Tacheles Rechtsprechungsticker KW 02/2023

1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

1.1 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.11.2022 – L 13 AS 1610/22

Leitsätze
Der Grundsicherungsträger ist im Fall einer vorläufigen Bewilligung (§ 41a SGB II) von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Anwendungsbereich des § 67 Abs. 4 SGB II nicht daran gehindert, die vorläufige Leistungsbewilligung jedenfalls während des noch laufenden Bewilligungsabschnitts nach § 48 SGB X auch rückwirkend für die Vergangenheit aufzuheben.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

1.2 – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 23.11.2022 – L 4 AS 14/22 NZB

Leitsatz
Die Vereinbarung der Verrechnung einer Erstattung von überzahlten Unterhaltsvorschussleistungen mit laufenden Unterhaltsvorschussleistungen stellt eine Verfügung des Leistungsempfängers über Einkommen dar. Die rechtlichen Grundsätze hierzu sind höchstrichterlich entschieden und haben keine grundsätzliche Bedeutung (mehr).

Quelle: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de

2. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

2.1 – SG Berlin, Urt. v. 08.12.2022 – S 123 AS 4416/21

Leitsätze
1. Die Verkündung der Berliner SARS-Cov-2-Eindämmungsverordnung in ihrer Fassung vom 14.03.2020 erfüllt die gesetzlichen und rechtsstaatlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Notverkündung gemäß § 2 Abs. 1 RVVerkG BE.

2. Vom pandemiebedingten Lockdown betroffene Maßnahmenträger haben gegenüber dem Jobcenter keinen Anspruch auf Kostenersatz für verordnungswidrig durchgeführte Maßnahmen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

3.1 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.11.2022 – L 7 SO 1522/22

Sozialhilfeträger zahlt Reparatur für gelöcherte Zimmerdecke nicht

Leitsätze
Allgemein notwendig ist nur der Unterkunftsbedarf, der dem Hilfebedürftigen bei ordnungsgemäßer Wohnnutzung entsteht. Die durch einen unsachgemäßen, vertragswidrigen Umgang mit der Mietsache entstandenen Schäden bzw. die zu ihrer Beseitigung gegebenenfalls entstehenden Kosten stellen grundsätzlich keinen notwendigen Unterkunftsbedarf dar.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – LSG NRW, Urt. v. 08.09.2022 – L 9 SO 281/21 – Revision anhängig beim BSG B 8 SO 21/22 R

Zur Übernahme der tatsächlichen Kdu und Heizung aufgrund von Zwangsstörung der Sozialhilfeempfängerin, hier bejahend

Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.
Hier zur Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung aufgrund der Erkrankung der Sozialhilfeempfängerin – behinderungsbedingtem Mehrbedarf -, denn Sie kann keine andere Wohnung anmieten, da sie dazu aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage ist.

Orientierungshilfe Redakteur v. Tacheles e. V.
1. Eine Ausnahme vom Kopfteilprinzip ist anerkannt bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit (BSG Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 85/12 R). Dies setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalls tatsächliche Aufwendungen eindeutig dem zB wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit spezifischen Unterkunftsbedarf eines bestimmten Bewohners zugeordnet werden können (Urteil des Senates vom 08.09.2022 – L 9 SO 403/20; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. Mai 2018 – L 13 AS 59/16).

2. So liegt der Fall hier, denn die weitergehenden Kosten, die lediglich aufgrund der fehlenden Fähigkeit der Klägerin, eine andere Wohnung anzumieten zu übernehmen sind, können ausschließlich ihr als behinderungsbedingtem Mehrbedarf zugeordnet werden.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

4. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

4.1 – Hessisches Landessozialgericht – Beschluss vom 20.12.2022 – Az.: L 4 AY 28/22 B ER und L 4 AY 29/22 B

Normen: § 1a Abs. 3 AsylbLG, § 3 AsylbLG, § 2 AsylbLG – Schlagworte: Anhörung zu Verstoß gegen ausländerrechtliche Mitwirkungspflichten, Regelbedarfsstufe 1, Hessisches Landessozialgericht

Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.
Anspruch der Antragstellerin auf Regelbedarfsstufe 1 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2022 – 1 BvL 3/21.

Quelle RA Sven Adam

5. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5.1 – Aller (Studien)Anfang ist schwer, Anmerkung von RA Helge Hildebrandt zu SG Kiel, Beschluss vom 14.10.2022, S 34 AS 64/22 ER

Studenten und Studentinnen aus weniger betuchten Elternhäusern können ein Lied davon singen: Beginnen sie ihr Studium, steht neben der Wohnungssuche in gedrängter Zeit die Sicherung des Lebensunterhalts an. Der BAföG-Antrag wird gestellt, unzählige Nachweise sind zu besorgen und dem BAföG-Amt vorzulegen, viele Unterlagen wie etwa die Studienbescheinigung lassen auf sich warten und das BAföG-Amt signalisiert schon mal Bearbeitungszeiten von 3 bis 4 Monaten. Was nun?

weiter: sozialberatung-kiel.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker