Amirsalar Davoudi ist einer der renommiertesten iranischen Rechtsanwälte, der sich gegenwärtig in Haft befindet. Er hat eine Vielzahl von politischen Gefangenen vor Gericht verteidigt. In seinen Schriften und Vorträgen, die in Zeitschriften, auf Webseiten und in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, hat er das Justizsystem und die Politik des Islamischen Regimes in Teheran kritisiert sowie für Bürger*innen- und Menschenrechte gestritten.
15 Jahre Haft wegen Einsatz für die Menschenrechte
Amirsalar Davoudi wurde am 20. November 2018 festgenommen und im berüchtigten Evin-Gefängnis inhaftiert. Am 31. Mai 2019 wurde er vom Islamischen Revolutionsgericht in Teheran zu 15 Jahren Haft, 111 Peitschenhieben, einer hohen Geldstrafe und zwei Jahren Entzug aller sozialen Bürgerrechte verurteilt. Nachdem er im Juni 2021 – nach zwei Jahren und sieben Monaten in Haft – vorübergehend auf Kaution freigelassen wurde, ließ ihn das Regime am 26. Juni 2022 erneut verhaften. Er konnte sich nicht von seiner Frau und seiner Tochter verabschieden.
Der RAV fordert, Amirsalar Davoudi und alle anderen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die im Iran inhaftiert sind, freizulassen. Unser Kollege Davoudi steht stellvertretend für eine Vielzahl von Kolleg*innen, die vom iranischen Regime wegen ihres Einsatzes für ihre Mandant*innen und für die Menschenrechte verfolgt und eingesperrt sind. Zurzeit befinden sich neben Davoudi noch sechs weitere Rechtsanwält*innen – die Kolleg*innen Arash Kaykhosravi, Mostafa Nili, Saeid Ataei Kachooei, Mohammad Najafi und Giti Shafi’i – im Gefängnis (Stand 28. Februar 2023). Auch deren Freilassung fordert der RAV. Unsere Forderungen werden wir gegenüber dem iranischen Justizministerium und der iranischen Botschaft vertreten.
Zum Hintergrund
Unser Kollege Amirsalar Davoudi wurde am 21. Juni 1981 geboren. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.
Er ist Mitglied der Iranischen Anwaltskammer (Iranian Bar Association, IBA) sowie der Menschenrechtskommission der Teheraner Anwaltskammer. Davoudi hat zahlreiche politische Angeklagte verteidigt, darunter die Frauenrechtlerin Aliyeh Motallebzadeh und Angehörige der Bahá’í-Gemeinde, die aufgrund ihrer Religion im Iran verfolgt und diskriminiert werden.
Zu seinen Mandant*innen gehörte auch der zunächst zum Tode verurteilte und später zu jahrelanger Haft verurteilte Journalist und Blogger Soheil Arabi, dem vorgeworfen wurde, er habe sich durch gewisse Äußerungen der Häresie schuldig gemacht und sei vom islamischen Glauben abgefallen. In den letzten Jahren vor seiner Inhaftierung wurde Davoudi zu einem der bedeutendsten Anwälte im Iran.
Seine Tätigkeit ging über die Verteidigung der Rechte seiner Mandant*innen weit hinaus. In den sozialen Netzwerken klärte Amirsalar Davoudi die iranische Bevölkerung über ihre Bürger*innenrechte auf und bot Beratungen an. Zudem äußerte er sich kritisch zur Todesstrafe und zur iranischen Justiz. Vor allem seine Veröffentlichungen wurden zum Anlass für seine Verfolgung und Verurteilung genommen.
Verhaftung von Amirsalar Davoudi
Davoudi wurde im November 2018 von Geheimdienstagenten in seinem Büro verhaftet und ins Evin-Gefängnis verbracht. Am 31. Mai 2019 wurde er vom Islamischen Revolutionsgericht in Teheran wegen »Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten«, »Bildung einer Gruppe zum Umsturz der Ordnung« und »Beleidigung der Staatsgewalt« zu 15 Jahren Haft, 111 Peitschenhieben, einer Geldstrafe von 60 Millionen Rial (mit Stand 2021: ca. 1.500 Dollar) und zwei Jahren Entzug aller sozialen Bürgerrechte verurteilt. Der Entzug aller sozialen Bürgerrechte bedeutet, dass es ihm verboten ist, für politische Ämter zu kandidieren oder in Bildungs- oder journalistischen Institutionen beschäftigt zu sein.
Am 13. April 2021 wurde Davoudi ins Gohardasht-Gefängnis in Karaj verlegt. Einen Tag später akzeptierte der Oberste Gerichtshof einen Antrag Davoudis auf Wiederaufnahme des Verfahrens, woraufhin er am 13. Juni 2021 gegen Zahlung einer Kaution von 20 Milliarden Rial (Stand 2021, ca. 470.000 Dollar) vorübergehend freigelassen wurde. Davoudi wurde am 26. Juni 2022 erneut verhaftet, er durfte sich nicht von seiner Frau oder Tochter verabschieden. Sein Wiederaufnahmeantrag wurde abgelehnt, das ursprüngliche Urteil bestätigt.
Haftbedingungen
Zu Beginn seiner Haft wurde Davoudi kein Rechtsbeistand gewährt, und er wurde sechseinhalb Monate in Einzelhaft gehalten. Erst später wurde er mit drei weiteren Gefangenen in einer kleinen Zelle zusammengelegt. Auch der Kontakt zu seiner Familie wurde während seiner Inhaftierung radikal unterbunden, so hatte er bis zu seinem Prozess keinen persönlichen Kontakt zu seiner Ehefrau oder Tochter.
Um den Druck auf den Menschenrechtsanwalt zu erhöhen und mehr über seine Arbeit herauszufinden, wurde auch seine Frau verhört. Am 9. Februar 2020 wandte Davoudi sich in einem Offenen Brief an die iranische Bevölkerung und kündigte an, in einen Hungerstreik zu treten, um auf seine Rechte als politischer Gefangener aufmerksam zu machen und gegen die Ablehnung seines Antrags auf Hafturlaub zu protestieren. Davoudi beendete seinen Hungerstreik am 19. Februar 2020, Hafturlaub wurde ihm nicht gewährt. Am 17. März 2021 begann der Anwalt einen erneuten Hungerstreik aus Protest gegen die vermehrte Verlegung politischer Gefangener in normale Gefängnisse, in denen Familienbesuche noch größeren Einschränkungen unterliegen.
Amirsalar Davoudi ist kein Einzelfall
In den letzten Jahren wurden mehrere unserer Kolleg*innen von der Justiz des Irans verhaftet und verurteilt. Unter den Verurteilten finden sich u. a. die Namen von Nasrin Sotoudeh und Mohammad Najafi. Die beiden Anwält*innen wurden zu je 12 bzw. 14 Jahren Haft verurteilt, weil sie die Rechte von politischen Gefangenen vertreten haben.
Uns sind die Namen von 66 weiteren Kolleg*innen bekannt, die in den letzten Jahren im Iran wegen ihres Einsatzes für ihre Mandant*innen und für die Menschenrechte verhaftet worden sind. Auch wenn der Großteil wieder entlassen wurde, zeigt diese Praxis der iranischen Repressionsorgane, wie gefährdet die Arbeit unserer Kolleg*innen ist.
Kontakt: Dr. Peer Stolle, Rechtsanwalt und RAV-Vorstandsvorsitzender: info@dka-kanzlei.de oder Tel. 030-446 79 20
Die Patenschaft ist mit Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (www.igfm.de) entstanden.