1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Sozialhilfe (SGB XII)
1.1 – BSG, Urt. v. 16.02.2022 – B 8 SO 17/20 R
Sozialhilfe – Hilfe zur Pflege – stationäre Pflege – Vermögenseinsatz – maßgeblicher Zeitpunkt der Vermögensprüfung – Vermögensfreibetrag – übersteigendes Vermögen – Minderung des monatlichen Bedarfs – Härtefall – Vermögen aus einer am Ende des Vormonats zugeflossenen Rente
Orientierungshilfe Redakteur von Tacheles e. V.
1. Maßgeblich zur Beurteilung des einzusetzenden Vermögens bei Leistungen der Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen ist der Tag der Fälligkeit der Forderung des Leistungserbringers. Eine spätere Änderung des Vermögens im laufenden Monat ist unbeachtlich. Damit ist das jeweilige Kontoguthaben am Tag der Fälligkeit als verwertbares Vermögen einzusetzen und mindert den Anspruch, soweit es bedarfsdeckend ist.
2. Die Verwertung des Nutzungsrechts für das Urnenwahlgrab stellt eine Härte dar. Dagegen bedeutet der Einsatz des verbliebenen Restbetrags aus den im Vormonat zugeflossenen Renten keine besondere Härte.
Quelle: datenbank.nwb.de
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)
2.1 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.08.2022 – L 5 AS 327/18
Arbeitslosengeld II – Unterkunft und Heizung – angemessene Unterkunftskosten – Zweipersonenhaushalt in Magdeburg in Sachsen-Anhalt – schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers – Repräsentativität der Datenerhebung – Anzahl der Datensätze – Abbildung der Vermieterstruktur
Leitsatz
1. Die ab dem 1.4.2015 geltende Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg auf der Grundlage der Mietwerterhebung 2014 beruht auf einem schlüssigen Konzept. (Rn.55)
2. Das Konzept beruht auf einer ausreichenden Zahl von Datensätzen. (Rn.59)
3. Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Repräsentativität der erhobenen Daten. Insbesondere bedurfte es aufgrund nicht signifikanter Preisunterschiede zwischen den sog. privaten und institutionellen Vermietern keiner Gewichtung nach Vermietertypen. (Rn.63)
Quelle: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de
2.2 – LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 01.09.2022 – L 14 AS 494/19
Leitsätze
Der Bestimmung grundsicherungsrechtlich angemessener Kosten der Unterkunft in Berlin lag für die Jahre 2016 und 2017 kein schlüssiges Konzept zugrunde.
Bei Fehlen eines schlüssigen Konzeptes ist zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete auf die Tabellenwerte das § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% zurückgreifen (Anschluss an LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 21.1.21 – L 19 AS 1129/17; vom 16.3.22 – L 1 AS 456/21 WA; vom 7.4.22 – L 10 AS 2286/18; vom 31.5.22 – L 32 AS 2845/16; vom 31.5.22 – L 32 AS 2866/16).
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)
3.1 – Sozialgericht Magdeburg, Urt. v. 13.10.2022 – S 36 AS 2367/19
Leitsatz RA Michael Loewy
Eine Lohnnachzahlung, die außerhalb des regulären Zahlungsturnus erfolgt (hier eine Nachzahlung des Lohnes für September 2018 im November 2018), stellt keine einmalige Einnahme und keine laufende Lohnzahlung dar und ist daher im Folgemonat des Zuflusses anzurechnen (§ 11 Abs. 3 S. 2 SGB II n. F.).
Quelle: www.anwaltskanzlei-loewy.de
4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
4.1 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.08.2022 – L 2 SO 2598/21
Leitsätze
Kein Anspruch eines Sozialhilfeempfängers auf (darlehensweise) Übernahme der Kosten für die Renovierung einer im Eigentum der Ehefrau stehenden vermieteten Immobilie.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
4.2 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.08.2022 – L 2 SO 63/22
Leitsätze
1. Zum Rechtsschutzbedürfnis der Berufung einer beigeladenen Krankenkasse, wenn in der Hauptsache der zweitangegangene Rehaträger, hier der Sozialhilfeträger, zu Leistungen nach dem SGB V verurteilt wurde und die beigeladene Krankenkasse insoweit aufgrund der auch ihr gegenüber wirkender Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils auch zu den Anspruchsvoraussetzungen – hier des § 33 SGB V – mit einem Erstattungsanspruch durch den Sozialhilfeträger rechnen müsste.
2. Ein Therapiedreirad, dass dem Erfolg einer Krankenbehandlung dient, fällt nicht unter die Eingliederungshilfe nach den §§ 54 SGB XII und § 55 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung, sondern stellt ein Hilfsmittel für die Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung im Sinne von § 33 SGB V dar (siehe hierzu BSG-Urteil vom 7. Februar 2010 – B 3 KR 5/10 R –, juris)
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
5. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG
5.1 – LSG Bayern, Beschluss v. 28.10.2022 – L 8 AY 66/22 B ER
Leitsätze
1. Als weitere Voraussetzung einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 ASylbLG ist – im Wege einer verfassungsgemäßen Auslegung – nach ständiger Rechtsprechnung des Senats ein pflichtwidriges Verhalten zu fordern. Dieses kann in einer unterbliebenen freiwilligen Ausreise gesehen werden, wenn der betreffende Ausländer zuvor auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
2. Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG hat keinen Bestand, wenn ihre Voraussetzungen entfallen (hier: wegen Ablaufs der Überstellungsfrist); vielmehr wird sie rechtswidrig und ist aufzuheben.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
6. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern
6.1 – ALG II: Leistungsberechtigte müssen sicherstellen, dass Zahlungen sie auch erreichen, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt zu Sozialgericht Kiel, Urteil vom 08.09.2022, S 31 AS 10161/21
ALG II, das vom Jobcenter auf das im ALG-II-Antrag angegebene Girokonto überwiesen worden ist, ist dem Leistungsberechtigen wirksam erbracht worden, auch wenn dieser tatsächlich keinen Zugriff auf die ihm zustehenden Grundsicherungsleistungen hatte.
weiter bei RA Helge Hildebrandt
6.2 – Sozialhilfeträger fordert Geld zurück – keine Anrechnung von erbrachten Pflegeleistungen – Ein Beitrag von RA Artur Korn
Immer wieder sind Erbengemeinschaften mit der Tatsache konfrontiert, dass die Sozialhilfeträger die Leistungen der Sozialhilfe und auch die Leistung zur Pflege zurückfordern.
Rückforderungen von Sozialleistungen sind ständige Probleme in der Erbauseinandersetzung
Pflege- und Betreuungsleistungen eines Erben können nicht aufgerechnet werden.
Im vorliegenden Fall wurde jedoch der Anspruch des Sozialhilfeträgers dahingehend abhängig, dass der Sozialhilfeträger einen Erben für den gesamten Betrag in Anspruch genommen hatte, weil er Betreuer des Erblassers gewesen ist.
Der Sozialhilfeträger muss aber darlegen, warum gerade der spezifische Erbe in Anspruch genommen wird.
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Anmerkung vom Redakteur zu diesem Beitrag:
Es wäre wirklich wünschenswert, wenn gerade ein RA auch die dazu ergangene Rechtsprechung bzw. das Urt. bekannt gibt, wie in diesem Fall
LSG Baden-W., Urt. v. 17.03.2022 – L 7 SO 59/19
Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker