Tacheles Rechtsprechungsticker KW 01/2023

1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

1.1 – LSG Hamburg, Urt. v. 06.10.2022 – L 4 AS 83/21

Höhe der nach Kostensenkungsaufforderung vom Grundsicherungsträger zu erstattenden Kosten der Unterkunft

Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 sind unangemessene Kosten der Unterkunft als Bedarf so lange anzuerkennen, wie eine Kostensenkung nicht möglich ist, in der Regel längstens für sechs Monate. (Rn.42)

2. Hat der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten darauf hingewiesen, welche Unterkunftskosten er als angemessen anerkennt und hat der Leistungsempfänger nicht nachgewiesen, dass er sich um eine günstigere Wohnung bemüht hat, so hat er Anspruch lediglich auf die angemessenen Kosten der Unterkunft. Eine fehlerhafte Einschätzung der Rechtslage begründet keine subjektive Unmöglichkeit der Kostensenkung. (Rn.44)

Quelle: www.landesrecht-hamburg.de

1.2 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 02.12.2022 – L 13 SF 5/22 EK AS

Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer – sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung – Abwarten einer Leitentscheidung zum schlüssigen Konzept nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II

Vorbehaltlich von Besonderheiten des Einzelfalls sieht der Senat es als sachlich gerechtfertigt an, wenn das Sozialgericht ein Verfahren, bei dem die Angemessenheit von Unterkunftskosten im Streit steht und es auf die Schlüssigkeit eines Konzepts des Grundsicherungsträgers zur Ermittlung von Angemessenheitsgrenzen ankommt, mit Blick auf eine Vielzahl gleichgelagerter Verfahren bis zum Vorliegen einer Leitentscheidung auch ohne förmliche Ruhensanordnung faktisch aussetzt. Da Haftungsgrund sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerungen sind, besteht für Zeiten des Abwartens einer Leitentscheidung ein Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer nicht.

Quelle: voris.wolterskluwer-online.de

1.3 – LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 03.11.2022 – L 3 AS 564/22

Leitsätze
Die Entziehung des Mandats durch den Antragsteller/Kläger rechtfertigt als wichtiger Grund regelmäßig die Aufhebung der Beiordnung auf den Antrag des zuvor im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

2.1 – SG Altenburg, Urt. v. 05.10.2022 – S 30 AS 1503/21

Orientierungssatz Redakteur v. Tacheles e. V.
Zur Frage einer Übernahmeverpflichtung von Nachforderungen von Betriebskosten für eine nicht mehr bewohnte Wohnung in Fällen ohne Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung bzw. Zusicherung, hier bejahend.

Leitsätze
Eine Pflicht des SGB II-Leistungsträgers zur Übernahme von Nebenkostennachforderungen für eine vom Leistungsberechtigten nicht mehr bewohnte Wohnung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II kann auch in Fällen ohne Vorliegen einer Kostensenkungsaufforderung oder Zusicherung bestehen. Die existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nachforderung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf wird durch den ununterbrochenen Leistungsbezug hergestellt.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

3.1 – LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.09.2022 – L 15 SO 243/20 – Revision zugelassen

Orientierungssatz Redakteur v. Tacheles e. V.
Zur Frage, ob eine Sterbegeldversicherung grundsätzlich als angemessen anzusehen ist.

Leitsätze
Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des § 33 Abs. 2 SGB XII die grundsätzliche Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung im Rahmen des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII anerkannt.

Für eine Berücksichtigung der Beiträge zur Sterbegeldversicherung gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII ist nicht Voraussetzung, dass die Sterbegeldversicherung bereits vor Beginn des Leistungsbezuges abgeschlossen worden ist.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – LSG NRW, Beschluss v. 25.10.2022 – L 9 SO 32/22 B ER

Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII – Vermögenseinsatz – Sterbegeldversicherung – Härtefall bei Vermögen in Form von zwei Sterbegeldversicherungen bejaht

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
Ebenso wie die Bestattungsvorsorgeverträge sind auch die reinen Sterbegeldversicherungen, bei denen eine vertragliche Disposition zur Sicherstellung der Zweckbindung getroffen worden ist, als geschütztes Vermögen von der Verwertung ausgeschlossen (LSG Saarland Urteil vom 22.11.2018 – L 11 SO 12/17; Urteil des Senats vom 19.03.2009 – L 9 SO 5/07).

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

4. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

4.1 – LSG Bayern, Beschluss v. 20.12.2022 – L 8 AY 131/22 B ER

Leitsätze
1. Der Eilrechtsschutz bei Bewilligung von eingeschränkten Leistungen ohne vorherige, höhere Leistungsgewährung richtet sich allein nach § 86b Abs. 2 SGG.

2. Zu den Anforderungen an eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

5. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5.1 – Newsletter Archiv – Register von RA Volker Gerloff

weiter: www.ra-gerloff.de

Wir wünschen allen Menschen ein gesundes und glückliches Neues Jahr.

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker