dann prüfen, wie hoch das Einkommen des Haushalts im Vergleich zum sogenannten Regelbedarf ist und ob es vielleicht Anspruch auf andere Leistungen als die Grundsicherung gibt. “Aber die Kernaussage ist klar: Wer in so einer Lage nicht weiter weiß, kann sich auch an das Jobcenter wenden”, sagte Nahles der Zeitung.

weiter: de.investing.com

Hinweis: s. a. dazu Sozialrechtsexperte Harald Thomé:
Zum Übernahmeanspruch auf Heizkosten- und Betriebskostenjahresabrechnungen für SGB II/SGB XII/AsylbLG Beziehende und Nicht-Leistungsbeziehende: tacheles-sozialhilfe.de

Dazu noch ein Hinweis von mir zur Beschaffung von Heizöl und einmaligem Heizmaterial bei Nicht- Leistungsbezug von ALG II: Hartz IV für den Monat der Heizölbestellung

Aufwendungen für eine jährliche Heizmaterialbevorratung sind im Fälligkeitsmonat auch dann in tatsächlicher Höhe als Bedarf für Heizung anzuerkennen, wenn nicht zu erwarten ist, dass über den gesamten Zeitraum existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II bezogen werden. Ein Verweis auf Ansparungen zur Deckung eines aktuellen Bedarfs an Heizkosten oder eine Anrechnung von (prognostisch) zukünftig zufließendem Einkommen kann nicht erfolgen

(BSG, Urteil vom 08.05.2019 – B 14 AS 20/18 R; Sächs. LSG, Urt. v. 29.0.2018 – L 8 AS 1026/14; Thüringer LSG, Urteil v. 26.10.2017 – L 9 AS 1668/15; Sächsisches LSG, Beschluss vom 25.02.2013 – L 2 AS 141/13 B ER und SG Nordhausen, Urteil v. 10.11.2015 – S 13 AS 1351/14).

Aufwendungen für eine jährliche Heizmaterialbevorratung können auch von kranken Menschen, Bezieher von vollen Erwerbsminderungsrenten oder Altersrentner beim Sozialamt gem. 35 SGB XII einmalig beantragt werden (vgl. dazu zur Übernahme der Jahresabfallgebühr LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.3.2021 – L 7 SO 3429/20).

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker