Amtsgericht Fulda – Urteil vom 22.08.2022 – Az.: 22 Ds – 110 Js 13534/19

URTEIL

Im Namen des Volkes

In der Strafsache

gegen

1. xxx,

Verteidiger:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

2. xxx,

Verteidiger:
Rechtsanwalt Rasmus Kahlen, Lange Geimsarstraße 55, 37073 Göttingen

Verteidiger:
Rechtsanwalt Dr. Jannik Rienhoff, Büro Stein, Schmeltzer, Dr. Rienhoff, Schwanallee 18-20, 35037 Marburg

3. xxx,

Verteidiger:
Rechtsanwalt Nils Spörkel, Lange Geismarstr. 55, 37073 Göttingen

wegen übler Nachrede

hat das Amtsgericht Fulda — Strafrichterin — in der öffentlichen Sitzung vom 22.08.2022,
an der teilgenommen haben:

Richterin am Amtsgericht xxx
als Strafrichterin

Amtsanwalt xxx
als Beamter der Staatsanwaltschaft

Rechtsanwalt Sven Adam
als Verteidiger des Angeklagten zu 1)

Rechtsanwalt Dr. Rienhoff
als Verteidiger der Angeklagten zu 2) in Untervollmacht

Rechtsreferendar xxx in Untervollmacht

Rechtsanwalt Nils Spörkel
als Verteidiger des Angeklagten zu 3)

Justizfachangestellte xxx
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Die Angeklagten werden freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Staatskasse.

GRÜNDE

I.

Der Angeklagte xxx ist im Jahr 1989 geboren, ledig und wohnt in Frankfurt am Main. Die Angeklagte xxx ist im Jahr 1991 geboren, ledig und wohnt in Hamburg. Der Angeklagte xxx ist im Jahr 1978 geboren, geschieden und wohnt in Fulda. Weitere, über ihre Personalien hinausgehende Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen haben die Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung nicht gemacht.

Die Angeklagten sind strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Die Auskünfte des Bundesamts für Justiz vom 29.07.2020 enthalten keine Eintragungen.

II.

1.
Mit zugelassener Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Fulda vom 06.08.2019 (BL 39 Bd. II d.A.) wird den Angeklagten xxx und xxx vorgeworfen, am 29.04.2019 in Frankfurt am Main, Fulda und an anderen Orten gemeinschaftlich handelnd wider besseren Wissens in Beziehung auf andere eine unwahre Tatsache durch Verbreiten von Schriften behauptet und verbreitet zu haben, welche dieselben verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.

Sie sollen am 29.04.2019 als Autoren einen auch in Fulda gelesenen Artikels über eine am 13.04.2019 durchgeführte Demonstration mit dem Titel „Gerechtigkeit für Matiullah” auf der Internetplattform „Belltower News” veröffentlicht haben, der die folgende Passage in Bezug auf einen Vorfall, bei dem der Asylbewerber Matiullah Jabarkhel am 13.04.2018 im Zuge eines Polizeieinsatzes ums Leben kamen, enthält:

„Am 13.04.2018 wurde der damals 19jährige Matiullah J. von Polizist*innen mit 12 Schüssen getötet”.

Dies habe, wie die Angeklagten aus der vorangegangenen umfangreichen seriösen Presseberichterstattung sowie durch ein von den Demonstranten getragenes ca. 2,40 x 1,20 Meter großes unübersehbares Transparent gewusst haben, nicht der Wahrheit entsprochen. Vielmehr sei der Matiullah Jabarkhel nicht von zwölf, sondern — im Rahmen einer von der Staatsanwaltschaft Fulda festgestellten Notwehrhandlung — von vier Schüssen getroffen worden. Die Angeklagten hätten diese Fakten in ihrem Bericht bewusst verfälscht, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, Jabarkhel sei von „Polizist*innen” des Polizeipräsidiums Osthessen geradezu hingerichtet worden.

Hierdurch hätten sich die Angeklagten xxx und xxx einer gemeinschaftlich begangenen üblen Nachrede nach §§ 186, 25 Abs.2 StGB strafbar gemacht.

2.
Mit zugelassener Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Fulda vom 06.03.2020 (BI. 74 Bd. I d.A.) wird dem Angeklagten xxx vorgeworfen, am 30.04.2019 wider besseren Wissens in Beziehung auf andere eine unwahre Tatsache durch Verbreiten von Schriften behauptet und verbreitet zu haben, welche dieselben verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.

Der Angeklagte habe als Administrator des „Netzwerks Fulda aktiv gegen Rassismus AGR” auf dessen Facebookseite im öffentlich einsehbaren Bereich einen Artikel der Internet-Plattform „Belltower News” über eine am 13.04.2019 durchgeführte Demonstration mit dem Titel „Gerechtigkeit für Matiullah” verlinkt. Unter anderem habe es dort in Bezug auf einen Vorfall, bei dem der Asylbewerber Matiullah Jabarkhel am 13.04.2018 im Zuge eines Polizeieinsatzes in Fulda ums Leben gekommen war, geheißen:

„Am 13.04.2018 wurde der damals 19jährige Matiullah J. von Polizist*innen mit 12 Schüssen getötet”.

Dies habe, wie dem Angeklagten aus der vorangegangenen umfangreichen seriösen Presseberichterstattung sowie durch ein von den Demonstranten getragenes ca. 2,40 x 1,20 Meter großes unübersehbares Transparent bekannt gewesen sei, nicht der Wahrheit entsprochen. Vielmehr sei der Matiullah Jabarkhel nicht von zwölf, sondern — im Rahmen einer von der Staatsanwaltschaft Fulda festgestellten Notwehrhandlung — von vier Schüssen getroffen worden. Dem Angeklagten sei es darauf angekommen, diese von den Autoren xxx und xxx bewusst verfälschten Fakten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dort den Eindruck zu erwecken, Jabarkhel sei von „Polizist*innen” des Polizeipräsidiums Osthessen geradezu hingerichtet worden.

Hierdurch habe sich der Angeklagte der Verleumdung nach § 187 StGB strafbar gemacht.

III.

Das Gericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Am 29.04.2019 erschien unter der Überschrift: „Polizei erschießt Geflüchteten — Demonstranten fordern Aufklärung und werden diffamiert” ein Beitrag auf der Internetplattform „Belltower News — Netzwerk für digitale Zivilgesellschaft”.

Nach der Überschrift folgt in Fettdruck eine Unterüberschrift mit dem Wortlaut: „Demonstrierende fordern lückenlose Aufklärung nach den tödlichen zwölf Schüssen auf Matiulläh J. durch Polizeibeamte in Fulda,. Journalist*innen und Politiker*innen diffamieren die Teilnehmer*innen der Demonstration im Namen des Rechtstaats, dabei sind sie diejenigen, die rechtsstaatliche Prinzipien gefährden.”

Es folgt sodann die Angabe „Von xxx und xxx 29.Äpril 2019″. Sodann folgt ein Bild in der Art eines Scherenschnitts eines (Polizei)Beamten mit Mütze, welches mit „Polizeigewalt in Fulda” betitelt ist, gefolgt von dem Zusatz „Ein Gastbeitrag”.

Der Artikel beginnt nun mit dem in den Anklageschriften zitierten Satz „Am 13.04.2018 wurde der damals 19jährige Matiullah J. von Polizist*innen mit 12 Schüssen getötet”. Sodann wird (zusammengefasst) kritisiert, dass es zu den genauen Umständen der Abgabe der „Todesschüsse” sowie dem Einsatz an sich keine Angaben gäbe und es im Rahmen der Demonstration am 14.04.2019, die die Forderung nach einer lückenlosen Aufklärung des Polizeieinsatzes beinhaltet habe, wiederholt zu Anfeindungen und Störungen bzw. Provokationen gegen die Teilnehmer der Demonstration gekommen sei. Im ‘Weiteren setzt sich der Artikel über etwa fünf Seiten mit der ordnungspolitischen Vereinnahmung des Rechtsstaats, dem Fehlen einer .unabhängigen Ermittlungsstelle sowie der Notwendigkeit einer demokratischen Kontrolle der Exekutiven auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass kritisches Hinterfragen von Polizeiarbeit Ausdruck einer demokratischen Auseinandersetzung sei. Demonstrationen seien eine der wenigen Möglichkeiten, eine demokratische, rechtsstaatliche Kontrolle von Polizeiarbeit öffentlich einzufordern..

Im Rahmen einer mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Amtsgericht Fulda vom 13.09.2019 (Az. 27 Gs 552/19, BI. 31 ff. Bd. I d:A.) angeordneten Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des im Verfahren 110 Js 133717/19 (StA Fulda) gesondert verfolgten xxx am 17.10.2019 gewährte dieser den eingesetzten Polizeibeamten freiwillig Zugriff zu seinem PC bzw. dem Facebook-Account Netzwerk Fulda „Aktiv gegen Rassismus AGR”, dessen Administrator er war. Der am 30.04.2019 dort eingestellte Beitrag, der den Artikel von Belltower News vom 29.04.2019 verlinkt, ist über den Facebook-Account von „xxx” gepostet worden, ein Profil mit diesem Namen ist auch als Administrator bei den für die Seite Netzwerk Fulda „Aktiv gegen Rassismus AGR” hinterlegten Seitenrollen eingetragen.

Strafantrag wurde durch den Abteilungsdirektor xxx form- und fristgerecht gestellt.

IV.

Die Feststellungen zu I. beruhen auf den Angaben der Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung sowie auf den erörterten Auskünften des Bundesamts für Justiz Vom 29.07.2020.

Die Feststellungen zu III. beruhen auf der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere auf der Verlesung des streitgegenständlichen Artikels vom 29.04.2019 bzw. dessen “Inaugenscheinnahme im Rahmen der Hauptverhandlung (BI. 12 ff. d.A.) sowie der Inaugenscheinnahme der dem Bericht über die Unterstützung zur Durchsuchung beigefügten Lichtbilder (BI. 39, 42-49 Bd. I d.A.) und der Aussage des Zeugen xxx.

Die Angeklagten selbst haben keine Angaben zum jeweiligen Tatvorwurf gemacht. Die Erklärung der Angeklagten xxx betrifft im Wesentlichen rechtspolitische Ausführungen bzw. die Frage der Strafbarkeit, es erfolgen jedoch keine Angaben zur Sache selbst.

Der Zeuge xxx hat angegeben, dass im Nachgang zu der am 13.04.2019 stattgefundenen Demonstration eine Recherche im Internet unter der Verwendung von Schlagwörtern stattgefunden habe. So sei man auf den hier streitgegenständlichen Artikel gestoßen. Die Formulierung „12 tödliche Schüsse” in diesem Artikel habe ihn dazu veranlasst, hier einen Vorgang bzw. ein Verfahren anzulegen. Dies sei seiner Auffassung nach so zu verstehen gewesen, dass alle 12 Schüsse getroffen hätten und auch alle Schüsse tödlich gewesen seien. Hinsichtlich der als Autoren angegebenen Personen xxx und xxx habe er diese Namen im polizeilichen System eingegeben und habe dort entsprechende Treffer erhalten. Ob es andere Personen in Deutschland mit den entsprechenden Namen, aber ohne Eintragungen im polizeilichen Register gibt, habe er nicht mehr recherchiert. Eine Rückfrage bei den verantwortlichen Betreibern der Internetseite hinsichtlich weiterer, über die Namen hinausgehender Personalien der Gastautoren sei nicht erfolgt. Die Angaben des Zeugen xxx sind glaubhaft, der Zeuge ist glaubwürdig. Er hat im  Rahmen seiner Aussage keine Belastungstendenzen gezeigt und insbesondere auch deutlich gemacht, wenn er sich auf Grund des Zeitablaufs an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte.

V.

Die Angeklagten waren aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

1.
Die Angeklagten xxx und xxx haben sich nicht der üblen Nachrede nach § 186 StGB strafbar gemacht, da der Tatbestand bereits nicht erfüllt ist.

Die Tat nach § 186 StGB ist nur dann strafbar, wenn die behauptete ehrenrührige Tatsache nicht erweislich wahr ist. Vorliegend ist nach -dem konkreten Anklagesatz der Staatsanwaltschaft Fulda in der Anklageschrift vorn .06.08.2019 allein der Wahrheitsgehalt der Aussage in dem Satz „Am 13.04.2018 wurde der damals 19jährige Matiullah J. von Polizistinnen mit 12 Schüssen getötet” zu überprüfen.

Die Nichterweislichkeit der Tatsache wird in der herrschenden Meinung als objektive Bedingung der Strafbarkeit dargestellt, auf die sich der Vorsatz des Täters nicht zu beziehen braucht (vgl. BeckOK StGB/Nalerius, 54 Ed. 1.8.2022, StGB § 186 Rn. 18 m.w.N.). Ob die Tatsachenaussage wahr ist, hat das Gericht im Rahmen seiner nach § 244 Abs.2. StPo bestehenden Aufklärungspflicht zu erforschen.

Hierbei hatte das Gericht eine durch. die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs.1 GG gebotene verfassungskonforme Auslegung der umstrittenen Äußerung vorzunehmen, denn die hier gegenständliche Aussage ist der erste Satz eines auf einer Internetplattform veröffentlichten Artikels, der sich kritisch mit polizeilichem Handeln auseinandersetzt.

Dabei ist das. Gericht zunächst vom Wortlaut der Äußerung ausgegangen. Der inkriminierte Satzteil „(…) mit 12 Schüssen getötet” kann bereits in unterschiedlicher Weise gedeutet werden.

So kann man die Aussage zum einen so verstehen, wie sie auch der Zeuge xxx gedeutet hat, nämlich, dass 12 Schüsse abgegeben wurden, die allesamt trafen und tödlich waren.

Gleichfalls kann die Aussage so gedeutet werden, dass 12 Schüsse abgegeben würden, die allesamt trafen, von denen -aber nur einige tödlich waren. Weiter ist die Deutung dahingehend möglich, dass 12 Schüsse abgegeben wurden, von denen nur einige trafen, diese Treffer jedoch alle tödlich waren. Auch die Deutung dahingehend, dass 12 Schüsse abgegeben wurden, von denen einige trafen, und von diesen Treffern wiederum nur einige tödlich waren, ist möglich. Es ergeben sich daher nach Auffassung des Gerichts bereits vier verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Kern all dieser Deutungsvarianten ist aber, dass 12 Schüsse abgegeben worden sind und der Matiullah J. durch Schüsse (unabhängig von der Trefferanzahl) getötet wurde. Die Tatsachenäußerung „(…) mit 12 Schüssen getötet” trifft daher im Kern. bei allen Auslegungsvarianten zu. Dass es tatsächlich so gewesen -sein dürfte, dass, wovon die Verteidigung in ihrem Beweisantrag (dort Seite 6) auch ausgeht, insgesamt 12-mal geschossen wurde, von diesen Schüssen 4 Treffer waren, von denen wiederum 2 tödlich waren, ist im Rahmen der vom Gericht vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs.1 GG vorzunehmenden meinungsfreundlichen Auslegung der Äußerung zurückzustellen. Geringe Abweichungen und Übertreibungen der Tatsachenaussage gelten nach allgemeiner Ansicht als unschädlich (vgl. BeckOK StGB/Valerius, 54. Ed. 1.8.2022, StGB § 186 Rn. 21). So liegt der Fall hier. Zwar mag es sich bei der Anzahl der (tödlichen) Treffer um einen im Rahmen des gegen den schießenden Polizeibeamten geführten Ermittlungsverfahren wesentlichen und entscheidenden Aspekt handeln. Für das hiesige Verfahren ist die genaue Anzahl der (tödlichen) Treffer bei der vorzunehmenden Auslegung der hier streitgegenständlichen Aussage jedoch nicht von übergeordneter Bedeutung. Es handelt sich vor dem Hintergrund der gebotenen verfassungskonformen Auslegung um eine nur geringfügige Abweichung vom Tatsachenkern. Hierbei ist auch der Kontext der Äußerung zu berücksichtigen. Die Überschriften oder auch die ersten Sätze von Artikeln sind oftmals sprachlich so formuliert, dass sie die Leser anziehen und sie zum Weiterlesen des (hier mehrere Seiten umfassenden) Artikels bewegen sollen. Sie sind quasi als „Fänger” für die Leser gedacht und oftmals übertrieben oder reißerisch formuliert, was ein zulässiges Stilmittel im Rahmen der Pressefreiheit sein dürfte.

Auch der bei der Auslegung zu berücksichtigende Kontext der Aussäge führt zu keinem anderen Ergebnis. Sofern die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift ausführt, dass mit der Äußerung eine bewusste Verfälschung der Fakten stattgefunden habe, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, Jabarkhel sei von „Polizistinnen” des Polizeipräsidiums Osthessen geradezu hingerichtet Worden, finden sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte im weiteren Verlauf des Artikels. Dieser setzt sich im Wesentlichen vielmehr kritisch mit der Rolle von unabhängigen Ermittlungsbehörden sowie Demonstrationen als Möglichkeit zur demokratischen, rechtsstaatlichen Kontrolle von Polizeiarbeit auseinander.

Anhaltspunkte für die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Deutung (als Werturteil) über eine zulässige kritische Auseinandersetzung mit. der Anzahl der abgegebenen Schüsse (und nicht der Anzahl der Treffer) hinaus ergeben sich nicht.

Damit ist jedoch die objektive Bedingung der Strafbarkeit, nämlich die Nichterweislichkeit der Tatsache, bereits nicht erfüllt. Die streitgegenständliche Aussage „(…) mit 12 Schüssen getötet” ist auf Grund der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten im Kern zutreffend und wahr.

2.
Der Angeklagte xxx hat sich ebenfalls nicht der Verleumdung nach § 187 StGB strafbar gemacht.

Der Tatbestand des § 187 StGB setzt voraus, dass die behauptete Tatsache unwahr ist. Dieses Tatbestandsmerkmal liegt jedoch nicht vor. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zur Wahrheit einer Tatsachenaussage verwiesen werden. Zwar kann auch die Äußerung einer an sich zutreffenden Tatsache unwahr sein, wenn sie unvollständig ist und ihr Empfänger ohne die verschwiegenen Tatsachen voraussichtlich zu einer anderen Schlussfolgerung kommt (vgl. BGH NJW 2000, 656 (657), zitiert nach BeckOK StGB/Valerius, 54. Ed. 1.8.2022, StGB § 187 Rn. 2). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Insofern wird auf die oben aufgeführten Auslegungsvarianten, deren Kern jedoch allesamt derselbe ist und von denen keine zwingend vorzuziehen ist, verwiesen. Auch der Angeklagte xxx hat damit nicht tatbestandsmäßig gehandelt.

3.
Darüber hinaus dürften sich die Angeklagten auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB, welcher als Ausprägung des Art.5 GG zu verstehen ist und eine umfassende Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall verlangt, als Rechtfertigung berufen können. Dies bedarf mangels Tatbestandsmäßigkeit jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.