Sozialgericht Darmstadt – Beschluss vom 18.04.23 – Az.: S 16 AY 33/23

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

xxx,

Kläger,

Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

Kreis Offenbach,
Kreisausschuss FD Kommunalaufsicht und Recht,
Werner-Hilpert-Straße 1, 63128 Dietzenbach,

Beklagter,

hat die 16. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt am 18. April 2023 durch den Vorsitzenden, Richter am Sozialgericht xxx, beschlossen:

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

GRÜNDE

Der Antrag des Klägers auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch den Beklagten ist zulässig und begründet.

Soweit ein Rechtsstreit anders als durch Urteil beendet wird, hat das Gericht auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss zu entscheiden, welcher Beteiligte die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten einer Partei zu tragen hat (§ 193 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 SGG). Die insoweit zu treffende Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts und ist weder an die Anträge gebunden, noch vom Ausgang des Rechtsstreites abhängig (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 13. Aufl., § 193 Rdz. 12). Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist jedoch das Ergebnis des Rechtsstreites sowie der Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Auch kann für die Entscheidung herangezogen werden, ob Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben wurde (Meyer – Ladewig, a.a.O., § 193 Rdz. 12b). Das Gericht muss dabei jedoch alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es darf also nicht nur auf das Ergebnis des Rechtstreits abstellen. Auch ein obsiegender Beteiligter, kann nach dem Veranlassungsprinzip zur Kostenerstattung verurteilt werden. Das Gericht kann den Anlass für die Klageerhebung berücksichtigen, beispielsweise wenn die Beklagtenseite durch eine falsche Sachbehandlung Anlass für die Klage gegeben oder durch missverständliche Ausführungen zu Irritationen beigetragen, oder umgekehrt, ob die Klägerseite unnötige Kosten verursacht hat (Meyer – Ladewig, a.a.O., § 193 Rdz. 12b m. w. N.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall der Beklagte verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Eine Kostenerstattung durch den Beklagten entspricht im vorliegenden Fall der Billigkeit. Da es sich bei der nach § 193 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung um eine Billigkeitsentscheidung handelt, bei der alle Umstände des Einzelfalls in die Entscheidungsfindung einbezogen werden können, ist schon nicht vornehmlich auf den Erfolg der Klage abzustellen, sondern eine Gewichtung aller Kriterien vorzunehmen (vgl. LSG Niedersachsen[1]Bremen, Urt. v.19. März 2014 – L 13 AS 233 / 12 -; Juris).

Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens kommt dabei dem Kriterium der Erfolgsaussichten in der Hauptsache bei Gewichtung aller in Betracht kommender Kriterien überwiegende Bedeutung zu. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren voll umfänglich obsiegt. Hintergrund ist, dass die im vorliegenden Verfahren streitentscheidenden Normen der §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 19. Oktober 2022 (Az: 1 BvL 3/21) hinsichtlich der inhaltsgleichen Regelung des § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG als verfassungswidrig anzusehen sind. Diese Auffassung liegt auch dem Anerkenntnis des Beklagten im vorliegenden Rechtstreit zugrunde. Jedenfalls aufgrund dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht dem Kläger der im vorliegenden Verfahren geltend gemachte höhere Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten auch für den hier streitigen Zeitraum zu.

Aufgrund des sich hieraus ergebenden Erfolges des Klägers in der Hauptsache ist der Beklagte unter Abwägung aller hierfür relevanten Kriterien zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu verpflichten.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).